Interne Stellenausschreibung nur proforma, Kandidat steht bereits fest

  • Hallo Zusammen,

    Folgende Situation:

    Eine Stelle wird intern ausgeschrieben. Es bewerben sich 6 interne Mitarbeiter. Einem Bewerber wird im Vorwege von einer Bewerbung abgeraten (durch eine neutrale Person), da man sich wohl schon vor der Ausschreibung für einen Kandidaten entschieden hat. Er bewirbt sich trotzdem.

    Es kommt, wie es kommen muß, der vorher gehandelte Wunschkandidat macht das Rennen. Andere Kandidaten wären gleich qualifiziert gewesen. Soweit so gut, das kommt ja häufig mal vor. Jetzt aber die Besonderheit.

    Der Wunschkandidat ist ein entsendeter Mitarbeiter des Mutterkonzern. Er hat also bisher keinen deutschen Arbeitsvertrag. Der BR wurde über die Entscheidung informiert, aber nicht formell angehört. Man dachte wohl, der BR sei aufgrund des ausländischen Arbeitsvertrages nicht zuständig. Nach Rechtsaufklärung seitens des BR soll diese Anhörung nach §99BetrVG jetzt nachgeholt werden. Ein weiteres interessantes Detail: Zum Teil wurde der BR schon über die Absagen für die anderen Kandidaten informiert, bevor diese überhaupt Ihre Vorstellungsgespräche geführt haben.

    Die Bedenken lassen sich wie folgt zusammenfassen

    1.) Kandidat stand schon vorher fest (Indiz ist das Gespräch mit dem Bewerber, dem von der Bewerbung abgeraten wurde)

    2.) BR soll die nicht erfolgte Anhörung nachträglich heilen

    Wie würdet Ihr damit umgehen?

  • Aus meiner Erfahrung ist das gängige Praxis. Der AG kommt der ISA (= interne Stellenausschreibung) nach, weil sie vom BR gefordert wird.

    Ja, der AG entscheidet, wer auf die Stelle kommen soll.

    Solange sich keine sb Person darauf bewirbt, ist der AG auch ziemlich frei in seiner Entscheidung.

    Wie Ihr mit der nicht erfolgten Anhörung umgeht: ist Eure Sache.

    Ich würde den AG darauf hinweisen, dass es eine nachträgliche Genehmigung nicht geben kann und beim nächsten Zuwiderhandeln er mit einem Verfahren vor dem ArbG rechnen muss.

  • Zitat von heelium:

    Ich würde den AG darauf hinweisen, dass es eine nachträgliche Genehmigung nicht geben kann und beim nächsten Zuwiderhandeln er mit einem Verfahren vor dem ArbG rechnen muss.

    So machen wir das auch. Wenn wir keine echten Gründe haben, die der Einstellung widersprechen (dann würden wir andere "Geschütze" auffahren), lassen wir die Anhörung verfristen. Sozusagen als stummen Protest. Aber eben auch nicht ohne den Hinweis, dass eklatant gegen das BetrVG verstoßen wurde.

    (Beim vierten Mal haben wir das unserem AG dann mal vom Arbeitsgericht erklären lassen. Der Richter war nicht erfreut über die Verstöße, der AG nicht über die Kosten. Seitdem kommt das immer nochmal gelegentlich vor, dass wir eine Anhörung erst viel zu spät (gerne zwei Tage vor Einstellung) erhalten. Wir fragen dann nur freundlich an, ob sie nochmal Nachhilfe vom Arbeitsgericht brauchen und dann fluppt das wieder. (Aber Fehler passieren nunmal, also solange man nicht das Gefühl hat, der AG ignoriert einen bewusst...))

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wir haben etwas Probleme bzgl. §99 und der AG schlampt immer mal wieder bei Einstellungen und ignoriert Umgruppierungen, Versetzungen und Vertragsänderungen gänzlich.

    Gerade bei den letzteren müsste man aber ja gegen die Kollegen feuern, oder gibt es hier möglichkeiten das man nur etwas gegen die fehlende Anhörung unternimmt, aber grundsätzlich der Versetzung oder Umgruppierung zustimmt.

    Bei Einstellungen ist es da doch einfacher andere "Geschütze" aufzufahren.

    Hast Du da einen Tip Moritz ?

    Schöne Grüße

  • Na klar, man kann nach § 23/3 BetrVG gegen den AG vorgehen, wenn er sich nicht an die Vorgaben des BetrVG hält. Insbesondere Zwangsgelder in Höhe von bis zu 10.000 Euro pro nicht erfolgter Anhörung können da ganz schnell eine sehr empfindliche Stelle des AG treffen.

  • Zitat von Spundekäs:

    gibt es hier möglichkeiten das man nur etwas gegen die fehlende Anhörung unternimmt, aber grundsätzlich der Versetzung oder Umgruppierung zustimmt.

    Das ist schwierig. Denn wenn ihr der Versetzung zustimmt, habt ihr die fehlende Anhörung ja faktisch geheilt.

    Insofern halte ich den Weg den heelium hier aufgezeigt hat für den Zielführenden.

    Ich hätte aber auch kein Problem damit, den Weg den Winfried aufgezeigt hat zu gehen. Hier müsste man nur vorher mit dem Kollegen reden und ihm klar machen, dass das nicht gegen ihn geht und er sich da am besten raushält. (§ 101 BetrVG heißt klar, den AG beauftragen, die Maßnahme rückgängig zu machen.)

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  • Hallo zusammen.

    ich hänge mal mein Thema hier drann.

    Unser AG hat auf Wunsch des BR eine Stelle zum Dienstplandiponenten ausgeschrieben.

    Heute ist die Bewerber Frist abgelaufen und der AG hat uns informiert das er Person X nehmen möchte.

    Bis jetzt ist es ja so wie es sein sollte.

    Jetzt kommt es.

    Wir haben heute auch erfahren das die Person X schon vor der Frist auf ein Lehrgang für diesen Job geschickt wurde, weil des den AG schon klar war , dass es den Job bekommt.

    Was kan man machen??

    Desweiteren rief heute der AG beim BR Vositz an um sich die Zustimmmung zu holen für diese Stelle.

    Auf der Nachfrage vom BR Vorsitz ob die Person X schon vorher auf Lehrgang geschickt wurde, das hat sie bestritten.

    Nach einer weiteren Stunde rief der AG wieder an und teilte mit das die Person auf Schulung geschickt wurde und dies dem BR nichts angeht.

    Ist das so ??

    Gruß

    Olaf

  • Zitat von olafbraun:

    Nach einer weiteren Stunde rief der AG wieder an und teilte mit das die Person auf Schulung geschickt wurde und dies dem BR nichts angeht.

    Diplomatie geht anders, aber inhaltlich wüsste ich nicht, was ich hier bemängeln sollte.

    Solange es sich nicht um einen Lehrgang handelt, an dem mehrere Kollegen teilnehmen, löst die Teilnahme eines einzelnen Kollegen auch kein MBR gem. § 96 BetrVG aus.

    Das Risiko hatte hier der AG. Er lässt seinen Wunschkandidaten schulen und riskiert, dass am Ende des Tages der BR seiner Einstellung/Versetzung gem. § 99 (2) Ziffern 1 - 6 BetrVG widerspricht. Habt ihr solche Gründe?

    Wenn nein, weiß ich auch nicht, worüber ihr euch echauffiert. Der BR hat ein Recht darauf, dass die Stelle ausgeschrieben wird. Das heißt noch lange nicht, dass der BR entscheidet, wer die Stelle bekommt.

    Gab es denn mehrere Bewerber? Und ergeben sich daraus Widerspruchsgründe?

    Es ist nun einmal so, dass der BR zwar, unabhängig von der Betriebsgröße, die interne Stellenausschreibung verlangen kann, aber solange er nicht auch die Erstellung von Auswahlrichtlinien gem. § 95 (2) BetrVG verlangen kann (mehr als 500 AN), ist das ein ziemlich zahnloser Tiger.

    Und es macht keinen Sinn, den Plüschtiger mit den Zähnen fletschen zu lassen - mit der Ausschreibung hat der AG seine Pflicht erfüllt.

    Klingt komisch - ist aber so.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Danke Moritz,

    so oder ähnlich habe ich es auch gedacht .

    Zitat von Moritz

    Gab es denn mehrere Bewerber? Und ergeben sich daraus Widerspruchsgründe?

    Dieses hat uns bis jetzt der AG nicht mitgeteilt und das wird er auch nicht machen. Wir wissen allerdings das es noch Personen gab die sich Beworben haben. Eine Annonyme Mail ist bei uns eingegangen, wo sich ein Mitarbeiter beschwert, das die Ausschreibungen alle sinlos sind,da ja schon der AG eine Person hat.

    Zitat von Moritz

    Wenn nein, weiß ich auch nicht, worüber ihr euch echauffiert. Der BR hat ein Recht darauf, dass die Stelle ausgeschrieben wird. Das heißt noch lange nicht, dass der BR entscheidet, wer die Stelle bekommt.

    Na das nen ich kein Vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch Plüschtier Zähne können aus Knochen sein hehe.

    Aber so wie Du schreibst sind Ausschreibungen unter 500 Arbeitnehmer sinnlos ?

    Danke Gruß

    Olaf

  • Zitat von olafbraun

    Dieses hat uns bis jetzt der AG nicht mitgeteilt und das wird er auch nicht machen. Wir wissen allerdings das es noch Personen gab die sich Beworben haben.

    Dann habt Ihr zumindest einen feinen Grund die Anhörung zurück zu weissen, bis der AG umfassend unterrichtet. Die Wochenfrist beginnt nicht zu laufen. Als Widerspruchgrund darf die nichtumfassende Unterrichtung jedoch nach ständiger BAG-Rechtsprechung nicht herhalten.

    Welche Informationen dazu gehören, kann man unter anderem in diesem BAG-Urteil nachlesen:

    http://lexetius.com/2005,2747

    Ab RN 23 wird es interessant.

    Moritz

    Deine Antworten sind immer wieder erfrischend direkt. Manchmal nicht das, was man lesen möchte. :)

    Ich verstehe die Einstellungs-MBR in Betrieben unter 500AN dann ehrlich gesagt nicht. Wenn es am Ende auch zur ständigen Farce wierden könnte, weil der AG sowieso bereits weiß, wenn er haben möchte, was soll das Ganze dann?

    Unlustigerweise durfte ich unlängst im ErfK lesen, dass nach Empfehlung von Richardi/Thüsing selbst die Widerspruchsgründe unter 3.(Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten) kinderleicht vom AG umgangen werden können.

    Das von mir oben verlinkte BAG-Urteil hinterlässt genau so mehr Fragezeichen, als Antworten. Z.B: RN 28

    "[28] (2) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Betriebsrat im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG darüber hinaus die Möglichkeit, Anregungen für die Auswahl der Bewerber zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen, die aus seiner Sicht für die Berücksichtigung eines anderen als des vom Arbeitgeber ausgewählten Stellenbewerbers sprechen. Das gilt unabhängig davon, ob hierauf ein Widerspruch nach § 99 Abs. 2 BetrVG gestützt werden kann"

    Heißt dann übersetzt, wir können mal drüber reden, es aber auch lassen?

    Oder bei RN33:


    "Gleichwohl muss auch der private Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Kenntnis über die Umstände verschaffen, die für die vorgesehene Auswahl letztlich entscheidend sein sollen. Nur dann kann der Betriebsrat dazu Stellung nehmen und ggf. Anregungen geben. Der Arbeitgeber muss deshalb zwar nicht den Verlauf der Vorstellungsgespräche im Einzelnen nachzeichnen. Er muss aber die Punkte in nachvollziehbarer Weise darstellen, die ihn veranlasst haben, einen von mehreren Bewerbern auszuwählen. Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht nicht durch eine pauschalierende Gesamtbewertung. Vielmehr muss er den Betriebsrat über die seiner Bewertung zugrunde liegenden Tatsachen unterrichten. Hierzu muss er ggf. auch vergleichend darstellen, warum der ausgewählte Bewerber nach seiner Einschätzung besser war als die anderen. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangt allerdings keine Rechtfertigung der getroffenen Auswahl. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung im Hinblick auf sämtliche Bewerber eigens und im Einzelnen begründet."

    Die letzten beiden Sätze des Absatzes machen dann wieder alles kaputt.

  • @olafbraun: Sinnlos ist die interne Stellenausschreibung in Betrieben unter 500AN auch nicht. Es kann ja durchaus sein, dass sich jemand auf eine Stelle bewirbt den der AG so gar nicht auf den Schirm hatte und sich dann für ihn entscheidet.

    Ausserdem, ich gebe zu es ist ein schwacher Trost, verhindert man damit wenigstens, dass die Belegschaft der Ansicht ist, der BR würde zusammen mit dem AG mauscheln um bei der "Unter der Hand Verteilstelle" (O-Ton aus unserem Betrieb) die Posten nach belieben verteilen. Wenn sich jeder auf eine Stellen beweben kann, liegt der schwarze Peter da wenigstens beim AG.

  • So sehe ich das auch. Die Stellenausschreibung hat auch Informationscharakter, damit die Kollegen sehen, wo sich im Unternehmen etwas tut.

    Aus meiner Sicht geht es um zwei Dinge:

    a) den internen Kollegen die Möglichkeit zu geben, sich auf neue Stelle zu bewerben und nicht erst aus der Zeitung zu erfahren, dass da ein Job zu vergeben ist (was aber leider nichts daran ändert, dass der AG zeitgleich mit der internen Ausschreibung die Stelle auch extern ausschreiben darf!)

    b) alle darüber zu informieren, was demnächst im Betrieb passiert.

    Auch wir kennen den Effekt, dass der AG bereits bei der Planung einer Umstrukturierung genaue Vorstellungen davon hat, wer zukünftig welche Aufgaben wahrnimmt. Unser AG hat uns auch schon auf den Kopf zugesagt, dass für die Stelle X bereits der Kollege Y angedacht ist. Man könne sich doch dann sicher die Ausschreibung schenken, oder? Klar, haben wir gesagt, wenn der AG uns einen Widerspruchsgrund auf dem Silbertablett servieren will - nur zu.

    Ich verstehe völlig, wenn sich Kollegen veralbert fühlen, wenn da eine berufliche Entwicklungsmöglichkeit vorgespiegelt wird, die faktisch gar nicht da ist. Aber dafür ist, wie Xolgrim schon ganz richtig schrieb, der AG verantwortlich.

    Unterm Strich können wir für uns feststellen: ja, solche Fälle gibt es, sind aber die Minderheit. Von daher werden wir wegen einiger Einzelfälle nicht das System in Frage stellen. (Und wir hatten auch schon den Fall, dass der AG froh war, die Stelle ausgeschrieben zu haben, weil sein Lieblingskandidat ihm rundheraus erklärt hat, dass er gar keinen Bock auf die neue Stelle hätte. Gut, dass es noch andere Bewerber gab.)

    Crash1999
    Ich nehm' das mal als Kompliment. Wie sagt eine liebe Kollegen von mir immer (früher JAV, mittlerweile in einem anderen Unternehmen selber BR): Wir sind hier nicht bei "Wünsch Dir was..." sondern bei "So isses!"

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Zitat von Moritz:

    Crash1999
    Ich nehm' das mal als Kompliment. Wie sagt eine liebe Kollegen von mir immer (früher JAV, mittlerweile in einem anderen Unternehmen selber BR): Wir sind hier nicht bei "Wünsch Dir was..." sondern bei "So isses!"

    Richtig erkannt, war als Lob gemeint.

  • Zitat von Moritz:

    Es ist nun einmal so, dass der BR zwar, unabhängig von der Betriebsgröße, die interne Stellenausschreibung verlangen kann, aber solange er nicht auch die Erstellung von Auswahlrichtlinien gem. § 95 (2) BetrVG verlangen kann (mehr als 500 AN), ist das ein ziemlich zahnloser Tiger.

    Dazu noch eine Ergänzung:

    Der BR kann erst ab 500 AN die Aufstellung verlangen. Wenn der AG aber selbst Auswahlrichtlinien aufstellt, dann sind diese Auswahlrichtlinien mitbestimmungspflichtig. Man muss dies halt nur mitbekommen.

    Wir haben unseren teilweise unwissenden AG so lange freundlich und in scheinbarer Unwissenheit unsererseits (mit viel "Geschleime" usw.) nach den Kriterien der Einstellung / Versetzung von AN A statt den anderen Bewerbern gefragt, bis er uns dann mehrfach eine immer gleiche Tabelle seiner Auswahlkriterien (mit Gegenüberstellung der einzelnen von den AN erwarteten Kriterien mit Erfüllungsgraden), anhand welcher er jeweils die Auswahl getroffen hat, zu jeder Anhörung dazu gegeben hat.

    Und schon hat man mitbestimmungspflichtige Auswahlkriterien.

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.