Nachwirkung einer Regelungsabrede

  • Hallo zusammen,

    dass eine Regelungsabrede eine Nachwirkung haben kann, steht irgendwo.

    Bezieht sich die Nachwirkung nur auf die mitbestimmungspflichtigen Teile oder auf's ganze Werk?

    Und , es dürfte wohl nicht so sein:
    Macht es in Bezug auf die Nachwirkung einer Regelungsabrede einen Unterschied, ob der BR oder der AG das Werk kündigt?

    Grüße
    JohJoh

  • Hallo Johjoh,

    Zitat von johjoh

    dass eine Regelungsabrede eine Nachwirkung haben kann, steht irgendwo

    Ich glaube nicht, dass dies in einer Quelle steht, die ernstzunehmen ist. Ich habe mich vor einer Weile intensiv mit dem Thema "Regelungsabrede" befasst und in keiner meiner Quellen ist eine Nachwirkung beschrieben worden. Das einzige, was eine Regelungsabrede hat ist eine Kündigungsfrist, die sich über 3 Monate erstreckt, soweit nichts anderes ausgehandelt wurde. Auch spielt es keine Rolle, ob der AG oder BR die Regelungsabrede kündigt.

    Gruß
    Mitbestimmer

  • Zitat von johjoh:

    Bezieht sich die Nachwirkung nur auf die mitbestimmungspflichtigen Teile oder auf's ganze Werk?

    Wie sagt der Jurist so gerne: das kommt drauf an...

    Was ist denn vereinbart worden? Ist nichts explizit vereinbart worden würde ich jegliche Nachwirkung verneinen (die gibt es gesetzlich nur für BVen).

    Und selbst bei denen unstrittigerweise nur für den mitbestimmungspflichtigen Teil.

    Zitat von johjoh:

    Macht es in Bezug auf die Nachwirkung einer Regelungsabrede einen Unterschied, ob der BR oder der AG das Werk kündigt?

    Das wiederum kann ganz klar verneint werden.

    Aber du machst mich neugierig: was habt ihr statt als BV als Regelungsabrede vereinbart, das nun nachwirken soll?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • zu Moritz:

    Das Thema ist ein Call-Center.

    Welche Auswertungen gemacht werden dürfen und

    eben, dass es keine personenbezogene Auswertungen gibt. (87(1)6.)

    zu Bestimmer:

    siehe BETRIEBSRATSLEXIKON; Regelungsabrede, Abs. Beendigung, letzter Satz.

  • Hallo johjoh,

    es wäre schön gewesen, wenn Du die entsprechende Seite "BR-Lexikon" einfach verlinkt hättest: https://www.betriebsrat.de/por…on/R/regelungsabrede.html

    Ich verstehe aber nicht wirklich, was Euer konkretes Problem ist! Da wäre der ein oder andere erklärende Satz angebracht.

    Aber noch weniger kann ich nachvollziehen, warum man ausgerechnet in einem Callcenter auf die Idee kommt, seine KollegInnen nur aufgrund einer Regelungsabrede vor Auswertungen schützen zu wollen.


    Zitat von johjoh

    Welche Auswertungen gemacht werden dürfen und eben, dass es keine personenbezogene Auswertungen gibt. (87(1)6.)


    Aus meiner Sicht können einem AG personenbezogene Auswertungen sicher nicht prinzipiell verboten werden! Selbst der BR eines Callcenters würde ein solch generelles Verbot niemals per Einigungsstelle oder Arbeitsgericht durchsetzen können; das aber nur als meine Meinung am Rande.

    Gruß
    Kokomiko

  • Zitat von johjoh:

    Welche Auswertungen gemacht werden dürfen und eben, dass es keine personenbezogene Auswertungen gibt. (87(1)6.)

    Damit hast du meine Vermutung bestätigt, dass ihr das zwar nicht BV genannt habt, aber inhaltlich sehr wohl eine BV abgeschlossen habt, denn damit regelt ihr nicht irgendetwas zwischen AG und BR sondern diese Regelung zieht ja für jeden einzelnen AN. Und damit ist es per definitionem eine BV!

    Insofern liegt hier die Vermutung nahe, dass die ganz normale Nachwirkung voll zur Wirkung kommt.

    (Vermutung, weil es bei einer verkappten BV eben doch auf ein paar Formdinge ankommt (schriftlich, gültiger Beschluss des BR, Unterschrift von beiden Seiten))

    Aber davon ab, wo genau ist denn jetzt das Problem? Wer will das Ding kündigen und warum? Und wie soll es weitergehen?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hi,

    ich habe beim IFB vor einiger Zeit eine Schulung Betriebsvereinbarungen 2ter Teil (oder so ähnlich) gehabt.

    Darin haben wir auch die Unterschiede BV und Regelungsabsprachen behandelt. Der Dozent (Fachanwalt Arbeitsrecht) hat klar und deutlich erklärt, dass eine Regelungsabsprache keine BV ist und somit auch keine Nachwirkung entfalten kann. Zudem kann eine Regelungsabsprache jederzeit, auch mündlich (Nachweisbarkeit mal außen vor gelassen) aufgehoben werden.

    "Ein weiteres Regelungsinstrument ist die Regelungsabrede. Sie kann formlos abgeschlossen werden und entfaltet keine normative Wirkung. Sie wirkt also nicht auf die Arbeitsverhältnisse ein, sondern gilt nur zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie entfaltet auch keine Nachwirkung nach ihrer Beendigung."

    http://www.betriebsrat.com/bet…ende-betriebsvereinbarung

    MrSonnenschein

  • Wie Moritz schon darauf hingewiesen hat, muss eine Regelungsabsprache nicht automatisch deshalb eine solche sein, weil das darüber steht. Es kann auch eine verkappte BV sein, wenn es eindeutig mitbestimmungspflichtige Tatbestände regelt (hier eben § 87 Abs. 1).

    Dann nützt es nichts, wenn es für die Regelungsabsprache keine Nachwirkung gibt. Denn die verkappte BV wäre dann bei einer Kündigung in der Nachwirkung (lt. Gesetz und wenn keine andere Regelung vereinbart worden ist).

  • Zitat von heelium:

    Wie Moritz schon darauf hingewiesen hat, muss eine Regelungsabsprache nicht automatisch deshalb eine solche sein, weil das darüber steht. Es kann auch eine verkappte BV sein, wenn es eindeutig mitbestimmungspflichtige Tatbestände regelt (hier eben § 87 Abs. 1).

    Dann nützt es nichts, wenn es für die Regelungsabsprache keine Nachwirkung gibt. Denn die verkappte BV wäre dann bei einer Kündigung in der Nachwirkung (lt. Gesetz und wenn keine andere Regelung vereinbart worden ist).

    Mal abesehen davon ob dieses stimmt, denn letzten Ende entscheiden wir eh nicht darüber ob es eine BV oder eine Regelungsabsprache ist, hier noch etwas interessantes:

    "Treffen sie hingegen eine Regelungsabrede über eine zusätzliche Schicht am Samstag, entsteht eine entsprechende Arbeitspflicht erst dann, wenn der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Möglichkeiten eine entsprechende Einzelweisung erteilt. Ohne dies ist niemand zum Kommen verpflichtet. Umgekehrt ist es mit der Kurzarbeit: Schließen Arbeitgeber und Betriebsrat hierüber eine Betriebsvereinbarung, muss der Arbeitgeber für die ausgefallene Arbeitszeit nicht mehr bezahlen. Machen sie das Selbe in einer Regelungsabrede, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er vergisst, mit allen Beschäftigten noch separate Vereinbarungen über die Reduzierung der Arbeitszeit zu schließen. (BAG vom 14.02.1991 - 2 AZR 415/90) Allerdings ist die Regelungsabrede damit auch nicht von der gleichen zwingenden Wirkung wie die Betriebsvereinbarung: Individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelte Abweichungen sind zulässig, auch wenn sie schlechter sind. (BAG vom 20.11.1990 - 1 AZR 643/89) Ebenso wenig gilt der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG. Regelungsabsprachen können ohne Weiteres vom Tarifrecht abweichen. (BAG vom 20. 04.1999 - 1 ABR 72/98) Da sie keine unmittelbare Wirkung entfalten, ist dies unschädlich."

    http://www.judix.de/betriebsvereinbarung/regelungsabrede.htm

    Und weiter unten.

    "Für den Betriebsrat ist es unproblematisch, mit diesem Mittel zu arbeiten, da es in seinen sonstigen Wirkungen der Betriebsvereinbarung angepasst ist. So haben Regelabsprachen, die auf dem Gebiet der erzwingbaren Mitbestimmung ergangen sind, Nachwirkung, ihre Wirkung entfällt also nicht unmittelbar nach ihrer Kündigung, (BAG vom 23.06.1992 - 1 ABR 53/91) deren Frist die der Betriebsvereinbarung ist, also drei Monate. (BAG vom 10.03.1992 - 1 ABR 31/91) Der Arbeitgeber ist auch verpflichtet, die Regelabsprache umzusetzen wie eine Betriebsvereinbarung, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

    Eines allerdings geht nicht: Eine Betriebsvereinbarung kann nicht durch eine Regelabsprache abgelöst werden. (BAG vom 20.11.1990 - 1 AZR 643/89) Erst wenn die Betriebsvereinbarung durch eine Kündigung oder eine Aufhebungsvereinbarung beseitigt wurde, kann an ihre Stelle eine Regelungsabsprache treten."

    Muss also meine Aussage von vorhin hinsichtlich Nachwirkung, zumindest in Teilen der Mitbestimmung revidieren. Frag 5 Anwälte, bekommst 10 Meinungen.

    MrSonneschein

  • Ich kann einen RA bieten, der mit den gleichen BAG-Urteilen argumentiert.

    Dann wäre das geklärt.

    Zurück zu meiner Eingangsfrage:

    Bezieht sich die Nachwirkung nur auf die mitbestimmungspflichtigen Teile oder auf's ganze Werk?

  • Hallo,

    was ist denn an § 77 Abs. 6 BetrVG uneindeutig ?

    Eine automatische Nachwirkung bei betriebsvereinbarungen gibt es nur für Tatbestände der erzwingbaren Mitbestimmung.

    Und da eine Regelungsvereinbarung ggü. einer BV eine "schwächere" Regelungsform ist, kann diese RV logischwerweise keine stärkere Nachwirkung entfalten.

    Ist also in einer RV keine weitergehende Nachwirkung ausdrücklich vereinbart, gibt es auch keine Nachwirkung zumindest für diejenigen Teile, die nicht der erzwingbaren MB unterliegen.

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.