Herausgabe von BR- Dokumenten

  • Hallo zusammen!

    Ein ehemaliger bei uns beschäftigter Arzt ist in der Probezeit gekündigt worden.

    Seine Reaktion war, daß er selber kündigte. Dies müsse er machen, um seiner weiteren Karriere nciht zu schaden, sagte er.

    Nun erhalten wir einen Anruf von ihm. Er bittet uns darum, dem Arbeitsamt darüber Auskunft zu geben, daß vor seiner Kündigung eine Kündigung seitens des Arbeitgebers in der Probezeit stattgefunden hat. Es existiert ein Dokument, mit dem wir als Betriebsrat dem Arbeitgeber unsere Stellungnahme dazu mitgeteilt haben.

    Meine Frage: Darf ich dem ehemaligen Kollegen diese Mitteilung in Kopie aushändigen, damit er gegen den Entscheid der Arbeitsagentur (Sperrfrist für Arbeitslosengeld) Einspruch einlegen kann (Erfolgsaussicht hin oder her)?

    Mit der Personalabteilung steht er sich nicht gut, deswegen will er sie nicht kontaktieren.

    Vielen Dank für Eure Hilfe

    Sigurjohnsson

  • Hallo,

    der AN hat grundsätzlich Anspruch auf Einsicht (und ggfs. Herausgabe - mindestens in Kopie) in alle personenbezogenen Schriftstücke, die ihn betreffen. Das resultiert aus dem grundrechtsgleichen Anspruch auf "informationelle Selbstbestimmung"

  • hi,

    geh bitte auf euren Rechtsanwalt zu und klärt dieses mit ihm.

    Das ist ein Thema, welches in meinen Augen nicht in Gänze geklärt ist.

    Ich kenne mehrere Anwälte die davon abraten mit dem Argument, der Arbeitgeber ist in der Verpflichtung die Dokumente zu liefern.

    Dann seid ihr zumindest auf der sicheren Seite.

    MrSonnenschein

  • Zitat von MrSonnenschein

    Das ist ein Thema, welches in meinen Augen nicht in Gänze geklärt ist. Ich kenne mehrere Anwälte die davon abraten mit dem Argument, der Arbeitgeber ist in der Verpflichtung die Dokumente zu liefern. Dann seid ihr zumindest auf der sicheren Seite.

    Ein ähnliches Thema haben wir hier bereits ausführlichst diskutiert...

    Mag ja sein, dass der AG zur Herausgabe der Dokumente verpflichtet ist. Aber wenn der ewig lang blockt, tragen AG und BR ihre Kompetenzrangeleien auf dem Rücken des MA aus. Er ist derjenige, der vom Hartzamt eine Sperrfrist reingedrückt kriegt. :evil:

    Also undogmatische Entscheidung im Sinne des Kollegen: Raus mit dem Schrieb an ihn. Es ist sehr fraglich, ob der AG den BR auf Unterlassung verklagt und noch fraglicher, ob er damit Recht bekommt...

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Zitat von Sigurjohnsson

    Ein ehemaliger bei uns beschäftigter Arzt ist in der Probezeit gekündigt worden.

    Hallo Sigurjohnsson,

    dann muss diesem Arzt doch das Kündigungsschreiben der Klinik vorliegen und ich verstehe sein Problem bzgl. der Beweislage nicht.

    Hat der BR in seiner Stellungnahme Bedenken gegen die Kündigung geäußert oder habt Ihr einen Widerspruch verfasst? In letztem Fall wäre der AG sowieso verpflichtet gewesen, den Widerspruch der Kündigung beizufügen. In beiden Fällen hätte ich als BR aber kein Problem mit der Überlassung; falls andere AN namentlich benannt worden sind, würde ich diese Namen schwärzen!

    Ob ich als BR diese Stellungnahme aushändigen würde, würde für mich jedoch vom Inhalt abhängen, da sie ja nicht zwingend zu Gunsten des Ex-Kollegen ausgefallen sein muss.

    Gruß
    Kokomiko

  • Hallo Kokomiko!

    Der Arzt ist von uns unterrichtet worden, daß gegen ihn eine Kündigung in der Probezeit vorliegt. Nachdem ihm das bekannt war, sagte er, daß es ihm somit nicht länger möglich sei, bis zum vom Arbeitgeber vorgeschlagenem Ende in der Klinik zu arbeiten. Somit ist er beim Arbeitgeber vorstellig geworden und hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt. Es ist ein Auflösungsvertrag zustande gekommen und die Kündigung in der Probezeit wurde nicht wirksam. Jedoch hatte der Betriebsrat bereits eine (neutrale) Stellungnahme abgegeben.

    Grüße

    Sigurjohnsson

  • Hallo,

    ich würde ihm das Schreiben geben. Ob das allerdings eine Sperre verhindert, muss man sehen. Der AG wollte ja den Arzt zu einem späteren Zeitpunkt kündigen. In der Zwischenzeit hätte der Arzt sich eine neue Stelle suchen können.

    Gruß

    Hubertus

    Ich habe als Kind nicht laufen gelernt um heute zu kriechen.

  • Hallo,

    Zitat von Sigurjohnsson:

    Es ist ein Auflösungsvertrag zustande gekommen und die Kündigung in der Probezeit wurde nicht wirksam.

    Dann gibt es m.E. für den ausgeschiedenen Arzt evtl. Schwierigkeiten beim ALG.

    Ciao,

    h.

  • Ich sehe das so wie Hubertus.

    Der Arzt wollte der Kündigung seitens des Arbeitgebers ja zuvorkommen.

    Was er jetzt will ist quasi, sein eigenes Vorgehen im Nachhinein als ungültig zu erklären. Keine Ahnung, ob es dafür rechtlich eine Veranlassung gibt.

    Für Euch als BR ist vielleicht wichtig, Euch zu überlegen, ob ihr in Zukunft MA auf dieses Problem hinweisen wollt, dass sie bei eigener Kündigung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Denn in diesem Fall hat sich der gekündigte Arzt entweder verkalkuliert, oder wusste über diese Regelung schlichtweg nicht Bescheid.

  • Antwort auf die Erste Schilderung:

    Ich würde das Schreiben nicht raus geben.

    Der AG hat keine Kündigung ausgesprochen, sondern lediglich die Anhörung eingereicht. Mit Herausgabe des Dokuments gibst du Unterlagen frei die nicht für den MA bestimmt sind, sondern Sache des BR und AG sind. Hier wäre ich nun ganz vorsichtig.

    Der AN hat nun selber gekündigt, warum auch immer, er ist somit nicht gekündigt worden und somit bezieht er auch kein ALG... So sagt es das Recht und Gesetz.

    Da der AG die Kündigung nicht ausgesprochen hat, sind die Dokumente zwar gültig, jedoch nur zwischen AG und BR, sie beschreiben auch nur die Absicht und nicht den Vollzug. Der AN möchte aber dem Arbeitsamt nun den Vollzug verkaufen damit er ALG 2 bekommt.

    Das nennt man dann rechtlich erschleichen von Leistungen... Involviert und ermöglicht durch den BR der dazu gewiss nicht befugt ist...

    Auch werde ich hier erneut sagen, das diese Aussage von whoepfner nicht so stehen bleiben kann.

    Defintiv hat der Mensch und der Mitarbeiter kein Recht jedes Dokument einzusehen, auf dem sein Name stehen könnte.

    Somit hat er kein Anrecht auf Herausgabe...

    Zitat von whoepfner

    Hallo,

    der AN hat grundsätzlich Anspruch auf Einsicht (und ggfs. Herausgabe - mindestens in Kopie) in alle personenbezogenen Schriftstücke, die ihn betreffen. Das resultiert aus dem grundrechtsgleichen Anspruch auf "informationelle Selbstbestimmung"

    Antwort darauf:

    Zitat von hampes

    Hallo,

    Dann gibt es m.E. für den ausgeschiedenen Arzt evtl. Schwierigkeiten beim ALG.

    Ciao,

    h.

    Auch hier ist ein Vertrag zwischen AG und AN zustande gekommen. Die Kündigung ist nicht ausgesprochen worden und somit sagen die Dokumente nur aus, es es die Absicht gab. Ein unterschriebener Aufhebungsvertrag ist eine Urkunde, die ich als BR nicht umgehen würde. Dieser Vertrag hebelt das ALG im Regelfall aus. Ausnahmen sind Aufhebungsverträge die krankheitsbedingt sind und ordentlich Belegt und formuliert sind.

    Die Gefahr ist die gleiche wie oben beschrieben, erschleichen von Leistungen durch Dokumente die nicht im Umlauf sein dürfen. Involviert und verantwortlich, der BR.

    Unterscheiden muss man grundsätzlich aber zwischen Einsicht und Herausgabe von Dokumenten. Wissen ist was anderes als haben.

  • Hallo webs1!

    er war, nachdem wir die Mitteilung der PA erhalten haben bei uns und ist mündlich dazu informiert worden. "Das interessiere ihn nicht" sagte er uns, da er Reserven habe. Scheinbar ist dies nicht in dem Maße der Fall, wie er es kalkuliert hatte.

    Ich sehe ja seine Erfolgsaussichten auch vorsichtig ausgedrückt "recht kritisch".

    Ich habe mich aber heute nochmal belesen, nachdem ich mit ihm telefoniert hatte und fand eine Passage betr. Aufhebungsvertrag & Arbeitslosengeld 1: Ein Aufhebungsvertrag kann eine Sperre des Arbeitslosengeldes von bis zu 12 Wochen bedeuten (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Nur wenn Sie nachweisen können, dass Sie ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung bekommen hätten, wird ihr Arbeitslosengeld nicht gemindert....

    Es handelt sich hier zwar um eine personenbedingte Kündigung innerhalb der Probezeit. Aber darüber rechnet er sich, so vermute ich, Chancen aus.

    In § 159 Abs. 3 Nr.1 heißt es weiter: ...Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,

    da dies nicht näher ausgeführt ist, würde es bedeuten, daß auch eine beabsichtigte Kündigung in der Probezeit (ende 4 Wochen später) darunter fallen würde, der der Kollege zuvor kam.

    Oder sehe ich das falsch?

    Grüße

    Sigurjohnsson

  • Hallo Rainer,

    auch hier hängst Du Dich zu weit aus dem Fenster - ohne jeglichen Beleg.

    Zitat von Rainer Windenergiebranche

    Auch werde ich hier erneut sagen, das diese Aussage von whoepfner nicht so stehen bleiben kann.Defintiv hat der Mensch und der Mitarbeiter kein Recht jedes Dokument einzusehen, auf dem sein Name stehen könnte.

    Zuerst einmal gilt hier § 34 BDSG, der AN ein umfangreiches Einsichtsrecht gibt, das sogar weitergehender sein kann als § 83 BetrVG.

    Und dann muß man halt wissen, das als "verantwortliche Stelle" iSd § 34 Abs. 1 BDSG auch der BR gilt. So auch das BAG am 7.2.2012, 1 ABR 46/10.

    Zustimmend hierzu ErfK, Franzen, § 32 BDSG Rn 8.

    Deswegen richtet sich der Auskunftsanspruch eines AN auch gegen den BR (und übrigens auch die SBV).

    Der AN ist auch frei in der Entscheidung, welche Auskunftsansprüche er nutzt und wie er diese nutzt. Er ist genauso frei in der Entscheidung, wie er mit den bekommenen Auskünften umgeht.



  • Ich denke wir sind einer Meinung. Ich habe mich lediglich wieder unglücklich ausgedrückt. Reden und Zeigen kann ich mehr, als herausgeben. Die Einsicht in eine Dokument ist was anderes als die Herausgabe. Ich lese bei dir, das wird das selbe meinen.

    Sicherlich ist aber eben diese Einsicht hilfreicher um die benötigten Dokumente Einzufordern an der Richtigen Stelle. Beim AG, jedoch nicht beim BR.

  • Liebe Kollegen,

    ganz ehrlich? Ich verstehe die Diskussion noch nicht einmal im Ansatz. Den Kollegen informieren, dass der AG ihn kündigen will geht, ihm das Schriftstück dazu in die Hand zu geben nicht? Was ist das für ein Unsinn?

    Erschleicht sich der ehemalige AN mit diesem Schriftstück irgendwelche Leistungen? Keine Ahnung. Ist das Schriftstück eine Fälschung? Bestätigt der BR irgendetwas falsches? Nein und nein. Also, der BR begeht hier mit Sicherheit kein Unrecht, wenn er dem AN bestätigt, dass er mit seiner Kündigung der beabsichtigten Kündigung zuvorgekommen ist, bzw. durch das Schriftstück hilft die Timeline zu unterfüttern. Das ist die schlichte Wahrheit. Das sind noch nicht einmal alternative Fakten. Das sind die Fakten!

    Ob das für eine Anerkennung ausreicht oder nicht, ist doch nicht meine Entscheidung. Das muss das Amt entscheiden (oder irgendein Sozialgericht, wenn man sich darüber nicht einig wird). Punkt! Und wenn der Ex-AN sich tatsächlich damit Leistungen erschleichen sollte (ich sehe gerade noch nicht einmal im Ansatz, wie das gehen könnte), dann hat ER sich strafbar gemacht oder das Amt nicht richtig geprüft. Wir haben kein Dokument erfunden. Schlicht eines zur Verfügung gestellt!

    Was ist das nur für eine verquere Denke, dass wir mit den Fakten nicht rausrücken dürfen, weil, eventuell, irgendwer, ja vielleicht... wo leben wir? Türkei? USA? Nein! Noch in Deutschland.

    Dem AG wird es wumpe sein, ob der BR das Schreiben raus gibt, er hat sich mit dem AN geeinigt. Er ist raus aus der Murmel. So oder so! Er wird sich also bestimmt nicht beschweren!

    Die Herausgabe des Schreiben als Beleg der Fakten (mehr ist es schlicht nicht) kann niemandem schaden, aber dem ehemaligen Kollegen helfen. Warum muss man also hier ein Problem basteln?

    (traditionelles Ende eines solchen Wutanfalls ) Ich habe fertig!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Sigurjohnsson,

    vor dem jetzt geschilderten Hintergrund wäre ich als BR dann doch etwas zurückhaltender.

    Ich würde ein Schreiben aufsetzen und durch die PA absegnen lassen:

    Sehr geehrter Herr Dr. Tunichgut,

    hiermit bestätigen wir, dass der Betriebsrat der Klinik Heileheilegänschen am XXX zu einer beabsichtigten Probezeitkündigung Ihrer Person angehört worden ist.

    MfG
    Betriebsrat

    Ungeachtet dessen ...

    1. hätte auch die Arbeitsagentur die Möglichkeit, beim AG direkt nachzufragen
    2. könnte dieser Arzt nach Erhalt der Sperrmeldung innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Bescheid einlegen
    3. sollte sich dieser Arzt sowieso anwaltlich beraten lassen

    Gruß
    Kokomiko

  • Hallo,

    es tut mir leid, aber ich bin nun mal für klare und belastbare Aussagen, wenn es um Rechtsansprüche geht.

    Zitat von Rainer Windenergiebranche

    Ich denke wir sind einer Meinung. Ich habe mich lediglich wieder unglücklich ausgedrückt

    Das sind wir nicht. Du hattest das gesetzliche Einsichtsrecht eines AN klar und deutlich bestritten. Ich weiß nicht wie man das

    Zitat von Rainer Windenergiebranche

    Defintiv hat der Mensch und der Mitarbeiter kein Recht jedes Dokument einzusehen, auf dem sein Name stehen könnte.

    anders interpretieren kann.

    Außerdem

    Zitat von Rainer Windenergiebranche

    Die Einsicht in eine Dokument ist was anderes als die Herausgabe. Ich lese bei dir, das wird das selbe meinen

    schließt das Recht auf Einsichtnahme nach BDSG automatisch das Recht auf Kopie bzw. Abschrift ein. Das Originaldokument bleibt natürlich in der Hand des BR, solange der Vorgang nicht abgeschlossen ist.

  • [off topic]

    Bravo zu deinem noch erstaunlich sachlichen "Wutanfall", Moritz!

    Ich wollte schon etwas zu vorauseilendem Gehorsam gegenüber einem Gesetz, entsprungen dem kriminellen Gehirn eines rechtskräftig verurteilten Verbrechers und umgesetzt von einem "sozialdemokratischen" Kanzler, der selbst die wirrköpfigsten CSU/FDP-Rechtsaußen noch rechts überholt hat, schreiben und geschichtliche Parallelen ziehen, dabei auch auch auf den Unterschied zwischen Legalität und Legitimität hinweisen ... aber das wäre ausgeufert und jemand hätte sich beleidigt gefühlt... :evil:

    Wenn uns unsere Enkel mal das gleiche fragen, was wir unsere Großeltern gefragt haben, waren wir ja sowieso alle Widerstandskämpfer, eben typisch deutsch... ;)

    [/off topic]

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.