Kündigungsfristen vertraglich / BDG

  • Guten Morgen,

    ich arbeite mich leider gerade in das Thema Kündigungsfristen ein und scheitere an einer Frage :

    Wann ist eine Kündigung seitens des AN möglich gilt §622 Abs.2 oder die einzelvertragliche Regelung - (darüber gibt es auch nicht nur im Gremium Diskussionen)

    Beispiel : Der Vertrag kann von beiden Parteien unter Einhaltung einer Frist von x Monaten zum Monatsende gekündigt werden . = ok.

    Bei längerer Betriebszugehörigkeit gelten hinsichtlich der verlängerten Kündigungsfristen die gesetzlichen Bestimmungen für beide Parteien.

    Die Frage : Kann ein MA der z.B. nach 15 Jahren kündigen möchte nach X Monaten das Unternehmen verlassen oder nach 6 Monaten zum Monatsende?

    Ich persönlich habe §622 Abs. 2 so verstanden das seitens des AG die entsprechenden Fristen einzuhalten sind. Aber auch für den AN lt. Vertrag?

    Danke im Voraus!

  • Hallo,

    § 622 Abs. 6 BGB kannst Du entnehmen, daß für beide Seiten dieselben Kündigungsfristen rechtswirksam vereinbart werden können. Die meisten Arbeits- und Tarifverträge enthalten derartige Klauseln zur "Anpassung".

    Da die Rechtsprechung davon ausgeht, daß längere Kündigungsfristen grundsätzlich zum Vorteil des AN sind, gelten bei unterschiedlichen Regelungen durch ArbV, TV bzw. Gesetz idR die längeren Fristen - auch für AN, wenn sie entsprechende Regelungen haben.

  • Hallo,

    mein Vorredner hat zwar absolut recht, aber irgendwie habe ich das Gefühl, die Frage ist nicht ganz klar beantwortet. Die habe ich so verstanden: Was passiert, wenn die gesetzliche Kündigungsfrist wegen einer entsprechend langen Betriebszugehörigkeit die im AV beidseitig vereinbarte überschreitet?

    Klar ist, die Kündigungsfrist verlängert sich für den AG.

    Für den/die AN verlängert sie sich aber nur, wenn dies im AV auch explizit und klar so vereinbart wurde. Steht das dort nicht klar und explizit, bleibt es für den/die AN bei der Frist aus dem AV.

    Pecomits Einlassung kann man so verstehen, dass im AV die beidseitige Fristverlängerung vereinbart werden sollte - um die Frage aber wirklich beantworten zu können, müsste man die genaue Formulierung kennen. Unklarheiten in der Formulierung könnten durchaus zu Lasten des AG gehen und zu kürzeren Fristen für die AN führen.

    Und die Formulierung, die im Eingangsthread steht, ist m.E., wenn es die Formulierung aus dem AV wäre, ein wenig zu sehr "interpretationsfähig" - das liegt m.E. an grammatikalischen Unzulänglichkeiten und an der unklaren Bedeutung des Wortes "hinsichtlich", derentwegen zwei Interpretationen möglich sind, a) für beide Seiten gelten die gleichen verlängerten Kündigungsfristen, oder b) für beide Seiten gelten dann die gesetzlichen Kündigungsfristen (somit für die AN dann ggf. auch wieder kürzere als im AV vereinbart). M.E. wäre eine rechtssichere Formulierung so: "Die verlängerten Kündigungsfristen nach 622 BGB gelten auch für den/die AN."

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Moin Winfried,

    jetzt bin ich ja gespannt, ob Dein nächster Beitrag der 0. ist, oder ob der Zähler hier auch 5stellig ist... Respekt!

    Zum Thema:

    Ich will gerne zugeben, dass die von Dir vorgeschlagene Formulierung klarer und eindeutiger ist. Gleichwohl würde ich es wegen der genannten Formulierung auf keinen Rechtsstreit ankommen lassen.

    Da das Gesetz im Zweifelsfall immer gilt, macht der Verweis auf die Geltung für beide Seiten nur Sinn, wenn es darum geht, dass eben die verlängerten Kündigungsfristen auch für beide Seiten gelten sollen. Insofern würde ich die Formulierung als ausreichend betrachten. (Aber selbstverständlich kann das ein Gericht vollkommen anders sehen. Und wenn ich eh weg will und nichts zu verlieren habe, kann ich es natürlich über den Rechtsweg versuchen. Ich würde eher versuchen einen Aufhebungsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen zu erreichen. Muss aber jeder für sich entscheiden.)

    pecomit
    Ich denke, es ist klar geworden, dass tatsächlich die verlängerten Kündigungsfristen gem. § 622 BGB wirksam zwischen den Parteien vereinbart werden können.

    Wie Winfried schon richtig bemerkt hat, kommt es im Zweifelsfall auf die konkrete Formulierung an. Ist sie richtig gemacht ist da nix zu rütteln. Ist sie es nicht, kann man sich darüber streiten.

    Im Zweifelsfall soll der Kollege das Geld für eine Erstberatung beim Fachanwalt für Arbeitsrecht investieren. Der wird ihm, nach einem Blick in den Vertrag, direkt sagen können, ob er da was reißen kann oder nicht.

    Gruß

    Moritz

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,

    Erst einmal herzlichen Dank für Eure Beiträge ! !

    In einem Teil der Verträge ist tatsächlich der Originaltext enthalten :

    "Der Vertrag kann von beiden Parteien unter Einhaltung einer Frist von x Monaten zum Monatsende gekündigt werden . Bei längerer Betriebszugehörigkeit gelten hinsichtlich der verlängerten Kündigungsfristen die gesetzlichen Bestimmungen für beide Parteien"

    Und ja , ich habe dem Kollegen zu einer anwaltlichen Erstberatung geraten ...

    Schönen Gruß

    pecomit

  • Hallo.

    Dass das Gesetz sowieso gilt, macht diese AV-Formulierung nicht zwingend besser oder eindeutiger und eine Überprüfung der Inhalte nach den AGB-Geboten des BGB nicht überflüssig.

    Bei der AGB-Kontrolle geht es nicht um das, was der AG vereinbaren wollte, nämlich in diesem Fall wohl eine kündigungsrechtliche Gleichstellungsabrede, sondern um das, was der AV-Text konkret formuliert. Und auch wenn eigentlich klar ist, dass das Gesetz gilt, gibt es ja durchaus viele AVe (und auch BVen etc.), die einfach den Gesetzestext replizieren, und m.E. ist eine mögliche (meinethalben auch: bösartige) Lesart des hier vorgestellten Passus eben die, dass man bei längerer Betriebszugehörigkeit wieder die Geltung der gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart hat.

    Ob man es auf einen Rechtsstreit ankommen lässt, liegt übrigens nicht unbedingt im Handlungsbereich des/der AN - er/sie kündigt eben ggf. nach Maßgabe der gesetzlichen Kündigungsfrist, und dann muss der AG entscheiden, ob er rechtlich dagegen vorgeht...

    Eine anwaltliche Beratung würde ich in dem Fall auch empfehlen.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.