Unsere Erfahrung mit der Listenwahl

  • Ich will mal unsere Erfahrung mit der Listenwahl mitteilen und auch erzählen wie es nun weitergeht.

    2014 kam es bei uns zur Listenwahl, weil die Vermutung im Raum stand dass einige der alten BRM bestechlich waren.

    Die alten BR-Hasen die die Vorwürfe nicht kannten und auf einer Liste "vereint" waren fühlten sich durch die Listenwahl derart auf die Füße getreten, dass sie übelste Hetzkampgnen gegen "die Neuen" lostraten. Wahlwerbung der übelsten Art. Es gab damals mehrere Möglichkeiten die Wahl abzubrechen, das bestätigte uns eine RA. Jedoch hätte das eine Betriebsratslose Zeit nach sich gezogen. Völlig undenkbar, weil gerade Entlassungswellen liefen. Das hätte man den neuen BRM angelastet. Also verzichteten wir auf den Abbruch und hielten still.

    Am Ende hatten die alten BR Hasen nur noch 40% aller Stimmen bekommen und somit 60% an die neuen BR-Kandidaten verloren. Ein super Ergebnis! Die alten BR Hasen kamen nicht mehr in den Vorsitz, Stellvertretung, KBR, BA oder WA rein. Sie waren sozusagen entmachtet. Was dann passierte war, dass die alten und wiedergewählten BRM die BR Arbeit völlig blockierten. Verdi wurde zur Schlichtung eingeladen. Das war aber nicht von Dauer. Also kam es zur Neukonstituierung. Alte BRM erhielten Teile ihrer alten Positionen wieder um insgesamt zu schlichten. Trotzdem wurden die folgenden zwei Jahre zur echten Zerreissprobe! Permanent Ärger und immer wieder Eingaben, Widersprüche, Provokationen, Streitereien usw. Die BR Sitzungen waren zu reinen Machtspielchen verkommen und endeten immer in viel Haß und viel Geschrei. Zwischenzeitlich hatte sich die Bestechlichkeit einiger BRM als wahr herausgestellt. Aber leider nicht schriftlich beweisbar. Jedenfalls -noch- nicht.

    Alles ging einen üblen Weg. Am Ende blieben ein paar BRM auf der Strecke. Psycho-Klinik, Reha, bzw. Kuraufenthalte, monatelange Krankzeiten etc. Ein einziges Desaster!

    Jetzt zum Beginn des 4. Jahres der Amtszeit funktioniert die BR Arbeit relativ gut. Es gibt nach wie vor Vorwürfe und Hass und das denken in Listen, aber es funktioniert. Irgendwie jedenfalls.

    Unsere Wahlen sind in 11 Monaten. Der Wahlausschuss wurde bereits jetzt gebildet. Alle beten darum, dass es wieder eine Personenwahl wird.

    Zum einen lässt sich so einer der bestechlichen BRM indirekt rauskicken, denn durch berufliche "Aufstiege" gab es massiven Vertrauensverlust in der Belegschaft. Zum anderen wurden bereits jetzt Stimmen in der Belegschaft laut, dass man lieber die Personenwahl hätte. Um sich die "guten" herauspicken zu können.

    Fazit: Eine Listenwahl ist gut, um eingefahrene und verkommene Betriebsratstrukturen aufzubrechen. Aber ansonsten sollte man die Listenwahl nicht erzwingen. - Hoffentlich nie wieder Listenwahl!
    LG

    Claudia

  • Hallo Claudia,

    es gibt immer für und wieder, ob Personenwahl oder Listenwahl.

    Fest steht, das Gesetz sieht im Prinzip die Listenwahl vor, und ich finde das gut (auch wenn wir bisher bei uns in Personenwahl wählen).

    Unsere abgespaltete Betriebsschwester hatte eine Entwicklungsabteilung mit 20 Beschäftigten und einen Produktionsbereich mit 80 Beschäftigten. Bei der ersten Betriebsratswahl in dem Betrieb von 11 Jahren hatte sich ein Kollege der Entwicklung mit auf die Personenwahlliste aufstellen lassen, weil er auch die Interessen seines Bereiches vertreten wissen wollte. Er hatte die volle Zustimmung seines Bereiches. Ich hatte Ihn darauf aufmerksam gemacht, dass bei einer Listenwahl und diese Zustimmung er sicher gewählt ist, bei Personenwahl er aber damit nicht rechnen kann.

    Es kam wie es kommen muss, mit seinen 18 Stimmen stand er am 10ter Stelle des Gesamtergebnisses und war das dritte Ersatzmitglied. Ich bin dann zu den Jungs der Produktion gegangen, und habe dort nachgefragt, warum habt ihr den Kollegen nicht unterstützt. Die Antwort war klar, das ist doch einer von den Entwicklern.... und keiner von uns. Der Kollege hat daraus gelernt und ist seit dem auf der Liste Entwicklung mit ihm kandidiert einen weiteren Mitarbeiter und ist mit einem Platz seitdem im BR vertreten. Damit verschafft er sich auch beim Arbeitgeber und beim Betriebsrat Gehör. Hier ist aus meiner Sicht Listenwahl mal ein positives Beispiel.

    Damit umzugehen, wenn man deutlich verloren hat, nun das fällt keinem einfach. Wenn dadurch bei euch 2 Jahre Bereinigungsarbeit statt fand, dann war das auch erforderlich. Dieses ist aber kein Grund Listenwahl zu verdammen.

    Gruß

    Rabauke

  • Ich habe als WVV sowohl eine Personenwahl als auch eine Listenwahl mitgemacht. Im Nachhinein ist niemand mit der Listenwahl mehr glücklich, die Kolleg/innen am wenigsten. Dennoch ist sie der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfall und die Personenwahl der Ausnahmefall. :(

    In unserem BR haben zwar beide Fraktionen bisher zugesagt, 2018 auf einer gemeinsamen Liste zu kandidieren und wir werden auch jedem, ob für oder gegen den alten BR die Kandidatur auf einer gemeinsamen Liste anbieten - Listenwahl ist kacke! :oops:

    Dennoch befürchte ich, dass sich die schon oft vernommenen Worte von Gewerkschaftssekretär/innen und Seminarleitern bewahrheiten werden: Einmal Listenwahl - immer Listenwahl. :evil:

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Naja, durch eine Listewahl ergeben sich ganz andere Möglichkeiten als bei Personenwahl.

    Vor allem kann man neue Leute mit rein bringen, die bei Personenwahl aufgrund der gewohnten Gesichter wahrscheinlich keine Chance gehabt hätten.

    Bei uns wurde so auch die Quote gekippt bei der Neuwahl. Seitdem läuft es deutlich besser. Die nächste Wahl wird wieder eine Listenwahl sein. Jedoch wird es eine sehr grosse liste die gemeinsam mit System aufgebaut wird. System in dem Sinn, das jede Abteilung und Sparte mindestens einen Sitz hat. Grosse Sparten wenn möglich 2.

    Das sind Möglichkeiten, die man bei Personenwahl leider nicht hat. Da werden die grossen Abteilungen ihre Leute da rein wählen, und kaum ein Angestellter schafft es.

  • Zitat von Rainer Windenergiebranche:

    Die nächste Wahl wird wieder eine Listenwahl sein. Jedoch wird es eine sehr grosse liste die gemeinsam mit System aufgebaut wird. System in dem Sinn, das jede Abteilung und Sparte mindestens einen Sitz hat. Grosse Sparten wenn möglich 2.

    Das sind Möglichkeiten, die man bei Personenwahl leider nicht hat. Da werden die grossen Abteilungen ihre Leute da rein wählen, und kaum ein Angestellter schafft es.

    Hallo Rainer, wie meinst Du das? Wenn Ihr alle "gewünschten" Kandidaten in einer Liste einschreibt, was hat dann der AN für eine Wahl? Wenn es noch eine zweite Liste gibt, woher könnt Ihr wissen, wie die Stimmenverteilung sein wird, dass Eure gewünschten Kandidaten auch gewählt werden?

  • Zitat von aus die maus:

    Hallo Rainer, wie meinst Du das? Wenn Ihr alle "gewünschten" Kandidaten in einer Liste einschreibt, was hat dann der AN für eine Wahl? Wenn es noch eine zweite Liste gibt, woher könnt Ihr wissen, wie die Stimmenverteilung sein wird, dass Eure gewünschten Kandidaten auch gewählt werden?

    na ist doch Klar, Rainer meint, das die Mitarbeiter auch wenn Sie nur einen Liste wählen sie immer noch die Wahl haben. Sie wählen dann die eine oder eine andere Liste. Wenn Sie die Liste wählen, auf die Rainer steht, dann ist in der Listenplatzvergabe sicher gestellt, dass alle Abteilungen berücksichtigt sind, wenn denn ausreichen Plätze erreicht werden und somit eine breite Vertretung vorhanden sein kann, wenn denn ausreichend Stimmen hierhin vergeben werden. Da scheinbar in dem Betrieb ein Arbeiterüberhang da ist sorgt diese Verteilung dafür, dass auch Angestellte Mitglied des Betriebsrates werden, da diese fordere Listenplätze erhalten.

    Wenn Personenwahl wäre, dann würden nur Arbeiter rein kommen, weil die Arbeiter sich nur selber unterstützen und kaum die Angestellten unterstützen.

    Ich kann diese Argumentation verstehen, wenn ich mir das mit der Brille der Minderheit anschaue. Die Wahl die du hast ist doch klar, du wählst den Personenkreis der Liste a, B, C, D und so weiter.

    Wenn nun die Arbeiter der Abteilung A sich unterstützen und eine Liste Arbeiter Abteilung A aufmachen, alle der Abteilung B das gleiche machen und dann die Gesamtliste von Rainer kommt, und alle zur Wahl gehen und nur ihre Liste wählen, werden zumindest die ersten Plätze sicher auf Rainers Liste fallen und Rainer als Listenführer gewählt sein. Und da er sich als gewünschten Kandidaten sieht, ist er dann sicher gewählt :) und deine Frage beantwortet

  • Hallo Rabauke

    ist mir schon klar, dass wenn jede Abt. ihre Liste hat und nur ihre wählt die mit den meisten Kollegen gewinnt. Aber wenn ich "EINE" gemeinsame mache, was habe ich dann für eine Wahl? (erinnert mich an die Wahlen in der DDR). Wenn es aber noch eine zweite gibt, benachteilige ich dann nicht die Abteilungen, die dort drauf sind? Wer legt denn fest, welche Abteillungen auf die große Liste dürfen? Wer lässt sich denn dann noch in eine zweite Liste eintragen, wenn zu erwarten ist, dass die meisten die gemischte Liste wählen?

  • Nene, ihr versteht mich da falsch. Es wird aufjedenfall zwei Listen geben. Das ist abzusehen.

    Aus die Maus...

    Wenn es nur eine Liste gäbe, wüde daraus wieder eine Personenwahl werden... Listenwahl kann es nur mit 2 Listen geben. Das bitte mal nachlesen..

    Ich bin definitiv nicht Listenführer, und war es auch nie, wollte es auch nie sein. Es mag ja klingen wie es will, ich mache dieses Amt nicht für mich, und nicht weil ich es unbedingt wollte...

    Jede Wahl muss gut durchdacht sein. Egal ob Personenwahl oder Listenwahl. Ich mag keine Versprechen die ich nicht halten kann, genauso habe ich ein Problem damit, wenn Leute verbohrt sind und nicht in der Lage sind, das grosse Ganze zu betrachten. Wer unsere Branche kennt, weiss das die Politik gegen uns arbeitet. Und der weiss auch, dass das Folgen hat, die keiner von uns will. Entlassungen.

    Wir als Betriebsräte tragen diesen Namen nicht umsonst. Betriebs - räte. Wir müssen den Blick auf alles Richten und man erwartet von uns die Weitsicht, das Richtige zu tun, auch wenn nicht jeder AN das immer verstehen wird.

    Mir war es immer schon wichtig, das der BR aus einer Mischung aller Abteilungen und Bereiche besteht. Nur so haben alle Einblick in die Tätigkeit des anderen. Infos kann man übereinanderlegen und es wird ein Schuh drauss. Man bekommt Probleme aus allen Abteilungen mit. Der BR wird allgemeiner und richtet sich nicht nur auf die grossen Abteilungen aus.

    In unserem Fall, das ist bestimmt bei jedem anders, ist das Handwerkliche deutlich überragend, und verteilt sich auf 3 Abteilungen. Diese 3 Abteilungen würden alleine den BR stellen, 11 Leute. alle anderen Abteilung drum herum würden es nie schaffen, und würden automatisch ins Hintertreffen geraten.

    Die Blockade im Kopf, der Spalt zwischen Gewerblichen Stundenlöhner und Angestellten ist noch immer Imens. So wie der Spalt hier zwischen den Hardcore BR und den "gemässigten".

    Also muss man diese Leute mischen um alles abzudecken. Und das geht am besten mit einer durchdachten Strategie, eine vernünftig sortierten Liste, und realistischen und erreichbaren Zielen.

    Das ich damit nicht so sehr falsch liege, da bin ich mir sicher, und die Vergangenheit hat es gezeigt. Jedoch lässt sich das gewiss nicht einfach auf andere Betriebe Übertragen. Wir möchten jedoch nicht Enden wie die Nordseewerke oder manche Werft im Bremen oder Hamburg... wir möchten unsere Arbeitsplätze behalten, und zwar für alle. Und das geht nicht wenn man blind die Meinung anderer vertritt. Das haben wir hier mehr als schmerzvoll erfahren müssen.

    Zitat von Rabauke

    Und da er sich als gewünschten Kandidaten sieht, ist er dann sicher gewählt :) und deine Frage beantwortet

    Die Formulierung gefällt mir nicht... Du unterstellst mir, das es mir um meine Wahl geht. Das tut es definitiv nicht. Ob ich hier sitze oder nicht, ist Nebensache. Eine gut organisierte und durchdachte Liste ergibt die richtige Mischung und Besetzung, führt fast Zwangsläufig zu einem guten Gremium. Da ist es doch unwichtig ob ich hier als Marionette des Gremiums sitze oder jemand anders.

    Ob ich Listenführer bin / war oder an Platz 8 stehe. Das Gremiun hat mich auf diesen Stuhl gesetzt, nicht ich. Und die Mitarbeiter haben mit deutlicher Mehrheit diese Leute so zusammen gesetzt. Nicht ich.. Also kann ich nur eins sein, wie du ein Betriebsratsvorsitzender als Ergebnis einer BR Wahl und konstituierenden Sitzung. Und sollte ich es auch mal nicht mehr sein, dann freue ich mich trotzdem, das es jemanden gibt, dem man mehr zu traut als mir, und der dann auch besser sein wird als ich. Weil es hier eben nicht um mich geht, sondern um den Betrieb. Und das sind wir alle. :lol:

  • Hallo ClaudiaD und Danke für deine Ausführungen. Ich hoffe du wirst dann nächstes Jahr auch über die Wahl berichten.

    Wir hatten bisher immer Personenwahl, erst weil wir es mussten (unter 50) dann weil wir es wollten (Über 50 unter 100). Das System der Listenwahl wird durchweg von allen AN als undemokratischer angesehen und daher sträuben sich alle dagegen. Diesem allgemeinen Wunsch sind Wahlvorstand und GL daher bisher immer nachgekommen. Bei kleinen Betrieben ist das auch auch immer einfacher.

    Solltet ihr mehr als 100AN haben würde ich darauf wetten, dass es bei euch wieder eine Listenwahl geben wird. Irgendjemand wird mit seiner Position auf der Liste nicht zufrieden sein, setzt sich dann mit dem Taschenrechner hin und kommt zu dem Entschluss, dass er auf einer eigenen Liste grössere chancen hat in der BR zu kommen... Nun auch das ist eben Demokratie.

    Ob Listen oder Personenwahl, ich wünsche Euch für nächstes Jahr eine weniger stürmische Amtszeit.

  • Also, ich kann das so nicht bestätigen, dass bei Personenwahl die Abteilungen mit den meisten Beschäftigten auch die meisten Sitze bekommen.

    Wir sind ein Produktionsbetrieb 75% Anteil Arbeiter, 25% Angestellte. Und trotzdem haben wir ein ausgewogenes Verhältnis, weil wir auch im Vorfeld der Wahl die KollegInnen aufgeklärt haben, dass es wichtig ist, über den Tellerrand zu schauen. Weil es auch nötig ist, das Wissen der einzelnen Abteilungen im Betriebsrat zu vereinen. (Und unter Umständen ganze Bänder stillstehen, weil alle zur Sitzung sind :lol: )

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.