Gremium stimmt Übernahme eines Auszubildenden nicht zu; keine Verweigerungsgründe gemäß §99 BetrVG

  • Hallo Kollegen,

    ich habe ein aktuelles Problem.

    Von der Personalleitung kam die Anzeige, dass 2 Auszubildende befristet für 1 Jahr nach Ende der Ausbildung (Ende Januar) übernommen werden sollen.

    In der BRS bekam ich (als BRV) ein Abstimmungsergebnis von 1xja/1xnein/3xEnthaltungen. Die mit nein gestimmten Mitglieder haben mit dem jingen Mann täglich zu tun und wissen, dass er den Anforderungen nicht gerecht wird. (3x fragen, 1x machen, danach wieder fragen:( ) . Die GL möchte ihm aber eine Chance geben.

    So nun die eigentliche Frage: Was kann ich jetzt tun? Ich kann nicht zustimmen, aber auch nicht ablehnen, da die Ablehnungsgründe gemäß §99 BetrVG in diesem Fall nicht zutreffen.

    Hatte jemand einen ähnlichen Fall schon?

    Danke vorab für Eure Hilfe!

    Grüße Dorle

  • Hallo.

    Formal betrachtet muss der BR mit Mehrheit die Zustimmung aktiv verweigern, d.h. mehrheitlich gegen die Einstellung stimmen. 1 Zustimmung, 1 Zustimmungsverweigerung, 3 Enthaltungen: Die Zustimmung ist hier m.E. nicht verweigert, weil nicht die Mehrheit für die Zustimmungsverweigerung gestimmt hat.

    Und selbst wenn die Abstimmung mit 0 Zustimmungen und 5 Zustimmungsverweigerungen abgegangen wäre: Ohne gesetzeskonforme Begründung ist das unbeachtlich. Der BR kann und darf nicht unbegründet verweigern. Punkt.

    Fazit, als BRV würde ich dem AG hier das Ergebnis mitteilen: Der BR verweigert die Zustimmung nicht.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Zitat von Dorle

    09.01.2018, 16:17 Hallo Kollegen,ich habe ein aktuelles Problem.Von der Personalleitung kam die Anzeige, dass 2 Auszubildende befristet für 1 Jahr nach Ende der Ausbildung (Ende Januar) übernommen werden sollen.In der BRS bekam ich (als BRV) ein Abstimmungsergebnis von 1xja/1xnein/3xEnthaltungen.

    Zitat von Winfried

    Formal betrachtet muss der BR mit Mehrheit die Zustimmung aktiv verweigern, d.h. mehrheitlich gegen die Einstellung stimmen. 1 Zustimmung, 1 Zustimmungsverweigerung, 3 Enthaltungen: Die Zustimmung ist hier m.E. nicht verweigert, weil nicht die Mehrheit für die Zustimmungsverweigerung gestimmt hat.

    Fried

    Woher weißt du was der Antrag zur Anhörung war?

    Dorle

    Was war der Antrag zur Anhörung?

    a) Zustimmung zur Anhörung?

    b) Ablehnung zur Anhörung?

    Bitte gibt dazu eine Antwort.

  • In diesem Fall spielt es doch keine Rolle, wie der Antrag genau lautete. Da die Abstimmung weder eine Zustimmung noch eine Zustimmungsverweigerung ergeben hat, läuft es auf ein Verstreichen der Frist hinaus. Also keine Verweigerung der Zustimmung.

    Außerdem hat Winfried es ja schon geschrieben: ohne Begründung nach §99 BetrVG gibt es keine Zustimmungsverweigerung.

    Wenn die GL ihm eine Chance geben möchte, warum sollte der BR ihm ohne fundierte Gründe diese Chance verbauen. Schließlich ist es ja auch eine Befristung auf 1 Jahr.

  • Danke erstmal für Eure Ausführungen.

    Ich bin mir aber unsicher wie ich mich verhalten soll. Stimme ich zu, mache ich das gegen mein Gremium. Nicht zustimmen kann ich offiziell auch nicht weil ein geltender Grund fehlt. Also werde ich wohl die Frist verstreichen lassen(?!).

    Sorry, aber in solcher oder ähnlicher Situation war ich noch nicht da noch nicht so lange dabei:(

  • Hallo Dorle,

    das "Gremium stimmt einer Übernahme nicht zu", so steht es in der Betreffzeile.

    Insofern das Gremium dies ohne Angabe mindestens eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründe (BAG v. 24.7.1979 – 1 ABR 78/77) beschlossen hat, ist es lediglich eine Meinungsbildung und keine Zustimmungsverweigerung.

    Natürlich sollte man sich eine Meinung bilden. Ebenso darfst und kannst du anderer Meinung sein als das Gremium, denn es ist nicht erforderlich immer mit dem Gremium eins zu sein.

    Lässt sich jedoch die Zustimmungsverweigerung des BR keinem dieser in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründe zuordnen oder werden die Gründe nur pauschal vorgetragen, gilt die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt.

    Als BRV würde ich in diesem Fall dem Protokollführer auftragen zu vermerken, dass das Gremium mehrheitlich der Meinung ist, nicht zuzustimmen, doch genügen die Bedenken nicht um einen Widerspruch zu formulieren der den AG zwingt ggf. ein Einstellungsersetzungsverfahren einzuleiten.

    Also gibt man die Anhörung zurück und vermerkt darauf möglicherweise die Bedenken des Betriebsrates oder auch nicht. Bspw.: "Der BR gibt keine Stellungnahme ab, hat jedoch Bedenken hinsichtlich xyz."

    Der AG hat sich entschieden einzustellen, der BR hat keine nennenswerten Widerspruchsgründe, also werden die AZUBI übernommen und dürfen sich ein Jahr lang bewähren.

  • Meinereiner würde nochmal über die Übernahme abstimmen lassen. Man muss aber dem Gremium mal sagen, dass es nur ein paar Verweigerungsgründe nach §99 gibt (die sind abschließend!) und die hier nicht zutreffen. Falls das Gremium wirklich dann so abstimmt, dass die Übernahme verweigert wird, so wird dies weiter kommuniziert.

    Falls der Auszubildende dann trotz der Abstimmung übernommen wird, kann der BR vor Gericht gehen. Da wird der BR aber nen heftigen Denkzettel bekommen.

    Falls der Auszubildende dann nicht übernommen wird:

    Den Auszubildenden würde ich raten eine Klage anzustreben. Das Gericht wird kurzen Prozess machen und dem BR (nicht dem BRV) mal raten sich besser zu informieren.

  • Zitat von Hawky:

    Den Auszubildenden würde ich raten eine Klage anzustreben. Das Gericht wird kurzen Prozess machen und dem BR (nicht dem BRV) mal raten sich besser zu informieren.

    Wen soll der "noch Azubi" denn verklagen? Den AG? den BR?

    Es ist einzig und alleine die Entscheidung des AG, wie er mit einem Beschluß des BR umgeht. Erst einmal völlig unerheblich, ob dieser Beschluß positiv oder negativ oder gar nichts ausfällt.

    Der AG hat die Entscheidung zu treffen wie er damit umgeht - und dann auch die Folgen seiner Entscheidung zu tragen.

    Und wenn der AG dann den Beschluß hernimmt und dem Azubi eben keinen Arbeitsvertrag anbieten möchte, kann der Azubi keinenlei Rechte daraus ableiten und

    klagen.

    Es sei denn es gäbe irgendeine Vereinbarung (mündlicher Arbeitsvertrag oder z.B. eine BV zur Übernahme von Azubi's o.#.)

    Und den BR kann der Azubi schonmal gar nicht verklagen.

  • Danke der Nachfrage!

    Ich meine in der Tat, dass es formaljuristisch vollkommen egal ist, wie der Beschlussantrag formuliert war (meine Nachfrage war reine Neugier - als BRV würde ich aber in der Tat klar formulieren: "Wer verweigert die Zustimmung?"): Erstens mangels Mehrheit für die Zustimmungsverweigerung (bei 3 Enthaltungen ist es im 5er-BR letztlich egal, wie der Antrag lautete, es gibt weder so noch andersrum eine Mehrheit für die Zustimmungsverweigerung), zweitens mangels Begründung.

    Ich habe das - mehrheitliche unbegründete Zustimmungsverweigerung - als BRV ein paar Mal erlebt und dem Gremium dann immer gleich mitgeteilt, dass ich das ohne Begründung nicht weitergeben kann. Entweder wurde dann nachgebessert, oder die Frist verstrich.

    Ich bleibe bei meinem Tipp: Dem AG ist mitzuteilen, dass die Zustimmung nicht verweigert wurde, eine Fristverstreichung läuft auf dasselbe hinaus.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo Winfried,

    kannst du das irgendwie rechtlich belegen? Fitting? Rechtsprechung?

    Es wird die Maßnahme nach §99 BetrvG zur Einstellung vorgelegt. Die Frage "Wer stimmt der Einstellung zu?" ist anders als "Wer ist für eine Zustimmungsverweigerung?".

    Enthaltungen sind ja grundsätzlich wie "Nein" Stimmen zu behandeln.

    Grundsätzlich bin ich bei dir, kann dazu aber nichts finden.

    MrSonnenschein

  • Hallo.

    Das steht doch klar im Paragraphen. Das BetrVG sagt eben nicht, dass der BR einer personellen Maßnahme explizit zustimmen muss, damit sie wirksam durchgeführt werden kann (ansonsten gäbe es ja auch die Zustimmungsfiktion nicht).

    Das BetrVG sagt genau andersrum, dass der BR a) die Zustimmung verweigern kann, und das b) auch nur in eingeschränktem Maße wegen des kleinen Kataloges an Verweigerungsgründen. Das sind zwei paar sehr unterschiedliche Stiefel. Und weder a) noch b) sind hier erfüllt.



    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Das ist klar, aber für die Festlegung der Stimmen ist die Frage schon von Bedeutung. Je nachdem wie abgestimmt wird, ist das Ergebnis anders. Und da frage ich nach der Rechtsprechung.

    Wenn bei einer Abstimmung "Wer ist dafür?" keine Mehrheit gebildet wird, dann ist das Ergebnis eine Zustimmungsverweigerung.

    Frage ich "Wer ist dagegen?" kann das Ergebnis wieder ein anderes sein.

    Also, wo steht konkret im Gesetz oder Rechtsprechung, das ich fragen muss "wer ist dagegen?"

  • Hallo,

    da sollte die Beschlussvorlage lauten: "Wer ist für die Einstellung?" Mehrheit ja also Zustimmung, wenn nein ist die Frage, haben wir einen RICHTIGEN Grund um der Einstellung zu widersprechen, wenn JA Beschlussfassung: "Der BR widerspricht aus folgendem Grund..." wenn kein ablehnende Grund vorhanden ist, dann ist das Ergebnis die fiktive Zustimmung.

  • Abstimmungsergebnis - Fragestellung - Anhörung des BR zur Einstellung

    Der BR wird meines Erachtens nicht explizit gefragt ob er dafür oder dagegen ist, sondern vielmehr um Zustimmung gebeten. Ergo handelt es sich bei §99 (2) auch um Zustimmungsverweigerung.

    "Wie war noch mal die Fage?" steht also mE nicht zur Debatte :idea:

    Wenn man die Bitte um Zustimmung als Frage auslegt, so heißt sie für uns:

    Stimmen wir der geplanten Maßnahme zu?

    JA, wäre das Ergebnis wenn die Mehrheit nach ausreichender Prüfung, ob es tatsächlich keine Widerspruchsgründe gemäß §99 (2) gibt, zustimmt

    NEIN, der BR widerspricht der geplanten Maßnahme (Einzige Voraussetzung: der BR ist mehrheitlich dagegen und kann es begründen (siehe oben §99 (2))

    Sollten wir zwar Bedenken haben, die Gründe für einen Widerspruch jedoch nicht ausreichen, formulieren wir es so:

    "Der BR gibt keine Stellungnahme ab" oder

    "Der BR stimmt der Maßnahme zu, hat jedoch Bedenken hinsichtlich xyz."

    Wie auch immer die Antwort lautet, wird sie auf dem Anhörungsformular vermerkt und vom BRV bei der Personalabteilung nach der Beschlussfassung abgegeben.

    Ob der AG dann die Einstellung vornimmt oder nicht, ist Entscheidung des AG.

    Er ist ja nicht gezwungen wegen der Zustimmung des BR seine Maßnahme vorzunehmen. Bei uns führt dies oft einmal zu Irritationen wenn die Personalabteilung versäumt uns mitzuteilen, dass die geplante Maßnahme trotz Zustimmung doch nicht durchgeführt wird oder der/die Bewerber/in abgesprungen ist.

    Im Falle eines Widerspruches (Zustimmungsverweigerung), wird dieser ausführlich begründet als Anlage an das Formular angehängt.

  • Meines Verständnis nach kommt es sehr wohl auf die Fragestellung an, denn Enthaltungen werden ja als "nein" gewertet.

    Frage ich: "Wer ist mit der Einstellung einverstanden?", so habe ich hier ein mal ja, und vier mal nein (3 aus Enthaltungen).

    Frage ich "Soll die Einstellung verweigert werden?", so habe ich ein mal ja und vier mal nein (drei aus Enthaltungen).

    Ich würde an deiner Stelle eine außerordentliche Sitzung einberufen und dann dort mit den Kollegen sprechen, wie die Zustimmungsverweigerung begründet werden soll und diese auch im Protokoll festhalten. So merkt das Gremium schnell, ob sie überhaupt widersprechen können oder ob es rein persönliche Gründe hat, diesem die Chance nicht zu geben.

  • Also für mich ist das ein ganz klarer Kindergarten!

    Und da seh ich auch die Aufgabe des BRV zu hinterfragen was sie mit ihrer Enthaltung bezwecken wollen. Gibt es einen Widerspruchsgrund wenn Nein dann wird der Einstellung nicht widersprochen.

    Man kann in der Sitzung viel diskutieren aber bevor man auseinander geht muss für den BRV kann klar sein was zu tun ist.

    Hier sollte sich ein Gremium zusammen setzen und für die Zukunft vernünftige Regeln aufstellen.

    In diesem Fall würde ich an Dorles Stelle tatsächlich die Frist verstreichen lassen da es ja nur Enthaltungen aber keinen Widerspruch gab. :lol:

  • Eigentlich ist es ja geklärt, aber für Max M. schreibe ich es noch mal in meinen Worten:

    Wenn die Frage im BR lautet, wer ist für die Zustimmung der PE, dann ist, wie Max M. schreibt, im vorliegenden Fall eine (aktive) Zustimmung wegen der vielen Enthaltungen nicht zustande gekommen.

    Eine aktive Verweigerung aber auch nicht. Dafür hätte die Frage lauten müssen, wer ist für die Ablehnung der Maßnahme? Und die wäre bei den Enthaltungen eben auch nicht zustande gekommen.

    Also kann der BRV sich ein bisschen aus dem Fenster lehnen und dem AG mitteilen, dass der BR der Maßnahme bicht widersprochen hat, oder er lässt die Wochenfrist verstreichen.

    Jedenfalls ist das Ganze ein Anlass, die Diskussions- und Entscheidungsabläufe im BR mal genauer zu betrachten.