Abwesenheit wegen Freizeitausgleich. Nachrücker laden?

  • Schönen guten Morgen,

    wir haben im Gremium darüber diskutiert, wie es sich genau mit der Ladung zu Betriebsratssitzungen von Nachrückern verhält. Dabei ging es um folgenden Fall.

    Ein BR-Mitglied nimmt aus eigenen Wunsch von seinem Arbeitszeitkonto einen Tag Freizeitausgleich und teilt dem Betriebsratsvorsitzenden frühzeitig mit, dass er deshalb an der nächsten Betriebsratssitzung, welche planmäßig in einigen Tagen stattfindet, nicht teilnehmen kann.

    Ist dann die Ladung eines Ersatzmitgliedes erforderlich und darf dieses Ersatzmitglied dann an Beschlussfassungen teilnehmen?

    Die Meinungen im Gremium sind gespalten. Einige sagen, eine Ladung ist nicht erforderlich, da es sich um einen Tag Freizeitausgleich handelt und nicht um einen Tag Urlaub. Daher ist auch die Teilnahme an einer Beschlussfassung nicht möglich.

    Andere sagen wiederum, dass die Abwesenheit frühzeitig angemeldet wurde und vergleichbar mit Urlaub ist. Außerdem handelt es sich um einen kompletten Tag. Eine Ladung eines Ersatzmitgliedes ist somit erforderlich und die Teilnahme an der Beschlussfassung somit zulässig.

    Was ist richtig, oder gibt es dazu keine klare Aussage?

    Vielen Dank für die Hilfe !

  • Hallo MaMu,

    jedes BRM entscheidet selbst, ob ein Verhinderungsfall vorliegt (s. Fitting §25 Rn 21). Es muss ja nicht offenlegen, ob es einen wichtigen Arzttermin, private Reise o.ä. an dem Tag plant. Solange nichts Offensichtliches dagegen spricht, muss der BRV den Hinderungsgrund auch nicht hinterfragen.

    Damit wäre in dem Fall ein Nachrücker zu laden.

    Gruß, Carsten

  • Zitat von Caro9

    jedes BRM entscheidet selbst, ob ein Verhinderungsfall vorliegt (s. Fitting §25 Rn 21). Es muss ja nicht offenlegen, ob es einen wichtigen Arzttermin, private Reise o.ä. an dem Tag plant. Solange nichts Offensichtliches dagegen spricht, muss der BRV den Hinderungsgrund auch nicht hinterfragen. Damit wäre in dem Fall ein Nachrücker zu laden.

    Moin Moin,

    ganz so einfach dürfte es wegen §29 Abs.2 BetrVG wohl dann doch nicht sein. Per se ist der Freizeitausgleich sicher kein Verhinderungsgrund.

  • Hallo zusammen,

    ich bin da eher Carsten´s Meinung. Dabei ist es egal, warum ich nicht im Hause bin, egal ob Arzttermin private Gründe oder nur weil ich Urlaub oder Überstundenfrei habe.

    Bei Urlaub sind ja die Kommentare eh eindeutig und sagen, dass grundsätzlich von einer Verhinderung auszugehen ist, solange das BRM nicht zu erkennen gibt, dass es an der Sitzung teilnehmen möchte. Bei ganztägigen Freistellungen würde ich da genau den selben Ansatz nehmen.

    Also Ersatzmitglied einladen und auch an der Beschlussfassung teilnehmen lassen.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Kulum,

    warum § 29 Abs. 2 BetrVG dagegen spricht, bleibt Dein Geheimnis. Bei Stundenausgleich wie auch bei Urlaub entscheidet das BRM weitgehend selbstbestimmt, ob es verhindert ist. Das sieht auch die einschlägige Kommentierung so.

  • Zitat von whoepfner

    warum § 29 Abs. 2 BetrVG dagegen spricht, bleibt Dein Geheimnis.

    Aber nicht doch, in §29 Abs.2 S.5 BetrVG heißt es wörtlich: "Kann ein Mitglied des Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung an der Sitzung nicht teilnehmen, so soll es dies unter Angabe der Gründe unverzüglich dem Vorsitzenden mitteilen."

    IMHO ist Freizeitausgleich kein Verhinderungsgrund. Vielleicht ist ja der Grund für den Freizeitausgleich ein Verhinderungsgrund

    Urlaub und Freizeitausgleich würde ich auch nicht in einen Topf werfen wollen. Urlaub dient der Eholung, Freizeitausgleich nicht.

    Aber werd doch bitte bzgl. der einschlägigen Kommentierungen ein wenig konkreter. Auf die Schnelle hab ich nur einen Fitting und n DKK zur Hand und die haben dir beide nicht recht gegeben.

  • Hallo Kulum,

    Fitting §25 Rn 21 ist für mich eindeutig:

    ...entscheidet das jeweilige BRM in eigener Verantwortung darüber, welcher seiner beruflichen, privaten oder betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten er im Kollisionsfall den Vorrang gibt...Erklärt er sich für verhindert, hat der Vorsitzende das tatsächliche Vorliegen eines Hinderungsgrundes nicht nachzuprüfen.

    Das heißt für mich, dass das BRM mit Freizeitausgleich nur mitteilen muss, es wäre verhindert, damit ein Nachrücker geladen werden muss. Ohne Angabe eines Grundes, Diskussion oder Nachprüfen.

    Zitat MaMu:

    und teilt dem Betriebsratsvorsitzenden frühzeitig mit, dass er deshalb an der nächsten Betriebsratssitzung, welche planmäßig in einigen Tagen stattfindet, nicht teilnehmen kann.

    Gruß, Carsten

  • Hallo Carsten,

    Das sehe ich genauso eindeutig wie du. Wenn mir ein BRM bescheid gibt, er sei verhindert, weil er einen Arzttermin hat (der Grund ist anzugeben wegen §29 Abs.2 S.5 BetrVG), werde ich sicher nicht versuchen rauszubekommen ob das stimmt. Und mehr sagt das von dir zitierte auch schon nicht mehr aus.

    Ich will dich aber auch nicht überzeugen. Wenn du an der Stelle (und damit scheinst du ja nicht allein zu sein) etwas anderes liest, hab ich damit überhaupt kein Problem.

  • Hallo,

    ganz so einfach

    Zitat von Kulum

    Ich will dich aber auch nicht überzeugen. Wenn du an der Stelle (und damit scheinst du ja nicht allein zu sein) etwas anderes liest, hab ich damit überhaupt kein Problem.

    kann man es sich in Rechtsfragen nicht machen - erst recht dann nicht, wenn im BR eine ordnungsgemäße Beschlußfassung gefährdet ist.

    Du argumentierst hier locker gegen die gesamte Fachkommentierung an. Vielleicht solltest Du, wenn Du weiterhin mit § 29 Abs. 2 BetrVG argumentieren willst, Dir zuerst einmal Gedanken über die juristische Bedeutung des Wortes "soll" machen, denn diese Interpretation von Dir

    Zitat von Kulum

    (der Grund ist anzugeben

    ist so pauschal juristisch falsch.

    "Soll" bedeutet eben nicht, daß immer zwingend ein Grund angegeben werden muß. Die Konsequenz hat Dir Caro bereits aus der Literatur zitiert.

    Zitat von Caro9

    Erklärt er sich für verhindert, hat der Vorsitzende das tatsächliche Vorliegen eines Hinderungsgrundes nicht nachzuprüfen.

  • Hallo.

    Wir haben hier einen Fall, in dem das BRM einen Grund angibt und sich explizit wg. Freizeitausgleiches abmeldet. Da braucht man kein detektivisches Nachforschen: Da das für sich alleine kein Verhinderungsgrund ist (BR-Tätigkeit kann auch außerhalb der persönlichen ArbZ stattfinden), dürfte nicht nachgeladen werden.

    Als BRV habe ich BRM im Frei immer geladen. Außer es gab zusätzliche Verhinderungsgründe.

    Grüße Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Vielen Dank für die vielen Infos. Insgesamt sehe ich es auch so, dass kein Grund angegeben werden muss. Darum ging es bei uns hauptsächlich. Einige Gremiumsmitglieder wollten in unsere Geschäftsordnung aufnehmen, dass man zwingend den Verhinderungsgrund nennen muss. Dies ist nach dem Fitting ja dann wohl nicht zulässig. :D

  • Hallo

    Zitat von MaMu

    Dies ist nach dem Fitting ja dann wohl nicht zulässig

    Das sieht der Fitting so nicht.

    §29 Rn 39 danach soll der Grund mitgeteilt werden.

    Erstelle ich jetzt eine Geschäftsordnung kann aus dem soll ein muss werden.

    Auch das steht so im Fitting Rn 39 29. Auflage.

    Zeitausgleich sehe ich analog dem Urlaub, auch dieser dient der Erholung.

    Ersatz ist zu laden.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Da will ich auch einhaken und in einer Hinsicht meinem Voredner zustimmen, weil ich den Eindruck habe, dass aus dem Threadverlauf bisher der komplett falsche Eindruck entstand: Das BRM kann sich nicht einfach so ohne Begründung verhindert melden. "Soll" bedeutet, dass nur in begründeten Ausnahmefällen davon abgewichen werden darf. (...und auf die Begründung wäre ich gespannt)

    Wo mein Vorredner aber nicht recht hat: Frei ist für sich alleine kein Verhinderungsgrund.

    Grüße Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Um meine Meinung nochmal klarer darzustellen.

    Ein BRM ist in Urlaub wenn er nichts anderes äußert ist er verhindert. Grund Urlaub. Weiterer Grund nicht erforderlich.

    Er kann natürlich, wenn es will, an der Sitzung teilnehmen.

    Und dasselbe sehe ich im Freizeitausgleich.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Ist das BRM im Betrieb anwesend, stimme ich zu, dass es einen Verhinderungsgrund angeben muss.

    Bei einem Tag Freizeitausgleich muss es aber reichen, wenn das BRM sich ausdrücklich als verhindert erklärt. Es muss ganz sicher nicht darlegen, welchen privaten Termin (Arztbesuch, Gerichtstermin o.ä.) es hat. Da ist für mich §25 Rn21 deutlich genug, dass die Entscheidung (ob Verhinderung oder nicht) in der Verantwortung des BRM liegt.

    Anders würde ich es evtl. sehen, wenn einfach nur "Freizeitausgleich" stehen bleibt.

  • Hallo zusammen,

    an für sich ist es doch wirklich die Frage, ob Freizeitausgleich genau so zu behandeln ist wie Urlaub.

    Ich denke, dass dies immer eine Einzelfallentscheidung sein wird. Ich habe hier auch eine Fallbesprechung gefunden, die durchaus darauf schließen lässt:

    https://docs.google.com/docume…Hg6slCrkNqOkSc/edit?hl=de (Thema Schichtfrei und BR-Sitzung)

    Allerdings glaube ich jetzt nicht, dass einem BR ein Beschluss deshalb um die Ohren fliegt, nur weil der BRV anstatt eines im Freizeitausgleich befindlichen BRM ein Ersatzmitglied geladen hat. Aber das müssen wohl erst einmal die Gerichte entscheiden.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Zitat von whoepfner

    Vielleicht solltest Du, wenn Du weiterhin mit § 29 Abs. 2 BetrVG argumentieren willst, Dir zuerst einmal Gedanken über die juristische Bedeutung des Wortes "soll" machen

    Hallo whoepfer, da helfe ich gerne. Als Eselsbrücke kannst du dir merken: "soll heißt muss wenn kann". Abgeleitet wurde die Eselsbrücke von den drei im deutschen Recht möglichen Vorschriften, es gibt "Kann" Vorschriften, "Soll" Vorschriften und "Muss" Vorschriften. Bei "Muss" gibt es keinen Ermessensspielraum, bei "Kann" einen sehr weiten Ermessensspielraum und bei "Soll" einen stark eingeschränkten Ermessensspielraum. Soll heißt mitnichten, er kann wenn er Bock hat, sondern er muss, wenn es ihm möglich ist.

    erco

    Zitat von erco

    Ein BRM ist in Urlaub wenn er nichts anderes äußert ist er verhindert. Grund Urlaub. Weiterer Grund nicht erforderlich. Er kann natürlich, wenn es will, an der Sitzung teilnehmen. Und dasselbe sehe ich im Freizeitausgleich.

    Nein, Freizeitausgleich ist nicht dem Urlaub gleichzusetzen. Urlaub suspendiert von den Amtspflichten. Das BRM ist per se verhindert ohne sich näher erklären zu müssen, um dennoch an einer BR Sitzung teilzunehmen muss es diese Absicht äußern. Anders bei Freizeitausgleich, das BRM ist nicht für die Dauer von den Amtspflichten suspendiert, das ist auch keine Frage der Interpretation.

    Zitat von Caro9

    Ist das BRM im Betrieb anwesend, stimme ich zu, dass es einen Verhinderungsgrund angeben muss.

    Da fehlt mir grad die Fantasie. Falls der Betrieb gerade abbrennt und er ist mit dem Retten von Unterlagen beschäftigt - ok, aber da würde ich dann eh keine Sitzung durchführen

    Zitat von Winfried

    Wir haben hier einen Fall, in dem das BRM einen Grund angibt und sich explizit wg. Freizeitausgleiches abmeldet. Da braucht man kein detektivisches Nachforschen: Da das für sich alleine kein Verhinderungsgrund ist (BR-Tätigkeit kann auch außerhalb der persönlichen ArbZ stattfinden), dürfte nicht nachgeladen werden. Als BRV habe ich BRM im Frei immer geladen. Außer es gab zusätzliche Verhinderungsgründe.

    Und genau so würde ich empfehlen zu handeln und tue dies auch

    mfG, Kulum

  • Zitat von Markus 1973 ED

    Allerdings glaube ich jetzt nicht, dass einem BR ein Beschluss deshalb um die Ohren fliegt, nur weil der BRV anstatt eines im Freizeitausgleich befindlichen BRM ein Ersatzmitglied geladen hat. Aber das müssen wohl erst einmal die Gerichte entscheiden.

    Sowohl als ehRi, als auch als BRV kann ich dir versichern, wird ein Beschluss vor dem ArbG angegriffen, wird als erstes die ordentliche Beschlussfassung mit Nichtwissen bestritten. Dann liegt es an dir bzw. dem jeweiligen BRV die richtige Ladung usw. nachzuweisen. Also nein, per se fliegt dir der Beschluss nicht um die Ohren, weil ein Ersatzmitglied geladen wurde. Hätte es aber nicht geladen werden dürfen, fliegt dir der Beschluss allein deswegen um die Ohren, weil die Nichtöffentlichkeit der Sitzung nicht gewahrt wurde. Kann man dann evtl. heilen und in der nächsten Sitzung richtig laden und den Beschluss nochmal fassen, aber erstmal hat man sich n bissl zum Apfel gemacht.

    So richtig verstehen will ich das Problem aber auch nicht. Da hat sich jemand zur BR-Wahl gestellt. Man weiß ja vorher, dass da auch mal Freizeit flöten geht. Was zum Geier ist so schwer daran den Grund der Verhinderung anzugeben? Zumal - da waren wir uns ja einig - der nichtmal überprüft wird, das BRM also auch schwindeln könnte.

  • Zitat von Kulum

    Da fehlt mir grad die Fantasie. Falls der Betrieb gerade abbrennt und er ist mit dem Retten von Unterlagen beschäftigt - ok, aber da würde ich dann eh keine Sitzung durchführen

    Da gibt es mehrere Möglichkeiten, die einen Verhinderungsgrund darstellen können:

    z.B. der (einzige) IT-Administrator, der den Firmenserver wieder zum laufen bringen muss; eine wichtige interne Schulung, für die es keinen Ersatztermin gibt u.ä..

    Da muss der Verhinderungsgrund aber überprüfbar angegeben werden.

    Zitat von Kulum

    Was zum Geier ist so schwer daran den Grund der Verhinderung anzugeben? Zumal - da waren wir uns ja einig - der nichtmal überprüft wird,

    Da gebe ich Dir ja recht, aber der Grund "Privattermin" muss dann reichen.