Anhörung bei Kündigung Art und Weise

  • Guten Tag liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Ich habe eine Frage bzgl. der Art und Weise, wie der BR bei einer geplanten Kündigung eines Mitarbeiters anzuhören ist.

    Mir geht es hier wirklich konkret darum, wie das Prozedere aussieht und ich bin in meiner ersten Amtszeit als BR und habe damit einfach noch keine Erfahrungen.

    Ganz konkret geht es darum:

    Wir sind ein Gremium bestehend aus 7 Mitgliedern. Heute kam unser BR Vorsitzender in der Pause zu mir und teilte mir mit, dass Herr XXX gekündigt wurde (der besagte MA befand sich innerhalb der sechs-monatigen Probezeit). Auf meine Nachfrage bzw. den Hinweis, dass der BR als Gremium nicht informiert wurde, teilte er mit, er als Vorsitzender weiß ja Bescheid und das langt.

    Der MA befand sich ja eh in der Probezeit und wurde aus persönlichen Gründen gekündigt.

    Meinem Wissen nach ist der Ablauf der „Anhörung“ absolut so nicht in Ordnung. Muss denn nicht grundsätzlich der BR als Gremium angehört werden – die bloße Mitteilung an der Vorsitzenden ist doch absolut nicht ausreichend – oder sehe ich etwas falsch?

  • Hallo Detti_BR,

    Der Betriebsrat ist gem. §102 BetrVG vor jeder Kündigung anzuhören. Diese Anhörung kann allerdings mündlich oder schriftlich ergfolgen. Die Anhörung ist entweder beim BRV oder wenn ein Personal- u. Gehaltsausschuss gebildet wurde bei dessen Sprecher abzugeben.

    Demnach würde ich sagen, dass die Anhörung des BR stattgefunden hat.

    Eher ist es so, das dein BRV nicht richtig reagiert hat. Er hätte eine BR-Sitzung einberufen müssen, damit ihr darüber beschließen könnt, ob und wie ihr zu der Kündigung Stellung nehmt.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ob die Anhörung richtig gelaufen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Denn richtig ist zwar, dass die auch mündlich erfolgen kann, ob aber auch alle notwendigen Informationen geflossen sind - wollen wir es mal annehmen.

    Zitat von Markus 1973 ED

    Er hätte eine BR-Sitzung einberufen müssen, damit ihr darüber beschließen könnt, ob und wie ihr zu der Kündigung Stellung nehmt.

    Das sehe ich nicht unbedingt so. Denn das hier

    Zitat von detti_br

    der besagte MA befand sich innerhalb der sechs-monatigen Probezeit

    zeigt ja relativ klar, dass der AN hier ohnehin auf einem ziemlichen dünnen Ast saß (der gesetzliche Kündigungsschutz greift noch nicht). Insofern hat, nach meinem Verständnis, der BRV hier durchaus einen Ermessensspielraum ob er dafür extra eine Sitzung anberaumt oder nicht.

    (Schon klar, der Dreh- und Angelpunkt wäre die Frage: ist BR-Arbeit notwendig, wenn sie das Ergebnis nicht beeinflussen kann?)

    Insofern solltet ihr das Thema mal auf der nächsten Sitzung besprechen. Denn auf der einen Seite ist es völlig korrekt, dass der BR das Gremium ist, sprich es sind alle zu informieren. (Was hier, soweit ich das verstanden habe, ja passiert ist.) Inwieweit der BRV hier den Spielraum hat, "eigenmächtig" zu entscheiden, ob ihr eine Sitzung abhaltet oder nicht, sollte das Gremium klären.

    (Denkbar wäre natürlich, dass das im BR vor Jahren schon mal so festgelegt worden ist, aber es keiner für notwendig befunden hat, die "Neulinge" zu informieren. Wäre jedenfalls nicht das erste Gremium, wo so etwas passiert.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Also, ich lese im § 102 BtreVG nur immer etwas vom BR und nicht vom BRV.

    Der BR entscheidet per Beschluss, wie er auf eine Kündigung reagiert und dies gilt für jede Kündigung!

    Ein Alleingang des BRV ist nicht gesetzeskonform und nicht zulässig!

    Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können.

  • Aaargh.

    Wenn ich solch einen hanebüchenen Unsinn lese, muss ich mein Forums-Exil doch kurz unterbrechen.

    Kollektivrechtlich: Der AG hat bei JEDER Kündigung den BR anzuhören (auch bei Kündigungen im ersten halben Jahr). Der/die BRV hat bei JEDER Anhörung den BR einzuberufen, ohne Ermessensspielraum, und die Nichteinberufung ist ein Pflichtverstoss. Und nein, der BR ist nicht berechtigt, solche Angelegenheiten an den/die BRV zu delegieren.

    Und das alles ist aus sehr gutem Grund so!

    Individualrechtlich: Auch wenn kein Kündigungsschutz nach KSchG besteht, können andere kündigungsschutzrelevante Tatsachen vorliegen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo,

    vereinfacht gesagt ist immer dann, wenn im Gesetz "der Betriebsrat" als Adressat von Rechtsansprüchen steht, das komplette Gremium gemeint.

    Im Kontakt mit dem AG ist der BRV idR nur ein gesetzlich definierter "Briefträger".

    Und wie Winfried ( Winke-Winke) sehr richtig in seinem Einwurf geschrieben hat, kann es in der Probezeit andere Rechtsvorschriften geben, die relevant sein könnten und deren Einhaltung der BR eigenständig prüfen kann.

    So scheint zB an den meisten BRen die kleine, aber enorm wichtige Ergänzung der Rechte der SBV in § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ( § 95 a.F.) völlig vorbeigegangen zu sein.

    Auch weitere Diskriminierungstatbestände kann ein BR sehr wohl auch bei einer Probezeitkündigung prüfen und dazu Stellung nehmen.

  • Da frage ich mich geht es hier um einen ungeschulten BRV der einen Fehler gemacht hat oder um einen ,,alten Hasen" der sich als Halbgott aufspielt. Im ersten Fall dringend auf Schulung schicken im zweiten Fall den Herrn mal abwählen ;)

  • Hallo zusammen,

    Winfried hat wie immer recht, da hab ich mich vertan.

    hab mir gerade den §28 nochmals durchgelesen, es ist nicht möglich, diese Aufgabe an den BRV zu delegieren, egal ob er im Personal- und Gehaltsausschuss ist oder nicht. Es muss der Personal- und Gehaltsausschuss entscheiden, wenn er denn die Aufgabe übertragen bekommen hat. Ansonsten der komplette Betriebsrat.

    LG

    Markus

    @ Winfried: Schön dich mal wieder zu sehen!

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Zitat von Winfried:

    Der AG hat bei JEDER Kündigung den BR anzuhören

    Das BetrVg sagt hier sogar ganz deutschlich VOR JEDER Kündigung.

    und in Satz 3 des Abs. 1 - Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

    Und dann ist es völlig egal, welche Gründe für die Kündigung aufgeführt werden.

    Formal ist die Kündigung unwirksam.

  • Vorsicht Ohadle,

    das hier

    Zitat von Ohadle

    Formal ist die Kündigung unwirksam.

    ist mir etwas zu pauschal.

    Der AG haftet nicht für Organisationmängel innerhalb des BR.

    Da wir nicht wissen, wie die Unterrichtung des BRV durch den AG statgefunden hat, wie die Antwort des BRV lautete, wann sie gegeben wurde und eine mündliche Anhörung zulässig sein kann, sind sehr wohl Szenarien denkbar, daß die erwähnte Kündigung rechtswirksam sein könnte.

  • Zitat von whoepfner:

    Der AG haftet nicht für Organisationmängel innerhalb des BR.

    Da wir nicht wissen, wie die Unterrichtung des BRV durch den AG statgefunden hat, wie die Antwort des BRV lautete, wann sie gegeben wurde und eine mündliche Anhörung zulässig sein kann, sind sehr wohl Szenarien denkbar, daß die erwähnte Kündigung rechtswirksam sein könnte.

    Für den Arbeitgeber und für ein Gericht ist das sogar vollkommen korrekt wenn der Arbeitgeber die Kündigungsanhörung in den Briefkasten BR in Form des BRV "geworfen" hat und vom Postboten BRV des Betriebsrates eine Antwort bekommen hat. Wenn es z. B. keinen eigentständigen Personalausschuss gibt.

    Die Fehler innerhalb des BR sind für den Arbeitgeber, Gericht und den Betroffen nicht relevant.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Zitat von whoepfner

    Der AG haftet nicht für Organisationmängel innerhalb des BR

    und danach sieht es sehr stark aus, dass es eher ein Fehler des BRV ist, und nicht die des Arbeitgebers.

    Zitat von detti_br

    Auf meine Nachfrage bzw. den Hinweis, dass der BR als Gremium nicht informiert wurde, teilte er mit, er als Vorsitzender weiß ja Bescheid und das langt.

    Daher würde ich in diesem Fall unseren Schweden rechtgeben:

    Zitat von schwede12

    Da frage ich mich geht es hier um einen ungeschulten BRV der einen Fehler gemacht hat oder um einen ,,alten Hasen" der sich als Halbgott aufspielt. Im ersten Fall dringend auf Schulung schicken im zweiten Fall den Herrn mal abwählen ;)

    Wobei abwählen schon das ultima Ratio sein sollte, vielleicht hilft auch mal ein ernstes Gespräch um den BRV wieder auf Vordermann zu bringen.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.