Lohnausfallprinzip Urlaub/Krankheit

  • Hallo Zusammen,

    es gibt bei uns zurzeit verschiedene Auffassungen der Lohnfortzahlung bei Urlaub oder Krankheit. Wir sind ein reiner Schichtbetrieb. Heißt es müssen für die Durchschnittsberechnung für einen Krankentag oder Urlaubstag der Grundlohn und die Schichtzulage der vergangenen 13 Wochen als Durchschnitt für einen Tag gerechnet werden.

    Wie verhällt es sich wenn ich in den letzten 13 Wochen z.b. 2 Wochen krank war und ich schon einmal Lohnausfall bekommen habe. Wird der Durchschnitt hier auch mit in die Durchschnittsberechnung mit eingerechnet?

    Bei uns werden die 2 Wochen dann nicht mehr mit berechnet. Also die Schichtzulage.

    Gruß

  • Klar wird dieser Durchschnitt mit eingerechnet, denn er ist ja in den Bruttolohn mit eingeflossen. Und der Durchschnitt wird ja im Normalfall vom Bruttolohn errechnet, der abgerechnet wurde und nicht von irgend einem fiktiven Bruttolohn.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ok, hier braucht es wohl mal ein Verständnis für das Grundprinzip.

    Stammen tut die Regelung aus einer Zeit als noch zwischen Arbeitern und Angestellten unterschieden wurde. Angestellte bekamen ein monatliches Gehalt, das unabhängig von der wirklich geleisteten Arbeit war (meint hier unabhängig von der Länge der Monate, irgendwelchen Feiertagen, Urlaub oder Krankheit).

    Für Arbeiter sah das ganz anders aus. Sie wurden nach Stunden bezahlt. D.h. in kürzeren Monaten haben sie auch weniger Geld erhalten. Dafür bekamen sie aber (abhängig von der tatsächlichen Tätigkeit, klar) Zuschläge für Akkordarbeit, Schichtdienst, Schmutzzulagen usw. usf.

    Damit ist klar, dass ein AN u.U. ein schwankendes Einkommen hatte. In der einen Woche mehr, in der anderen Woche etwas weniger (je nach Zulagen), in dem einen Monat mehr, in dem anderen Monat weniger (je nach Lage der Wochenenden und der Länge des Monats).

    Jetzt kommt der sogenannte "Störfall", heißt der AN kann seine normale Arbeit nicht verrichten. Und hier kamen pfiffige AG auf die Idee, wenn der AN doch für drei Wochen krank ist, weiß ich das ja, plane ihn gar nicht erst ein und damit bekommt er, wenn überhaupt noch die Grundstunden bezahlt, aber keinerlei Zulagen, weil er ja weder Akkord- noch Schicht- noch schmutzige Arbeit leistet (oder was auch immer an Zuschlägen).

    Damit bekam der AN aber plötzlich wesentlich weniger Geld (weil, je nach Job, gerade die Zulagen einiges ausmachen). Das widersprach aber dem Lohnausfallprinzip, dass ja ein gleichbleibendes Einkommen sichern sollte.

    Nun konnte aber vom AG nicht erwartet werden, dass er in seine Planungen auch immer die abwesenden AN (Krank oder Urlaub) mit einplant um so die Gleichverteilung zu gewährleisten. Um hier einen praktikablen Ansatz zu haben, ist man hingegangen und hat gesagt: wir nehmen einfach den Durchschnitt der letzten 13 Wochen als Basis. Waren in der Zeit viele Überstunden/Zusatzschichten/was auch immer, war der Durchschnitt entsprechend höher, wäre es zum Zeitpunkt des Ausfalls wohl auch gewesen. Gab es dass alles aber nicht, dann gab es eben entsprechend weniger.

    Bis hierhin, denke ich, nachvollziehbar und logisch, oder?

    Fällt ein AN für einen gewissen Zeitraum aus, bekommt er für diesen Zeitraum halt das Geld, dass er im Durchschnitt der letzten 13 Wochen (was bei 52 Wochen im Jahr ziemlich genau ein Quartal ist) für diesen Zeitraum bekommen hätte. Damit ist das Lohnausfallprinzip, unabhängig aller Eventualitäten (mehr Schichten, weniger Zulagen) gewahrt.

    Fällt ein AN jetzt ein weiteres Mal aus, sollte es, rein aus dem Verständnis der Idee, klar sein, dass selbstverständlich auch das in den letzten 13 Wochen erhaltene "Ersatzeinkommen" mit in den Durchschnitt gerechnet werden muss. Nur dann wird der Durchschnitt aufrecht erhalten. Würde man das Geld nicht berücksichtigen, würde das nur genau für den ersten Ausfall funktionieren, nicht aber bei weiteren.

    Und deshalb ist die Frage

    Zitat von wink

    Heißt es müssen alle Zuschläge wie Schichtzulage und auch der ausgleich für den Urlaub/Krankheit mit eingerechnet werden?

    nur mit einem "Aber sowas von!" zu beantworten. ;)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Einspruch:

    Während der Entgeltfortzahlung wird das Entgelt weitergezahlt, das der Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit bekommen hätte. Tariferhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen wirken sich also auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus. ( Dies wäre bei der Theorie von Moritz nicht der Fall, da ja Durschnitt der letzten 13 Wochen) Es gilt also das Lohnausfallprinzip (aktuelle, gegenwartsbezogene Betrachtungsweise). In Tarifverträgen wird aber häufig als Berechnungsgrundlage für die Lohnfortzahlung der Durchschnittsverdienst festgelegt. Wenn der Stundenlohn erhöht wird, müssen die Durchschnittswerte korrigiert werden. Es müssen also die Stunden des Durchschnittszeitraums mit dem anderen Stundenlohn neu bewertet werden. Zum fort zuzahlenden Entgelt gehören auch Gefahren-, Erschwernis-, Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschläge sowie zusätzlich zum Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte vermögenswirksame Leistungen.
    Wenn ein Arbeitnehmer an einem Sonntag oder einem Feiertag hätte arbeiten müssen, wegen Krankheit aber ausfällt, dann muss die Lohnfortzahlung einen vereinbarten (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag) Sonntags- bzw. Feiertagszuschlag enthalten. Einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnzuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit gibt es aber nicht. Also wenn die anderen Arbeitnehmer ihn bekommen, muss ihn auch der kranke Arbeitnehmer als Lohnfortzahlung bekommen.
    Dazu gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.01.2009 - 5 AZR 89/08

    Die 13 Wochen Berechung ist gesetzlich "nur" beim Urlaubsentgelt beschrieben. Bei Entgeltfotzahlung im Krankheitsfall ist diese nicht gesetzlich vorgesehen. Der Gesetztgebern schaut beim Urlaub in die Vergangenheit, bei Krankheit auf die Gegenwart.

    Wo ist mein Denkfehler?

    Klaus

  • Hallo Klaus,

    Zitat von TDL

    Wo ist mein Denkfehler?

    den gibt es nicht, denn Du hast recht.

    Wenn auch gerne die letzten 13 Wochen nach BUrlG herangezogen werden, ist dies nirgendwo festgeschrieben.

    Vielmehr gilt völlig richtig, daß nach dem Lohnausfallprinzip, alles, was für die Zukunft - zB durch Dienst- oder Schichtplan - festgelegt ist, auch Grundlage der EFZ ist. Dies gilt grundsätzlich auch für unständige bzw. variable Lohnbestandteile.

    Erst dann, wenn die EFZ zB bei längerer AU nicht mehr durch den "Blick in die Zukunft" berechenbar ist, muß der Blick in die Vergangenheit gerichtet werden. Aber auch dabei gibt es keine gesetzliche Frist. Auch die Kommentierung sieht hier keine zwingende Analogie zum BUrlG, sondern macht den Blick zurück von den konkreten Umständen abhängig. Der kann dann kürzer oder auch länger als 13 Wochen sein (ErfK, Reinhard, § 4 EFZG Rn 14).

    wink: Eine aktuelle Kommentierung des EFZG ist gerade für einen Betrieb mit Schichtarbeit unerlässliche BR-Grundausstattung.

  • Zitat von TDL

    Die 13 Wochen Berechung ist gesetzlich "nur" beim Urlaubsentgelt beschrieben. Bei Entgeltfotzahlung im Krankheitsfall ist diese nicht gesetzlich vorgesehen. Der Gesetztgebern schaut beim Urlaub in die Vergangenheit, bei Krankheit auf die Gegenwart

    Wobei auch im BUrlG steht, dass Lohnerhöhungen von nicht nur vorrübergehender Natur mit eingerechnet werden müssen. Also nicht nur in die Vergangenheit geschaut werden darf.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • TDL

    Du hast natürlich Recht. Danke für die Ergänzung. Den Fall, dass sich in der "Zwischenzeit" die Stundenlöhne erhöht haben, habe ich gar nicht bedacht. (Es ging mir aber auch mehr darum das Grundprinzip zu erklären und woher die Idee des Durchschnittes kommt und warum sich das fortsetzen MUSS.)

    Vielleicht könnte man es besser so generalisieren: es ist die Grundvergütung gem. Arbeitsvertrag zu bezahlen (als x Stunden in der Woche (je nach Vertrag) mal dem aktuellen Stundenlohn), aber die variablen Anteile berechnen sich nach dem Durchschnitt der letzten Wochen, wo er sich nicht anders ermitteln lässt.

    Und da Zuschläge ja u.U. auch abhängig vom Grundgehalt sind (es gibt fixe Zuschläge und prozentuale Zuschläge) muss man wohl auch sagen, dass der durchschnittliche Anteil zu ermitteln und berechnen ist.

    Zeigt aber letztlich auch wieder nur, warum hier so gerne vereinfacht und gekürzt wird (weil keiner Lust auf die Berechnung (und vor allem die Prüfung) hat).

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Danke für die konstruktive Diskussion. So muss es laufen!

    Klaus

    P.S.

    Für die Praktiker noch ein Hinweis.

    Wenn ein Arbeitgeber Kollegen die an einem Zeitausgleichstag/Gleittag AU werden, diesen Zeitausgleich vom Zeitkonto abbucht begründet sich dieses Recht genau durch den zukunftsgewandten Blick bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

    Aber dann sollten wir als Betriebsräte auch sehr genau hinschauen ob unsere Kollegen durch den Arbeitgeber andere Dinge verwehrt werden, welche durch denselben Grundsatz abgesichert sind. Stichwort Krank an Feiertagen/Sonntagen und an "Sonderschichten".

  • Hallo Zusammen,

    ihr schreibt hier alle wie wild, was so im Gesetz steht aber keiner fragt, ob hier evt. ein TV gilt.

    Also meine Frage, gilt ein TV und regelt dieser, wie die Bezahlung durchzuführen ist? Wenn ja ist nach dieser zu verfahren!

    z.B. im EMTV in NRW der Metall- und Elektroindustrie ist ein druchschnittlicher 6 Monatszeitraum zur Ermittlung des durchschnittlichen Entgeltes anzuwenden, egal ob Urlaub oder Krankheit und dieser anzuwenden.

    Wenn ich also als 5-Schichtmitarbeiter an einem Montag auf Frühschicht krankwerde /urlaub nehme, bekomme ich ebenso den Durchschnitt berechnet (mit den Sonntags- und Nacht- und Spät- und Feiertagszulagen) wie wenn ich an einem Feiertag krank werde oder an so einem Tag Urlaub nehme.

    Vorteil: an den allgemeinen Wochentagen auf Früh und Spätschicht habe ich mehr als ich hätte wenn ich gearbeitet hätte und ich kann sehr einfach die Richtigkeit überprüfen (Summe der letzten 6 Monate geteilt durch die Anzahl der regulären Arbeitsstunden = mein mir zustehendes Entgelt)

    Nachteil an den Sonntagen/Feiertagen und auf Nachtschicht habe ich weniger.

    In Summe gleicht sich das ganze aus.

    Gruß

    rabauke

  • Rabauke hat natürlich Recht, deshalb

    Zitat von TDL:

    Es gilt also das Lohnausfallprinzip (aktuelle, gegenwartsbezogene Betrachtungsweise). In Tarifverträgen wird aber häufig als Berechnungsgrundlage für die Lohnfortzahlung der Durchschnittsverdienst festgelegt. Wenn der Stundenlohn erhöht wird, müssen die Durchschnittswerte korrigiert werden. Es müssen also die Stunden des Durchschnittszeitraums mit dem anderen Stundenlohn neu bewertet werden. Zum fort zuzahlenden Entgelt gehören auch Gefahren-, Erschwernis-, Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschläge sowie zusätzlich zum Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte vermögenswirksame Leistungen.

    Klaus

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.