Verstöße gegen BV sowie BetrVG

  • Guten Tag zusammen,

    ich habe eine Frage bzgl. grober Verstöße eines einzelnen BR-Mitgliedes.

    Ich möchte gleich zu Beginn erwähnen das mir BetrVG §23(1) bekannt ist und leider im konkreten Fall nicht umzusetzen sein wird - aus genau diesem Grund wende ich mich heute an euch mit der Bitte um Einschätzungen der Sachlage.

    Vorabinfo: Unser Betrieb ist nicht tarifgebunden, ca. 200 Beschäftigte, siebenköpfiges Gremium.

    Sachverhalt: Ein Mitglied des Gremiums verstößt in massiver Art und Weise gegen sämtliche Rechte und Pflichten die da z. B. wären:

    1. Klar nachweisbare und belegte Duldung von Diskriminierung im Betrieb
    2. Keinerlei Reaktion auf mehrere offizielle Beschwerden von Mitarbeitern beim Gremium, ebenfalls dokumentiert und belegbar
    3. Duldung der Missachtung einer gültigen BV in mehreren Punkten, ebenfalls dokumentiert und eindeutig nachweisbar

    Diese Punkte könnte ich noch um mindestens drei weitere erweitern, viel schlimmer ist jedoch das neben den genannten Verstößen auch noch ein wohlmöglich strafrechtlich relevanter Verstoß der Dokumentenfälschung hinzukommt.

    Hierbei geht es darum das vom Gremium ein Beschluss gefasst wurde, offiziell mit Protokoll, Anwesenheitsliste mit Unterschriften etc. und dann später von genannter Person der Beschluss umgeschrieben wurde (zum Nachteil der Beschäftigten und wieder gegen die gültige BV verstoßend), mit neuem Datum versehen wurde und der gültige offizielle Beschluss entfernt wurde.

    Alle genannten Punkte sind eindeutig belegbar und das allerschlimmste (was das Ganze ja so schlimm macht) ist, es handelt sich dabei um den Vorsitzenden.

    Ich habe versucht die BR Kollegen dazu überzeugen, dass wir handeln müssen - diese trauen sich jedoch nicht und werden nichts machen. Ein Viertel der Belegschaft wird ebenso nichts unternehmen aus "Angst" oder was auch immer.

    Gibt es dann in so einem Fall tatsächlich überhaupt rein gar nichts was man tun kann? Und muss man diesen Zustand dann einfach dulden/ertragen?

    Ich würde mich über ein paar Meinungen freuen.

  • Hallo und Willkommen!

    Man kann da schon etwas tun. Sollte es sich um strafrechtliche Verstöße handeln und Du kannst Beweise liefern, kannst Du Anzeige (zur Not auch anonym) bei der Staatsanwaltschaft oder Polizei erstatten. Die müssen dann ermitteln.

    Für die anderen Verstösse gegen BetrVG oder BV hast Du zum einen den Weg über ein Viertel der Belegschaft, wie Du schon selber geschrieben hast. Ein anderer möglicher Weg wäre, das Du Dich an eure zuständige Gewerkschaft wendest und die dann im Zweifelsfall aktiv wird.

    Noch eine Möglichkeit ist, die anderen BR-Mitglieder immer wieder darauf anzusprechen, ihnen Mut machen und selbst zu seinen Aussagen zu stehen. Das ist ein steiniger Weg und Du wirst Dir eventuell Feinde machen. Aber: die andere Alternative ist natürlich, alles hinzunehmen.

    Versuche, mit guten Argumenten Mehrheiten zu bekommen, dann könnt ihr auch was ändern. Dazu muss man eventuell strategisch vorgehen, bei allem aber seiner Linie treu bleiben.

    CU

  • Ich tue mich bei solchen Threads immer schwer, da ich nur eine Seite gehört habe, also keinen Überblick über die tatsächliche Faktenlage habe.

    Versteh das bitte richtig, ich will dir gar nicht unterstellen zu lügen, aber von unterschiedlichen Standpunkten sehen Dinge mitunter sehr verschieden aus...

    Wenn du die Dinge tatsächlich belegen kannst, dann wäre mein Weg bei der nächsten Sitzung mal nachzufragen, warum Dinge im Protokoll anders stehen als bei der Sitzung besprochen und was du da falsch verstanden hättest.

    Und wenn Dinge gegen BV verstoßen, einfach mal während der Sitzung nachfragen, wie sich dieses oder jenes mit der BV verträgt.

    Sprich, mach die Verfehlungen öffentlich. Irgendwann hast du soviele Dinge offengelegt, dass auch die Kollegen nicht mehr umhin können sie wahrzunehmen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo zusammen, hallo Moritz. Danke für die Rückmeldungen und ich verstehe zu 100% was du meinst. Es gibt immer zwei Seiten, definitiv.

    Aber wenn du es selbst sehen würdest was da los, dir würden sämtliche Haare zu Berge stehen.

    Ich sage ja auch, alles was ich sage ist ohne jeglichen subjektiven Eindruck sondern absolut objektiv wiedergegeben. Und vor allem wie schon gesagt zweifelsfrei und eindeutig beweisbar.

    Darum weiß ich ja nicht was ich genau machen soll, ich könnte zurück treten, aber das wäre ein persönliches Armutszeugnis für mich, das tue ich nicht.

    Ich sehe den Posten als BR sehr ernst und habe mich nicht aus Spaß wählen lassen, ich will das die Rechte unserer AN geachtet und beachtet werden, komme aber alleine nicht weiter.

    Mittlerweile habe ich es geschafft, einen zweiten BR voll auf meine Seite zu ziehen...

  • Na mit der Diskriminierung und den Beschwerden würde ich auch wie Moritz beide Seiten hören wollen! Das Betriebsvereinbarungen eingehalten werden ist der Arbeitgeber zuständig hier ist es egal ob ein Verstoß von einem BRM oder einem anderen AN gemacht wird.

  • Hallo Schwede, was sagst du dann dazu:

    gemäß BetrVG MUSS der BRV wenn ein Viertel des Gremiums es verlangt, eine außerordentliche Sitzung einberufen um das von den Kollegen genannte Thema als Tagesordnungspunkt in einer Sitzung zu behandeln.

    Genau dies habe ich bereits zwei Mal mit einem BR Kollegen schriftlich beim BRV beantragt. Das erste Mal war im April, das letzte Mal im September. Heute ist der 14. November und es hat KEINE der geforderten Sitzungen stattgefunden und KEINES der erforderlichen Themen wurde behandelt.

    Alleine dies ist schon ein grober Verstoß gegen das BetrVG. Oder sehe ich das zu extrem?

  • Wie ich immer zu sagen pflege: Da gehören immer zwei zu. Einer der es macht und einer der es mit sich machen lässt. Und wenn die, die es mit sich machen lassen in der Überzahl sind, dann wird es für den Einzelnen, der es nicht mit sich machen lassen will, extrem schwer, bzw. unhandlich.

    Das Problem daran ist, wenn es doch alle gut so finden, dann bist du nicht mehr der Rufer in der Wüste, der Probleme aufzeigt, sondern der Querulant, der allen auf den Sack geht. (Verzeih die überdeutliche Formulierung.)

    Tatsächlich würde ich an deiner Stelle wohl ab sofort auf schriftliche Kommunikation umsteigen (Mail reicht).

    Thema zur Tagesordnung mit 2 Mann beantragen (schriftlich). Taucht nicht auf? Auf der Sitzung nachfragen, warum nicht. Darum bitten im Protokoll festzuhalten, warum nicht und festzulegen, wann das Thema verhandelt wird. Taucht im Protokoll nicht auf, schriftlich festhalten, dass du in der Sitzung darum gebeten hättest, dass folgendes im Protokoll festgehalten würde, wäre aber nicht geschehen. Warum nicht?

    Usw. usf. Immer wieder, ruhig, sachlich aber bestimmt, mindestens den Kollegen auf deiner Seite (offen!) in CC. (Damit er sieht, dass es auch dafür Zeugen gibt.)

    Und wenn du genügend Fälle dokumentiert hast, würde ich das Thema Betriebsversammlung und Tätigkeitsbericht ansprechen. Und ankündigen, dass du da auf der Versammlung ein paar Fragen hättest...

    Wie gesagt, Freunde wirst du dir damit wohl eher nicht machen. Und Deeskalation geht wohl auch anders. Aber wenn es nicht anders geht...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo einsvonsieben,

    hast du schon mal mit deinem BRV gesprochen, warum er das eine oder andere gemacht hat und darauf hingewiesen, dass er sich da ganz schön weit aus dem Fenster lehnt?

    Was ich ein ziemlich starkes Stück finde ist, dass der Kollege einen Beschluss des Betriebsrates umschreibt (es sei denn es war nur eine Umformulierung ohne Änderung des Sinnes). Hier handelt er ganz klar gegen den bekundeten Willen des Gremiums. Dies würde ich auch ganz offiziell in einer BR-Sitzung ansprechen. Ob ich deswegen tatsächlich eine Anzeige machen würde, kann ich dir nicht sagen, dass ist immer eine Einzelfallentscheidung wo es auf mehrere Faktoren ankommt.

    Sollte ich bei den Gesprächen die ich führe, egal ob im Gremium oder auch persönlich, feststellen, dass der BRV kein Einsehen hat und sich auch nicht ändern möchte, dann würde ich mir schon überlegen, ob ich den 23´er ziehe.

    Hierzu würde ich dir aber auch empfehlen, dass du das Amtsenthebungsverfahren über die Gewerkschaft einleitest. Ansonsten musst du versuchen, die Mehrheit des Betriebsrates hinter dich zu bekommen, damit der Betriebsrat das verfahren einleiten kann, was erstens schwierig wird und auch schwer kalkuliebare Risiken birgt (neue Feinde, Unruhe im Gremium usw.)

    Das der Kollege den Tagesordnungspunkt nicht in die Einnladung mit aufgenommen hat wäre allein schon ein Grund, um nach §23.1 vorzugehen, dies hilft dir aber eben nicht weiter, wenn du nicht im BR die nötige Mehrheit bekommst. Ich habe versucht herauszufinden, ob du/ihr die Aufnahme in die Einladung gerichtlich erzwingen könntet, aber hierzu habe ich leider im Fitting nichts gefunden. Er spricht eben nur von der Amtspflichtverletzung und dem §23. Vom Gefühl her würde ich aber sagen, dass auch ein Beschlussverfahren dafür geeignet wäre um dein Recht auf Aufnahme des TOP durchzusetzen. Vielleicht kann hierzu noch jemand von den erfahreneren Kollegen etwas sagen. Oder jemand weiß sogar, ob das möglich ist oder nicht. Eine weitere Möglichkeit für dich wäre noch, dass du wartest, bis der BRV im Urlaub oder Krank ist und du beantragst die Aufnahme des TOP dann nochmal beim stellvertretenden Vorsitzenden.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Team-ifb

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