Kann man sich bei einem Beschluss einer Stellenbesetzung der Stimme enthalten

  • Hallo,

    wir hatten in unser gestrigen Sitzung ein Diskussionsthema, was nicht meine Auffassung war.

    Sachverhalt: Wir mussten über eine ordentlich gelaufene Stellenausschreibung entscheiden. Nun sind wir ein Unternehmen mit unter 300 Mitarbeitern. Das heisst, ich kann bei einer Zustimmungsverweigerung nicht nach Auswahlkriterien gehen (mindestens 500 Mitarbeiter). Also kann ich eigentlich, wenn die anderen Verweigerungsgründe nicht vorliegen, nur zustimmen.

    Jetzt sagte einer aus meinem Gremium, dass er sich der Stimme enthält, da er mit der Person, welche die Stelle bekommen soll, persönlich nicht einverstanden ist. Ich habe ihm erklärt, dass das persönliche Empfinden im BR nichts zu suchen hat. Er lies sich auf diese Diskussion nicht ein und blieb bei seiner Meinung.

    Nun bin ich etwas unsicher. Meiner Meinung nach ist eine Stimmenenthaltung bei einer Stellenbesetzung nicht möglich, wenn die Voraussetzungen so sind, wie in Absatz 1 beschrieben. Es gibt doch eigentlich nur ein ja oder nein (nein bei Erfüllung der Zustimmungsverweigerungspunkte)?! Oder liege ich mit meiner Meinung falsch?

    Mein Gedanke ist nämlich, wenn sich mehrere der Stimme enthalten und es dann möglicherweise zum "nein" kommt, welche Begründung hätten wir dann gegenüber dem Arbeitgeber.

    Purzel93

  • Zitat von Purzel93:

    Meiner Meinung nach ist eine Stimmenenthaltung bei einer Stellenbesetzung nicht möglich

    [...]

    Mein Gedanke ist nämlich, wenn sich mehrere der Stimme enthalten und es dann möglicherweise zum "nein" kommt, welche Begründung hätten wir dann gegenüber dem Arbeitgeber.

    Das musst Du getrennt betrachten.

    Selbstverständlich hat jeder das Recht, bei eine Abstimmung mit JA, NEIN oder einer ENTHALTUNG zu stimmen, erstmal unabhängig davon, um was es geht.

    Die Bestimmungen die dem zugrunde liegenden Problem gelten - hier die möglichen Verweigerungsgründe - sind in dem Fall erst einmal (fast) nebensächlich.

    Geht die Sache gut aus und der Einstellung wird trotzdem mehrheitlich zugestimmt, dann passt es ja.

    Falls aber der Fall eintritt, dass trotzdem mehr BR-Mitglieder sich enthalten oder sogar dagegen stimmen, dann habt ihr genau das von dir geschilderte Problem, dass ihr ggf. keine rechtlich gültigen Gegenargumente habt.

    Hier kann der AG jetzt aber das AG anrufen und Eure Zustimmung ersetzen lassen und in dringenden Fällen die Einstellung trotzdem vornehmen, was er wahrscheinlich auch tun wird.

    Das sieht für Euch dann halt blöd aus und macht Euch auch irgendwie unglaubwürdig bzw. lässt an Eurer Kompetenz zweifeln. Ich kann mir hier aber wirklich nicht vorstellen, dass bei einer eigentlich begründeten/korrekten Einstellung in einem BR eine Mehrheit - wider besseren Wissen - dagegen stimmen würde.

    Aber wie gesagt, möglich ist es.

  • Hallo,

    ein Aspekt fehlt aus meiner Sicht noch:

    Viele BRM wissen bzw. verstehen nicht (oder wollen auch manchmal nicht verstehen), daß eine Enthaltung eben nicht wie ein "Unentschieden" wirkt sondern in den allermeisten Abstimmungen, zumindest in allen Abstimmungen nach § 33 Abs. 1 BetrVG ("Mehrheit der anwesenden Mitglieder") dieselbe faktische Wirkung wie eine "Nein"-Stimme hat.

    Und wenn in einem 15er Gremium bei 11 Anwesenden zB 5x ja, 4x nein, 2x Enthaltung abgestimmt wird, dann ist der Antrag damit abgelehnt worden, da er nicht die Mehrheit der anwesenden 11 Mitglieder erhalten hat. (Fitting, § 33 Rn 33). Strittig ist die Frage, ob ein anwesendes BRM, das nicht an der Abstimmung teilnimmt, als "anwesend" mitgezählt wird.

  • Strittig ist die Frage, ob ein anwesendes BRM, das nicht an der Abstimmung teilnimmt, als "anwesend" mitgezählt wird.

    hmm laut Fitting 29. Auflage § 33 RN 34Gleiche Konstellation hätten die 2 Mitglieder die sich enthalten haben, nicht an der Abstimmung teilgenommen, wird deren erklärte Nichtteilnahme auch nicht als Gegenstimme gezählt.

    Bedeutet der BR wäre mit Neun Abstimmungen in dem Fall 5:4 beschlußfähig und der Antrag gilt als angenommen.

  • Hallo Zusammen,

    danke für Eure Antworten. Das Argument von WissenWill, dass der BR blöd dasteht, wenn das AG angerufen werden muss ist eigentlich meine Hauptbefürchtung.

    Auf alle Fälle weiss ich nun, dass man sich der Stimme enthalten kann. Natürlich brauch ich keine "Ja-Sager" in meinem Gremium. Für mich persönlich bedeutet allerdings immer eine "Stimmenthaltung" -> "Ich habe keine Meinung, mir ist egal wie entschieden wird".

    Vielleicht bin ich auch zu hart in meinem Urteil.

    Purzel93