Gewohnheitsrecht

  • Hallo liebes Betriebsrat-Forum,

    Ich habe direkt mal Fragen an Euch über Gewohnheitsrecht,Question

    unsere AG bei uns in die Pauseraum hat für die letzte 4 jahre kaffee (eine art) und wasser kostenlose angeboten.jetzt will plotzlich ab sofort kaffee 0.30 € verlangen.

    unsere meinung an wenn eine AG bestimmte Handlung oder Verfahrensweise über einen langen Zeitraum (3 Jahre) ohne vorbehlt ausgeübt und dies von allen Beteiligten akzeptiert wird. Denn dann besteht ein ungeschriebener Anspruch, diese Handlung auch weiterhin auszuführen.

    Gewohnheitsrecht ist ein ungeschriebenes, aber oft geltendes Recht. was meinen sie ist das ratsam mit AG mit seine handlung im streit gehen?

    Vielen dank

    Billy Boll

  • Vergiss bitte den Begriff Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht. Dort existiert er schlicht nicht.

    Was dem noch am nächsten kommt, ist die sogenannte betriebliche Übung. Die ist aber ein Individualrechtsanspruch. Und wer verklagt den AG weg 30 Cent für einen Kaffee?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich sehe hier die Wahrscheinlichkeit einer betrieblichen Übung als relativ hoch.

    Aber: Betriebliche Übung ist kein Kollektivrecht, und eine Mitbestimmung nach §87 I Nr 8 erscheint mir (ohne Kommentierung) zwar prinzipiell nicht unmöglich, aber das ist mir vom Gefphl her zu weit hergeholt (und selbst wenn es Kollektivrecht wäre: Als BR würde ich wegen solch einem Pipifax nicht in die Konfrontation gehen).

    Und natürlich bleibt es den AN freigestellt, Ihren möglichen individuellen Anspruch ggü dem AG einzufordern und ggf einzuklagen. Wenn man vernagelt genug ist, für eine Art (was heisst das eigentlich?) Kaffee diesen Weg der Konfrontation zu gehen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Nun,

    in der alten Arbetisstättenverordnung von "vor dem Krieg" war der Arbeitgeber verpflichtet in den Pausenräumen ein kalt und ein Warmgetränk anzubieten für betriebe in denen körperliche Arbeit verrichtet wurde.

    Da ich nicht weiß wo dein Arbeitgeber her kommt, und was ihr so macht, bestht die Möglichkeit das ihr aus Arbetisschutzrechtlicher Sicht einen Anspruch auf ein Kalt und ein Warmgetränk habt. (Hietzearbeitsplatz?)

    Es besteht aber auch die Möglichkeit das ihr nur einen Anspruch auf ein Kaltgetränk (und dazu gehört auch das Wasser aus dem Wasserhahn) habt.

    zu letzt besteht auch die Möglichkeit, dass ihr auf nichts einen Anspruch habt.

    Um das ganze zu klären solltet ihr euch eure Arbetisbedingungen ansehen und die Gefährdung beurteilen. Kommt ihr hierbei zu dem Ergebnis, dass die Temperatur in euren Arbeitsräumen ständig oberhalb der Richtwerte liegt, habt ihr gute Chancen über die Gefährdungsbeurteilung und anwendung neuster Medizinischer Erkenntnisse das Warmgetränk (Tee, Bodenseekaffee) als eine "Unfallbekämpfungsmaßnahme" (Kolabieren wegen Feuchtigskeistsverlust des Körpers auf Grund der erhöhten Hitze) durchzusetzen.

    Ich würde also schauen, ob ich mich auf das Individualrecht beziehen will und jeder einzelne klagt, oder ob ich mit meinem Arbeitgeber vorschlage Messungen bezüglich des Klimas am Arbeitsplatz (Lärm, Hitze, Zugluft und was sonst noch so anfällt) Erfassung all dieser Daten. Dann die Datenauswertungen mit vom BR Beauftragung extern Fachkräfte zur Ermittlung der Gefahrenpotentiale zur Erstellung einer BV zur Gefährdungsbeurteilung mit all ihren Inhalten.

    Das Kostet sicher mehr als 10.000 Tassen Kaffee und bindet Kapazitäten des Arbeitgeber die auch mehr als 100.000 Tassen Kaffee kostet, und dann mal schauen, was er denn wirklich will ;).

    gruß

    rabauke

  • Ob 30 Cent viel oder wenig sind, hängt lediglich vom betrachteten Zeitraum, respektive der betrachteten Menge ab.

    Beim Benzin fahren einige wegen einem Cent Unterschied zu ner anderen Tankstelle. Enkäufer verhandeln im Zehntel Cent Bereich, teilweise auch im Hundertstel Cent

  • hallo Rmbaer,

    ich weis ja nicht wo du arbeitest und auch nicht wo billyboy arbeitet. ich kenne Arbeitgeber die zahlen gerade mal den Mindestlohn. Hierzu gehören u.a. call Center, da muss du für 9,19€ die Stunde 6 Stunden am Stück telefonieren, 6 Tage die Woche und das ohne "Pause".

    6x6x9,15x4,35=1432,89€ Brutto im Monat bei einer 36h Woche, also in Vollzeit. Da beiben gerade mal 1000€ netto ürbrig. bei 12 Tassen Kaffee die Woche, also 2 je arbeitstag muss somit der Mitarbeiter dort zukünftig 1,6% seines Nettogehaltes für Kaffee ausgeben, um sich mal den Mund zu spülen, die Stimme zu ölen und seinen Job erledigen zu können. Ein Gewerkschaftsbeitrag fällt niederiger aus, und da gibt es schon genug die sich das nicht leisten können.

    Für mich ist das Thema schon hinreichend wichtig, jenachdem wo es her kommt.

    Wenn ich hier mit meine Kolleginnen und Kollegen, wo bei einer 5-Tage-Woche keiner unter 3000,-€ brutto hat über die 0,3€ für einen Kaffee rede, da würde ich dir Recht geben, da gäbe es aus meiner Sicht wichtigere Dinge, aber bei uns war der Kaffee auch noch nie kostenfrei;) dafür der Tee im Großkessel und das heiße Wasser am Wasserspender.

    Gruß

    Rabauke

  • Hallo Rabauke,

    ja bei uns wir für die gewerblichen Mitarbeiter leicht über Mindeslohn bezahlt.

    Aber mir, und den Kollegen, sind die Arbeitsbedingungen Kälte, Wärme, Lärm, Einsatzplanung, Sicherung der Arbeitsplätze wichtiger als mit meinen AG über Kaffee zu streiten.

    Wichtig ist es das der AG überhaupt die Möglichkeit stellt, Warm und Heißgetränke zu bekommen. Das ist meistens nicht Notwendig außer du hast extreme Arbeitsbedingungen. Und da reicht , wie du schon geschrieben hast Wasser. Warm oder auch kalt, je nach Arbeitsbedingungen.

    Zitat von Moritz

    Was dem noch am nächsten kommt, ist die sogenannte betriebliche Übung. Die ist aber ein Individualrechtsanspruch. Und wer verklagt den AG weg 30 Cent für einen Kaffee?

    Ich kann mich da nur Moritz anschließen.

    Gruß

  • Ich gehe auch mal davon aus, dass es sich um Ansprüche aus einer betrieblichen Übung handelt. Diese Leistung muss schließlich nicht nur in Geld erfolgen.

    Mein erster Gedanke war ebenfalls: "Na wegen 30 cent ein Fass aufmachen?". Wenn ich mir allerdings die Kommentare anschaue zwecks dem Mindestlohn, kann ich das sogar verstehen, dass der BR hier zumindest ein kleines Fässchen aufmacht :)

    Vielleicht findet sich ja einer, der wegen dem Kaffee klagt - die 30 cent wird sich der Arbeitgeber nun auch gerade noch leisten können. Wenn es daran scheitert, sollte er eventuell sein Geschäftsmodell überdenken.

  • Liebe Kollegen,

    Ich danke euch für zahlreich Kommentare und Behauptungen für Erfolg oder Misserfolg.

    Inzwischen der AG unseren Bedenken Betriebliche Übung/Gewohnheitsrecht annehmen und für unbestimmte Zeit kostenlose Kaffee anbieten.

    Beste Grüß

    Billy Boll