Homeoffice und Stellvertretung Dispo-Leitung

  • Hallo zusammen,


    einer unserer Mitarbeiter hat einen Vertrag über die Ausführung seiner Arbeit im Home Office ( 40 Std. Woche ) Er ist Montags ganztags , Di. - Mit. - und Do. bis 13.00 Uhr danach bis 17.00 Uhr im Home Office und Freitags auch Ganztags ( wurde im auch genemigt ). Er ist auch Stellvertretenter Dispo-Leiter.


    Jetzt will die Firma im das Home Office und die Stellvertretung kündigen. Es gibt aber keinen triftigen grund. Er ist über 50% in der Firma anwesend.


    Darf die Firma ohne einen triftigen Grund die Verträge Kündigen ?

  • Auch wenn Lexipedia im Prinzip Recht hat, sehe ich das nicht ganz so easy wie er.


    Die Aufkündigung des Homeoffice und die wiedereingliederung ist eine Versetzung im Sinne von §99 BetrVg und daher mitbestimmungspflichtig.


    Da der Mitarbeiter durch die schlechtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf benachteiligt wird, kann man durchaus darüber nachdenken, als Betriebsrat der Versetzung zu widersprechen, wenn es keine plausieblen Gründe dafür gibt.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Darf die Firma ohne einen triftigen Grund die Verträge Kündigen ?

    Um das vielleicht noch einmal ein wenig "aufzudröseln":


    Generell mal sind Verträge zweiseitige, übereinstimmende Willenserklärungen. D.h. ist ein Vertrag geschlossen haben sich erst einmal beide Seiten auf die Einhaltung bestimmter Bedingungen geeinigt und sind durch die Vereinbarung gebunden.


    Aber selbstverständlich steht es jeder Vertragsseite frei klüger zu werden, andere Ideen zu haben oder auch nur auf äußere Einflüsse zu reagieren. Deswegen kann prinzipiell mal jede Seite einen Vertrag jederzeit kündigen (einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung).


    Bei Arbeitsverträgen hat der Gesetzgeber jedoch, wegen der damit verbundenen Lebensgrundlage, ein paar Beschränkungen eingebaut. Während der AN unter Einhaltung einer Frist quasi grundlos kündigen darf, muss der AG schon einen guten Grund haben um dem AN die Lebensgrundlage zu entziehen.


    Wenn, und so verstehe ich deine Ausführungen, der Kollegen das Home-Office im Arbeitsvertrag stehen hat, dann hat albarracin vollkommen Recht, dass der AG hier eine Vertragsänderung nur über eine sogenannte Änderungskündigung erreichen kann. D.h. er bietet dem AN an, den mit ihm bestehenden Vertrag nur unter geänderten Bedingungen fortführen zu wollen. Das kann der AG, wie von Lexipedia geschrieben, im Prinzip nach freiem unternehmerischen Ermessen tun. Gleichzeitig (deswegen das Wort Kündigung darin) erklärt der AG aber auch, dass er den Vertrag komplett kündigt, wenn der AN der Änderung nicht zustimmt. (Und genau deswegen gilt dafür die Anhörung gem. § 102 BetrVG (s. albarracin))


    Akzeptiert der AN die Änderung wird der Arbeitsvertrag, zu geänderten Konditionen, weitergeführt. Alles unproblematisch.

    Akzeptiert der AN die Änderung aber nicht gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie das "Spiel" weitergeht.


    Variante 1: Der AN hat die Änderung nicht akzeptiert, damit ist der Vertrag gekündigt und der AN seinen Job los. Auch das kann ja durchaus im Sinne des AN sein.


    Variante 2: Der AN hat die Änderung nicht akzeptiert, der Vertrag wird gekündigt und der AN reicht jetzt "Kündigungsschutzklage" ein, weil für eine normale Kündigung (das ist es dann ja plötzlich) die normalen Bedingungen gelten. (Betriebsbedingt, Verhaltensbedingt oder in der Person des AN begründet) Dieser Prozess kann sich eine ganze Weile hinziehen. Solange ist der AN u.U. ohne Einkommen. (Es sei denn, der BR hätte der Kündigung widersprochen.)


    Variante 3 (und die wohl allgemein sinnvollste): Der AN nimmt die Änderung des Arbeitsvertrages unter Vorbehalt an und lässt gleichzeitig gerichtlich überprüfen, ob die angegebenen Gründe ausreichend waren um den Vertrag auch zu kündigen, bzw. die Konditionen zu verändern. (Merksatz: Eine Änderungskündigung, nur um die Konditionen zu verschlechtern (also z.B. gleicher Job, gleiche Stundenanzahl, aber weniger Geld) wird nie akzeptiert.)


    Sorry, ist jetzt doch ein wenig länger geworden, aber ich hoffe, du hast jetzt verstanden, dass das Spielfeld "Änderungskündigung" so groß ist und so vielfältig und es dabei auf so viele Details ankommt, dass es für uns schwer ist, hier einen konkreten Tipp zu geben. (Weshalb du auch einige sich auf den ersten Blick widersprechende Aussagen erhalten hast.)


    Nach meinem Dafürhalten ist der beste Tipp, den man dem Kollegen geben kann: nimm deinen Arbeitsvertrag und die Änderungskündigung und gehe damit zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.


    Steht das Home-Office aber nicht in seinem Arbeitsvertrag, sondern wird nur seit geraumer Zeit (mit Einverständnis und Genehmigung durch den AG) so gelebt, müsste hier geprüft werden, ob der Arbeitsvertrag hier nicht trotzdem (wenn auch nicht schriftlich) einvernehmlich geändert worden ist.


    D.h, es bedürfte evtl. einer Änderungskündigung, die der AG aber nicht ausgesprochen hat, weil er darin eben keine Vertragsänderung sieht.


    Du siehst, es gibt noch diverse Möglichkeiten, wie sich das "Problemfeld" darstellt/darstellen könnte. Von uns aus sehr schwer zu beurteilen.


    Als BR würde ich den AG erst einmal fragen, was die Murmel soll und wie er sich die Zukunft vorstellt. Das sollte euch bei der Beurteilung der Lage schon mal weiterhelfen. Viel Erfolg!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    Einmal editiert, zuletzt von Moritz ()

  • Steht das Home-Office aber nicht in seinem Arbeitsvertrag, sondern wird nur seit geraumer Zeit (mit Einverständnis und Genehmigung durch den AG) so gelebt, müsste hier geprüft werden, ob der Arbeitsvertrag hier nicht trotzdem (wenn auch nicht schriftlich) einvernehmlich geändert worden ist.

    Auch wenn ich es nicht unbedingt so kenne, dass wegen Home-office der Arbeitsvertrag geändert wird, so bin ich auch der Meinung, dass dies durchaus überprüft gehört.


    Aber auch wenn es eine Änderungskündigung wäre, so muss der Betriebsrat nicht nur der Änderungskündigung zustimmen, sondern auch der Versetzung vom Homoffice in den Betrieb.


    LG

    Makrus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • bevor ich hier auf diese Anmerkung und alle anderen Anmerkungen antworte hier meine Fragen:

    In welcher Funktion ist der Mitarbeiter beim Betriebsrat angehört worden?

    Wie weit war bei dieser Anhörung auch die Arbeitszeit so wie Sie nun praktiziert wird aufgteilt?

    Ist der Betriebsrat zu der Arbetisaufgabe "stellv. dispo. Leiter" angehört worden?

    Ist die Funktion stellv. Dispo. Leiter auch im Arbeitsvertrag verankert?

    Ist das homeoffice im Arbetisvertrag zeitlich Unbefristet vereinbart oder ist hierzu eine zeitlich befristete Zusatzvereinbarung abgeschlossen worden?

    Wo ist laut Arbeitsvertrag der Arbeitsort?

    Wo ist laut aktueller BR-Anhörung der Arbeitsort?


    Ich finde es ja klasse, dass hier steht was alles passieren muss, ohne alle Fakten zu kennen.

    Aus dem Satz : Er ist Montags ganztags , Di. - Mit. - und Do. bis 13.00 Uhr danach bis 17.00 Uhr im Home Office und Freitags auch Ganztags ( wurde ihm auch genemigt ). kann ich viele Dinge interpretieren. U.a. meine Interpretaion: das er auf seinen Wunsch für einen (un)benannten Zeitraum abweichend von seinem Arbeitsvertrag anstatt alles vom Büro aus nun auch Teile von zuhause aus machen kann ohne das der BR hierzu angehört wurde. Nun stellt der Arbeitgeber fest, dass beim Homeoffice sich die Anwendung der Gesetze geändert haben, die Zeiterfassung mit zu einer Erfordernis wird etc. und nun beruft sich der Arbeitgeber darauf, dass er zukünftig wieder die 40 Stunden am Arbetisplatz sein muss, weil dieses so im Av steht und auch so beim BR angehört wurde. (Also Behebung einen unzulässigen Zustandes ;) ) hin zum vereinbarten und Arbetisvertraglichen Zustand.


    Dann stellt sich für mich die Frage, wo sind die Punkte, in denen der BR nach §99 handeln kann.

    Ob und inwieweit Individualrechtlich ggf. der MA handeln kann ist dann die zweiten Frage



    gruß

    Rabauke