AG möchte Kurzarbeitergeld nicht vorfinanzieren

  • Hallo zusammen,


    unsere Firma (Dienstleistungsbranche) erwägt aufgrund der aktuellen Situation (Corona-Virus) und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen Kurzarbeit einzuführen und hat bereits eine Betriebsvereinbarung hierzu vorformuliert.


    Diese enthält den Passus, dass der Arbeitgeber unverzüglich bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld (KuG) stellt. Das Kurzarbeitergeld soll jedoch erst an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden, nachdem die Arbeitsagentur die Leistung an die Firma erbracht hat. Eine Vorfinanzierung des KuG soll es nicht geben.


    Bislang war ich der Auffassung, dass der Arbeitgeber zwingend das KuG vorfinanzieren müsste und es sich dann von der Agentur für Arbeit erstatten lässt. Dieser Meinung ist anscheinend auch das zuständige Bundesministerium. In den FAQ´s zum Kurzarbeitergeld (https://www.bmas.de/SharedDocs…df?__blob=publicationFile) heißt es unter anderem zur Frage Wie schnell kann Kurzarbeit eingeführt werden?: „[…] Der Arbeitgeber berechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus. Anschließend wird ein Erstattungsantrag bei der örtlichen Agentur für Arbeit gestellt, die nach Prüfung der Antragsunterlagen das gezahlte Kurzarbeitergeld dem Arbeitgeber umgehend erstattet. […]“ (Seite 2)

    Auch bei den seitens der Bundesagentur für Arbeit bereitgestellten „Hinweise zum Antragsverfahren“ (https://www.arbeitsagentur.de/…arbeitergeld_ba014273.pdf) heißt es unter dem Punkt A.7.2 Auszahlung des Kug vor Prüfung der Antragsunterlagen und vorläufige Entscheidung: „[…] Damit wird eine schnelle Refinanzierung des vom Arbeitgeber verauslagten Kug sichergestellt. […]“ (Seite 6).


    Jedoch gibt es im Formular Antrag auf Kurzarbeitergeld (Kug) - Leistungsantrag – (https://www.arbeitsagentur.de/…ntrag-kug107_ba015344.pdf) beim Punkt 3 der Erklärung die Möglichkeit anzugeben, dass die beantragten Beträge noch nicht an die empfangsberechtigten Arbeitnehmer/innen ausgezahlt wurden und sich der Antragssteller verpflichtet das Kug unverzüglich an die berechtigten Arbeitnehmer/innen auszuzahlen.


    Dementsprechend herrscht bei uns im Gremium Unsicherheit, ob eine Vorfinanzierung des KuG durch den Arbeitgeber überhaupt abgelehnt werden kann (die ersten beiden Quellen sehen dies zumindest nicht als Normalfall an) und zum anderen sehen wir es äußerst kritisch, dass wenn der Bescheid des Arbeitsamtes negativ ausfällt, die Mitarbeiter kein Kurzarbeitergeld bekommen und somit das Risiko voll auf den Arbeitnehmer übertagen wird. Selbst wenn der Bescheid positiv ausfällt, könnte es passieren das die Arbeitnehmer mehrere Wochen auf das KuG warten müssen, da sicherlich die Bearbeitung der Anträge derzeit länger als sonst dauert (mehr Anträge bei ggf. weniger Personal bei der Agentur für Arbeit).


    Nun zu meinen Fragen:

    • Ist es rechtlich überhaupt zulässig, dass der AG das KuG nicht vorfinanziert?
    • Wie bewertet Ihr die seitens des AG vorgeschlagene Auszahlungsmodalitäten und wie würdet Ihr in diesem Fall agieren?



    Vielen Dank für eure Antworten!


    (PS: auf Grund der Dringlichkeit des Anliegens, wäre ich für kurzfristige Antworten/Meinungen dankbar)

  • Hallo Kollege,


    die BV Kurzarbeit, die uns vorgelegt wurde, enthielt einen ähnlichen Passus. Darin wollte sich der AG vorbehalten, bei verzögerter Zahlung des KA-Gelds von 1-2 Monaten und finanziellen Engpässen das Geld entsprechend verzögert zu zahlen. Wir haben darauf bestanden, diese Passage zu streichen mit dem Hinweis, dass dies nah an der Definition einer Insolvenz ist, wenn die Gehälter nicht aus eigener Kraft gezahlt werden können. Der AG hat die Passage dann gestrichen.


    Rechtlich zulässig wäre es. Das Gesetz sagt klar, dass der AG das KA-Geld erhält, und an die AN auszahlt. Es steht nirgendwo drin, dass er die Beträge zahlen muss, BEVOR er das Geld erhält.


    Ihr solltet das auf jeden Fall streichen lassen. Und das insbesondere unter dem wahrscheinlichen Szenario, dass der AG weitere Finanzhilfen (z.B. einen Überbrückungskredit zur Absicherung der Zahlungen) in Anspruch nehmen kann.

  • Vielen Dank für die hilfreiche Antwort.

    Ich denke auch, dass für uns nur eine Vorauszahlung bzw. eine Garantie, dass der AG im Falle einer Ablehung des Antrags auf KA-Geld, für dieses aufkommt für uns in zustimmungsfähig ist.

  • Ihr seid hier in Verhandlungen doch in der bequemen Position, dass der AG ohne Eure Zustimmung keine Kurzarbeit durchführen kann. Diesen längeren Hebel solltet Ihr nutzen und der BV nur unter Streichung des Passus zustimmen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • was der Arbeitgeber damit vorhat, ist euch für seinen Fehler bluten zu lassen. Er stellt den Antrag falsch, ihr bekommt kein Geld, er stellt den Antrag zu spät, ihr bekommt kein Geld, die Quote ist nicht erfüllt, ihr bekommt kein Geld, damit ganz klar, holt euch zu der Verhandlung einen Anwalt dazu und ohne klare Regelung, er geht in Vorleistung und kommt für seine Fehler selber auf und kann das nicht auf euch abwälzen!!!


    Gruß

    Rabauke