Berichten über BR-Beschlussverfahren zum Nachteil Behinderter in der Schwerbehindertenversammlung erlaubt?

  • Hallo Zusammen,


    meine Frage zielt darauf ab, das unser BR aus Gründen des Betriebsfriedens einen frei werdenen Arbeitsplatz

    mit einem nicht behinderten Arbeitnehmer besetzen, und daher auf die Stellenausschreibung des Arbeitgebers verzichten will.


    Meine Intervention und Schilderung, das sich ein Kollege mit einem GdB30 auf diesen Arbeitsplatz bewerben will wurde ignoriert und per Beschluss auf die Ausschreibung verzichtet. Ich habe diesen Beschluss nun erst einmal für eine Woche ausgesetzt, und verkündet das ich diesen einstimmmigen Beschluss des Betriebsrates auf Auschreibungsverzicht in der Schwerbehindertenversammlung als Thema auf die Tagesordnung setzen will.


    Daraufhin hiess es, das Beschlussergebnisse nicht in die Belegschaft zu tragen seien. Nicht vom BR und schon gar nicht von der SBV oder der JAV .

    Dies sehe ich allerdings nicht so und will dieses Verhalten dem BR das nicht durchgehen lassen, da ich hier eine Ungleichbehandlung sehe. :cursing:


    Der §79 BetrVG greift nicht als Maulkorb. Der greift lediglich bei Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, soviel habe ich rausbekommen.


    Hat jemand schon einmal so eine Situation gehabt, oder Ideen oder Urteile auf die ich mich beziehen kann?


    Ich meine genau darüber schon mal gelesen zu haben, finde aber nicht wieder wo es war :(

  • Hallo,


    Beschlüsse des BR sind grundsätzlich öffentlich und unterliegen nicht der Verschwiegenheit.

    Eine grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht läßt sich auch nicht mit § 30 oder § 79 BetrVG begründen. § 30 schützt zB lediglich das Zustandekommen eines Beschlusses wie zB Diskussionsbeiträge im Gremium sowie das Abstimmungsverhalten anderer BRM. Das eigene Abstimmungsverhalten darf ein BRM sehr wohl öffentlich machen. Dies gilt analog auch für die Stellungnahme einer SBV, die selbst nicht BRM ist.

    Und § 79 schützt unter bestimmten Voraussetzungen sowieso nur das, was der AG für schützenswert erachtet

    Schutzbedürftig sind bei Beschlüssen lediglich persönliche Daten der Betroffenen. Ein Beschluß in einer personellen Maßnahme darf also in anonymisierter Form sehr wohl öffentlich gemacht werden.

  • Das Beschlussergebnis - also Der BR hat mit Mehrheit der BRM beschlossen für die Stelle XY keine Stellenausschreibung durchzuführen - ist definitiv nicht geheim.


    Habt ihr denn eine BV zur Stellenausschreibung offener Stellen? Was sagt die denn? Müssen alle offenen Stellen ausgeschrieben werden? gibt es Ausnahmen? Wenn ja, welche und unter welchen Umständen?

  • Hi Ohadle,


    ja, wir haben eine BV zu Stellenausschreibungen, allerdings steht darin das der BR auch darauf verzichten kann, sie auszuschreiben. Genau das ist ja leider auch passiert. Rein formell darf er es auch. Eben aus oben genanntem Grund.

    Wann und unter welchen Voraussetzungen ist darin nicht geregelt.

    Einmal editiert, zuletzt von MarcKant () aus folgendem Grund: unvollständig

  • Hallo

    meine Frage zielt darauf ab, das unser BR aus Gründen des Betriebsfriedens einen frei werdenen Arbeitsplatz

    mit einem nicht behinderten Arbeitnehmer besetzen, und daher auf die Stellenausschreibung des Arbeitgebers verzichten will.

    Der Arbeitgeber muss bei Neubesetzung von Stellen ob mit oder ohne Ausschreibung prüfen ob es geeignete SB Mitarbeiter gibt die diese Tätigkeiten ausüben können.

    Du solltest mit den Verantwortlichen in der Personalabteilung sprechen und den Fall schildern, und auf die Verpflichtung hinweisen.

    Meiner Auffassung ( lasse mich da aber gerne Belehren ) reicht es aus wenn du über die freie Stelle kenntnis erlangst auch ohne Ausschreibung.

    Weil sonst könnte der AG ja alles unter der Hand Ausschangeln.

    Auf jedenfall hast du eigene Rechte die Unabhängig von BR Beschlüssen sind.

  • Ich hatte es so verstanden, dass es sich um eine interne Stellenauschriebung handelt, oder?

    Das heißt der MA mit GdB 30 (im übrigen kein SB nach § 2 Nr. 2. SGB IX, wenn nicht gleichgestellt) ist ja bereits angestellt und möchte sich nur auf eine andere Stelle (intern) bewerben, die aber bereits von einem anderen Kollegen besetzt wurde.


    Nur die Begründung (Betriebsfrieden) ist ein wenig dürftig. Aber wenn die BV bei Euch aussagt dass der BR einen Beschluß fassen kann, auf eine interne Stellenausschreibung zu verzichten, dann ist das halt so.

  • Wobei man dann in einer Behindertenversammlung durchaus darüber berichten kann, dass dies der BR getan hat und dass das der SBV nicht gefällt und die SBV hier im Gespräch mit dem BR ist.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Damit macht man sich zwar keine Freunde beim BR, aber man ist ja auch nicht SBV um neue Freunde zu finden.


    Ob es taktisch klug ist, dass muss dann die SBV vor Ort selbst entscheiden.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ich hatte es so verstanden, dass es sich um eine interne Stellenauschriebung handelt, oder?

    Das heißt der MA mit GdB 30 (im übrigen kein SB nach § 2 Nr. 2. SGB IX, wenn nicht gleichgestellt) ist ja bereits angestellt und möchte sich nur auf eine andere Stelle (intern) bewerben, die aber bereits von einem anderen Kollegen besetzt wurde.

    OK ich bin jetzt mal davon ausgegangen das er Gleichgestellt ist weil er ja sonst auch nicht auf die Vesammlung darf

    Ich habe diesen Beschluss nun erst einmal für eine Woche ausgesetzt, und verkündet das ich diesen einstimmmigen Beschluss des Betriebsrates auf Auschreibungsverzicht in der Schwerbehindertenversammlung als Thema auf die Tagesordnung setzen will.

  • "....ist ja bereits angestellt und möchte sich nur auf eine andere Stelle (intern) bewerben, die aber bereits von einem anderen Kollegen besetzt wurde."


    Die Stelle ist zur Zeit noch belegt, der Kollege der darauf sitzt geht aber bald in Rente.


    Da hatte ich gehofft den gleichgestellten Kollegen (GdB30) darauf zu bekommen.

    Böse Ironie, er hatte vorher eine nahezu identische Stelle bei uns in der Firma. Dann kam ein Unfall und bevor die Gleichstellung abgeschlossen war (vor meiner Zeit als SBV) wurde der Kollege mittels Kündigungsandrohung dazu genötigt einen Änderungsvertrag zu unterschreiben.

    Leider hatte er nur einen Feld/Wald/und Wiesenanwalt.


    Da ich davon ausgehe, das das Ganze hier auch vor Gericht enden, und nicht leicht werden wird bräuchte ich nen Tipp für einen guten Arbeitnehmeranwalt im Sozialrecht aus dem Hamburger Raum.

    (per PM bitte, damit ich mir nicht den Zorn der Forenadministration zuziehe ;) )



    Die Stelle wird erst noch frei und es gibt zwei Kollegen die darauf sollen:


    Der, den der BR daraufsetzen will um den Betriebsfrieden zu wahren ohne GdB (da gab es wohl schon Gespräche mit der GL)

    und den, den die SBV darauf haben möchte, mit GdB 30.

  • Hallo,


    na da bin ich gespannt wie das ausgeht. Bin kein SBVler aber eine Frage GdB 30 ist das in den sinne ein SB?

    Und weiter ist es klug sich mit dem BR und der GF anzulegen? Egal wie es ausgeht, wenn es vor Gericht geht, wie ist das Verhältnis nachher?

    Berichte gerne weiter aktuelles.


    Beste Grüße

  • Und weiter ist es klug sich mit dem BR und der GF anzulegen? Egal wie es ausgeht, wenn es vor Gericht geht, wie ist das Verhältnis nachher?

    Ja natürlich es ist sogar zwingend Notwendig.

    Als SBV hat man die Rechte Schwerbehinderter und mit ihnen Gleichgestellten Kollegen zu wahren.

    Da geht es nicht darum sich mit jemanden anzulegen.

    Die Interessen vom BR und der SBV gehen halt gelgentlich auseinander, deswegen ist die SBV eigenständig und nicht an BR Beschlüsse gebunden ( und das ist auch gut so ).


    Und noch mal meine ganz eigene Meinung :

    Jemand der nur wegen dem Betriebsfrieden auf die Rechte der SB verzichtet, ist fehl am Platz und sollte sein Amt aufgeben.

  • Grundsätzlich hast du absolut Recht!


    Ich bin aber schon der Meinung, dass man als SBV schon überlegen sollte, ob man alles gemacht hat, um die Meinungsverschiedenheit auf anderem Wege auszuräumen, bevor man hier gerichtlich seine Interessen durchsetzt.


    Und auch die Frage, ob man hier durch den Luftzug nicht mehr Türen zuschlägt, als aufreisst, sollte man sich durchaus stellen.


    Auch als Betriebsrat geht man ja nicht täglich gegen den Arbeitgeber gerichtlich vor, auch wenn man es wahrscheinlich könnte, wenn man es darauf anlegt (zumindest bei uns). Hier gehört einfach ein bisschen Fingerspitzengefühl dazu.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ich bin aber schon der Meinung, dass man als SBV schon überlegen sollte, ob man alles gemacht hat, um die Meinungsverschiedenheit auf anderem Wege auszuräumen, bevor man hier gerichtlich seine Interessen durchsetzt.

    Da stimme ich dir auch 100% zu

    Ich habe meine Rechte bis jetzt immer ohne Gericht durchgesetzt.

    Aber etwas einfach hinnehmen damit sich keiner ( BR, GF oder beide ) auf den Schlips getreten fühlt ist der falsche Weg.


    Gruß

  • Hallo


    mal eine Frage und Denkanstoß.

    Seit wann weist du als SBV von der freien Stelle?

    Ich müsste den passenden § erst raussuchen, aber meiner Auffasung nach hast du wie schon erwähnt unabhängig vom BR eigene Rechte. Eines bezieht sich auf die Personalplanung. Der AG ist verpflichtet die Bundesagentur für Arbeit über freie Stellen und ihre Eignung für SB mittzuteilen. Um dies mitteilen zu können, ist er angehalten mit der SBV zu beraten.
    Ich das nicht geschehen, ist das evtl. eine Tür um in die Verhandlung mit dem AG ohne den BR zu kommen.


    Ansonsten rate deinem Kollegen doch einfach, dass er mal eine Bewerbung schreibt. Initiativ kann sich ja jeder immer Bewerben...Man weiß ja welcher Kollege kurz vor der Rente steht..Fluhrfunk und so...Und spätestens dann bist du bei der Beratung zur Auswahl der Kandidaten mit im Boot. Alles unabhängig vom BR.


    Bevor ich klage würde ich diesen Weg versuchen, wird auch anstengend, aber wird sicher freundlicher als eine Klage aufgefasst.

  • Hallo,


    wie steht denn der AG dazu, insbesondere unter Berücksichtigung von § 164 Abs. 4 SGB IX ?


    Will der AG auch auf die Ausschreibung verzichten ? Hast du auch ggü. dem AG ausgesetzt ?

    Der Wunsch auf Ausschreibungsverzicht kam vom Arbeitgeber. Der BR hat darüber beschlossen und die SBV hat den Beschluss des BR für eine Woche ausgesetzt.


    Und ich fürchte das das SGB IX samt dem 164iger und allen anderen für uns SBVler so wichtigen Paragraphen meinem Arbeitgeber so ziemlich am Allerwertesten vorbeigeht:


    Informationen werden nicht, oder nur auf Anfrage weitergeleitet. (soviel zum §178)


    Das Thema barrierefreies WC was ein anderer Kollege braucht wird seit eineinhalb Jahren "geschoben"


    Da wird wohl eher so in Richtung: "Sollen sie doch froh sein, das sie hier arbeiten zu dürfen und wir sie nicht gleich rausschmeissen, wir müssen an unsere Aktionäre denken" gedacht.


    Amerikanischer Konzern ohne Tarifbindung.



    Wie gesagt, wenn jemand nen Top Anwalt aus der Hamburger Ecke weiß ...




    von der freien Stelle weiß ich seit der BR aufgefordert wurde auf die Ausschreibung zu verzichten.

    Der Arbeitgeber, so meine ich, kann auch lt. Urteil auf die Meldung bei der Agentur für Arbeit verzichten wenn er intern besetzt. Aber die Prüfung ob behindertengeeignet muss auf jeden Fall stattfinden.


    Der Kollege hat auf mein Anraten eine Bewerbung geschrieben.

  • Um euch auf dem laufenden zu halten:


    Der Arbeitgeber hat KW 31 beschlossen die Stelle jetzt doch auszuschreiben.

    Ausschlaggebend wird vermutlich ein Schreiben vom Arbeitsgericht mit Einladung zu einen Gerichtstermin zur Pflicht der Anhörung der SBV an den Arbeitgeber gewesen sein.


    Damit ist der BR erst einmal raus.


    Aber:


    Die hausinterne Ausschreibung wurde nach Anhörung der SBV und einem Gespräch mit dem behinderten Bewerberdahingehend geändert, das die Stelle jetzt nur noch bedingt behindertengeeignet ist.


    In der externen Auschreibung, konzernweit taucht dieser Passus nicht auf.


    Eine Idee wie ich weiter vorgehen kann? Gerichtliche Feststellung von Benachteiligung?

  • Hallo,


    das hier

    Die hausinterne Ausschreibung wurde nach Anhörung der SBV und einem Gespräch mit dem behinderten Bewerberdahingehend geändert, das die Stelle jetzt nur noch bedingt behindertengeeignet ist.

    ist leider nicht klar von Dir dargestellt. Wurden Kriterien nachträglich geändert oder was habe ich mir darunter vorzustellen ?