Verschwörungstheoretiker im BR

  • Hallo zusammen,

    zurzeit beschäftigt den größten Teil unserer Betriebsratsmitglieder ein Thema, dem zuerst keine sonderliche Bedeutung beigemessen wurde, welches aber zunehmend gefährlicher eingestuft wird. Ein BR-Mitglied (seit zwei Jahren dabei) fällt in erster Linie dadurch auf, stets eine Meinung gegen die Mehrheitsmeinung zu vertreten, scheinbar ungeachtet der jeweiligen Inhalte. Wechselt auch mal innerhalb von drei Wochen die Position, wenn es sein muss (Mund-Nasen-Bedeckungen Pro bzw. Contra). In seinem WhatsApp-Status fallen seit einiger Zeit täglich verschwörungstheoretische Äußerungen auf, insbesondere in Sachen Corona-Leugnung, untermauert in die rechte Richtung (rechtsextreme US-amerikanische Netzwerke, QAnon, pro-Trump-Äußerungen etc.). Gibt es bei Euch ähnliche Vorgänge oder hat jemand Tipps, wie wir als Betriebsrat damit umgehen könnten?

    Grüße, Cartouche

  • Wieso zunehmend gefährlich? Weil der Kollege ne andere Meinung als die Mehrheit hat?

    Ob der Kollege ein Trump Anhänger ist und Corona leugnet geht den Betriebsrat ja nix an!

    Solange keine rechtsradikalen Äußerungen im Betrieb erfolgen müsst Ihr mit diesem BRM leben. :)

  • Hallo Cartouche,


    abweichende Meinungen sind per se nichts schlechtes, eigentlich sogar gut weil es die Problematik auch aus anderen Blickwinkeln betrachtet und sich ändernde Meinungen kommen schon vor gerade wenn neue Erkenntnisse dazukommen.


    Und ein Beschluss des BR muss auch nicht einstimmig sein, daher ist es ein Gremium.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Solange keine rechtsradikalen Äußerungen im Betrieb erfolgen müsst Ihr mit diesem BRM leben

    Und solange er seinen Job als BRM ordentlich macht beseht kein Handlungsbedarf.

    Wenn er sich mit seinen Ansichten von der Mehrheit abheben will, ist das seine eigene Sache.


    Ich kann solche Äußerungen (Trump) ignorieren oder belächeln und so solltet ihr es auch mit diesem Kollegen tun.

    Nicht diskutieren, das wollen Trolle nur erreichen.

    Der Obertroll hat sich ja schon eine Bühne geschaffen.

    Das Leben ist Veränderung

    Starte dort, wo du stehst!

    Aber versuche jeden Tag einen neuen Startpunkt zu finden!
    Benutze das, was du hast!

    Aber versuche jeden Tag etwas neues zu benutzen!
    Tu das, was du kannst!

    Aber versuche jeden Tag etwas mehr zu tun!

  • Was ich schreiben wollte, hat der alte Schwede schon verweg genommen. Im Recht auf Meinungsfreiheit ist ausdrücklich auch das Recht auf nicht mehrheitsfähige Meinungen enthalten. Es ist nicht BR-Aufgabe ein Mitglied von irrigen Überzeugungen abzubringen.

    Beschlüsse müssen keineswegs immer einstimmig erfolgen. Wenn aber jemand aus Prinzip eine andere Meinung vertritt, würde ich das eher ironisieren. Zeichnet sich z.B. eine Zustimmung zu einem Beschluss ab, würde ich fragen: "Kann ich als Ergebnis 6:1 eintragen oder ist außer [Name des BRM] noch jemand dagegen?" oder Jan Böhmermann zitieren:

    "Meinungsfreiheit ist übrigens ein Schutzrecht gegenüber dem Staat und kein Arschlochrecht gegenüber den Mitmenschen";)

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Solche Thesen sollten öfters hinterfragt werden, vielleicht auch selber mal z.B. im Impressum von angegebenen Seiten nachschauen und Akteure googeln. Meist kann man dann schon gut gegensteuern

    Aber bitte differenzieren, privat ist privat und BR ist BR. Innerhalb des Gremiums hat so etwas natürlich nichts zu suchen.


    Bei mir im Gremium läuft es ähnlich, ich habe auch einen Verschwörungstheoretiker in den Reihen. Im Gremium hält er sich zurück, aber privat schickt er immer mal wieder "Erklärungsvideos" etc. an einzelne Kollegen. Wir nehmen das alle mit Humor und haben ihm schon einen eigenen Aluhut gebastelt. Auch er nimmt solche Aktionen dann mit Humor, m. E. ebenfalls ganz wichtig dabei! Es soll ja kein Mobbing sein oder eine Ausgrenzung stattfinden.


    Opa hat schon immer gesagt: Jeder Jeck ist anders! Bestenfalls lasst Ihr den Kollegen einfach machen. Es spricht m.E. aber nichts dagegen ihn immer mal wieder "abzuholen" und zu versuchen gemeinsam den richtigen weg zu gehen :):)

  • Ich finde es eher bedenklich, dass man überhaupt nachfragen muss, wie man mit einem Menschen, der eine andere Meinung hat (und sei sie noch so verrückt) umzugehen hat. So als hätte derjenige eine ansteckende Krankheit (passt ja gerade). Wir leben Gott sei Dank in einem Land, indem jeder das Recht hat, seine eigene Idiotie (und die hat jeder Mensch) offen zur Schau zu stellen. Solange nicht gegen Gesetze verstoßen wird lautet die Devise: Deal with it!


    Mein Kollege und ich sind sehr häufig sehr unterschiedlicher Meinung und da geht es im Büro auch schon mal etwas lauter zu. Aber solche Debatten sind doch erfrischend und wir sind trotzdem sehr gut befreundet. Einfach weil der eine die Meinung des anderen toleriert.

  • Nur weil 20 andere was falsches sagen wird es nicht richtig, da ist man schnell das Arschloch

    Allerdings, wenn 20 von 21 das gleiche sagen und einer nicht, ist die Wahrscheinlichkeit das man als einziger richtig liegt, schon relativ gering. Wenn auch, das muss ich zugeben, nicht ganz ausgeschlossen.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Aber das ist doch das Tolle an Meinungen: Sie müssen gar nicht richtig sein. Sie müssen noch nicht mal Sinn ergeben.

    Und ob jemand ein Arschloch ist oder nicht ist doch auch wieder eine ganz subjektive Meinung. Oder? ;)

  • Allerdings, wenn 20 von 21 das gleiche sagen und einer nicht, ist die Wahrscheinlichkeit das man als einziger richtig liegt, schon relativ gering. Wenn auch, das muss ich zugeben, nicht ganz ausgeschlossen.

    Da gab es mal einen unter Millionen, der sagte: "Und sie bewegt sich doch!" Heute ist seine Meinung weitgehend als richtig anerkannt.

    Da gab es mal einen anderen unter Tausenden, der sagte, er fährt richtig und ihm kommen Tausende von Geisterfahrern entgegen...

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Da gab es mal einen unter Millionen, der sagte: "Und sie bewegt sich doch!"

    Nur dass Galileos Leistung nicht darin bestand, das erkannt zu haben, sondern darin, es gewagt zu haben, die wissenschaftliche Erkenntnis über die Lehrmeinung der Kirche zu stellen... (Aristarchos von Samos hat bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. ein heliozentrisches Weltbild vorgestellt. Und das bekannte Weltbild trägt nicht umsonst den Beinamen Kopernikanisches Weltbild. Aber Kopernikus war schon über 20 Jahre tot, bevor Galileo das Licht der Welt erblickte.)


    Und was Meinungen angeht: Auch wenn Platon schon rund 400 v. Chr. geschlussfolgert hat, dass die Erde eine Kugel ist, und Eratosthenes das ca. 200 v. Chr, mathematisch belegt hat, rennen heute genügen Bildungsverweigerer rum, die meinen alle überzeugen zu müssen, dass die Erde eine Scheibe ist (Flatearther). Meine Mutter pflegte in solchen Fällen immer zu sagen: jeder blamiert sich halt so gut er kann...


    Und was das immer dagegen angeht: wir hatten mal einen Kollegen, dem haben wir die Tasse von Ulli Stein "verordnet", die mit dem Pinguin drauf, der das Schild "Dagegen" hochhält. Kann/darf/muss man mit leben. So what?


    Ich versuche (gelingt mir natürlich auch nicht immer!) solche Menschen als Chance zu sehen. Warum bist du dagegen? Was stört dich? Damit kann man hervorragend die eigene Position auf den Prüfstand stellen. (Habe ich auch nur ein Bauchgefühl oder kann ich das argumentativ entkräften?) Und auch wenn das Gegenüber manchmal nur ein Bauchgefühl hat, so muss das ja nicht falsch sein. Und manchmal kann man ja auch dagegen etwas tun.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich möchte noch etwas ergänzen: es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass ich etwas gegen Meinungsfreiheit habe, schon gar nicht, was die betrieblichen Angelegenheiten des BR betrifft. Das ist eine der wichtigen demokratischen Grundlagen. Und da bin ich bei dem eigentlichen Punkt, der mich beschäftigt. Mir scheint es eine steigende Anzahl derer zu geben, die der Demokratie und unserem Staat ablehnend gegenüberstehen und das auch unverblümt äußern, siehe z.B. die „Hygienedemos“. Unser Kollege hat u.a. das Q-Symbol der QAnon-Bewegung im Profilbild und postet täglich irgendwelche Verschwörungs“fakten“, bezieht sich dabei auch auf „Gateway Pundit“, die sich durch Verbreitung von Falschnachrichten mit rechtsextremem Hintergrund auszeichnen. Ich denke durch Facebook und Co. sind wir da noch nicht am Ende der Fahnenstange. Unserem Kollegen einen Aluhut basteln und dann gemeinsam drüber lachen wird nicht funktionieren, dazu ist er viel zu überzeugt von seiner Sache. Alle anderen (Mitmenschen, BR-Mitglieder, Institutionen, Regierungen, etc.) sitzen falschen Informationen auf bzw. produzieren diese, nur er und der künftige Weltenretter Trump kennen die Wahrheit. Mich interessiert, ob jemand anderes vielleicht auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

  • Alle anderen (Mitmenschen, BR-Mitglieder, Institutionen, Regierungen, etc.) sitzen falschen Informationen auf bzw. produzieren diese, nur er und der künftige Weltenretter Trump kennen die Wahrheit. Mich interessiert, ob jemand anderes vielleicht auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

    Ja, in den entfernten Ausläufern des Bekanntenkreises habe ich auch so einen Spezialisten.

    Hab ihm einfach mal mit allem Recht gegeben und ihm gesagt, dass er ruhig weiter die "Wahrheit" sagen darf. Denn wir (der Deep State) sehen darin keinerlei Bedrohung, weil das sowieso kaum einer glaubt und wir eh machen können was wir wollen. Es reicht uns völlig Dich im Auge zu behalten...


    Hat er mir aber irgendwie auch nicht geglaubt... ^^

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Haha, ich hab so eine Person in der Familie. Erst vor einigen Wochen ging es wieder los :D mit einer Nachricht auf. "5G-Apokalypse – Das Ausrottungsereignis" stand da plötzlich auf meinem Display, Absender war mein Onkel.


    Ich unterhielt mich mit ihm über Corona und sein Wohlbefinden. Irgendwann kamen wir dann auch auf die Pharmaindustrie zu sprechen. "Die wollen doch eh nur, dass wir krank bleiben. Sonst würden sie kein Geld verdienen. So wie bei Aids, da gibt es doch längst auch schon ein Heilmittel", sagte er. Ich bin jedes Mal erneut baff. Am Ende ignoriere ich es aber einfach :D

  • Hallo Cartouche,


    solche Menschen wie dein BR-Kollege sind sicherlich anstrengend, aber du wirst nicht viel machen können. Gesinnung allein ist nicht strafbar, nur wenn sie sich in strafrechtlich relevanten Äußerungen (z.B. Holocaustleugnung) oder diskriminierenden Beleidigungen von Kolleg/innen äußert. Und ob Corona eine Erfindung der Illuminaten ist, Elvis in Ehe mit Jim Morrison lebt oder der Mond aus Käse besteht, wird durch seine Meinungsfreiheit gedeckt. Vielleicht liegt sogar eine paranoide Schizophrenie vor (oft bei Verschwörungstheoretikern) - aber wenn ein US-Präsident mit dieser mutmaßlichen Diagnose weiter seine Amtsgeschäfte ausüben darf, wird man es auch bei einem gewählten BR-Mitglied aushalten müssen...


    Mich behelligt niemand mit "aufklärerischen" alternativen Fakten. Anderenfalls würde ich in zeitlicher Reihenfolge 1. Ihn bitten, solche Nachrichten nicht an mich zu versenden, da ich sie sowieso nicht lese 2. ihn aufklären, dass er seine Perlen vor die Säue wirft, da die Gedankenkontrolle durch das Mobilfunknetz bei mir schon zu weit fortgeschritten ist, 3. den Kontakt löschen.


    Bezüglich der BR-Arbeit hast du durchaus Mittel, ihn in die Schranken zu weisen: Ich würde ich ihn streng erinnern, dass nicht das Welt- sondern das Betriebsgeschehen behandelt wird: "Die Unterwanderung der Regierung durch Aliens ist sicher ein interessantes Thema, aber heute geht es um die Einstellung von Lieschen Müller als Buchhalterin..." , "auf welchen Paragraphen oder Kommentar beziehst du dich mit deiner gegenläufigen Meinung?", "möchtest du, dass dein Einwand gegen unsere Fehlentscheidung mit Namen und Gegenargument ins Protokoll aufgenommen wird?"


    ... und vor die Sachargumente der anderen BRM in den Vordergrund stellen.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)