Tarifvertrag/Tarifbindung

  • Hallo,


    ich bin auch neu hier und hoffe, dass man hier auch diskutieren kann ;)


    Also, der AG ist Mitglied im AG-Verband und eigentlich kommt der TV auch zu Anwendung. Der BR geht davon aus, dass von den AN niemand Mitglied in der Gewerkschaft ist.

    Die Arbeitsverträge sind dem BR natürlich nicht bekannt. In meinem eigenen AV, der schon über 20 Jahre alt ist, ist geregelt, dass die jeweiligen Bestimmungen des TV Anwendung finden. Ob das auch in den neueren Arbeitsverträgen steht, weiß ich nicht.


    Nun folgender Fall:
    Im Betrieb wurde Wechselschicht eingeführt. Gem. TV beträgt der Zuschlag für Wechselschicht 10%. Betroffen sind zwei Mitarbeiter.

    Ein Mitarbeiter leistet geringfügig (2 Stunden) Feiertagsarbeit, wenn dem Feiertag ein Arbeitstag folgt. Zuschlag 100%.

    Ein Mitarbeiter arbeitet, wenn er die Vertretung anderer MA übernimmt, z.T. im zeitversetzten Dient = 5% Zuschlag.


    Die o.g. Zulagen werden aber nicht bezahlt.


    Eigentlich Individualrecht aber dadurch, dass mehrere MA betroffen sind, sollte der kollektive Bezug doch hergestellt werden können, oder?

    Der BR sollte demnach doch zumindest mal darauf hinweisen können, dass die Zuschläge zu zahlen sind. Korrekt?

    Erzwingen kann er hier nichts, das ist schon klar.


    Das Thema wurde nun mit der Gewerkschaft besprochen und die sagt, der BR soll die Füße still halten.

    Die Gefahr, dass Kollegen Nachteile erleiden, wäre zu groß. Damit sind die MA gemeint, die Nachtzuschlag 50% erhalten (auch keine Mitglieder der Gewerkschaft).


    Jetzt würde mich interessieren, wie andere Betriebsräte mit diesem Thema umgehen und verfahren würden.

    VG

    Whynot

    Die Frage ist nicht "WARUM" - Die Frage ist "WARUM NICHT"

  • Ohne genaue Kenntnis des TV auf den bei euch verwiesen wird, lässt sich die Frage kaum/nicht beantworten.


    Ein Mitarbeiter leistet geringfügig (2 Stunden) Feiertagsarbeit, wenn dem Feiertag ein Arbeitstag folgt. Zuschlag 100%.

    Hier wäre es z.B. denkbar, dass analog zum verschobenen Sonntag, der Tarif davon ausgeht, dass die zwei Stunden (ich vermute mal Schichtbeginn 2200) nicht als Feiertag gewertet werden. Dann wäre es vollkommen korrekt, die Zuschläge nicht zu bezahlen.



    Der BR sollte demnach doch zumindest mal darauf hinweisen können, dass die Zuschläge zu zahlen sind. Korrekt?

    Ein Referent auf einem Seminar hat ja mal gesagt: eine starke Behauptung ist meistens besser als ein schwacher Beweis.

    Es mag Fälle geben, wo das so ist. Aber bevor ich mich hier in die Nesseln setze und allen zeige, dass ich von nix 'ne Ahnung, aber dafür umso mehr Überzeugung von irgendwas habe, würde ich hier einfach mal freundlich anfragen.

    Hör mal, lieber AG, mir ist aufgefallen dass.... müsste das nicht eigentlich... warum macht ihr das anders?


    Dann erklärt der AG dir entweder warum er das so sieht (und du kannst das dann prüfen und/oder lernen) oder er muss zugeben, dass du zwar Recht hast, er das Geld aber nicht auszahlen will und hier wider besseren Wissens agiert.


    Erzwingen kann er hier nichts, das ist schon klar.

    Sagen wir mal so: erzwingen nicht, aber da es nun mal deine Aufgabe als BR ist, auf die Einhaltung der gültigen Gesetze, Verordnungen und u.a. auch TVe zu achten, hättest du hier schon ein anders Druckmittel, wenn es einen klaren Rechtsanspruch gäbe. (Der wiederum von einem Verweis im Arbeitsvertrag oder einer Gesamtzusage des AG abhängt.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Whynot


    zunächst würde ich mal prüfen, ob bei anderen Kollegen die Tarifbindung im AV steht.

    Du wirst doch bestimmt ein paar nette Kollegen haben die dich einen Blick in ihren AV werfen lassen.


    Ist die "geringe" Zeit Verschiebung die da beispielhaft anführst überhaupt per Definition des TV Wechselschicht.

    Nicht jeder unterschiedliche Beginn der Arbeitszeit ist gleich eine Schichtarbeit.


    Hat der BR bei der Einführung der Wechselschicht sein MBR nicht ausgeübt? Wurde keine BV dazu abgeschlossen?

    Da hätte man die Fragen der Zuschläge sehr schön verhandeln können und wenn es nur mit dem Satz: Zuschläge gem TV XYZ gewesen wäre.

  • Da hätte man die Fragen der Zuschläge sehr schön verhandeln können und wenn es nur mit dem Satz: Zuschläge gem TV XYZ gewesen wäre.

    Wir haben sogar Schichtzuschläge eingeführt, die es laut unserem TV garnicht gibt. Unser TV regelt nur Nachtarbeit. Schcihtarbeit lässt er komplett aus.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Hallo Markus,


    das ist ja gut bei euch geregelt.


    Hier geht es aber eindeutig um Individualrecht und da ist es egal ob bei einem oder bei 100 der TV nicht zur Anwendung kommt, selbst wenn es alles Gewerkschaftsmitglieder wären müsste jeder einzelne klagen.


    Nun stellt sich die Frage, was bei einer Klage raus kommt. ich klage auf 2 x 2,61€ Schichtzulage nach TV .

    Es gibt Arbeitsrichter die erstmal die Frage nach der rechtlichen Grundlage stellen, welche Gewerkschaft welcher TV, was steht dort im TV....


    für Nichtmitglieder: Im persönlichen Geltungsbereich steht da eindeutig gilt nur für Mitglieder.

    Sollte der TV also nicht als "allgemeinverbindlich" erklärt sein gibt es auch schon Arbeitsgerichte die klar gestellt haben, dass die Nichtmitglieder keinen Anspruch haben und das keine Benachteiligung gegenüber den Mitgliedern ist.


    Gruß

    rabauke

  • für Nichtmitglieder: Im persönlichen Geltungsbereich steht da eindeutig gilt nur für Mitglieder.

    Sollte der TV also nicht als "allgemeinverbindlich" erklärt sein gibt es auch schon Arbeitsgerichte die klar gestellt haben, dass die Nichtmitglieder keinen Anspruch haben und das keine Benachteiligung gegenüber den Mitgliedern ist.

    Das hört man immer wieder, ist aber so nicht zu 100 Prozent richtig. Sollte es eine Bezugnahmeklausel geben, so gelten die tariflichen Bestimmungen auch für Schwarzfahrer (Nicht-Mitglieder). Leider!


    Allerdings hast du es ganz richtig angemerkt, dass dies Individualrecht ist und jeder diesen Anspruch selbst einklagen muss.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Hallo Markus,


    in diesem Urteil wurde aber diese Frage nicht gestellt, ob es im AV verankert ist (Anwendung TV)

    https://www.spiegel.de/wirtsch…itgliedern-a-1245043.html


    Es wurde festgestellt, das wenn die Gewerkschaft im TV einen Unterschied macht darf dieser auch umgesetzt werden.


    dann gab es vor Jahren auch mal Urteile zur Übernahme Azubis die nach TV 6 Monate übernommen werden mussten, auch da hat unorganisierte geklagt und verloren, gleicher Tenor, wenn der TV einen Unterschied macht dann darf der AG den auch anwenden


    Daher, nein der Schwarzfahrer hat nicht automatisch den Zusatzgewinn. Dem Gewerkschaftsmitglied steht dieser aber zu ;).

  • Sorry Rabauke, aber ohne jetzt das Urteil (und damit den kompletten Rechtsstreit) gelesen zu haben, werde ich das Gefühl nicht los, dass Du hier Äpfel noch nicht einmal mehr mit Birnen vergleichst.


    In Deinem Urteil ging die Klage darum (so lese ich es jedenfalls aus dem von Dir verlinkten Artikel), dass ein AN geklagt hat, er wolle grundsätzlich die gleichen Leistungen haben wie ein Gewerkschaftsmitglied und die Gewerkschaft dürfe in ihren Verhandlungen nicht zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern unterscheiden. Dieser Zahn ist ihm (aus meiner Sicht vollkommen zu Recht!) gezogen worden.


    Wenn aber der AG (und der ist üblicherweise derjenige, der den Vertrag aufsetzt!) in seinen Vertrag reinschreibt, dass der TV der vereinigten Schlotterhansel zur Anwendung kommt, dann kann er das zwar schon im Vertrag eingrenzen (Regeln festlegen - im Übrigen gilt der TV der Schlotterhansel, oder "Für den Bereich ... gilt der TV der Schlotterhansel", usw. usf), aber kann keine generelle Bezugnahmeklausel reinschreiben und hinterher sagen: nee, für diesen Teil des TVs der Schlotterhansel sollte die Bezugnahmeklausel nicht gelten.


    Aus der Tatsache, dass das Bunderverfassungsgericht (!!!) entschieden hat, dass die Gewerkschaften selbstverständlich a) ohnehin nur für ihre Mitglieder vehandeln dürfen und b) sie hierbei auch besserstellen dürfen, zu machen, dass es arbeitsrechtlich (!!!) keine Rolle mehr spielt ob und was in einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag steht - sorry, das ist auch für Deine Verhältnisse arg aus der Luft gegriffen!


    Soweit, dass nur bei Gewerkschaftsmitgliedern der Vertrag auf dem Papier eine Bewandnis hat und bei allen andern nur das gilt, was die Gewerkschaft für richtig/sinnvoll/sonstwas erachtet - soweit sind wir (dem Herrn sei es gelobt, getrommelt und gepfiffen) noch lange nicht! (Und werden wir hoffentlich nie kommen, weil wir damit unser komplettes Rechtssystem ad absurdum führen würden!)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,


    vielen Dank für eure Beiträge.


    Also, gem. TV gibt es 100% Zulage für geleistete Arbeitszeit (Feiertage) zwischen 0:00 und 24:00 Uhr.


    Wechselschicht:

    Die Betroffenen Kollegen wechseln wöchentlich Früh/Spät. Früh a 2:00 Uhr und Spät beginnt um 8:45 Uhr.

    Die Frage ist nicht "WARUM" - Die Frage ist "WARUM NICHT"