Verweigerung von Mehrarbeit, § 207 SGB IX

  • Hallo Kollegen!


    In unserem Betrieb wird in der Produktiono ein flexibilisiertes Schichtmodell eingeführt, welches zu Arbeitszeiten über 8 Stunden täglich führen kann und mit kollektiven Gleitzeittagen ausgeglichen wird.


    Nun melden sich einige schwerbehinderte und gleichgestellte Kollegen, die sich gm. § 207 SGB IX von Mehrarbeit befreien lassen möchten. Unserer Personalabteilung war das Thema überhaupt nicht bewusst und man will sich nun informieren.

    Die SBV möchte parallel unserer Personalabteilung und auch dem BR konkrete Infos zur Sachlage geben und ich möchte von euch eigentlich nur wissen, ob das, was ich mir hierzu so ausgedacht habe, korrekt ist. Ich habe hierzu eine kurze Zusammenfassung auf einem Paper niedergeschrieben:


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    Ich denke, das, was ich schreibe, müsste soweit stimmen. Oder irre ich mich?

    Bin, wie immer, sehr dankbar für jede Rückmeldung!


    Lieben Gruß,

    Daniel

  • Hallo,


    das mit dem "frühzeitig erklären" ist so nicht richtig. Der schwerbehinderte/gleichgestellte AN kann die Inanspruchnahme des § 207 SGB IX (ohne Angabe von Gründen) jederzeit erklären. Der AG hat darauf umgehend zu reagieren.

    Wenn der AN das flexible Arbeitszeitmodell akzeptiert, ist keinerlei "erklären" notwendig.


    Kleiner Tipp: Den Nomos-Kommentar zitiert man übrigens als "Bearbeiter in LPK-SGB IX". Diese Zitierweise findest Du auch ausdrücklich auf der Seite 4 vor dem Vorwort.

  • Hallo Wolfgang,


    oh man, danke für den Tipp! :) War mir bzgl. der Zitierweise nicht mehr so ganz sicher...


    Meinen Gedanken zum "frühzeitigen Erklären" fand ich unter Rn. 5 im Dau/Düwell/Joussen-Kommentar SGB IX. Dort ging es um Schichtplanungen, die über ein ganzes Jahr gehen und dort heißt es: "Allerdings wird der schwerbehinderte Beschäftigte regelmäßig gehalten sein, sich auf Anfrage des Arbeitgebres frühzeitig vor der Schichtenplanung zu erklären, ob und inwieweit er bereit und in der Lage ist, verkürzte Arbeitszeit mit Mehrarbeit auszugleichen."


    Ich fühle mich bei dem Thema nun auch nicht unsicher. Die Rechtslage scheint eindeutig, die Kommentierung untermauert meine Ansicht.

    Allerdings tut sich unser BR schwer, zu verstehen, dass Mehrarbeit nach BAG-Urteil alles über 8 Stunden täglich ist (und nicht, wie tariflich bei uns in der 35-Stunden-Woche, alles über 7 Stunden täglich). Und HR meint erstmal, dass das ohnehin keine Mehrarbeit sei, da die "Überstunden" ja kurzfristig über kollektive Freischichten ausgeglichen würden.


    Nun ja, alles über acht Stunden täglich ist Mehrarbeit und § 207 SGB IX schützt gerade die schwerbehinderten und gleichgestellten Kollegen für solchen Flexibilisierungen durch Arbeitgeber, wie sie bei uns nun umgesetzt werden. Eigentlich nicht groß kompliziert.

    Herausfordernd wird's nur noch, wie mit den aufgelaufenen Minusstunden bei Mehrarbeits-Verweigerern umgegangen wird. Ein Ausgleich durch Überstunden scheidet logischerweise aus und ein Abgelten zum Arbeitsvertragsende durch geldwerten Abzug kommt für die SBV nicht in Frage. Das war die erste Idee von HR, aber da sehe ich ein großes Problem in Bezug auf den Schutzzweck der Norm.


    Viele Grüße,

    Daniel

  • Herausfordernd wird's nur noch, wie mit den aufgelaufenen Minusstunden bei Mehrarbeits-Verweigerern umgegangen wird. Ein Ausgleich durch Überstunden scheidet logischerweise aus und ein Abgelten zum Arbeitsvertragsende durch geldwerten Abzug kommt für die SBV nicht in Frage. Das war die erste Idee von HR, aber da sehe ich ein großes Problem in Bezug auf den Schutzzweck der Norm.


    Viele Grüße,

    Daniel

    Hallo,


    nur mal zu meinem besseren Verständnis: Wie können Minusstunden auflaufen bei Verweigerung einer MEHR-Arbeit? Sollte der AN dann nicht zumindest ein +/- Null haben?


    LG

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

    ~~~ Eine Lösung hätte ich - mir fehlt nur das passende Problem. ~~~

  • nun dann muss die BV für die SB-Menschen statt Kollektive freie Tage diese Tage mit Arbeit zum Ausgleich der negativen Zeiten vorsehen und die Schwerbehinderten Menschen können sich Entscheiden, Sie arbeiten 8,5 Stunden (9 Stunden) täglich und haben dafür alle 6-8 Wochen einen Tag frei oder sie arbeiten 8 Stunden täglich und haben die Tage nicht frei.


    Bei uns haben sich alle entschieden, die freien Tage zu nehmen ;). Wobei wir haben eine 35 Stundenwoche, und bei Schichten von 8,5 stunden kommen da nach 6 AT eine Freischicht zusammen ;).


    Gruß


    Rabauke

  • Hallo,


    nur mal zu meinem besseren Verständnis: Wie können Minusstunden auflaufen bei Verweigerung einer MEHR-Arbeit? Sollte der AN dann nicht zumindest ein +/- Null haben?

    z.B. indem der AG ein Arbeitszeitmodell einführt, daß eine tägliche Arbeitszeit von mehr als 8 Std. vorsieht und die Mehrarbeit in zusätzlichen freien Tagen vergütet - wie im UP beschrieben.

  • Moin Moin, zu diesem Thema habe ich auch eine Frage. Abgesehen von der Mehrarbeit, kann ein Schwerbehinderter generell beim Arbeitgeber eine Verkürzung seiner Arbeitszeit auf "Zeit" bekommen. Sprich.... kann ein SB für ein halbes Jahr statt 30 Stunden auf 20 Stunden reduzieren wenn er dies mit seiner Erkrankung begründet?

    Euch allen noch einen schönen :/

  • Gallo getdoch,

    bei einem schwerbehinderten MA würde ich im Zuge eines Präventionsverfahrens versuchen dieses zu realisieren.

    Hast du dich mal mit dem § 167 SGB IX befasst?

    Das Leben ist Veränderung

    Starte dort, wo du stehst!

    Aber versuche jeden Tag einen neuen Startpunkt zu finden!
    Benutze das, was du hast!

    Aber versuche jeden Tag etwas neues zu benutzen!
    Tu das, was du kannst!

    Aber versuche jeden Tag etwas mehr zu tun!

  • Hallo zusammen,


    die Ablehnung meiner Schwerarbeit nach §207 blieb vor dem Arbeitsgericht erfolglos!


    man hat mir die 43,5 Stunden (mit Bereitschaftszeiten) auf Mo-Fr mit je 8 Stunden verteilt, und ich muss jeden 2 Samstag dann 5,5 Stunden erbringen. Trotz das der Tarifvertrag eine 5 tage-Woche vorsieht ist es anscheinend im rechtlichen das auch im öffentlichem Dienst TVöD-VKA die 6 Tage-Woche gilt.


    Laut AGB ist nicht mal die Zustimmung des Personalrats notwendig, da sich nur die Lage der Arbeitszeit geändert hat. Ich persönlich bin da anderer Meinung das sich im wesentlichen die Arbeitsbedingungen geändert haben und dies zustimmungspflichtig sind!


    Muss der Personalrat zustimmen oder nicht?

  • hallo SBV, Mehrarbeit nach dem SGB IX beginnt erst nach der 8ten stunde am Werktag. bei 6 Werktagen sind das bis zu 48 stunden die möglich sind, ohne Mehrarbeit nach dem SGB IX zu leisten.

    Mit was für einen Anwalt hast du denn da gegen die Windmühle gekämpft. Hat er dir das nicht gesagt.

  • Hallo Rabauke,


    da es sich ja wie im §164 SBG Absatz 4. steht.


    behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,


    Man hat mir im laufendem Verfahren eine 39.Std-Woche Stelle nicht angeboten (selbe Tätigkeitsfelder) wo frei wurde!


    Des weiteren gab es schon ein Urteil vom BAG mit Ablehnung der Bereitschaftszeiten siehe hier:


    Ablehnung Mehrarbeit §207 Bereitschaftszeiten

  • Hallo SBV@112,


    bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, DANKE.


    hier wurde neben der wöchenlichen AZ von 38,5 stunden auch noch Nachtbereitschaften verlangt von mehr als 10 Stunden in der Woche, somit wurden 48 Stunden in der Woche überschritten, und damit berechtigt als Mehrarbeit angesehen.

    du bist aber immer unter 48 Stunden in der Woche, und damit leider keine Mehrarbeit nach dem SGB IX

    somit Teilzeit beantragen ;)

  • naja Äpfel mit Birnen vergleichen sehe ich anders, es gibt mittlerweile sehr viele Rechtssprechungen wo für den §207 sind und aber auch dagegen!


    Und hier steht es so geschrieben:


    Bundesministerium Arbeit und Soziales


    Wenn man eine 5-Tage/Woche TVöD-VKA 39,0 Stundenwoche hat und man aber 6 Tagen arbeiten soll, müsste eigentlich die Woche darauf nur 4 Tage gearbeitet werden (Arbeitszeitverschiebung).


    da die Höchstgrenze 8 Std. am Tag sind dürften maximal 40,0 Stunden in 5 Tagen anfallen, alles was darüber hinausgeht wird ganz klar als Mehrarbeit angesehen und somit trotz der 48,0 Stundenwoche ist dies rechtskonform.



    Verstehen muss man das alles nicht.

  • Hallo SBV@112,


    es gibt keine

    Rechtssprechungen wo für den §207 sind und aber auch dagegen!

    Die Rechtsprechung zu § 207 SGB IX ist genauso wie die Kommentarmeinung seit Jahrzehnten gefestigt und einheitlich.


    Und deswegen ist Dein argumentatives "Zusammenschmeissen" von § 207 SGB IX mit § 164 Abs. 4 SGB IX sehr wohl ein Vergleich von Äpfel und Birnen, da es hier um unterschiedliche Sachverhalte geht.

    § 164 Abs. 4 SGB IX hat nämlich mit dem 8-Std.-Tag als Grenze der täglichen Arbeitszeit genau gar nichts zu tun.

    Und § 207 SGB IX hat überhaupt nichts zu tun mit Wochenarbeitszeit, Zahl der Arbeitstage pro Woche oder Sonn- und Feiertagsarbeit sowie den Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitsorganisation.