Videokonferenz: Darf verlangt werden, die Kamera bei Videokonferenzen einzuschalten?

  • Hi,


    aus einem anderen Betrieb wurde ich angefragt, ob der Vorgesetzte verlangen kann, bei Videokonferenzen stets die Kamera eingeschaltet zu haben.

    (In meinem existiert keine Verpflichtung)

    Dessen Chef beruft sich dabei auf eine verpflichtende Vorgabe der Universitätsverwaltung.

    Was wäre eine rechtlich korrekte Antwort?

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  • Hinnerk

    Hat den Titel des Themas von „Darf verlangt werden, die Kamera bei Videokonferenzen einzuschalten?“ zu „Videokonferenz: Darf verlangt werden, die Kamera bei Videokonferenzen einzuschalten?“ geändert.
  • Hallo Hinnerk,


    Dessen Chef beruft sich dabei auf eine verpflichtende Vorgabe der Universitätsverwaltung.

    Was wäre eine rechtlich korrekte Antwort?

    dies hört sich für mich nach einer Frage von "Ordnung und Verhalten" im Betrieb an. Gibt es hierzu eine Betriebsvereinbarung, oder hat dieser "Vorgabe" der Betriebsrat zugestimmt?


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

    • Hilfreichste Antwort

    Moin Hinnerk,


    die Frage lässt sich so ohne weiteres nicht beantworten. Schon gar nicht für einen unbekannten Betrieb.


    Klar ist: eine solche Vorgabe wäre mitbestimmungspflichtig gem. § 87 (1) Ziffer 1 BetrVG (Ordungsverhalten im Betrieb). Ob das BetrVG aber so überhaupt gilt in einem Betrieb des öffentlichen Rechts (den ich aufgrund der im Hintergrund agierenden Universitätsverwaltung vermute), vermag ich nicht zu beurteilen.


    Ansonsten bin ich der Meinung: kommt drauf an. ;)


    Wenn ein Tool genutzt wird wie z.B. Microsoft Teams, dass es erlaubt den Hintergrund des Kamerabildes durch ein x-beliebiges Bild zu ersetzen und damit die Privatsphäre gewahrt bleibt, wäre ich da deutlich eher zu bereit.


    Aber jetzt mal so unter uns Pastorentöchtern: Was will der Chef denn machen, wenn ich meine Kamera nicht einschalte? Er kann mich remote muten, aus dem Chat werfen, mit mir schimpfen. Aber wenn ich meine Kamera nicht einschalte, ist sie aus. Punkt! (Alternativ schalte ich sie ein und entschuldige mich artig, dass ich damals die Kamera mit Sekundenkleber und schwarzem Kunststoff zugeklebt habe. Man liest ja soviel über Attacken aus dem Internet und dass ich die Kamera je brauchen würde... wer konnte das ahnen... ;) )

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,


    eine rechtlich korrekte Antwort wird wohl nur ein Richter geben können.

    Erstmal ist interessant was genau in der Vorgabe der Verwaltung steht und inwieweit diese Vorgabe ggf. mitbestimmungspflichtig durch die MA Vertretung ist.

    Desweiteren stellt sich die Frage der technischen Möglichkeit den privaten Hintergrund (Einblick in die Privatwohnung) zu maskieren bzw. auszutauschen.

    Hat der AG auch die Kamera zur Verfügung gestellt? Teilweise wird im Homeoffice auch private Technik genutzt und die dann vom MA verwendete Technik unterliegt dann allein seiner Entscheidung was er davon nutzt. D.h. keine Kamera durch den AG bereitgestellt = keine Kameranutzung.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Danke soweit für die ersten Einschätzungen.

    Die Frage nach der Einbindung des Personalrats ist auf jeden Fall ein wichtiger Hinweis. Falls da schon was passiert ist, weiß man mehr.


    Die Begründung, es sei nötig zu wissen, wer teilnimmt und ob die Vertraulichkeit gewahrt bleibt, ist nicht stichhaltig. Wer sonst noch im Raum zuhört ist nicht zu ermitteln.

    Daher bestätigen wir im BR auch unsere Teilnahme im Sinne von:

    "Ich habe an der Sitzung vom ... teilgenommen und die Vertraulichkeit gewahrt.

    Von der Sitzung oder Teilen davon wurde von mir keine Mitschnitte angefertigt."



    Ein Kauf von notwendiger Hardware ist genehmigt, also separater Kamera und Headset werden bezahlt. Da hilft dann auch kein Hinweis auf Sekundenkleber...

    Individuelle Verweigerungshaltung kann man zwar durchziehen, bedarf aber durchaus Resilienz gegenüber Zukunftsängsten. Außerdem finde ich, 1-n- oder n-M-Probleme sollten stets kollektiv gelöst werden - entlang der Normen-Hierarchie.


    Ich hätte da noch an das Recht auf das eigene Bild gedacht. Da reicht ein Ausblenden des Hintergrundes nicht aus - die Privatsphäre fängt ja schon an der Nasespitze an und nicht erst wie man so privat lebt.


    Mal sehen, was noch an guten Reaktionen kommt. Vorab schon mal Danke an das Forum.

  • wenn es "nur" um die Wahrung der Vertraulichkeit geht, ist das Videobild durchaus nicht aussagekräftig, da sich ausserhalb des Kamerablickwinkels noch weitere Personen aufhalten können, aus diesem Grund sind Betriebsratssitzungen eigentlich nur als Präsenzsitzung erlaubt, in der momentanen Coronalage gibt es jetzt die befristete Ausnahme nach §129 BetrVG.

  • in der Öffentlichkeit präsent zu sein

    Vorsicht, es geht hier nicht darum, dass irgendeiner seine Nase in die Kamera halten soll um anschließend in der Öffentlichkeit/Internet usw. präsentiert zu werden. Wir reden hier von Besprechungen, also allenfalls von Betriebsöffentlichkeit. Und bei einer Live-Besprechung würden die Kollegen mich ja auch sehen. Insofern sehe ich Anforderung an das eigene Bild hier nicht unbedingt gegeben, bzw. nicht als sooo schutzwürdig.


    Gleichwohl bin ich durchaus Deiner Meinung, dass eine Teilnahme mit Bild nur auf freiwilliger Basis erfolgen kann (solange es nicht irgendwelche rechtlichen Aspekte (Identifikation) etwas anderes erfordern.


    Wenn es aber tatsächlich darum geht, dass irgendwer der Meinung ist, er müsste die Vertraulichkeit überwachen, dann denke ich auch, das ist der falsche Weg. Dazu ist eine Kamera schlicht nicht ausreichend.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • ...irgendeiner seine Nase in die Kamera halten soll um anschließend in der Öffentlichkeit/Internet usw. präsentiert zu werden. Wir reden hier von Besprechungen, also allenfalls von Betriebsöffentlichkeit. Und bei einer Live-Besprechung würden die Kollegen mich ja auch sehen. Insofern sehe ich Anforderung an das eigene Bild hier nicht unbedingt gegeben, bzw. nicht als sooo schutzwürdig.

    Also dazu gibt es durchaus einen großen Unterschied:

    Nähme ich die Kamerau raus, also in einer Präsenzsitzung wäre somit ein heimliches Foto nicht so ohne weiteres möglich.

    Bei Videokonferenzen sind Bildschirmkopien oder gar ganze Mitschnitte, die dann beliebig geteilt werden können, im Stillen möglich.

  • Anm.: Es geht im angefragten Fall nicht um BR-PR-Sitzungen, sondern normale Arbeitsbesprechungen im Team. Also nix mit Auftrag in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein.


    Dann noch: Bitte die Etikette bewahren - Beiträge sollen das Thema treiben. Es gibt diverse Gründe. Gefühlte oder objektive Defizite im Äußeren sind nur einige.

  • Gegenvorschlag:

    Wenn der AG wissen will, wie es in meiner Wohnung aussieht, würde ich doch die Gelegenheit nutzen, ihn mit meiner gepflegten Nonchalance im Privatleben zu beeindrucken (eventuell Vorbereitungszeit einplanen) ;)

    [Kamera aus]

    - Hallo Chef, hallo Kollegen, da bin ich! Was steht an?

    - Äh, ich sehe Sie nicht, würden Sie bitte Ihre Kamera einschalten?

    - Uurps, ist das wirklich nötig? Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet...

    - Ja bitte, es diskutiert sich doch leichter, wenn ich den Gesprächspartner sehen kann...

    - Also gut...

    [Kamera an]

    Ich sitze in meiner abgewetztesten Jooginghose, mit ketchupbeschmiertem Feinrippunterhemd und natürlich ungekämmt und unrasiert vor der Kamera, die so eingestellt ist, dass die Dreckwäsche auf dem Fußboden und die leeren Bierflaschen und Pizzakartons auf dem Sofa einen reizvollen Kontrast zur Playmategalerie an der Wand bilden...8)

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Ich bin ebenfalls der Meinung, dass das zumindest nicht einfach so angeiwesen werden kann.

    Idealerweise wird dazu eine Vereinbarung abgeschlossen, die das regelt. Als Betriebsrat würde ich allerdings auf das Recht zum Abschalten pochen. Wenn die Vorgesetzte mich sehen möchte, dann kann er mich entsprechend den Regelungen zum Homeoffice gewiss ins Büro einladen oder an einem Bürotag dort antreffen.

    Die Argumentation zum Datenschutz/Recht am eigenen Bild kann ich nachvollziehen.


    Um den Streit zu beenden: Kamera einschalten und außerhalb des Blickwinkels hinsetzen. Anforderung beider Seiten erfüllt. Oder schreibt der AG auch vor, wo man zu sitzen hat? #zwinkersmiley

  • Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

    8)

    In dieser Logik müßte ich Dich über den grünen Klee loben.


    Es freut mich, daß Du soviel Vertrauen in die Standfestigkeit eines Mitarbeiters hast, daß er sich im Team völlig blamieren wird und wohl auch Unterstützung, Förderung für den Rest für so einen Gag hinnimmt.

  • Alter! Wie werde ich die Bilder im Kopf wieder los??? ^^^^^^



    Bei Videokonferenzen sind Bildschirmkopien oder gar ganze Mitschnitte, die dann beliebig geteilt werden können, im Stillen möglich.

    Da hast du natürlich Recht. Der Unterschied ist aber, a) kann der AG das für betriebliche Videokonferenzen untersagen (theoretisch sogar unterbinden) und bei Zuwiderhandlung habe ich einen ganzen Strauß von Rechtsmitteln, denn dann wäre tatsächlich das Recht am eigenen Bild verletzt und arbeitsrechtlich könnte derjenige auch noch belangt werden.


    Deswegen lege ich die Latte bei innerbetrieblicher Verwendung nicht ganz so hoch an.



    Außerdem finde ich, 1-n- oder n-M-Probleme sollten stets kollektiv gelöst werden - entlang der Normen-Hierarchie.

    Dem kann ich mich prinzipiell nur anschließen. Aber da es hier ja noch nicht einmal um deinen Betrieb geht, wird die ganze Diskussion doch rein akademisch, nicht? Dass eine solche Vorgabe (dass die Kamera eingeschaltet zu sein hat (auch wer oder was dann zu sehen sein muss? ;) )) mitbestimmungspflichtig ist, haben wir ja schon gesagt. Ob der BR, eben wegen des Rechtes am eigenen Bild, hier wirksam eine Verpflichtung unterstützen könnte, ließe sich diskutieren. Die Diskussion ist aber komplett obsolet, wenn nicht klar ist, ob es überhaupt eine Mitarbeitervertretung gibt, auf welcher Rechtsgrundlage die existiert und ob die sich schon positioniert hat oder überhaupt positionieren will...


    Damit werfe ich mein Eimerchen und Schäufelchen in den Sandkasten und ziehe mich beleidigt auf die Schaukel zurück!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hinnerk, was hast du für einen Chef, der seine Unterstützung und Förderung davon abhängig macht, wie es bei den MA zu Hause aussieht? Was ihn, wie gesagt, ja eigentlich nichts angeht... :P

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Hinnerk, was hast du für einen Chef, der seine Unterstützung und Förderung davon abhängig macht, wie es bei den MA zu Hause aussieht? Was ihn, wie gesagt, ja eigentlich nichts angeht... :P

    Also wenn ich den Eindruck daheim derart verlottert lebe, mich gehen lasse und ihm auf die vorgeschlagene Weise meinen Fehdehandschuh hinwerfe, dann ist das sicher nicht karriereförderlich.

  • Also wenn ich den Eindruck daheim derart verlottert lebe, mich gehen lasse und ihm auf die vorgeschlagene Weise meinen Fehdehandschuh hinwerfe, dann ist das sicher nicht karriereförderlich.

    Hätte ich auch nicht gedacht, mal in einem BR-Forum auf einen Karrerehengst zu treffen. :P Meistens schließt die eine Laufbahn die andere aus.

    Aber für Ironieallergiker: Ich bin verheiratet und daher in meinem Verlotterungsdrang stark eingeschränkt. Wenn ich meinem AG den Fehdehandschuh hinwerfe, würde er mich um den zweiten bitten, da sie sich paarweise besser auf Ebay verkaufen lassen...^^

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Vielleicht denkt sich der Chef ja: komisch irgendwie weiß keiner mehr, was wir in der letzten Videokonferenz besprochen haben, was treiben die da eigentlich währenddessen?

    Vielleicht will der Chef ja gar nicht kontrollieren, dass nur die Richtigen zuhören, sondern ob überhaupt jemand zuhört.

    Ich kenne durchaus Leute für die heißt Videokonferenz: Einloggen, Kamera aus, Mikro aus, Füße hoch, Bier auf und auf Netflix die 4. Staffel von Rick und Morty anschauen... :D


    ...was natürlich nix daran ändert, dass der Personalrat hier mitzubestimmen hat, wie ja schon mehrfach geschrieben wurde.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Die Teilnahme an Besprechungen ist bei entsprechender Natur des Arbeitsverhältnisses Teil der Arbeitsverpflichtungen, die dem Weisungsrecht des AG unterliegen. Ordnet der AG eine persönliche Teilnahme an, oder ordnet er bei einer Videokonferenz an, dass die AN mit Bild teilzunehmen haben, konkretisiert er damit lediglich die Arbeitspflicht zur Teilnahme an einer Dienstbesprechung. Es geht also um Arbeitsverhalten. Und das ist mitbestimmungsfrei.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)