Fehler bei den Gehaltszahlungen - wann muss korrigiert werden?

  • Hallo liebe BR-Kolleg/-innen,


    ich weiß... es ist nervig... aber ich habe schon wieder ein neues Thema :/


    Zuerst kurz zur Info:

    Da der Mitarbeiter, der bisher die Finanzabteilung geleitet hat, nicht mehr hier arbeitet, hat seit etwa März unsere GF-in die Gehaltszahlungen übernommen. Sie macht das jeden Monat per Telefon mit Hilfe der DATEV-Hotline, was aber schon mehrfach zu Fehlern geführt hatte und was die Belegschaft auch für einen mittlerweile unakzeptablen Vorgang hält.


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    Einer Mitarbeiterin viel vor ein paar Tagen auf, dass unsere Gehaltszahlungen für Juni (inkl. 50% des 13. Monatsgehaltes) einen Fehler aufweisen. Und zwar wurde vergessen, unsere Gehalts-Erhöhung von Anfang 2020 aufzuschlagen. Die GF hat offensichtlich einfach die Grundvergütung vom Juni des Vorjahres (2019) genommen. Sie und 2 weitere Mitarbeiter/-innen haben die GF-in darauf aufmerksam gemacht.


    Dann kam eine Rundmail der GF-in, in der sie schreibt, dass die Korrektur im NOVEMBER 2020 stattfinden wird.

    Daraufhin habe ich ihr eine (wie immer) freundliche Email zurück geschrieben mit der Frage, warum die Korrektur nicht im darauffolgenden Monat (also Juli) durchgeführt wird, da die Juli-Gehälter ja noch nicht gemacht worden sind (wir bekommen unsere Gehälter zum 15. d.M.).


    Daraufhin stürmte unsere GF-in (wie so oft) wutentbrannt in mein Zimmer und wollte mir zunächst sogar eine Mitschuld an diesem Fehler geben, indem Sie meinte, dass ich doch auch an die Erhöhung nicht gedacht hätte. Ich war doch sehr verwirrt, denn ich war bei der Gehaltszahlung per DATEV-Hotline überhaupt nicht anwesend, was ich ihr dann auch entgegnete.


    Die GF-in meinte dann, dass die Belegschaft nur im Juni und November Anspruch auf je die Hälfte Weihnachtsgeld habe. Daher werde die Korrektur im November durchgeführt. Ich habe dann nur gesagt, dass SIE doch den Fehler gemacht habe und dass ich es deshalb auch richtig finden würde, wenn der Fehler sofort korrigiert würde. Daraufhin entgegnete sie, dass sie "keine Zeit dafür habe", worauf ich wiederum sagte, dass sie doch dann bitte die Stelle des Finanzleiters zeitnah neubesetzen soll, was unfassbarer Weise erst im Oktober geplant ist... Dann verließ sie wütend und wortlos das Zimmer.


    So läuft das ständig hier...


    FRAGE:

    Meine Frage ist nun, ob wir als Belegschaft diese Korrektur im Juli einfordern können, da ja ein Fehler durch die GF-in entstanden ist?

    Wie seht Ihr das aus rechtlicher Sicht?


    Danke und Gruß,

    imebro

  • Verfasst ein Schreiben an die GF in dem Ihr den Fehler in der Gehaltsabrechnung für den Monat Juni bemängelt und umgehende Berichtigung fordert. Ferne würde ich auch noch bei nicht Berichtigung der Abrechnung einen Zins für zu spät geleistete Zahlung geltend machen.

    Dieses Schreiben sollte allen AN als Muster zugänglich sein.

    Denn nur der vom AN schriftlich geltend gemachte Anspruch kann auch später geltend gemacht werden. Dieser Anspruch kann auch nur 3 Monate rückwirkend geltend gemacht werden.

    Das Leben ist Veränderung

    Starte dort, wo du stehst!

    Aber versuche jeden Tag einen neuen Startpunkt zu finden!
    Benutze das, was du hast!

    Aber versuche jeden Tag etwas neues zu benutzen!
    Tu das, was du kannst!

    Aber versuche jeden Tag etwas mehr zu tun!

  • Den Fehler würde ich zwar nicht ansprechen, aber ein Musterschrieben für jeden MA finde ich gut.


    Ich gehe davon aus das die 50 % Jahresleistung aus einer Rechtsgrundlage AV, Bv oder TV hervorgehen und dort auch der Zahlungstermin Juni drinsteht, oder?


    Dann könnte sich jeder MA ja selbst ausrechnen wieviel e fehlen. Also schriebt man in dem Musterschrieben, dass in der Juni Abrechnung x € fehlen und sich der AG in Verzug befindet und man erwartet diese € Juli Abrechnung zu finden.

  • Hallo,


    der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entgeltzahlungen gilt auch bei Korrekturen des Entgeltes. Wird der Fehler festgestellt, muß er nach denselben Regelungen korrigiert werden, die auch für die "normale" Entgeltzahlung gelten. Gibt es keine Regelungen zur Fälligkeit des Entgeltes, ist idR von der Rechtsprechung der 15. des Folgemonates als "Ultimo" für den AG festgesetzt worden.


    Läßt sich der AG zuviel Zeit bei der Nachberechnung bzw. Nachzahlung, droht ihm Ärger mit den Sozialversicherungsträgern bzw. auch mit den AN, wenn an die korrekte Entgeltberechnung weitere Leistungen gebunden sind.

    https://www.haufe.de/personal/…abrechnung_78_449064.html


    Und auch für einen "kleinen" BR gilt das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG:

    https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__87.html

    - ggfs. mit Anrufung der E-Stelle.

  • zum Verzugszinssatz würde ich mich dann am Zinssatz des Finanzamt orientieren, dieses setzt den Zinssatz bei einem halben Prozent je Monat fest, d.h. pro Jahr sind 6% Zins fällig.

    Bei euren fünf Monaten Verzug 2,5 Prozent auf die fehlende Summe.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Vielen Dank Euch für die guten Tipps.


    Da unsere Belegschaft sich ja sehr schwer tut in Bezug auf die GF-in (extreme Verunsicherung aller MA), habe ich mir eben überlegt, ggf. die Email der GF-in nochmal zu beantworten, indem ich mich auf § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG beziehe und die Korrektur der Gehälter mit der Auszahlung der Gehälter im Juli einfordere. Diese Email ginge dann im CC an die komplette Belegschaft.


    Wie würdet Ihr dabei die Forderung im Folgemonat begründen (und nicht erst im November)? Hier habe ich zwar den Bericht gelesen (Link von "albarracin"), aber ich finde dort keinen richtigen rechtlichen Bezug, den ich hier anführen könnte.


    Danke und Gruß,

    imebro

  • Hallo Imebro,


    du hattest geschrieben dass die Endgeldzahlung zum 15. des Monates erfolgt sowie für Juni 50% des 13. Jahresgehaltes, dies ist entweder in euren Arbeitsverträgen oder einen Tarifvertrag festgelegt, somit ist die Fälligkeit der Zahlung der 15. des Monates.

    die Fälligkeit des Lohnes ergibt sich auch aus §614 BGB

    lt. §286 BGB tritt der Verzug spätestens nach 30 Tagen nach Fälligkeit in Kraft, kann aber auch durch Mahnung früher in Kraft treten.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Hallo Imebro,


    zusätzlich du den Ratschlägen meiner Vorschreiber möchte ich noch anregen, dass die Mitarbeiter jeweils individuell eine Geltendmachung schreiben und eine angemessene Zahlungsfrist von 14 Tagen setzen.


    Weder du noch die Kolleg/innen müssen irgendwas begründen. Das Geld steht euch zu und fertig, alles andere wäre ein Zwangskredit an den AG.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Danke für die weiteren Tipps und die Links zu den §§.


    Mir ging es jedoch nicht um den Tag der Zahlung (also 15. d.M.), sondern darum, zu begründen, dass die Korrektur IM FOLGEMONAT (also Juli) erfolgen muss.


    Das würde ich eben gerne mit einem Hinweis auf eine gesetzliche Regelung untermauern in meiner Email an die GF-in.


    Gruß,

    imebro

  • Diese Email ginge dann im CC an die komplette Belegschaft.

    Du weißt wie man sich Freunde macht, oder?


    Sorry, aber solche Stillosigkeiten überlasse ich immer gerne dem AG...


    hat offensichtlich einfach die Grundvergütung vom Juni des Vorjahres (2019) genommen

    Hoffentlich fehlten auf der Liste nicht einige Kollegen ganz...

    dass die Belegschaft nur im Juni und November Anspruch auf je die Hälfte Weihnachtsgeld habe. (Fettung durch den Zitierenden)

    Und damit befindet sich die Firma eindeutig im Zahlungsverzug, denn sie hat ja nicht die Hälfte gezahlt...


    warum die Korrektur nicht im darauffolgenden Monat (also Juli) durchgeführt wird

    Da hätte ich eine Vermutung: Abhängig vom Vertragsmodell kann es sein, dass die Firma für jede einzelne Abrechnung zahlt. Hat sie also eine Korrekturabrechnung für den Vormonat, kostet diese Abrechnung extra. (Und das können auch schon mal 20,- Euro je Abrechnung sein (hängt von der Menge etc.pp ab).


    D.h. für eine Korrektur von vielleicht 7,50€ entstünden u.U. unverhältnismäßig hohe Kosten. (Alles nur eine Vermutung!)


    Ohne jetzt die genauen Zahlen zu kennen, behaupte ich mal, dass der (Fehl-)Betrag an sich, keinen Kollegen in die Armut treibt. Gleichwohl hat der BR nunmal die Aufgabe die Einhaltung des Tarifs zu überwachen. Und der wurde nicht eingehalten, weil der AG zu wenig gezahlt hat. Sprich, der BR, in Vertretung der betroffenen AN hat hier also alles Recht, die sofortige Nachzahlung einzufordern. Und genau dort beginnt doch das, was eine liebe Kollegin immer den "türkischen Bazar" nannte.


    Lieber AG, du musst (wegen des Rechtsanspruches) nachzahlen, da du dich im Zahlungsverzug befindest. Du willst dir aber das Geld für die Rückrechnung sparen. OK. Was hältst du denn davon, die Hälfte der Kosten für die Korrektur im November an die Kollegen auszuschütten. Dann sparst du immer noch Geld und die Kollegen bekommen ein Goodie für's stillhalten?


    (Das darf, wegen des tariflichen Anspruchs, der BR eigentlich gar nicht aushandeln, aber ich denke, wenn man die Kollegen vor die Wahl stellt: Durchsetzung des Rechtsanspruches sofort oder Warten und noch ein Goodie mitnehmen - die meisten Kollegen werden sich für das Goodie entscheiden.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ähhmm, Moritz...


    mit einem vernunftbegabten AG könntest du sicher auf Basis deines Vorschlages zu einer Einigung kommen. Nach Imebros Schilderung des Verhaltens seiner GLin, habe ich jedoch erhebliche Zweifel an Vernunft und Rechtsbewusstsein. Da denke ich eher, dass auf einen groben Klotz auch ein grober Keil gehört und finde die cc-Mail daher auch nicht stillos, sondern ein gutes Zeichen an die AN, dass der BR sich für sie einsetzt. Eventuelle Folgekosten sind ihr selber anzulasten und ca. 400€ (von 20 MA ausgehend) wird sie auch als Lehrgeld verkraften können...

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  • Also mal auf den Punkt gebracht,

    hier greift das Individualrecht und nicht das Kolektivrecht.

    Somit ist der BR nur der Berater/Unterstützer des Einzelnen.


    Als BR hast du deinen Job gemacht. Nun geht es darum, mit den Mitarbeitern im Rahmen der Möglicherweise im AV geregelten Ausschlussfristen die Forderungen korrekt zu formulieren und den Arbeitgeber aufzufordern die Korrekturen sofort durchzuführen.


    Wir haben z.B. eine 3 Monatsfrist bei uns im TV und AV geregelt.


    Also Musterschreiben wie schon beschrieben erstellen


    ....


    sehr geehrte Frau Mustermann,


    mit der Gehaltsabrechnung Juni, in der uns nach Vereinbarung ein halbes zusätzlichen Monatsgehalt zusteht haben sie leider nur 47% eines Monatsgehaltes gezahlt. Ich verlange, dass Sie mit umgehend die entgangenen 3 % in Höhe von 126€ umgehend nachzahlen. Sollten Sie bis zum 15.07.2020 diese zahlung nicht durchgeführt haben sehe ich mich gezwungen Rechtliche Schritte einzuleiten.


    Mit freundlichen Grüßen

    der betrogene Imobro

  • Nach Imebros Schilderung des Verhaltens seiner GLin, habe ich jedoch erhebliche Zweifel an Vernunft und Rechtsbewusstsein.

    Die Einschätzung teile ich.

    dass auf einen groben Klotz auch ein grober Keil gehört

    Auch hier sind wir einer Meinung.

    und finde die cc-Mail daher auch nicht stillos, sondern ein gutes Zeichen an die AN, dass der BR sich für sie einsetzt.

    Nur das ist eben etwas, was ich aus Prinzip nicht machen möchte. Von meiner Seite werde ich immer versuchen, die geforderte vertrauensvolle Zusammenarbeit zu leben. Da gehört aber ein Show-Kampf nicht dazu.


    Deswegen würde ich einen Vorschlag unterbreiten und erst wenn die GFin (erwartungsgemäß) den ignoriert eine Information an alle Kollegen verfassen, ganz so, wie es der Rabauke vorschlägt.


    (sinngemäß)

    Liebe Kollegen,


    leider hat es ein Problem bei der Abrechnung gegeben. Der Aufforderung des BR den Tarif einzuhalten und das fehlende Geld nachzuzahlen, ist der AG leider nicht nachgekommen. Damit droht (auf jeden Fall formaljuristisch) gem. § Dingeskirchen des TV UnsrerHalt, dass eine nicht rechtzeitig geltend gemachte Forderung nach ... Monaten verjährt.

    Deswegen haben wir folgendes Musterschreiben für euch vorbereitet, mit der ihr eure Forderung form- und fristwahrend geltend machen könnt...


    Aber hey, das ist mein (persönlicher) Ansatz. Natürlich geht auch der "direkte Weg". Das muss bitte jeder für sich entscheiden.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    Einmal editiert, zuletzt von Moritz ()

  • OK und vielen Dank für Eure weiteren sehr guten Tipps.


    Das mit dem "Belegschaft im CC" ist sicher nicht die tollste Sache. Aber wir sind hier mittlerweile längst an dem Punkt (bzw. schon darüber hinaus), dass man auch mal Tacheles reden muss. Und vielleicht ist so etwas dann auch mal heilsam, da unangenehm für die GF-in.


    Aber dennoch denke ich, dass ich einen Weg gehen werde, der sich aus mehreren Eurer Tipps zusammensetzt.


    Da ich mit der GF-in ja bereits gesprochen (gestritten) habe und ihr gesagt habe, dass ich der Meinung bin, dass die Korrektur im Juli erfolgen muss, würde ich die MA per Email darüber informieren und vorschlagen, dass wir bis kommende Woche abwarten (wir erhalten unsere Gehälter ja zum 15. d.M.). Sollte dann die Korrektur nicht erfolgt sein, würde ich alle MA auffordern, die Korrektur im August zu verlangen...


    Ich denke das wäre ein guter Kompromiss und die GF-in könnte mir/uns auch nicht nachsagen, dass wir sofort "aus der Hüfte geschossen" haben. Wir haben ja zunächst mal abgewartet...


    Danke Euch und schöne Grüße,

    imebro

  • Prüft auf jeden Fall, wie lang die einzelnen Einspruchsfristen nach Tarifvertrag oder Vertrag sind. Nicht, dass die GF-in da auch noch heile raus kommt und ihr euer Geld garnicht oder erst nach größerem Rechtsstreit bekommt.

  • Hallo und danke für den Tipp.


    Wir haben keinen Tarifvertrag und bei uns ist nur festgelegt (keine Ahnung, ob das auch irgendwo schriftlich fixiert ist), dass wir am 15. d.M. unser Gehalt erhalten.


    Gruß,

    imebro

  • Ich würde auf jeden Fall nicht empfehlen das an alle Mitarbeiter in CC zu schicken.
    Das gibt dann je nach größe des Unternehmens ein Problem mit einem offen Email Verteiler.
    In Bayern hat sich da eine Firma damit ja Probleme mit dem Datenschutzbeauftragten eingehandelt.

    Wenn dann der Versand an alle Mitarbeiter über ein Mailtool das den Verteiler in einzel Emails auflöst.
    Ist auch auch wegen einem oder meheren Personen welche ein Replay to all machen.... :)

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)