Urlaubsgeld kürzung

  • Servus zusammen


    Wir haben ein Problem bei uns im Betrieb


    Wir arbeiten seit Anfang April Corona bedingt Kurz.

    Stundenweise können manche Kollegen zu ihrem Arbeitplatz kommen damit kleinere Aufträge bearbeitet werden können.


    Bei uns ist die Sonderzahlung Urlaubsgeld durch den Tarifvertrag Holz und Kunststoff geregelt.


    Nun möchte unsere Chef die Sonderzahlung kürzen da er in finanzieller Schieflage ist.


    Grundsätzlich würde die Belegschaft dem zustimmen wenn es förderlich für den Fortbestand unseres Betriebes dienlich ist.


    Meine Frage ist nun....können wir als Betriebsrat überhaupt über den Tarifvertrag hinaus eine BV erstellen die der Kürzung zustimmt ?


    Vielen Dank

  • Hallo Herbert,


    Was spricht dagegen, wenn ihr in einer kurzen Betriebsversammlung das Thema besprecht und die MA darüber abstimmen lasst, ob der AG das Urlaubsgeld auch später im Jahr oder aber gestaffelt auszahlt.

    Wenn es der Erhaltung der Arbeitsplätze dient, würde ich da kein Problem sehen.


    Unser Anwalt hat uns einmal in einer Verhandlung zu einer BV gesagt dass ein BR keine Dinge verhandeln darf, die üblicherweise in einem Tarifvertrag geregelt werden (§ ?).

    Er hat aber auch gleich gesagt, welche Verhandlungspartei will gegen diese BV klagen, wenn diese doch wissentlich durch beide unterschrieben wurde.

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  • Hallo Herbman,


    der AG hat sogar das Recht das Urlaubsgeld sowie die Urlaubstage zu kürzen. Es sei denn ihr habt in eurer BV

    dazu was ausgehandelt??

    Hier sehe ich das so wie der Nordfriese, setzt euch zusammen und verhandelt. Gerade in kleineren Firmen läuft

    nicht immer alles genau nach Gesetz.

  • Er hat aber auch gleich gesagt, welche Verhandlungspartei will gegen diese BV klagen, wenn diese doch wissentlich durch beide unterschrieben wurde.

    Es ist der § 77 (3) BetrVG

    Und jeder einzelne MA kann dagegen klagen, bzw. sein volles Urlaubsgeld einfordern, sollte es keine Öffnungsklausel im TV geben. Der Anwalt hatte bestimmt im Sinn "Wo kein Kläger da kein Richter), was aber nicht den Rechtsanspruch aus dem TV

    verschwinden lässt.

  • Hallo Herbman,


    der AG hat sogar das Recht das Urlaubsgeld sowie die Urlaubstage zu kürzen. Es sei denn ihr habt in eurer BV

    dazu was ausgehandelt?

    Dieses Recht müsste aber erst einmal im TV stehen. Den TV für Holz kenne ich nicht.

    Bei uns in der Chemie steht es im ergänzenden "Corona-TV" explizit drin das Urlaub / Urlaubsgeld und Jahresleistung eben NICHT gekürzt werden.

  • Ich sehe im Ansatz vom Nordfriesen kein Problem. Er schlägt eine gestaffelte oder verspätete Auszahlung vor. Das ist gerade keine Kürzung sondern nur eine Verschiebung des Auszahlungstermins. Gerade da sehe ich Potential zu einer ergänzenden BV:

    Zahlung wird um ein Jahr verschoben, dafür verzicht auf Betriebsbedingte Kündigungen bis zur Auszahlung. Anspruch auf das Geld entsteht im Einzelfall vorher bei Austritt aus dem Unternehmen.

  • Der Anwalt hatte bestimmt im Sinn "Wo kein Kläger da kein Richter

    Genau der § 77 war gemeint. und auch das Zitat war genau so.

    Da wir nicht Tarifgebunden sind, stehen hier keine Ansprüche aus einem TV zur Debatte.

    Der Anwalt erklärte dass auch bei Tarifungebundenheit "niemals nicht" eine Vereinbarung zwischen AG und BR getroffen werden darf, die Grundsätzlich durch einen TV geregelt wird.

    Wie gesagt, wo kein Kläger...

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  • hallo,


    bist Du sicher, daß Du diese Aussage

    Da wir nicht Tarifgebunden sind, stehen hier keine Ansprüche aus einem TV zur Debatte.

    richtig verstanden hast. Natürlich kann die Weitergabe von tariflichen Leistungen Ansprüche der AN begründen.


    Und der Gesetzgeber hat die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG gerade auch in Hinblick auf nichttarifgebundene Betriebe eingeführt, um diesen das Unterlaufen von tariflichen Standards (etwas) zu erschweren.

  • Nun möchte unsere Chef die Sonderzahlung kürzen da er in finanzieller Schieflage ist.

    Das würde ich auf jeden Fall erstmal prüfen, also:

    Wie genau sieht die finanzielle Situation des Betriebes aus (in Zahlen!)?

    Wie viel will der Chef die Sonderzahlung kürzen?

    Wie viel genau wird dadurch eingespart (in Zahlen!)?

    und natürlich: ist, mit Blick auf die finanzielle Gesamtsituation, der Betrag, welcher durch die Kürzung eingespart wird tatsächlich relevant für den Fortbestand des Betriebes?


    Sollte dem tatsächlich so sein, finde ich den Vorschlag vom Nordfriesen eine gute Idee, verschieben/staffeln statt kürzen.

    Da in diesem Fall aber tatsächlich der Tarifvorbehalt (§ 77 BetrVG) jede BV unwirksam machen würde, würde ich hier eher zu einer Regelungsabrede tendieren.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo Herbman,


    rein rechtlich dürft ihr das nur regeln wenn es eine entsprechende Öffnungsklausel im Tarifvertrag gibt.


    Allerdings wenn alle Parteien einverstanden sind warum sollte der BR und der AG zum Schutz der Arbeitsplätze nicht eine entsprechende BV abschließen. In so eine BV würde ich auch eine entsprechende Arbeitsplatzgarantie reinschreiben sowie ggf. eine Nachzahlung wenn es die wirtschaftliche Lage erlaubt, dann wäre

    Vorher würde ich aber mir genau die wirtschaftliche Lage des Unternehmens anschauen denn nur weil der AG sagt es ist so, muss es nicht so sein, aber das kann nur derjenige der vor Ort ist beurteilen.


    Und vor allem klären wie sehen es die MA?


    Viele Grüße

    Bernd

  • Eine andere Frage ist: Wie viel Geld wird eingespart und was legt die Geschäftsführung dazu? Gelegentlich werden solche Kürzungen vorgenommen, um Prämien vernünftig auszahlen zu können. Alle leitenden Angestellten sollten im gleichen Prozentualen Maß auf Geld verzichten. Die Geschäftsführer eher noch mehr als die AN.

  • Formaljuristisch ist ja mittlerweile klar geworden, dass der BR den TV nicht aushebeln kann/darf.


    Wenn es aber wirklich der Erhaltung des Betriebes und damit der Erhaltung der Arbeitsplätze dient, dann sehe ich es auch so, macht eine "Generalvollversammlung" und erklärt allen Kollegen die Situation. Und vielleicht kann der AG ja auch ein Angebot machen à la "Zahlung steht euch zu. Wer will bekommt sie vollständig. Wer aber zunächst auf einen Teil verzichtet und damit hilft, bekommt seinen Verzicht "verzinst", sprich bekommt später noch ein (kleines) Schippchen drauf."


    Selbst ohne Schippchen würden sich wohl viele Kollegen solidarisch erklären, aber mit dem Schippchen fällt es natürlich leichter...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Mensch ihr seid ja spitze.

    Vielen vielen Dank für eure vielen Antworten.

    Habt mir da echt ein Stück weiter geholfen.

    Mit den Mitarbeitern habe ich gestern schon telefoniert und alle waren,Grundsätzlich Mit einer Kürzung einverstanden.


    Werde es euch berichten wie es letztendlich ausgegangen ist.

    Vielen Dank

    Lg Herbert

  • Hallo

    Es gilt der § 77 Abs 3.

    Wenn es keine Öffnung in dem Tarif gibt.

    Den Weg den der AG gehen muss ist das er sich an die zuständige Gewerkschaft zu wenden hat.

    Diese prüft dann ob eine Notlage vorliegt und ein Abweichender Tarifvertrag geschlossen wird.

    Alle anderen Vorschläge sind rechtlich nicht haltbar. Auch wenn es gilt, wo kein Kläger da kein Richter,

    aber ein Kläger kann schnell auftauchen.

    Und der Gesetzgeber hat die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG gerade auch in Hinblick auf nichttarifgebundene Betriebe eingeführt

    Kann ich nur ganz zustimmen.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey