Produktionsausfall

  • Hallo zusammen, ich habe eine Frage zum Thema Kollektiv oder Individualrecht. Letzte Woche ist in unserem Betrieb durch einen verunreinigten Rohstoff die Produktion ausgefallen. Eine Woche stillstand kostet das Unternehmen natürlich viel Geld aber dennoch ist es ja nicht das Verschulden der Arbeiter. Wir vom BR und auch die Belegschaft sind der Meinung, hier zählt das Arbeitgeberrisiko, der Arbeitgeber will dafür aber unser Stundenkonto nutzen, also Überstunden abziehen Bzw. Minusstunden. Die Kollegen der Frühschicht wurden Montag noch für Reinigungsarbeiten eingesetzt, die Spätschicht wurde ca.2 Stunden vor Schichtbeginn abgesagt.

    Dann wurde von einem zum anderen Tag entschieden, ob wieder angefahren werden kann oder nicht. Also die Frühschicht wurde Nachmittags am Vortag abgesagt und die Spätschicht vormittags am aktuellen Tag.

    Jetzt meine Frage, da es eine ganze Abteilung betrifft mit ca. 40 Kollegen, geht es dann um Kollektivrecht oder Individualrecht? Und natürlich, wer ist im Recht?

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  • Mir stellt sich noch die Frage, wenn da ein Rohstoff verunreinigt ist, war der bereit bei der Lieferung verunreinigt oder ist das erst bei euch passiert?

    Wenn der Rohstoff verunreinigt bei euch ankam, greift eigentlich eine Versicherung des Lieferanten/Herstellers des Rohstoffes.

    Dass würde dann bedeuten, der AG lässt sich den Produktionsausfall mit allen Nebenkosten vom Lieferanten/Herstelle bezahlen und will auch noch, an eure Stundenkonten/Urlaub ran, dass geht mal gar nicht.


    Dass solltet ihr mit dem AG klären und ggf. auch an die AN kommunizieren.

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  • Hallo Bernd, danke für deine Antwort, ich hatte es befürchtet.


    Viele Grüße Michael

    Was hattest Du befürchtet? DAs jeder selbst seinen Lohneinklagen muss?


    Das ist halt so, aber was hindert den BR daran mit dem AG zu sprechen und ihm schon mal zu sagen, dass das was er macht so nicht geht und der BR jeden AN dabei unterstützen wird seine Klage einzureichen. Und ob der AG gerne 40 Einzelklagen haben möchte.

  • Hallo Nordfriese, der Rohstoff kam wahrscheinlich so an, aber er hat die Wareneingangs-Kontrolle bestanden. Soweit wir wissen soll eine Probe an ein anderes Labor gehen, um den Lieferanten zu belangen.

    Deswegen werden wir auch weiter darauf bestehen.


    Gruß Michael


    Hallo Bernd, wir haben Morgen ein Gespräch mit der Geschäftsführung deswegen. Im Kollektivrecht könnten wir so mehr druck machen. Natürlich werden wir uns für die Belegschaft einsetzen und alles Mögliche versuchen. Unser Problem ist eine Konzernmutter mit sitz in der Schweiz, die mit Betriebsverfassungsgesetz usw. nichts anfangen können und ein Geschäftsführer der Wortwörtlich sagt, der Tarifvertrag interessiert mich nicht. Zurzeit streiten wir uns wegen einem Seminar für Arbeit und Gesundheitsschutz, er ist davon überzeugt, dass er es nicht genehmigen muss da es von der BG RCI ein Kostenloses-Seminar mit dem gleichen titel gibt extra für Betriebsräte. Wir haben ihn Höflich darauf hingewiesen das er es nicht genehmigen muss, sondern nur zur Kenntnis nehmen muss das wir fahren.

    Wir haben also einige Baustellen, und ich befürchte das keiner der Kollegen den weg zum Anwalt gehen wird, in einem Unternehmen in dem ständig über Tarif und Lohnkosten gejammert wird und immer darauf hingewiesen wird das, das Unternehmen nicht wirtschaftlich ist.Wir werden sehen

    Gruß Michael


    Hallo Ohadle, sorry deine Antwort hat Bernd bekommen, Sorry Bernd.

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  • Letzte Woche ist in unserem Betrieb durch einen verunreinigten Rohstoff die Produktion ausgefallen.

    Auch aus meiner Sicht ein klarer Fall von Annahmeverzug. Wenn die Qualitätssicherung des AG hier versagt hat (aus welchen Gründen auch immer), dann hat der AG versagt. Das ist aber sein Risiko und dafür kann er sich nicht bei den AN schadlos halten.


    Ob und inwieweit er sich an den Lieferanten halten kann, ist eine andere Baustelle. Aber auch mit der haben die AN nix am Hut.


    Noch ein Wort hierzu:

    er ist davon überzeugt, dass er es nicht genehmigen muss da es von der BG RCI ein Kostenloses-Seminar mit dem gleichen titel gibt extra für Betriebsräte

    Der gleiche Titel spielt in der Tat keine Rolle. Aber bei gleichem Inhalt wird es schon schwieriger, das zu verargumentieren. Auch der BR muss die Kosten im Blick haben. (Er hat zwar einen gewissen Ermessensspielraum, aber auch der beinhaltet gute Argumente.) Und zum Thema Arbeitsschutz und -sicherheit ist die BG mit Sicherheit DER Experte. (Nur wenn es um die arbeitsrechtlichen Grundlagen geht, wird bei denen die Luft dünn.)


    Wir haben uns entschieden beides zu machen. Zwei zur BG, zwei zum ifb.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Moritz, so machen wir es auch, 2 zur ifb 2 zur BG. Wir haben aber auch bei der BG nachgefragt. Das BG Seminar schneidet viele Themen nur am Rande an. Sie empfehlen dieses Seminar für BR Anfänger um einen Überblick über das Thema Arbeit und Gesundheitsschutz zu bekommen. Wir habe die Antwort unserem Geschäftsführer weitergeleitet seit dem haben wir nichts mehr gehört.


    Hallo zusammen, unser BR sichert sich gerne nach alle Seiten ab. Zum Thema Produktionsausfall haben wir auch Kontakt mit der Rechtsberatung der IG BCE aufgenommen. Die Antwort füge ich unten ein, wir können das nicht glauben.



    Rechtsprechung: Die Rechtsprechung gibt tatsächlich dem Arbeitgeber die Möglichkeit Überstundenabbau anzuordnen-dabei bewegt er sich im Rahmen seines Weisungsrechts
    nach § 106 GewO. Die Zustimmung der Arbeitnehmer ist leider nicht erforderlich (LAG Hamm Urteil vom 03.01.2018) – es sei denn es wird billiges Ermessen überschritten, das sehe ich in eurem Fall aber auch nicht, hier hättet ihr aber zumindest einen Ansatzpunkt
    für eure morgige Diskussion

    • Wie ist das bisher gehandhabt worden?

    Ich muss mir, das noch genau anschauen, vielleicht hat man uns falsch verstanden.

    Einmal editiert, zuletzt von BRfutzi () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von BRfutzi mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • in einem Unternehmen in dem ständig über Tarif und Lohnkosten gejammert wird und immer darauf hingewiesen wird das, das Unternehmen nicht wirtschaftlich ist.

    Das muß kein Unternehmer sein, dem niemals fiel das jammern ein :rolleyes:


    Unserem habe ich diese Unsitte abgewöhnt, indem ich gefragt habe, ob ich die Staatsanwaltschaft wegen Insolvenzverschleppung informieren soll, wenn aus finanziellen Gründen nicht einmal geltendes Recht eingehalten werden kann.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Hallo Michael,


    die Auskunft der IG BCE mag teilweise stimmen, allerdings würde ich in eurem Fall bezweifeln, dass die Anordnung des Überstundenabbaus nach "billigem Ermessen" unter Berücksichtigung beiderseitiger Belange erfüllt ist. Bei euch würde ich nur eine berücksichtigung der Arbeitgeberseitigen Belange sehen. vgl. hierzu auch

    BAG Urteil vom 15.2.2012, 7 AZR 774/10 Ziffer 31


    (cc) Damit ist nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber ein von dem Betriebsratsmitglied geäußertes Anliegen der zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 Halbs. 1 BetrVG bei der Freistellung berücksichtigen muss. Dies ist aber nur ein Aspekt der nach billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB festzulegenden zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung zur Erfüllung des Anspruchs nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (vgl. zB BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 315/10 - Rn. 35 mwN, NZA 2012, 262). Der Arbeitgeber kann nicht einseitig auf seine Bedürfnisse abstellen; er darf die Belange des Arbeitnehmers nicht außer Acht lassen. Vor allem sind der Zweck der zu gewährenden Leistung und die Folgen, die für die Vertragsparteien durch die in Betracht kommenden Leistungsbestimmungen voraussichtlich eintreten, angemessen zu berücksichtigen (vgl. zB BAG 17. Januar 1995 - 3 AZR 399/94 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 79, 104). Auch auf berechtigte Interessen des Arbeitnehmers an der Planbarkeit seiner Freizeit hat der Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 28 f., BAGE 131, 30). Schließlich hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer rechtzeitig mitzuteilen, wann er Freizeitausgleich erhält. Dem Arbeitnehmer soll ermöglicht werden, sich darauf einzustellen und die Freizeit sinnvoll nutzen zu können (vgl. BAG 17. Januar 1995 - 3 AZR 399/94 - aaO).


    und selbst dann wäre die von dir erwähnte Aufbau von Minusstunden nicht durch das Direktionsrecht abgedeckt.


    Viele Grüße

    Bernd

    • Hilfreichste Antwort

    Hallo BRfutzi,


    einig bin ich mit dir, urlaub kann es nicht sein. Einig bin ich auch mit allen hier, wenn es nach dem Tarifvertrag und der BV zur Arbeitszeit keine flexible Öffnung git zieht der § 615 BGB, und das ist kein Tarifvertrag sondern ein Gesetz und das hat den Arbeitgeber zu interesieren.


    Sollte jedoch wie bei uns der Arbeitgeber eine Felxibles Arbeitszeitkonto mit dem BR für die AN vereinbart haben, und die BV hierbei regeln, welche Spielregeln für den Aufbau und Abbau gelten, dann kann es schon möglich sein, dass der Abbau teilweise bis Vollständig möglich ist.


    Dafür einfach mal die die zugehörigen BV reinschauen, wenn es denn eine BV zur Arbeitszeit gibt.


    Hat denn dein Arbeitgeber nur Krieg mit den Mitarbeitern?

    Wieso sind denn nicht alle krank geworden wegen dieser Vorgabe, wenn denn keine Arbeitszeitflexibilisierung geregelt ist.

    Wieso hat der BR diesem Schichtplan (auch Freischichten sind Inhalt eines Schichtplanes) zugestimmt?


    Wann klagt denn der erste Betroffene BR-Kollege wegen nichteinhaltung der regeln und auf Lohnfortzahlung nach dem §615 BGB?


    Also hin, Formblatt erstellen, Kohle einfordern (jeder einzeln) und den Hinweis des Rechtsweges bei Verweigerung nicht vergessen.


    Wird nicht gezahlt, dann geht der/die betroffene BR-Kollege/n direkt zum Anwalt und reicht Klage ein, die nicht BR-Kollegen verfassen eine Mahnung, und dann wird mal eine Abteilungsversammlung durch den BR als Sonderabteilungsversammlung durchgeführt zum Zeitpunkt wo jedes Produkt gebraucht wird mit dem Thema, Abzocke des Arbeitgebers, nichteinhaltung des § 615 BGB, und der erläuterung was dort drin steht, fachreferent dazu eingeladen der kohle kostet (nach ordnungsgemäßen Beschluss) udn die Versammlung geht dann mal eben über 2-3 Schichten (von der Dauer her), weil alle mit diskutieren, jeder einzelner Antrag behandelt wird... jaja.. das kann dauern.....


    Sorry, mit mir gehen gerade die Pferde druch, aber eine Versammlung die 10 Stunden gedauert hat haben wir auch schon gemacht, als Anfang der 90ger die Karenztage wieder eingeführt werden sollten.


    Gruß

    Rabauke

  • Oje so viele gute Antworten und Ratschläge, vielen Dank einmal an der stelle.


    Es gibt eine BV Arbeitszeit, in der steht, dass die ansparzeit aus den Zeitkonten genutzt werden soll, um Arbeitsfreie-Werktage, die mit dem BR festgelegt werden, abzufeiern. Hierfür nehmen wir Brückentage, fällt also weg, weil der Ausfall ja nicht mit uns festgelegt wurde.

    Dann gibt es eine BV flexible Arbeitszeit. Auf die Beruft sich jetzt unser Arbeitgeber. In der ist geregelt das bei Auftragsspitzen der Samstag hinzugezogen werden kann die Stunden dann bis +75 stunden ins Zeitkonto laufen und bei wenig Arbeit abgefeiert werden (bis-75 Stunden)dieses Abfeiern muss aber eine Woche im Voraus bekannt gegeben werden.


    Eine Absprache mit dem BR gab es nicht, weil sich keiner getraut hat eine Entscheidung zu fällen, somit wurde von einem Tag zum anderen entschieden.

    Wichtig ist vielleicht auch der Hinweis das einige ältere Kollegen darauf hingewiesen haben das die teilweise Reinigung der Anlagen das Problem nicht lösen wird. Wie sich gezeigt hat hatten sie recht und der Ausfall hat sich dadurch verlängert, was die neuen Vorgesetzten jetzt natürlich Herunterspielen, nach dem sie auf die Ratschläge mit" wisst ihr eigentlich was ein Tag stillstand kostet" reagiert haben.

  • Abgesehen davon, dass diese BV nicht anwendbar ist (weil ein Produktionsausfall keine Auftragsspitze ist), kann ich euch nur raten, die BV zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Euer AG ist mit seinen Bemühungen, sein unternehmerisches Risiko auf die AN zu verlagern, schon sehr weit fortgeschritten.


    Habt ihr ihm festlegen von Samstagsarbeit nach eigenem Ermessen erlaubt, oder werdet ihr jedesmal vorher angehört? Gibt es Zuschläge für Samstagsarbeit oder werden die einfach mit dem Zeitkonto verrechnet? Gibt es an Brückentagen Zwangsurlaub, für die gefälligst Überstunden aufgebaut werden müssen oder darf der AN trotzdem seine Arbeitskraft anbieten (weil er z.B. nicht abfeiern will, wenn es dem AG in den Kram passt sondern er den Überstundenabbau lieber aufgrund seiner Privatinteressen plant)?


    75 Stunden sind ca. 2 Wochenarbeitszeiten, die ihr in Vorleistung tretet, also dem AG als zinsfreiem Kredit einräumt. Und der Höhepunkt ist ja, dass er scheinbar sehenden Auges in die Falle gedappt ist etwa nach dem Motto: "Wisst ihr eigentlich was neue Autoreifen kosten, da fahre ich lieber auf der Felge..."

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

    Einmal editiert, zuletzt von Der Mann mit der Ledertasche ()

  • Also ich finde eure BV Flex auch kündigenswert, so eine Vereinbarung hätten wir nie abgeschlossen. Bei uns ist Anordnung von Mehrarbeit oder stundenabbau ausschließlich mit Genehmigung des BR erlaubt.

    Aber ich denke, dass euer AG den Abbau von Stunden auch nicht eine Woche im vorlauf angekündigt hat. Daher ist die Anordnung nicht BV-konform und er kann sich auch nicht auf die bv berufen.

    Man könnte, wenn man den AG ärgern möchte, auch andrehen, das man den §23 er zieht und auf Einhaltung der BV verklagt.

    Vorher müsste man aber noch in den gültigen TV sehen,ob dieser eventuell einen solchen Arbeitsunfall regelt.


    Ach ja, und Edith würde dem AG das mit der Teilreinigung der Anlage auch mächtig unter die Nase reiben.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

    2 Mal editiert, zuletzt von Markus 1973 ED () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Markus 1973 ED mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ja die BV ist sehr fragwürdig und aus dem Jahr 1993. Ich denke, die ist damals entstanden, weil wir ein Saison Betrieb sind und da können ein paar Überstunden nicht schaden. Samstage gehen ins Zeitkonto, innerhalb von 12 Monaten muss es einen Nulldurchlauf geben sonst werden die Überstunden mit Prozenten ausgezahlt.