Kurzarbeit und (Rest-)Urlaub aus 2020 -> 2021

  • Hallo zusammen,


    bei uns im Unternehmen ist es üblich, dass Urlaubsansprüche ins Folgejahr mitgenommen werden können und grundsätzlich nicht verfallen. Bei Anmeldung der Kurzarbeit wurde gemäß der aktuellen Regelung der Bundesagentur für Arbeit aller Resturlaub aus 2019 und älter abgebaut, bevor Kurzarbeit für die betreffenden Mitarbeiter angemeldet wurde:

    Zitat

    5. Müssen Beschäftigte ihren Urlaub vor Beginn des Bezugs von Kurzarbeitergeld genommen
    haben?
    Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie verzichtet die Bundesagentur für Arbeit bis zum 31.12.2020 darauf, den Einsatz von Erholungsurlaub zur Vermeidung von Arbeitsausfällen zu verlangen. Das gilt allerdings nur für die Urlaubsansprüche für das laufende Kalenderjahr. Bestehen noch übertragbare Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr, sind diese grundsätzlich zur Vermeidung der Zahlung von Kurzarbeitergeld einzubringen. Etwas anders gilt, wenn vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur anderweitigen Nutzung des Resturlaubs entgegenstehen

    https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/kug-faq-kurzarbeit-und-qualifizierung.pdf?__blob=publicationFile&v=9


    Nun haben wir mehrere Mitarbeiter, welche noch ein paar Tage Resturlaub (aus 2020) haben und diese gerne im kommenden Jahr im Sommer fest verplanen möchten. Der AG bat alle MA, den Urlaub noch bis 31.12.2020 aufzubrauchen, da dies eine Vorgabe der Arbeitsagentur sei.


    Ich sehe in diesem Text der Bundesagentur folgenden Interpretationsspielraum:

    1. Wenn diese Regelung nicht verlängert wird, muss bis zum 31.12.2020 aller Urlaub aufgebraucht sein (Meinung AG)

    2. Wenn diese Regelung nicht verlängert wird, muss vor dem erneuten Bezug von Kurzarbeitergeld der Resturlaub aus 2020 (in 2021) aufgebraucht werden, d.h. dieser könnte auch noch Anfang Januar genommen werden (dort ist Betriebsruhe).

    3. Durch die Verplanung der Urlaubsansprüche kann auch weiterhin Kurzarbeitergeld bezogen werden (im Prinzip aber nur dann, wenn die "Kulanzregel" von der Arbeitsagentur verlängert wird).


    Wie seht ihr das? Gibt es hierzu irgendwo eine Aussage, was zu beachten ist beim Jahreswechsel und Urlaub?


    Grüße

    Aaron

  • Soweit ich weiß, gilt Urlaub am ersten Tag des Urlaubes als "komplett genommen". Wenn also eh Anfang Januar Betriebsruhe geplant ist, dann könntet ihr auch am letzten Tag in 2020 starten und den Resturlaub für die Betriebsruhe verwenden. Dann wäre er auch noch in 2020 genommen.

  • Wenn der AG auf die noch zu nehmenden Urlaubstage aus dem laufenden Jahr hinweist und die Nehmung derselben auch ermöglicht dann erlischt der Anspruch auf nicht genommene Urlaubstage im neuen Jahr. Solange kein Kurzarbeitergeld im neuen Jahr beantragt wurde braucht es den Hinweis und die Begründung in Bezug auf nicht genommenen Urlaub aus dem alten Jahr nicht. Soll heißen der Urlaub muss im jeweiligen Jahr genommen werden ( Begründung im BUrlG) wenn dann im Januar Kurzarbeitergeld beantragt wird darf kein alter Urlaub mehr vorhanden sein. Wenn nicht kann der AG natürlich zustimmen das Resturlaub für Betriebsruhe im Januar verwendet werden kann. Rechtsgrundlage aus meiner Sicht gibt es keine dafür.

  • Moin,


    ist es aber hier wieder nicht so, dass sich die Regelungen des BUrlG nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub (i.d.R. 24 Tage/Jahr) beziehen? D.h. der Rest wäre wieder in der Disposition von Arbeitsvertrag/BV/TV?

  • Nur wenn der Urlaub nicht genommen werden konnte kann es bei den Verfallsfristen zu unterschieden zwischen dem gesetzlichen Teil und dem Tariflichen/freiwilligen Teil des Urlaubs führen. Das muss aber deutlich in z.B. TV AV geregelt sein.

  • Wir haben ein ähnliches Problem. Bis Anfang September hatten wir sogar eine Urlaubssperre für noch nicht beantragten Urlaub. Jetzt heißt es plötzlich, der Urlaub aus 2020 muss bis Ende Dezember genommen werden, da wir sonst Probleme mit dem KUG bekämen. Das führt gerade zu haarsträubenden Dienstplänen, da so einige noch so einiges an Urlaub übrig haben. Im Prinzip zum Nachteil aller, die ihren Urlaub Anfang des Jahres beantragt hatten, ihn zwar auch nehmen konnten, aber jetzt fast allein mit der Arbeit da stehen.

  • Hallo,


    danke euch für eure Einschätzungen.


    Ich stimme zu, dass theoretisch der Urlaub immer im jeweiligen Jahr genommen werden muss. Die Praxis sah bisher bei uns wie gesagt so aus, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich nicht verfallen, es gab Kollegen, die sind derzeit noch nicht in Kurzarbeit, da immer noch Resturlaub aus 2019 oder früher vorhanden ist. Die Frage wäre hier, ob eine Art "betriebliche Übung" vorliegt - kann es dies überhaupt gegen die gesetzliche Regelung geben?


    Der von EDDBFR genannte Anspekt, dass das Gesetz nur für den Pflichturlaub (24 Tage) gilt, ist ebenfalls interessant. Gibt es hierzu in den Tarifverträgen der IG Metall Regelungen?


    Homer erwähnte, dass wenn im Januar KUG beantragt wird, darf kein Resturlaub mehr vorhanden sein. Gilt der Bezug von KUG denn immer monatsweise? Der betreffende Mitarbeiter erhielt nämlich 2020 bereits KUG, da er ein paar Urlaubstage als Puffer noch behalten wollte (AG stimmte dazu zu; Pflicht war nur eine gewisse Anzahl zu verplanen). Theoretisch wäre es dann ja rechtlich möglich die Urlaubstage (ggf. mit Einwilligung AG) zu übertragen, wenn diese vor der erneuten Kurzarbeit in 2021 aufgebraucht werden?

    Dies macht bei uns einen Unterschied, da wie erwähnt Anfang Januar sowieso "Pflichturlaub" bzw. Betriebsruhe herrscht und dann der Urlaubsanspruch 2021 entsprechend unberührt bliebe beim Übertrag.


    Da dieses "Problem" aufgrund der Kulanzregelung vermutlich häufiger auftreten dürfte, müsste es ja eigentlich eine offizielle Erklärung von der Bundesagentur geben...


    Schönes Wochenende!

    Aaron

  • Soweit ich weiß, gilt Urlaub am ersten Tag des Urlaubes als "komplett genommen". Wenn also eh Anfang Januar Betriebsruhe geplant ist, dann könntet ihr auch am letzten Tag in 2020 starten und den Resturlaub für die Betriebsruhe verwenden. Dann wäre er auch noch in 2020 genommen.

    Kannst du das durch irgendwas untermauern? Ich habe nun lange das Internet geknechtet, hierzu aber leider keinerlei Belege gefunden.

    Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen. [YODA] - BRV, 9er Gremium, kein Tarif, sGBRV, sSBV

  • Hallo Tobias,


    hierbei

    Soweit ich weiß, gilt Urlaub am ersten Tag des Urlaubes als "komplett genommen".

    liegst Du leider falsch.

    "Genommen" bedeutet, daß der Urlaubsanspruch vollständig aufgebraucht wurde.


    Was Du darstellst, wird mit dem Wort "Angetreten" bezeichnet. Diese Unterscheidung spielt vor allem in Tarifverträgen eine Rolle, die oft mit dem Begriff "Angetreten" operieren.

  • Also zu diesem Thema hatten wir unseren zuständigen Sachbearbeiter der Agentur auch mehrfach kontaktiert, bis wir eine klare Aussage bekommen haben. Dabei bitte nicht vergessen, dass ich mir durchaus vorstellen kann das es mal wieder von Agentur zu Agentur unterschiedlich gehandhabt wird X/


    Wenn Urlaub aus 2020 übernommen wird nach 2021, muss dieser bereits fest verplant sein um weiterhin direkt im Januar kurzarbeitsfähig zu sein.


    Als praktisches Beispiel:


    In meiner Abteilung wird noch bis März Kurzarbeit gemacht. Ich nehme mir 10 Tage mit ins neue Jahr und der Arbeitgeber genehmigt mir 5 Tage für Februar und 5 Tage für Mai. Ich wäre in diesem Fall trotzdem direkt ab Januar Kurzarbeitsfähig.

  • Hallo Uwe,


    danke für die Info. Leider gab es bei uns eine gegenteilige Aussage. Hätte es gerne so gelöst wie bei euch.


    Ich nehme aber an da gibt es nichts "offizielles" auf der Homepage oder ähnliches, wahrscheinlich ist das einfach "Interpretationsspielraum" der jeweiligen Arbeitsagentur?


    Grüße

  • Wir hatten dieses Jahr auch schon über eine BV Kurzarbeit diskutiert und hatten per Skype bereits kontakt mit der Agentur für Arbeit. Uns wurde gesagt, dass der Urlaub für 2020 verplant werden muss (nicht genommen). Der Urlaub sollte überwiegend in 2020 genommen werden, wenn aber einzelne Tage im Jahr 2021 geplant sind (da betrieblich nicht anders möglich ;)) würde das nicht gegen Kurzarbeit sprechen. Wenn das aber zu viel Urlaub ist der mit ins neue Jahr genommen wird, dann könnte ich mir schon vorstellen, dass die Agentur die betriebliche Notwendigkeit da bestreitet und es nicht geht.

  • Wie das von den Arbeitsagenturen gehandhabt wird, steht in den fachlichen Weisungen der BA. (2.7.2 Abs.2)

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Danke für den Link. Die Frage ist hier allerdings wie bei Schimmelchen oder Uwe was mit "Urlaubswünsche des Arbeitnehmers nicht entgegenstehen" gemeint ist.


    Darf der Arbeitnehmer wünschen, eine begrenzte Zahl ins neue Jahr mitzunehmen oder ist der "Urlaubswunsch des Arbeitnehmers" nur bis zum Jahresende zu beachten?


    Aaron

  • Hallo,


    "Urlaubswünsche" des AN haben ihre Grenzen in den gesetzlichen Regelungen. Da die AA lediglich die Einhaltung gesetzlicher Regelungen verlangt, wenn sie das "Nehmen" des Urlaubs voraussetzt, ist eine Übertragung dann kein "berechtigter" Wunsch des AN, wenn dadurch dem AG erhebliche Nachteile zB beim KuG entstehen.