Nebentätigkeit

  • Hallo zusammen,

    ein Mitarbeiter wurde vom Abteilungsleiter aufgefordert seine genehmigte Nebentätigkeit ( Gastronomie) Corona bedingt zu Kündigen. Ist die Begründung rechtens??

    Arbeitnehmer ist wegen der Nebentätigkeit nie ausgefallen bzw. wurde ihre Arbeit dadurch beeinträchtigt.

    Da ich noch nicht ganz so fit in BR Arbeit bin hoffe ich auf eure Infos

    Lieben Dank

  • Entscheidend dürfte hier sein, was im Arbeitsvertrag steht.
    Ist eine Nebentätigkeit nur anzuzeigen, so dürfte es schwer fallen für den AG, dies dem AN zu verbieten.
    Ist sie jedoch genehmigungspflichtig, so kann er die Genehmigung auch wieder zurücknehmen.

    Die Rücknahme darf zwar nicht willkürlich erfolgen. Allerdings hat der AG durchaus ein Interesse, nämlich das Schützen der anderen AN durch ein erhöhtes Infektionsrisiko beim nebentätigen AN.
    Hierfür gibt es noch keine Urteile, die Frage, ob die Nebentätigkeit die Hauptarbeit somit beeinträchtigt, kann nicht klar beantwortet werden.

    Ergänzung: Ich bezweifle, dass der AL dies untersagen kann. Er dürfte hierzu nicht berechtigt sein.

    Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen. [YODA] - BRV, 9er Gremium, kein Tarif, sGBRV, sSBV

    Einmal editiert, zuletzt von esci ()

  • Ist die Begründung rechtens??

    Aus meiner Sicht: ganz klar nein.


    Als AN würde ich hingehen und sagen: gar kein Problem, ich verdiene dort Betrag X jeden Monat zusätzlich (evtl. Tipp nicht vergessen!). Wenn du, lieber AG, mir die Möglichkeit gibst, das Geld bei dir zusätzlich zu verdienen, dann verzichte ich gerne auf den Nebenjob. Andernfalls bin ich auf den Job (leider) angewiesen.


    Zum rechtlichen Hintergrund: ja, der AG kann verlangen, dass Nebentätigkeiten bei ihm angemeldet werden müssen. Streng genommen ist aber die sogenannte "Genehmigung" nur eine Formalie, denn die Hürden für die Nicht-Genehmigung sind doch recht hoch.


    Bis zu einem Entscheid eines Arbeitsgerichtes darüber würde ich aber Zweifel daran hegen, dass ein "Angstverbot" (denn etwas anderes ist es ja nicht) hier ausreichend ist.


    Das blöde an der Situation: eigentlich ist der BR hier völlig außen vor, weil das klares Individualrecht ist. Gleichwohl könnte der Kollege sich natürlich ganz offiziell beim BR über die "Anweisung" beschweren. (s. §84f BetrVG)


    Als BR kann mir hier mit Diplomatie wohl mehr erreichen als mit dem Gesetzbuch.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Pit,


    zuerst einmal: Eine Nebentätigkeit muss nicht genehmigt werden sondern nur gemeldet. Nur wenn ein Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann, kann er einer Nebentätigkeit widersprechen.


    Genau so kann der Abteilungsleiter nicht vom Arbeitnehmer verlangen, dass er seine Nebentätigkeit wieder kündigt.

    Zuerst einmal ist hierfür nicht der Abteilungsleiter zuständig sondern der Arbeitgeber und zum zweiten könnte der Arbeitgeber die Aufgabe des Nebenjobs nur dann verlangen, wenn wichtige betriebliche Interessen gefährdet wären, oder die Nebentätigkeit einen negativen Einfluss auf die Tätigkeit bei ihm hätte.


    Eine erhöhte Infektionsgefährdung ist meiner Meinung nach kein Grund, um eine Nebentätigkeit zu untersagen. Hier müssten schon ganz spezielle Gründe vorliegen, damit der Arbeitgeber es im Einzelfall doch verbieten kann. (z.B. Pflegedienst)


    LG

    Markus


    Ist sie jedoch genehmigungspflichtig, so kann er die Genehmigung auch wieder zurücknehmen.

    Ich denke nicht, dass der Arbeitgeber vertraglich eine Genehmigungspflicht festlegen kann. Das greift meines Erachtens zu weit in die Berufsfreiheit ein und ist unangemessen und benachteiligt den Arbeitnehmer einseitig. Deshalb würde solch eine Klausel wahrscheinlich nicht durch die AGB-Kontrolle kommen.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

    Einmal editiert, zuletzt von Markus 1973 ED () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Markus 1973 ED mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Unabhängig von AV-Regelungen muss eine Nebentätigkeit nur angezeigt werden, der AG muss diese nicht genehmigen. Er kann sie aber, wenn sie gegen seine berechtigten Interessen verstößt, untersagen.


    Ich gehe davon aus, dass die Arbeitsgerichte den Infektionsschutz als berechtigtes Interesse sehen, und da es sich hier um eine Nebentätigkeit handelt, die ein erhöhtes Risiko darstellt, auch das Verbot durchgehen lassen würden, zumindest wenn die Haupttätigkeit ein infektionssensibler Bereich ist.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Vielen dank für die schnellen antworten,

    Ich sehe aber schon das es nicht Pauschal beantwortet werden kann . Werde aber mal mit GF Reden und schauen wie er es sieht Vielleicht ist es ja eine alleinige Aktion des AL.

  • Sollten die Gründe in der Ansteckungsgefahr Corona liegen, so macht es sicherlich Sinn, dass der AN die Hygiene-Maßnahmen seiner Nebentätigkeit (welche hoffentlich gut sind) darlegt und glaubhaft machen kann, dass es kein erhöhtes Risiko gibt.


    Ich denke nicht, dass der Arbeitgeber vertraglich eine Genehmigungspflicht festlegen kann. Das greift meines Erachtens zu weit in die Berufsfreiheit ein und ist unangemessen und benachteiligt den Arbeitnehmer einseitig. Deshalb würde solch eine Klausel wahrscheinlich nicht durch die AGB-Kontrolle kommen.

    Grundsätzlich ist eine Genehmigung im Arbeitsvertrag nicht unzulässig. Es kommt auf die Formulierung an.
    Allerdings ändert es nichts an dem notwendigen Vorliegen von "berechtigtem Interesse, das einer Nebenbeschäftigung entgegensteht". Sprich: Es ist zu genehmigen, wenn kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers dem entgegensteht.
    Und hier fehlen uns nun leider die Erfahrungen in Bezug auf die Corona-Pandemie.

    Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen. [YODA] - BRV, 9er Gremium, kein Tarif, sGBRV, sSBV

    Einmal editiert, zuletzt von esci () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von esci mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Als AN würde ich erst mal Garnichts machen!

    Der Arbeitsvertrag wurde mit dem AG geschlossen und nicht mit dem Abteilungsleiter!

    Wenn kein Widerrufsrecht vereinbart wurde kann der AG auch nicht einfach die Genehmigung widerrufen!

    Hier müsste er meiner Meinung nach mit einer Änderungskündigung reagieren.

    Und dann kann ja ein Arbeitsrichter ja mal sagen ob ein Nebenjob in der Gastro so ein großes Risiko darstellt.

  • Wenn kein Widerrufsrecht vereinbart wurde kann der AG auch nicht einfach die Genehmigung widerrufen!

    Es kann aber kein Widerrufsrecht geben, wenn eine Nebentätigkeit keine Genehmigungserfordernis hat.


    Da eine Nebentätigkeit auch kein Bestandteil eines Arbeitsvertrages beim "normalen" Arbeitgeber sein kann, kann es auch keine Änderungskündigung geben.


    LG

    Markus

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  • Solange der AN nicht mit allen (Haupt- und Neben-)Jobs zusammen die zulässige Höchstarbeitszeit pro Woche überschreitet, und, wie schon geschrieben, keine betrieblichen Interessen (z.B. Tätigkeit bei der Konkurrenz) dem Nebenjob entgegenstehen, sehe ich hier gar kein Recht des AG zu einer solchen Aufforderung.


    Aber mal ganz Lockdown-unabhängig: im Umkehrschluss hat der AG ja auch nichts zu melden, wenn der AG jeden Abend in der Kneipe hockt, nur eben auf der anderen Seite des Tresens.

    Hier mag das Infektionsrisiko für einen Gast ohne Maske am Tisch sogar größer sein als für einen MA mit Maske...


    Grüße

  • da die Gastronomie doch eh zu ist, wo sieht der Arbeitgeber hier das problem.

    Überschreitet der AN regelmäßig die zulässige Höchstarbeitszeit in beiden Tätigkeiten addiert auf 48h/woche im Mittel auf 6 Monate.

    Wenn ja, dann hat der Hauptarbeitgeber ein berechtigtes Intresse


    fehlt der AN ständig wegen der Nebentätigkeit die ja nun weil nur noch ausser Haus verkauf zulässig ist sich auf Beginn 16 bis 20 uhr verschoben hat und vorher erst ab 19 Uhr begann, und leidet deshalb die Arbeit im Hauptjob, weil zwischen 16 Uhr bis 19 Uhr hier das hoch ist, dann sehe ich da schon Gründe, sowas zu verlangen.


    Somit, Fragen was sind die Gründe und dann können die Nachvollzogen werden oder nicht und daraufhin die Klärung durchführen.


    Gruß

    Rabauke

  • Ganz so pauschal kann man das derzeit nicht sagen. Markus und Winfried haben es schon angedeutet, es kommt sehr darauf wo/was man hauptberuflich arbeitet. (und das hat uns Pit ja nicht verraten).

    Für alle "systemrelevanten" Berufsgruppen gelten da derzeit etwas andere Regeln. So kam in unserem Fall (Rettungsdienst) die Order direkt vom Innenministerium BaWü, dass alle Nebentätigkeiten, welche nicht in ebenfalls systemrelevanten Bereichen stattfinden, zu unterlassen sind.

    Natürlich wurde niemand aufgefordert seinen Nebenjob zu kündigen, man durfte ihn nur für eine gewisse Zeit nicht ausüben.

    Aber das ist natürlich eine ganz andere Hausnummer, hier kam die Vorgabe vom Innenministerium und nicht vom AG und schon gar nicht von einem Abteilungsleiter.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser