Auswirkung eingeklammerter Worte/Textpassagen in Betriebsvereinbarungen

  • Hallo zusammen!


    Ich bin bei uns im Unternehmen Mitglied im GBR. Nachdem wir seit knapp 6 Jahren erfolglos versuchten, mit HR eine GBV zu HomeOffice/Mobiles Arbeiten abzuschließen, kam nun endlich dank Corona Bewegung in diese Angelegenheit.


    HR hatte dabei in ihrem Entwurf bereits in der Präambel auf gelegentliches Arbeiten in Home-Office abgestellt:

    Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt Standards für das gelegentliche „Arbeiten im Home-Office“ bei XXX.


    Wir als GBR haben in unserem überarbeiteten Vorschlag das gelegentlich gestrichen, da wir auch regelmäßig wiederkehrendes Home-Office wie z.B. jeden Montag in der Woche regeln wollen:

    Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt Standards für das „Arbeiten im Home-Office“ bei XXX.


    Als Gegenvorschlag kam dann zurück, man könne das Wörtchen "gelegentlich" ja eingeklammert einfügen, so könne HR das dann akzeptieren:

    Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt Standards für das (gelegentliche) „Arbeiten im Home-Office“ bei XXX.


    Das hat mich nun etwas irritiert.

    Nach meinem bisherigen Rechtsempfinden würde das doch auch regelmäßiges Arbeiten mit beinhalten (also wie unsere Formulierung), da das gelegentlich ja durch die Klammerung optional ist. Stimmt das so?

    Hat sich unsere HR da wirklich selbst übers Ohr gehauen? Oder übersehe ich da etwas Wesentliches?

    Könnt ihr mir da weiterhelfen?

  • M.E. haut Euch die HR damit übers Ohr. Das geklammerte Wort wird sprachlich als Apposition, sprich als nähere Bestimmung, gelesen.


    Wenn Ihr Home Office als regelhaft durchsetzen wollt, werdet Ihr das entsprechend in der BV formulieren müssen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • "Gelegentlich" bedeutet "ab und zu kann das mal vorkommen, aber der Normalfall ist es nicht".

    Ob mit oder ohne Klammern: In einer BV, in der Home Office als Standard festgeschrieben werden soll, hat das Wort "gelegentlich" nichts zu suchen. Sonst wird die HR, sobald die Pseudopest (hoffentlich mal) vorüber ist, euch alle wieder in die Firma zitieren, da das "gelegentlich" sich auf eine Ausnahmesituation bezog und jetzt kein Grund mehr zum Home Office besteht.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • M.E. haut Euch die HR damit übers Ohr.

    Ob sie das so direkt tun, ließe sich diskutieren... (aber den Versuch sehe ich hier auch!)


    Das geklammerte Wort wird sprachlich als Apposition, sprich als nähere Bestimmung, gelesen.

    Eine Apposition ändert, per definitionem, weder Grammatikalität noch Bedeutung eines Satzes. (sagt jedenfalls Tante Wiki dazu).


    Gleichwohl sehe ich es auch so, dass das Wort in Klammern hier zu (unnötigen) Diskussionen führt, ob jetzt hauptsächlich das gelegentliche Arbeiten im Home-Office geregelt werden sollte, oder Home-Office insgesamt nur gelegentlich stattfinden soll.


    Mein Vorschlag:

    Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt Standards für das (auch gelegentliche) „Arbeiten im Home-Office“ bei XXX.


    Damit ist klar, dass damit die Regelungen auch für gelegentliches Arbeit gelten, schränkt aber tatsächlich das Home-Office nicht auf gelegentlich ein (weil auch ganz klar sagt: nicht nur...)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Eine Apposition ändert, per definitionem, weder Grammatikalität noch Bedeutung eines Satzes. (sagt jedenfalls Tante Wiki dazu).

    Genau so ist es. "Standards für das gelegentliche Arbeiten" ist bedeutungsgleich mit "Standards für das (gelegentliche) Arbeiten".

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Merci vielmals euch allen für die eindeutige Klarstellung!

    Da hätte mich mein Sprachgefühl fehlgeleitet.


    Mal sehen, wie die Verhandlungen weiterlaufen. Mit dieser Einschränkung auf nur gelegentliches mobiles Arbeiten, brauchen wir meiner Meinung nach die BV gar nicht abschließen, da das völlig an der Lebenswirklichkeit unserer MA und unseres Betriebs vorbei geht. Bei uns gibt es viele, die z.B. 1x pro Woche oder auch 1x alle zwei Wochen von daheim arbeiten. Bislang eben völlig ungeregelt und rein auf goodwill des jeweiligen Führungsverantwortlichen basierend. :(

  • Bei uns gibt es viele, die z.B. 1x pro Woche oder auch 1x alle zwei Wochen von daheim arbeiten. Bislang eben völlig ungeregelt und rein auf goodwill des jeweiligen Führungsverantwortlichen basierend. :(

    Wenn das so ist, sehe ich hier keinen Interessenunterschied. Ich würde das Wort "gelegentlich" mit oder ohne Klammer so verstehen, dass das Home-Office nicht dauerhaft betrieben wird. Also genau so, wie Ihr das gerade betreibt.

    Dauerhaft genutzt würde aus dem Home-Office ein Tele-Arbeitsplatz mit ganz anderen Voraussetzungen. Da müsste der AG die Arbeitssicherheit prüfen inkl. der Trittsicherheit des Fußbodens, der ergonomischen Voraussetzungen von Tisch und Stuhl und der Sicherheit aller im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz verwendeten elektrischen Geräte. Und in dieser Funtion hätte der AG freien Zugang zu den Wohnräumen der Mitarbeiter.

    Das will in der Regel niemand.

  • Freien Zugang zu den Wohnungen der Mitarbeiter ist durch das Grundgesetz ausgeschlossen ( GG Art.2/Art.13 ) auch wenn sich dadurch Probleme bei der Arbeitssicherheit usw. ergeben. Deshalb nennen viele AG ihre BV Mobiles Arbeiten um allerlei Rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen. Hier ist Kreativität gefragt. Gelegentlich ist als rechtlicher Begriff nicht geeignet ohne definiert zu sein im Sinne von 2 bis 3 mal pro Monat o.ä. Bei uns wird versucht 2 Tage pro Woche für Vollzeitkräfte und 1 Tag für Teilzeitkräfte zu vereinbaren. Überschreitungen in Einzelfällen unter den üblichen Betrieblichen Voraussetzungen und nach Genehmigung eingeschlossen.

  • Mal ganz grundsätzlich, was bitte hat der Begriff "gelegentlich" überhaupt in einer BV zu suchen?

    Wenn ich irgendetwas nicht ausstehen kann, dann sind es schwammige, unbestimmte Begriffe in einer BV oder überhaupt in irgendeinem Vertrag! Es geht doch darum etwas klar und eindeutig zu regeln, da verwendet man doch keine Begriffe die dazu führen, dass jeder das ein bisschen anders auslegt. (Ja ich weiß, das kommt immer wieder vor, auch gerne in Tarifverträgen, und ist meistens ein Zeichen dafür dass man sich nicht auf eine klare Regelung einigen konnte).

    Und jetzt soll der unklare Begriff auch noch eingeklammert werden, um ihn noch mehr aufzuweichen?

    Da würde ich in Richtung HR nur milde lächeln und anmerken, selbst wenn wir das BR-Büro in den Keller verlegen ist unser Niveau immer noch deutlich zu hoch um so eine unprofessionelle Kindergarten-BV abzuschließen. Selbstverständlich wird in einer BV zum Home Office klar geregelt wer, wann, wie oft und aus welchem Grund Home Office machen Kann/soll und wir werden nicht einen ganzen § mit mehreren Absätzen durch (gelegentlich) in der Überschrift ersetzen.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Mal ganz grundsätzlich, was bitte hat der Begriff "gelegentlich" überhaupt in einer BV zu suchen?

    Wenn ich irgendetwas nicht ausstehen kann, dann sind es schwammige, unbestimmte Begriffe in einer BV oder überhaupt in irgendeinem Vertrag! Es geht doch darum etwas klar und eindeutig zu regeln, da verwendet man doch keine Begriffe die dazu führen, dass jeder das ein bisschen anders auslegt. (Ja ich weiß, das kommt immer wieder vor, auch gerne in Tarifverträgen, und ist meistens ein Zeichen dafür dass man sich nicht auf eine klare Regelung einigen konnte).

    Und jetzt soll der unklare Begriff auch noch eingeklammert werden, um ihn noch mehr aufzuweichen?

    [...]

    Ja, da kann ich dir nur zustimmen. Leider ist unsere HR nicht gerade mit der hellsten Kerze auf der Torte besetzt und noch dazu mit einer Person, die sehr von sich und ihren Ansichten überzeugt und zugleich sehr beratungsresistent ist. Es ist ein echtes Elend, und gestaltet die Zusammenarbeit sehr, sehr schwierig.


    Aber wie dem auch sei, wir haben weiter verhandelt und konnten das "gelegentlich" streichen lassen. Zwar nicht, indem wir HR überzeugen konnten, aber indem irgendwann der dieses Mal auch anwesende GF sagte, "Damit wir hier nicht weiter meine teure Arbeitszeit wegen dieses kleinen Wörtchens vergeuden, streichen wir das jetzt einfach!" Immerhin. :D

  • Wir sind mit der Erziehung noch nicht fertig (fällt immer wieder in alte Muster zurück)

    da solltet ihr dann mal mit eurem AG sprechen, hat wohl die falschen Leute am falschen Platz...:S


    es gibt aber scheinbar mehrere Ausbilder/Erzieher von HRlern, unserer ist gar nicht so verkehrt, ist halt AG,aber durchaus menschlich was ja leider immer seltener wird



    hhhmmmm, irgendwie müsste dieser Thread so langsam in den Smalltalk verschoben werden

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Hallo Homer, auch wenn die Diskussion eigentlich drüber weg ist, möchte ich das hier so nicht stehen lassen:

    Freien Zugang zu den Wohnungen der Mitarbeiter ist durch das Grundgesetz ausgeschlossen ( GG Art.2/Art.13 )

    Das GG bleibt da völlig unberührt.

    Wenn ein AN und AG Telearbeit vereinbaren, muss der AG in den Räumen des AN für Arbeitssicherheit sorgen. Das müsste dann natürlich auch so im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Rechtsgrundlage für den Zugang ist dann nicht ein Gesetz, sondern der Vertrag. Wenn der AN das nicht will, darf er den Vertrag nicht unterschreiben.

    Wenn ich einen Handwerker beauftrage, meine Heizung zu reparieren, muss ich den in die Wohnung lassen, sonst mache ich mich schadenersatzpflichtig. Da kann mich lange aufs GG berufen.