Nachrücker während der Kündigungsfrist

  • Hallo Betriebsräte,


    Mit der Suchfunktion bin ich leider nicht fündig geworden, deshalb hier eine Frage in die Runde, ob schon mal einer die Erfahrung gemacht hat;


    Folgender Fall: ordentliches BRM wird fristlos gekündigt. Gekündigtes BRM reicht Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein. Beide Parteien (Rechtsanwälte) einigen sich noch vor der Güteverhandlung. Ergebnis, Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Die Frist läuft bis ende April 21. Ist bis dahin ein Ersatzmitglied zu laden oder gleich als Nachrücker in den BR aufzunehmen ? Hatte jemand schon mal so einen Fall ?


    Viele Grüße

  • Hallo dr.d,

    bei Verhinderung (wenn der gekündigte bis ende 4/2021 freigestellt ist) rückt ein Ersatzmitglied nach. Insofern ist das nachgerückte BRM zur Zeit der Nachrückung ja immer ein vollwertiges BR Mitglied. §25(1) BetrVG.

    Da der Gekündigte aber noch bis Ende April beschäftigt ist, denke ich, dass es eine zeitweilige Verhinderung ist. Ich habe aber hierzu keine Kommentare gefunden, ob es zeitweilig ist wenn keine Rückkehr angenommen werden kann. Da aber eine Umbesinnung von AG und Gekündigten bis zum Ende der Auslauffrist theoretisch noch möglich ist (wenn auch unwahrscheinlich), kann eine Rückkehr nicht 100% ausgeschlossen werden und das würde die zeitweilige Verhinderung begründen. Außer die Nachbesetzung von evtl. Funktionen im BR vom Gekündigten dürfte es aber keinen Unterschied zum kompletten Nachrücken geben.

  • Hallo DR.D.,


    ich bin da anderer Meinung wie meine Vorredner. Ein BRM, das von seinem Arb.Geb. von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten freigestellt wurde ist grundsätzlich noch nicht aus dem Betrieb ausgeschieden. Daher kann das BRM weiterhin an BR-Sitzungen teilnehmen. Weder die Freistellung noch ein ausgesprochenes Hausverbot können sich auf die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten beziehen. Daher ist das gekündigte BRM weiterhin, bis zu seinem endgültigen Ausscheiden Mitglied des Betriebsrates und daher berechtigt und verpflichtet an BR-Sitzungen teilzunehmen. (Fitting §25 RZ17 vorletzter Satz)


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • bis zu seinem endgültigen Ausscheiden Mitglied des Betriebsrates und daher berechtigt und verpflichtet an BR-Sitzungen teilzunehmen. (

    Berechtigt an den Sitzungen teilzunehmen ist er in jedem Fall (ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er das möchte). Eine Pflicht zur Teilnahme sehe ich allerdings nicht.


    dr.d : möchte er tatsächlich noch teilnehmen?

  • Ein BRM, das von seinem Arb.Geb. von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten freigestellt wurde ist grundsätzlich noch nicht aus dem Betrieb ausgeschieden.

    Das ist im Prinzip richtig. Das gilt für AN in der Passivphase der Altersteilzeit aber ganz genauso. Und trotzdem hat das BAG schon vor Jahren klargestellt, dass der AN in der Passivphase nicht mehr wahlberechtigt und wählbar ist, weil ihm die Einbindung in den Betrieb fehlt. Das würde ich analog so für ein gekündigten und freigestellten AN sehen.


    Ich gebe aber gerne zu, dass mir kein Urteil bekannt ist, das das für ein ausscheidendes BRM regelt.


    Vor dem Hintergrund halte ich den offiziellen Rücktritt des BRM auch für den sinnvollsten Weg. Dem BRM kann es egal sein, aber der BR hat so Rechtssicherheit. (Wie so oft: Warum im Trüben fischen und rumrätseln, wenn es doch so einfach ist, haltbare Fakten zu schaffen?)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wir sind uns aber schon einig, dass die Teilnahme an den BR-Sitzungen zu den Amtspflichten eines Betriebsrates gehört, oder?

    Im Prinzip schon, aber in diesem Fall wird der nicht zur Sitzung kommen, da er sich als Verhindert ansieht (wie Urlaub....). Ob es ein Verhinderungsgrund ist? Ich würde denken schon, da alle anderen Fälle in denen meine Pflicht zur Arbeitsleistung ruht auch als Verhinderung gesehen werden (Urlaub, Überstundenabbau, Krankheit, Elternzeit.....).

    Aber auch wenn es keine echte Verhinderung ist wird er nicht kommen. Dann bleibt noch Ausschluss aus dem BR wegen grober Pflichtverstöße beim Arbeitsgericht zu beantragen. Da würde ich eher von einer Verhinderung ausgehen.

  • Das gilt für AN in der Passivphase der Altersteilzeit aber ganz genauso

    Hierüber könnten wir bei einer unwiderruflichen Freistellung durchaus diskutieren. Allerdings geht das BAG Urteil das im Fitting bemüht wird, davon aus, dass das BRM weiterhin in Amt und Würden ist. (BAG vom 08.09.2011 - 2 AZR 388/10)

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • ich kann mich an ein Urteil erinnern, in dem der gekündigte weiter an den BR-Sitzungen teilnehmen konnte.

    Daher bin ich bei Markus. Wenn er also nicht mehr teilnehmen will soll er seinen Rücktritt erklären!


    Gruß

    Rabauke


    zu Langsam, Danke Markus für das urteil, ich war noch auf der Suche und wurde dabei aufgehalten. Hätte wohl vor dem Posten erst schauen sollen, was in der Zeit passiert ist. Bin halt alt

  • Bin halt alt

    in einem anderen Fachforum gibt es für Forumsteilnehmer die schon lange dabei sind die Bezeichnung Methusalem. Sollen wir das für Dich dann beantragen?


    Thematisch bin ich mit meiner Antwort bei Markus und dem Methusalem

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Folgender Fall: ordentliches BRM wird fristlos gekündigt.

    (Off Topic) Ich bin neugierig: Was hat das BRM sich denn zuschulden kommen lassen, dass der BR dem zugestimmt hat?

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Berechtigt an den Sitzungen teilzunehmen ist er in jedem Fall (ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er das möchte). Eine Pflicht zur Teilnahme sehe ich allerdings nicht.


    dr.d : möchte er tatsächlich noch teilnehmen?

    Hallo Schimmelchen,

    Der Kollege hat jeglichen Kontakt zum Gremium abgebrochen. Gehe davon aus, das er kein Interesse hat, an den Sitzungen Teilzunehmen, da er sich nicht meldet und auf Einladungen nicht reagiert.

  • Der Kollege hat jeglichen Kontakt zum Gremium abgebrochen. Gehe davon aus, das er kein Interesse hat, an den Sitzungen Teilzunehmen, da er sich nicht meldet und auf Einladungen nicht reagiert.

    Dann wird er auch nicht mehr (wie hier bereits vorgeschlagen) von seinem Amt zurücktreten. Ich würde ihn als vorübergehend verhindert ansehen und Ersatz laden. Solange er kein Amt hatte macht es ja erst mal keinen Unterschied ob das Ersatzmitglied vorübergehen oder bereits jetzt komplett nachrückt. Ansonsten bleibt euch nur den Ausschluss beim Arbeitsgericht zu beantragen.

  • Der Kollege hat jeglichen Kontakt zum Gremium abgebrochen. Gehe davon aus, das er kein Interesse hat, an den Sitzungen Teilzunehmen, da er sich nicht meldet und auf Einladungen nicht reagiert

    Das ist eine blöde Situation für den BR. De facto ist er noch BRM und wenn er geladen wird, was er ja muss, dann aber nicht auftaucht, ohne sich zu entschuldigen, dann fehlt er unentschuldigt und es darf auch kein Ersatzmitglied geladen werden.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • dann fehlt er unentschuldigt

    Bei jeder anderen Freistellung von der Arbeitsleistung (Krank, Mutterschutz, Freizeit, Urlaub...) kann der BR -Vorsitz einfach von einer Verhinderung ausgehen. Wenn der BR trotzdem zur Sitzung möchte muss er das dem Vorsitz mitteilen damit er geladen wird. Er hat also das Anrecht zu kommen, aber nicht die Pflicht zur Teilnahme.


    Warum soll das bei dieser Freistellung von der Arbeitsleistung nicht auch so sein. Mir erschließt sich das so nicht.

  • Ich würde hier ebenfalls von einer Verhinderung im Sinne von Urlaub ausgehen, bei der das BRM aktiv die Teilnahme ankündigen müsste. Zur Sicherheit würde ich die Info noch mal an den Kollegen per E-Mail schicken und dann Ersatz laden.

    Bis April kann man das aussitzen.

  • Naja, so ganz stimmt das nicht.


    Bei Urlaub bin ich zwar berechtigt, an Sitzungen Teilzunehmen, aber wenn ich nicht möchte gilt das auch als verhindert, weil unzumutbar, weil dem Erhohlungszweck des Urlaubs widersprechend. Deshalb kann ich als BRV grundsätzlich davon ausgehen, dass das BRM im Urlaub verhindert ist, solange ich nicht etwas anderes höhre.


    Bei Krankheit oder Freizeit bin ich nicht verhindert. Bei Krankheit bin ich nur dann verhindert, wenn meine Krankheit mich auch tatsächlich auch daran hindert, an der Sitzung teilzunehmen. Schichtfrei oder Überstundenfrei ist kein Verhinderungsgrund für eine BR-Sitzung.


    Und ich sehe eine Freistellung eher so, wie Schicht oder Überstundenfrei, da ich ja nur von der Arbeitsleistung befreit bin.

    Im Gegensatz dazu hat der Urlaub einen gewissen Sinn (Erholung)

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand