Schriftliche Ermahnung des Betriebsratsvorsitzenden wegen "unangemessener innerbetrieblicher Kommunikation"

  • Guten Morgen,


    wenn ich als BRV von der Geschäftsleitung wegen angeblicher "unangemessener innerbetrieblicher Kommunikation" eine formelle Ermahnung mit Eintrag in die Personalakte bekommen habe. Kann ich mich da nur individualrechtlich über einen Anwalt wehren, oder ist das etwas das der BR Anwalt machen kann?

    Brauchen wir dazu einen Beschluss? Und wenn ja, wie würde so einer lauten?


    Grüße

    Kaffeeschlürfer

  • Da es sich um eine individualrechtliche Angelegenheit handelt ist das eigene Vorgehen die einzige Möglichkeit.
    Der Betriebsrat ist ja als ganzes nicht betroffen und beteiligt.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Guten Morgen


    Du bist nicht der Erste BRV, der sich bei der Geschäftsleitung unbeliebt macht. Das würde auch bedeuten du setzt dich nicht für deine Kollegen(innen) ein. Was hast du denn Schlimmes gemacht laut Arbeitgeber?

    Individualrecht geht immer. Wir würden da wegen Betriebsratsbehinderung gegen angehen.

    Einen Beschluss fassen und los gehts. Es ist immer wichtig sich restpeckt zu verschaffen. Der Arbeitgeber wird euch so lange nerven bis es euch reicht.

    Sucht euch einen Anwalt eures Vertrauens der formuliert den Beschluss für euch.


    Grüße

    Die BR Helden

  • also erstmal aufgrund welchem Verhaltens ist das denn gemacht worden? Was hast Du denn kommuniziert?

    Hast du im Rahmen eines Beschlusses des BR gehandelt oder als Mitarbeiter xy der auch BRV ist?


    Als BRV, also im Rahmen eines Beschlusses des BR, würde ich dem AG klar machen, dass er das doch bitte sofort aus der Akte entfernen möge weil er ansonsten das Ganze nochmal kostenpflichtig vom Anwalt des BR schriftlich mitgeteilt bekommt.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • "unangemessener innerbetrieblicher Kommunikation"

    Wenn nur der Arbeitgeber das für unangemessen hält, schließe ich mich den rtjum und BR Helden an.


    Wenn mit unangemessen aber gemeint ist, dass du persönlich jemanden beleidigt hast oder Mobbing betreibst, dann würde ich es als eine rein individualrechtliche Angelegenheit betrachten.

  • Hallo Kaffeschlürfer,


    du merkst bereits an den bisherigen Antworten, dass es nicht sofort zu beantworten ist.


    Es kommt wieder einmal darauf an.......


    Hast du als BRV gehandelt bzw. in der Funktion als BRM kann dich der Arbeitgeber nicht er- bzw. abmahnen, zumindest ist es einmal ziemlich umstritten, ob es eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gibt oder nicht. Um fehlverhalten von BRM zu sanktionieren gibt es den §23 BetrVG. Andere Stimmen sagen, dass eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört. Auf alle Fälle hat eine Betriebsverfassungsrechtliche Ermahnung oder Abmahnung nichts in der Personalakte verloren, da dort nur Dinge hineingehören, die das Arbeitsverhältnis betrifft. Deine Tätigkeit als BRM hat aber nichts mit deinem Arbeitsverhältnis zu tun.


    Solltest du allerdings gegen eine Arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht verstoßen haben, so kann dich dein Arbeitgeber auch dafür er- bzw. abmahnen und das gehört dann auch in die Personalakte.


    Geht es also darum, dass du als BRV deinen Arbeitgeber in einem Aushang beleidigt oder herabgewürdigt hast, könnte der Arbeitgeber dich von einem Arbeitsgericht aus dem BR entfernen lassen, wenn die Herabwürdigung bzw. Beleidigung stark genug war. Hast du das als normaler Arbeitgeber getan, so kann er abmahnen oder dich fristlos kündigen.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ich denke auch, hier kommt es maßgeblich darauf an, was genau der AG moniert.


    Handelt es sich um eine offizielle Kommunikation des BR, würde ich, ganz so, wie rtjum es schreibt, dem AG freundlich aber bestimmt mitteilen, dass er hier gerade gegen § 119 (1) Ziffer 2 (Behinderung der BR-Arbeit) und Ziffer 3 (Benachteiligung eines BRMs) BetrVG verstößt. Um der Sache keine unnötige Weiterung zu geben, wärest du bereit, eine Entfernung der Notiz aus deiner Personalakte als ausreichend zu betrachten. Andernfalls sähe sich der BR genötigt, hier das Arbeitsgericht anzurufen.


    Reicht das nicht aus, wäre die nächste Maßnahme ein Beschluss des BRs, dass sie diese Behinderung der BR-Arbeit nicht hinnehmen und den RA ... mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftragt. (Wenn man freundlich sein will, kann man den RA erst einmal bitten, den AG kostenpflichtig anzuschreiben, d.h. den Standpunkt aus juristischer Fachsicht noch einmal zu erläutern, bevor das Ganze zum Arbeitsgericht geht. Und erst im zweiten Schritt wirklich das Gericht anzurufen. (Das ist aber eine Entscheidung, die muss da Gremium treffen und hängt stark davon ab, wie der Ton zwischen den Betriebsparteien ist.)


    Die notwendige Beschlussvorlage wird euch der RA gerne erstellen. Er ist an der Stelle nämlich Sachmittel (zur Durchsetzung eurer Rechte) und die Kosten trägt der AG. Aber natürlich nur, wenn der Beschluss hieb- und stichfest ist. (Weswegen die RAe hier gerne eine Vorlage liefern, dass erhöht ihre Chancen ihre Forderung notfalls durchzusetzen.)


    Hast du dich aber als Kollege (der zufällig auch gerade BRV ist) im Ton vergriffen, dann kurz drüber nachdenken, was schief gelaufen ist, was du nächstes Mal besser machen kannst - und Häkchen dran.


    NACHTRAG:

    Ich sehe, Markus und ich sind uns mal wieder einig...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

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  • War den ganzen Tag in Meetings...


    ich habe einer Kollegin aus unserer Personalabteilung Feedback zu einer Aktion der Personalabteilung gegeben. Das Ganze "informell" im MS Teams Chat, aber klar ersichtlich als BR Mitglied.

    Unsere Firma hat wie viele andere börsennotierte Unternehmen Covid-19 zum Streichen von Sozialbudgets und dem Ausfallen-lassen der Jährlichen Gehaltsanpassung genutzt.

    Dafür haben sie als "Adventskalender-Ersatz" täglich eine "Mindful Advent" E-Mail verschickt.Immer so Kalender- und Sinnsprüche Zeug.

    Das anonyme Feedback einiger Kollegen war teil sehr drastisch und das habe ich dummerweise ungefiltert weiter- und wiedergegeben. Es wurde also keine jugendfreie Sprache verwendet.

  • Gegen die Abmahnung (nichts anderes ist eine schriftliche Ermahnung) würde ich mich auch wehren, zunächst mit einer Gegendarstellung und Aufforderung der Entfernung aus der Personalakte, ansonsten mit Anwalt.


    Wer solche *nicht jugendfreier Ausdruck zensiert* Ideen hat, sollte besser nicht rückfragen, wenn er keine ehrliche Meinung verträgt...:P

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • und das habe ich dummerweise ungefiltert weiter- und wiedergegeben. Es wurde also keine jugendfreie Sprache verwendet.

    Was? Nein! Das hast du im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit 1:1 (also ohne Zensur und ohne Beschönigung) weitergegeben... dafür, wie die Kollegen sich ausdrücken kannst du doch nix...


    Kannst du die anonymen Äußerungen belegen? (Zettel im Briefkasten o.ä.?)

    Dann wäre es an der Zeit damit beim AG aufzulaufen und Klartext zu reden. Frei nach der Devise:


    Ich bin ja auch durchaus der Meinung, dass man das hätte anders formulieren können, aber wenn die Kollegen es so drastisch formulieren (s. Beleg), dann fand ich es im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit geboten, dass auch sie sehen und verstehen, wie drastisch das bei den Kollegen ankommt. Mir kann es doch egal sein, ob die Kollegen innerlich kündigen und nur noch Dienst nach Vorschrift machen bevor sie ganz gehen. Aber sie sollten doch wissen, was da in der Belegschaft passiert. Ohne Filter und ohne Beschönigung!


    Dass ihnen das nicht gefällt, kann ich nachvollziehen, aber eigentlich dachte ich, dass die Zeiten wo der Überbringer der schlechten Nachrichten dafür büßen muss, lange vorbei sind. So kann man sich täuschen...


    Und nur der Vollständigkeit halber: wenn sie den Aktenvermerk in meiner Personalakte belassen, obwohl ich nachweislich nur meiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabe nachgekommen bin und im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit offen war, dann ist das ein Fall von "Behinderung der Betriebsratsarbeit" gem. § 119 (1) Ziffer 2 BetrVG (Arbeitgeber "lieben" es, wenn man ihnen gleicht mit dem Gesetz kommt, aber in diesem Fall würde ich das genau so machen). Lesen sie mal nach, was jetzt kommt. Und denken sie mal drüber nach, wie wir unsere weitere Zusammenarbeit gestalten wollen, wenn wir nicht mehr offen miteinander reden können...


    Und dann mal schauen, wie der AG sich verhält.


    Gegen die Abmahnung (nichts anderes ist eine schriftliche Ermahnung)

    Da würde ich dann doch differenzieren wollen. Natürlich hast Du Recht: ob da oben drüber Ermahnung oder Abmahnung steht, ist nicht entscheidend. Eine Abmahnung ist es aber erst, wenn gleichzeitig mit dem Hinweis auf zu unterlassendes Fehlverhalten arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden. Passiert das nicht, könnte da immer noch Abmahnung drüber stehen und es wäre nur eine Ermahnung! ;) (Ja, ich weiß, ist wieder Erbsen zählen am Hochreck...)

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  • Ich würde zuerst den Inhalt der Abmahnung betrachten, wenn es etwas ist, womit ich umgehen kann, dann würde ich mit dem Vorgesetzten sprechen und es besprechen. Aber wenn du das schon mehr als einmal hast, würde ich mich an einen Anwalt wenden, denn der kann die Formfehler prüfen und auch, wenn du Schadensersatz zahlen muss, kann er diesen auch reduzieren.