Nachträgliche Änderung personeller Maßnahmen

  • Hallo,


    wir haben das Problem, dass der BR schon mehrfach feststellen musste, dass die Geschäftsleitung sich nicht an die dem BR vorgelegten personellen Maßnahmen hält. Aktuell eskaliert gerade ein Fall in Bezug auf eine Einstellung einer AT-Mitarbeiterin.


    Dem BR wurde vor der Einstellung ordnungsgemäß eine Unterrichtung zu der personellen Einzelmaßnahme (in dem Fall die Einstellung) mit Angabe des geplanten AT-Entgelts inkl. der Bonusregelungen vorgelegt. Dieser wurde auch zugestimmt. Nun haben wir erfahren, dass es nach der Beschlussfassung des BR, aber vor Vertragsunterzeichnung, noch eine Nachverhandlung gab, durch die erheblich von der zugestimmten Maßnahme hinsichtlich der Vergütung abgewichen wurde. Der neuen Regelung hätte der BR so nicht zugestimmt (gem. §99 Abs. 2 Ziff 1 BetrVG), Erst jetzt, ein halbes Jahr nach der Einstellung, haben wir durch Zufall von der Aktion Wind bekommen. Von einer vorläufigen personellen Maßnahme nach §100 kann also keine Rede mehr sein, da hätte unverzüglich eine Information erfolgen müssen.


    Jetzt stellt sich die Frage, ob die GL nicht vor der Vertragsunterzeichnung und Einstellung eine erneute Anhörung hätte vorlegen müssen. Wenn dem so wäre, stellt sich natürlich die Frage, ob die ganze Einstellung nicht eigentlich nichtig ist.


    Die Sache ist für uns als BR brisant, da durch die nachträgliche Änderung Regelungen eines firmenbezogenen Ergänzungstarifvertrags umgangen und die eingestellte Person dadurch gegenüber allen anderen Mitarbeitern - auch den anderen ATlern - erheblich besser gestellt wird.


    Wie gesagt wurden schon mehrfach beschlossene Anhörungen nicht gemäß der Beschlussfassung umgesetzt oder der BR wurde nicht über Umgruppierungen informiert. Insbesondere im AT-Bereich ist das eher die Regel als die Ausnahme. Hier muss wohl von Behinderung der Betriebsratsarbeit ausgegangen werden, so dass wir uns der Sache generell annehmen müssen.


    Für den konkreten Fall oben brauchen wir aber eine Einschätzung des Sachverhalts, ob die Einstellung in dieser Form überhaupt rechtlich Bestand hat. Schon jetzt vielen Dank für eure Hilfe!

  • Gegen welchen Punkt von §99 Abs. 2 Ziff 1 wurde verstoßen?
    Gesetz, Verordnung, Unfallverhütungsvorschrift, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, gerichtliche Entscheidung oder behördliche Anordnung.

    Wenn dann kann ich mir nur Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vorstellen aufgrund des Textes.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Hallo,


    zuerst einmal kommt es gar nicht darauf an, ob der BR zugestimmt oder abgelehnt hätte, wenn Mitbestimmungsrechte verletzt wurden. Das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Handlungsspielraum des BR gegen "Null" tendiert, wie es derzeit öfter mal der Fall ist bei pandemiebedingten Maßnahmen.

    Entscheidend ist zuerst einmal nur, ob der AG seiner Informationspflicht bei einem Mitbestimmungstatbestand ausreichend nachgekommen ist und ob der BR seine Mitbestimmungsrechte überhaupt wahrnehmen konnte.


    Wenn dem BR wichtige Informationen vorenthalten wurden und/oder der BR seine MBR nicht ausüben konnte, obwohl das MBR bestand, kann dies gerichtlich festgestellt werden.

    Zwar greift ein derartiger Beschluß über die Mißachtung des MBR nicht in individualrechtliche Rechtsverhältnisse ein (im vorliegenden Fall würde das Arbeitsverhältnis im vollen vertraglichen Umfang bestehen bleiben), aber das ArbG kann zB dem AG für die Zukunft Bußgelder androhen, die bei jedem weiteren vergleichbaren Fall der Mißachtung von MBR fällig werden würden.

  • suppenkasper

    Verstoß gegen firmenbezogenen Ergänzungstarifvertrag samt zugehöriger BV. Es geht um "Mitarbeiterbeiträge" nach einer Insolvenz, also Entgeltverzicht. Im konkreten Fall wurde das anders gemauschelt. Auf dem Papier verzichtet die Person zwar trotzdem auf Geld, aber nur in dem eine leistungsabhängige Prämie nicht bezahlt wird, deren Zahlung nicht sichergestellt wird.

    Der BR hatte einer anderen Regelung zugestimmt, nach der es Gehalt + Prämie gegeben hätte, aber eben unter Abzug des Mitarbeiterbeitrags.


    albarracin

    ok, dann haben wir gegen den Bestand des Arbeitsverhältnisses also keine Handhabe (da gibt es noch weitere Probleme), dafür aber die Möglichkeit, dem AG mit Ordnungsgeld zu drohen. Immerhin etwas. Die fehlenden Infos sind leider gang und gäbe.

  • Moin,


    hier kommt noch dazu dass zwischen der Zustimmung zur Einstellung und der Eingruppierung unterschieden werden muss. Der BR kann der Einstellung zustimmen, der Eingruppierung aber widersprechen. Die Auswirkungen sind aber marginal, der AG wird dadurch lediglich aufgefordert, den AN korrekt einzugruppieren. Auf die Einstellung selbst hat das aber keinen Einfluss.

  • Hallo,


    wenn es so ist

    Die fehlenden Infos sind leider gang und gäbe.

    dann dokumentiert die Vorgänge mit fehlenden Informationen und/oder Verletzung der Mitbestimmung so umfangreich und vollständig wie möglich, beschließt die Beauftragung eines Anwalts und legt diesem die Dokumentationzur Prüfung und ggfs. zur Klageerhebung vor.