Informationsrecht nach §178 Absatz 2 bei einer Führungskräfteschulung/entwicklung

  • Hallo ihr Lieben,


    meine Firma möchte inhouse eine Schulungsmaßnahme über 18 Monate für angehende Führungskräfte durchführen.

    Bewerben konnte sich jeder aus dem Betrieb, genommen wird jedoch nur eine Auswahl.


    Nachdem ich bei der Personalabteilung gefragt habe was es mit dem Verfahren auf sich hat und inwieweit scherbehinderte sich beworben haben (Information kam über den Betriebsrat und das Intranet das da was stattfindet), bekam ich folgende Antwort:


    "Wir fühlen uns, wie schon am Telefon erwähnt, weitgehend


    entscheidungsfähig, was die Besetzung der Nachwuchsprogrammplätze angeht


    Zu Ihrer Frage: ja, wir hatten 5 Bewerbungen schwerbehinderter Kollegen. Ich hatte allen


    vor dem Interview angeboten, den BR-Schwerbehindertenvertreter dazuzuholen."


    Meine Frage an euch lautet:


    Ist hier der §178 Absatz 2 verletzt worden?


    Habe bis jetzt nur ein Grundseminar gemacht, deswegen verzeiht mir bitte wenn die Antwort offensichtlich ist :saint:.

  • Hallo,


    Ist hier der §178 Absatz 2 verletzt worden?

    klar wurde der verletzt, und zwar insbesondere Satz 5:

    "Die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht auf Beteiligung am Verfahren nach § 164 Absatz 1 und beim Vorliegen von Vermittlungsvorschlägen der Bundesagentur für Arbeit nach § 164 Absatz 1 oder von Bewerbungen schwerbehinderter Menschen das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen."

    Diese Vorschrift gilt auch ohne wenn und aber für interne Bewerber- und stellenbesetzungsverfahren. Damit ist das ganze Verfahren schon rechtswidrig.

    Für den BR ist die rechtswidrige Nichtbeteiligung als Gesetzesverstoss ohne weitere Begründung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 ein Ablehnungsgrund.


    Dein AG hat aber noch mehr Fehler gemacht:

    Ich hatte allen


    vor dem Interview angeboten, den BR-Schwerbehindertenvertreter dazuzuholen."

    Diese Frage ist dem Arbeitgeber streng verboten. Die Rechtsprechung hat dies so entschieden, denn der AG darf nicht provozieren, daß ein sb Bewerber sich auf § 164 Abs. 1 Satz 9 beruft:

    "Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt."

    Eine derartige Ablehnung darf nur vom sb Bewerber selbst kommen, ohne vorherige Suggestivfragen.

    Die Stellung einer solchen Frage wie von Deinem AG begründet grundsätzlich für jeden abgelehnten sb Bewerber den Anschein der Diskriminierung im Sinne des § 7 AGG

    § 7 AGG - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

    und begründet einen Schadensersatzanspruch.


    Deswegen kannst Du Deiner Personalabteilung darauf antworten,

    "Wir fühlen uns, wie schon am Telefon erwähnt, weitgehend


    entscheidungsfähig, was die Besetzung der Nachwuchsprogrammplätze angeht

    daß sie durchaus nicht entscheidungs- und handlungsfähig ist, weil ihr offensichtlich fundamentale Rechtskenntnisse fehlen.


    Du hast jetzt zwei Optionen:


    1. Du versuchst es im Guten und teilst Deinem AG mit, daß das Verfahren total vermurkst ist und er möge es doch bitte neu starten.

    2. Du holst sofort Deine größte Keule heraus und setzt das Verfahren gem. § 178 Abs. 2 Satz 2 aus. Dabei verlangst Du die Nachholung der Information und auch der Teilnahme an den Bewerbergesprächen. Dieser Anspruch ist ggfs. auch arbeitsgerichtlich durchsetzbar - falls nötig durch eine einstweilige Verfügung.


    Und natürlich informierst Du den BR ausführlich über die Gesetzesverstösse des AG und Deine Maßnahmen.

  • WOW,


    soviel Kompetenz von den Moderatoren, da brauche ich schon nicht mehr zu antworten.

    Ein unbewohntes Bild in einem Forum, das die Moderatoren auch noch über Fachwissen verfügen. Ich bin begeistert.


    meine Ergänzende Anmerkung zu dem Thema, den BR mal fragen wie er so die §§96, 97, und 98 BetrVG ließt? Ob Ihm bewust ist, dass es hier Mitbestimmungstatbestände auch bei der Auswahl des Anbieters gibt und ob die seminargebende Stelle auch aus seiner Sicht geeignet ist und inwieweit er hier seine Mitbestimmungsrechte nach dem §§ des BetrVG geltend gemacht hat.


    es ließt sich derzeit nicht so, als ob der BR einbezogen war.


    Viel Erfolg beim Kämpfen um deine Leute


    Rabauke.