Verein zum Schutz von Betriebsratsgründungen

  • Als großes Problem bei der Betriebsratsgründung sehe ich, dass es sich meist um eine kleine Gruppe von Initiatoren handelt, die schon bei der Nennung des Unworts „Betriebsrat“ Repressalien der Unternehmensführung ausgesetzt sind. Ich gehe gerade mit der Idee schwanger einen gemeinnützigen Verein zu gründen, um den Mitarbeitern eine geschützte Plattform anzubieten, eine Wahl zu initiieren. Die Vorgehensweise könnte ich mir wie folgt vorstellen:


    • Jedes Vereinsmittglied kann eine Firma vorschlagen für deren Mitarbeiter der Verein dann aktiv die Installation eines Betriebsrates unterstützen soll.
    • Der Vereinsvorstand priorisiert monatlich die Liste der vorgeschlagenen Projekte anhand der finanziellen, personellen Ressourcen des Vereins und Anzahl der jeweilig in den Firmen betroffenen Mitarbeiter.
    • Anhand der Firmenorganisation und Größe wird vom Vorstand eine Mindestanzahl von Vollmachten (siehe Punkt 5) festgelegt. Z.B.: Für eine Firma mit 1000 Mitarbeiter an nur einem Standort muss die Mindestanzahl von 75 Vollmachten erreicht werden, um einen Fachanwalt zu beauftragen und den Prozess zu starten.
    • Wurde eine Firma ausgewählt, werden deren Mitarbeiter aktiv über Social Media, Post, Plakat usw. beworben, dem Verein beizutreten und die Firma wird namentlich auf der Homepage des Vereins genannt.
    • Die Vollmacht, dass der vom Verein beauftragte Anwalt, vom Mitarbeiter bevollmächtigt ist, in seinem Namen tätig zu sein, kann jedes Vereinsmitglied ausstellen, wenn es wahlberechtigt für den vorgeschlagenen Betrieb ist.
    • Wird innerhalb von 6 Monaten nach Veröffentlichung des Betriebes auf der Vereinshomepage die Mindestzahl an Vollmachten nicht erreicht, werden die Aktivitäten für die Mitarbeiter des Betriebs eingestellt und die bereits erstellten Vollmachten werden vernichtet.
    • Sobald die Mindestanzahl von Vollmachten erreicht ist, wird im Bereich des für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitsgerichts ein Fachanwalt für Arbeitsrecht vom Verein beauftragt und es werden ihm die Vollmachten übergeben.
    • Der Anwalt informiert den Arbeitgeber über die notwendige Durchführung einer Betriebsversammlung als Vorbereitung der Betriebsratswahl nach Betriebsverfassungsgesetz und begleitet diese umfänglich.

    Vorteile:

    • Die Mitarbeiter bleiben anonym bis der Anwalt beauftragt wird.
    • Mitarbeiter werden ermuntert sich für Wahlausschuss und als Betriebsratskandidat aufstellen zu lassen
    • Wenn sich 5-10 % der Belegschaft outen sind Repressalien sinnlos.
    • Die anwaltliche Betreuung wird Arbeitgeber abschrecken gegen die Mitarbeiter vor zugehen.


    Nachteile:

    • Je nach Betriebsgröße sind Anwaltskosten von 500 bis 10.000 Euro pro Aktion zu erwarten.
    • Spenden für den Verein zu bekommen wird erheblichen Aufwand generieren
    • Die Anwaltskosten können nicht als Wahlkosten bei Arbeitgeber geltend gemacht werden.
    • Kosten von 12 € Jahresbeitrag und Antrag auf Vereinsmitgliedschaft müssen von jedem investiert werden, ohne Garantie auf Erfolg.

    Ich möchte gerne aus Euren Erfolgen, Erfahrungen und Fehlern lernen, um möglichst schnell und erfolgreich den Verein zu gründen und ein erstes Projekt durchzuführen. Euer Feedback soll nicht nur Fakten enthalten, es darf gerne auch ein Brainstorming von Ideen und Bauchgefühlen sein.

  • Hallo SpareLog,


    wenn du dir mal im Betriebsverfassungnsrecht ansiehst, wirst du feststellen, dass deine Idee nicht funktionieren kann. Eine Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes können nur 3 MA des Betriebes, ein Gesamtbetriebsrat bzw. Konzernbetriebsrat oder eine Gewerkschaft bestellen. Nur wenn trotz Einladung kein Wahlvorstand bestellt wird, kann ein Arbeitsgericht einen Wahlvorstand bestellen.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • wenn es den Verein offiziell gibt, wie willst Du dann verhindern das er unterwandert wird?


    Ich meine wenn man heute einen BR gründen will, dann treffen sich die MA "privat" im Kreise derer die sich vertrauen.

    So soll verhindert werden, das "Zuträger des AG" frühzeitig Bescheid wissen.


    Bei so einem offiziellen / öffentlichen Verein mit Satzung etc. kann man ja nicht vorher eine Personenüberprüfung machen.


    Die Mitglieder sind ja für die Vereinsmitglieder eben nicht anonym, die müssen sich ja im Verein anmelden.


    ich sehe da ein Problem beim "anonym" bleiben.


    Ansonsten eine Interessante Idee, aber stehst Du dann nicht in Konkurrenz zu Gewerkschaften, die bieten diese Unterstützung doch auch an

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


    Einmal editiert, zuletzt von Randolf ()

  • SpareLog Es tut mir regelmäßig leid, wenn ich Menschen mit so viel Enthusiasmus ausbremse oder desillusioniere.


    Es braucht genau drei AN um eine Wahlveranstaltung ins Leben zu rufen. Nach deinem Plan braucht es wesentlich mehr, die auch noch "Geld in die Hand nehmen müssen". Und damit ist der Zweck ja noch nicht einmal gesichert. Da ist Geld in eine Gewerkschaft investiert vermutlich die bessere Wahl...


    Will sagen: Wenn es drei AN noch nicht einmal schaffen, sich "zusammenzuraufen" und für ihre Sache einzustehen, warum glaubst du, es würden noch mehr tun und auch noch Geld dafür ausgeben?


    Und wer glaubst du, würde tatsächlich für so einen Verein spenden? Wer hat ein Interesse daran, dass "irgendwo" ein BR gegründet wird? Üblicherweise die Gewerkschaften. Aber die gibt es ja schon...


    Ich drücke dir die Daumen und ziehe den Hut vor deinem Engagement, allerdings glaube ich nicht, dass diese Form wirklich Sinn macht. Sorry!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Üblicherweise die Gewerkschaften.

    Und genau das sind auch die "Vereine" die sich bereits um Betriebsratswahlen kümmern.


    Wer einen Betriebsrat gründen möchte, ist meist gut beraten, sich an die zuständige Gewerkschaft zu wenden. Diese berät einen und beantragt unter Umständen auch die Einberufung zu Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes, wenn unklar ist, wie der Arbeitgeber reagiert. So war es zumindest bei uns.

    Hierfür müssen auch noch nicht viele Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb vorhanden sein. In der Regel reicht es, wenn diejenigen in der Gewerkschaft sind, die einen BR gründen wollen. (zumindest großteils)


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Danke für die ersten Rückmeldung.


    Unseren Bezirksvorsitzenden von ver.di habe ich bereits angesprochen aber ein Abfuhr erhalten. "Mehr Mitglieder wird das auch nicht bringen"


    Das 3 MA notwendig sind ist mir klar, ich möchte aber das nicht 3 sondern z.B. 50 MA einladen. Das Hinterzimmer ist dann der Verein.

  • Das 3 MA notwendig sind ist mir klar, ich möchte aber das nicht 3 sondern z.B. 50 MA einladen. Das Hinterzimmer ist dann der Verein.

    Auch ohne einen Verein kann ich mich mit 50 Mitarbeitern absprechen. In den Verein tritt sonst womöglich noch der Spitzel der GL ein =O Außerdem steht beim Verein auch der viel kleinere Vorstand im Rampenlicht, dann hab ich auch nichts anderes als die 3 MA vorher :/

  • ich möchte aber das nicht 3 sondern z.B. 50 MA einladen

    Du spekulierst darauf, dass der AG sich zwar "mal eben" von 3, nicht aber von 50 AN trennt. Der Gedankengang mag richtig sein. Letztlich spekulierst du hier aber auf mehr Engagement von Seiten der AN.


    Und da sieht es (nach meiner Erfahrung mit mittlerweile über 20 Jahren BR-Arbeit) eher mau aus...


    Ein ähnliches Thema hatten wir in einem anderen Thread hier gerade. Die am weitesten verbreitete "Attitüde" bei den "normalsterblichen" AN ist leider: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!"


    Und noch eine Erfahrung: "Hömma, du bist doch weder auf den Mund, noch auf den Kopf gefallen. Genau solche Menschen brauchen wir im BR. Hast du nicht Lust zu kandidieren?"

    "Wieviel Kandidaten habt ihr denn schon?"

    "Bisher 7."
    "Und wieviel werden gewählt?"

    "7. Deswegen hätten wir ja gerne noch ein paar Kandidaten mehr."

    "Du meinst, ich soll mich outen, bin aber gar nicht sicher, dass ich hinterher den Kündigungsschutz habe? Nee, lass mal."


    (Vielleicht nicht wortwörtlich, aber inhaltlich exakt so gelaufen! (Und nicht nur einmal!))


    Ich bin sicher, viele von uns hier schätzen dein Engagement und drücken dir die Daumen. Aber da wir hier (fast) alle solche und ähnliche Erfahrungen gemacht haben, fürchte ich, wird sich hier kaum jemand von deinem Konzept überzeugen lassen.


    Tipp/Idee: Organisiere dir eine Website (wirst du für deinen Verein ohnehin brauchen) und errichte ein Forum für interessierte AN. Dort können sie sich Informationen holen und sich organisieren. Wenn du es damit schaffst, eine bestimmte Masse zu erreichen, funktioniert vielleicht auch die Idee mit dem Verein. Und selbst wenn nicht, hast du auf jeden Fall von Anfang an einen "Mehrwert" für Kollegen geschaffen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Super Eure Rückmeldungen und Hinweise. Mir sind die Inhalte wichtig, egal ob Pro oder Kontra für meine Idee. Vielleicht überzeugt mich auch Kontra und ich werde meine Energie zukünftig für andere Aufgaben einsetzen.


    Bei den Spenden habe ich an Firmen mit Betriebsrat gedacht, die gerne sehen wenn ihr Mitbewerber auch einen Betriebsrat bekommt.


    Mit 1 Prozent des regelmäßigen monatlichen Bruttoverdienstes als Gewerkschaftsbeitrag hat ein MA im Einzelhandel ein großes Problem, mit 1 € pro Monat Vereinsbeitrag nicht.

  • Deine Idee finde ich, hat noch einen weiteren Haken. Wenn der Verein sich für die Wahl eines Betriebsrates stark macht, besteht die Gefahr, dass plötzlich alle Mitglieder des "Vereins", die Arbeitnehmer in dem entsprechendem Betrieb sind, in der Schußlinie befinden. Und das, ohne dass die Vereinsmitglieder einen Kündigungsschutz haben.


    Den Kündigungsschutz der Wahlinitiatoren haben nämlich nur die ersten drei Einladenden zur Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes. Sollten mehr Mitarbeiter die Einladung unterschrieben haben, weil sie das unterstützen, haben sie deshalb keinen Kündigungsschutz nach Betriebsverfassungsgesetz.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Hallo,


    wenn Du möchtest, daß sich 50 AN für eine BR-Gründung outen, dann riskierst Du, daß 47 dieser AN schutzlos sind, weil der Kündigungsschutz für Wahlinitiatoren gem. § 15 Abs. 3a KSchG nur für die ersten drei auf der Liste der Einladenden gilt (ErfK, Kiel, § 15 KSchG Rn 13). Und es gibt genug AG, die das gnadenlos ausnutzen würden.

  • Die Grundidee scheint zu sein AN in Betriebsratslosen Firmen von außen Hilfe bei der Gründung eines eben solchem zukommen zu lassen. Und das ohne Gewerkschaftliche Hilfe. Jetzt kann ich aus eigener Erfahrung sagen das es das Engagement in der Belegschaft von sich aus heraus unbedingt braucht, das die eigene Angst überwunden werden muss um dann in vertrautem Kreis mithilfe der Gewerkschaft dieses anzugehen. Ich beziehe mich auf Firmen in denen das Wohlwollen der GL diesem Ansinnen gegenüber nicht von vorneherein vorausgesetzt werden kann.

  • die gerne sehen wenn ihr Mitbewerber auch einen Betriebsrat bekommt

    Du meinst, es gäbe AG die der Meinung sind, wenn ihr Betrieb Typhus hat, soll der Mitbewerber wenigstens die Ruhr bekommen? (Meinetwegen kannst du auch Pest und Cholera nehmen, aber irgendwo da ist auf jeden Fall bei den meisten Firmeninhabern der Stellenwert für einen Betriebsrat.)


    Ich fürchte, da unterschätzt du die Solidarität unter AG deutlich... (ist aber nur eine Vermutung!)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich fürchte, da unterschätzt du die Solidarität unter AG deutlich... (ist aber nur eine Vermutung!)

    Genau! Man darf sich gegenseitig Kunden oder Mitarbeiter abspenstig machen, versuchen sich gegenseitig zu ruinieren, an der Börse auf die Verluste des anderen wetten, oder sich gegenseitig verklagen. Aber sich gegenseitig einen BR anhängen? Das hat für viele AG den selben Stellenwert wie der Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Das Ver.di sich nicht engagiert wenn noch keiner von euch in der Gewerkschaft ist wundert mich übrigens nicht sonderlich

    Wobei es auch Gewerkschaften gibt, die verstanden haben, dass wenn es keine Betriebsräte gibt, auch mit den Gewerkschaftsmitgliedern eher mau ausschaut. Verdi verliert seit Jahren immer mehr Mitglieder. Nicht umsonst!

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand