Entfristung?

  • Hallo zusammen.


    Ich hätte noch eine Frage.

    Bei uns wurden über 100 Kollegen nicht fest übernommen; deren Verträge wurden nämlich, nach eine Verlängerung (insgesamt 2 Jahre),nicht entfristet. Nun, nach 6 Monate will der Arbeitgeber viele dieser ex-Kollegen wieder einstellen. Natürlich die Kollegen wollen(wenn sie überhaupt zurück wollen) eine direkte Entfristung haben.

    Was das Thema angeht wie sieht die gesetzliche Lage aus? Müssen die betroffen ex-MA in diesem Fall eine Entfristung bekommen? Nach wie viele Monate(oder Jahre) fällt dieser Anspruch aus?!

    Wenn möglich könnt ihr bitte bezüglich das Thema ein paar Gesetze erwähnen?


    Vielen Dank!

  • Hallo Onion,


    da muss erst einmal unterschieden werden ob es eine sachgrundlose Befristung war bzw. jetzt werden soll oder ob es eine Befristung mit Sachgrund ist §14 TzBfG bei der sachgrundlosen Befristung gilt die Höchstdauer von zwei Jahren, bisher war nach drei Jahren Abstand eine befristete Einstellung wieder möglich, dies wurde aber mit der Entscheidung des BAG Urteil v. 23. Januar 2019 – 7 AZR 733/16 wieder verworfen. Das BVerfG hat im Juni 2018 die Entscheidung gefällt dass die Vorbeschäftigung lange zurückliegen muss, in dem vorgenannten Urteil waren acht Jahre nicht ausreichend.


    Anders sieht es bei begründeter Befristung aus, hier kann auch eine längere Zeit als die zwei Jahre befristet werden.


    Wobei im Zweifelsfall der AN selbst die Entfristung einklagen muss (Individualrecht).


    Viele Grüße

    Bernd

  • Hallo,


    das Problem wird sein:

    stellt dein AG die Kollegen ein wenn er weiß, das er nur mit Sachgrund befristen darf?


    Da kommt es evt. dann für die Kollegen besser, wenn sie sich ohne Sachgrund befristet einstellen lassen und dann auf Entfristung klagen.


    Also ich würde da weder dem AG noch den Kollgen jetzt irgendwas zu sagen und es erstmal laufen lassen.

    Bei 100 Kollegen wird garantiert einer "quatschen" weil er es nicht im vollen Umfang verstanden hat und dann sind wahrscheinlich alle raus aus der Nummer.


    Aber das kannst nur Du entscheiden, was für die Kollegen oder den Betriebsrat die beste vorgehensweise ist.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Hallo Onion,


    Bernd hat es ganz richtig gesagt, der Arbeitgeber kann mit Sachgrund befristen. Sachgrundlos ist eine Befristung nicht mehr möglich. Es sei denn, die vorherige Befristung liegt bereits sehr lange zurück, oder das Beschäftigungsverhältnis ist ein völlig anderes. (Dreher/Buchhalter)


    Der Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag läuft 3 Wochen nach Ende der aktuellen Befristung aus. Das ist die Frist, mit der eine Befristungskontrollklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss.


    Als BR würde ich also, wie Randolf schon sagte, schön brav die Füße still halten. Erst wenn vermehrt befristungen auslaufen, kann man ja dem ein oder anderen einen Tip geben.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Erst wenn vermehrt befristungen auslaufen, kann man ja dem ein oder anderen einen Tip geben.

    wenn der AG bereits alle > 100 Kollegen wieder sachgrundlos befristet eingestellt hat, dann können die auch schon vor Ablauf der Befristung dagegen vorgehen, man muss nicht bis zum Ablauf der Befristung warten und hofffen übernommen zu werden.


    Allerdings: wenn der MA damit loslegt, dann weiß der AG "woher der Wind weht" und wird von da an seine befristeten Einstellungen geanuer prüfen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Allerdings: wenn der MA damit loslegt, dann weiß der AG "woher der Wind weht" und wird von da an seine befristeten Einstellungen geanuer prüfen.

    genau das ist das Problem. Deshalb rate ich den Kollegen immer, freundlich zu lächeln, den Vertrag zu unterschreiben und erst wenn der Vertrag ausgelaufen ist, Klage einzureichen.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • genau das ist das Problem. Deshalb rate ich den Kollegen immer, freundlich zu lächeln, den Vertrag zu unterschreiben und erst wenn der Vertrag ausgelaufen ist, Klage einzureichen.

    kann ich nachvollziehen, allerdings hat die Sache einen Haken:


    da steht dann schon der nächste befristete MA, der ja nach Befristungsende des MA-1 den Job weiterführt.

    Und der neue MA ist dann der Dumme, weil der dann gleich wieder gehen kann in der Probezeit.


    Ich bin dann eher der Auffassung, die "Entfristung" dann einzuklagen, bevor der nächste MA dann der leidtragende ist.


    Aber grundsätzlich sind wir ja einer Meinung, nur wann man die Entfristung "einklagen" soll, da haben wir unterschiedliche Vorgehensweisen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • da steht dann schon der nächste befristete MA, der ja nach Befristungsende des MA-1 den Job weiterführt.

    Und der neue MA ist dann der Dumme, weil der dann gleich wieder gehen kann in der Probezeit.

    Sobald der Arbeitgeber eine Befristungskontrollklage verloren hat, ist das Spiel sowieso vorbei. Er wird dann wohl kaum einen neuen befristeten Arbeitsvertrag abschließen, der offensichtlich nicht wirksam ist.


    Von daher sollte m.M.n. die erste Befristungskontrollklage so spät wie möglich stattfinden.


    Gruß

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Meiner Meinung nach, sollte der Betriebsrat der erneuten befristeten Einstellung widersprechen, wenn anhand vorheriger Anhörungen klar ist, dass die Einstellung sachgrundlos war.

    Weshalb? Wenn ich durch ein "Durchwinken" einem Mitarbeiter einen unbefristeten Arbeitsvertrag verschaffen kann, dann mach ich das auch. Wenn der Arbeitgeber das übersieht, ist das sein Problem.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Kommt wohl immer auf das jeweilige Unternehmen/HR an.
    Wir erhalten auf Rückfrage bezüglich der Befristung immer eine neue Anhörung, wo dann die Befristung weggelassen wird.

    Und einen unbefristeten AV haste dem MA durchs Durchwinken auch noch nicht verschafft. ;)

  • Wir erhalten auf Rückfrage bezüglich der Befristung immer eine neue Anhörung, wo dann die Befristung weggelassen wird.

    Glückwunsch zu diesem Arbeitgeber! (Und das meine ich noch nicht einmal im Ansatz ironisch!)


    Bisher kenne ich nur AG, die dann sagen: ups, danke für den Hinweis, dann hat sich das erledigt...



    Und einen unbefristeten AV haste dem MA durchs Durchwinken auch noch nicht verschafft

    Das ist richtig. Durchsetzen muss der AN das dann schon selber. Aber bei o.g. Reaktion käme er gar nicht so weit...

    Insofern verstehe ich Markus' Ansatz an der Stelle.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wir erhalten auf Rückfrage bezüglich der Befristung immer eine neue Anhörung, wo dann die Befristung weggelassen wird.

    Ja, da kann man nur sagen: Glückwunsch.!


    Ich denke wenn das bei anti so ist dann kann man natürlich auch so vorgehen, ansonsten bin ich auch eher bei Markus 1973 ED

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Wir erhalten auf Rückfrage bezüglich der Befristung immer eine neue Anhörung, wo dann die Befristung weggelassen wird.

    Solche Arbeitgeber gibt es tatsächlich?!? Auch von mir herzlichen Glückwunsch hierzu.

    Ich dachte bis jetzt immer, das diese Arbeitgeber etwa genau so häufig auftreten, wie der Yeti. Jeder hat schon davon gehört, aber noch niemand konnte seine Existenz beweisen.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Mag daran liegen, dass nicht immer der AG die Weiterbefristung/Entfristung verweigert, sondern auch mal der AN.
    Oder es liegt daran, dass die Zahl der motivierten Bewerber im Niedriglohnsektor seit längerem eher übersichtlich ist. ;)