Vertretung von Betriebsteil ohne eigenen BR

  • Hallo, wir haben einen Betriebsteil, der noch keinen BR hat. Diese möchten JETZT, dass sie von uns (dem Hauptbetrieb) mit vertreten werden.


    Nach meinem Verständnis von § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG werden diese nur durch uns vertretbar sein, wenn sie an der gerade abgehaltenen Wahl teilgenommen haben?

    "... können die dort beschäftigten Arbeitnehmer ... nur dann vom Betriebsrat des Hauptbetriebs vertreten werden, ..., an der Wahl ... im Hauptbetrieb teilzunehmen...."

    Frage: Gilt nach Beschluss des Betriebsteils das Vertretungsrecht durch den Hauptbetrieb umgehend oder ERST NACH der nächsten Wahl in 2022?


    Danke und Gruss

    Markus

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  • Ich verstehe das richtig: es gibt einen Betriebsteil, der eigenständig betriebsratsfähig wäre, aber (bisher)keinen BR gewählt hat. Nachdem jetzt bei euch im Hauptbetrieb ein BR gewählt worden ist, fällt den Kollegen ein: oh, prima, da hätten wir ja mitmachen können... haben wir aber nicht... Mist, Mist, Mist... (ach nee, das war ja woanders)


    De jure ist vollkommen klar: wenn die Kollegen des Betriebsteils dort sich nicht vorher drum gekümmert haben und deswegen die Wahl verschlafen haben, dann können sie erst bei der nächsten Wahl auch richtig mitspielen, weil es dem BR der HV schlicht an der demokratischen Legitimation fehlt, um die Kollegen zu vertreten.


    Juristisch völlig klar und ich wüsste auch nicht, wie sich das (legal) anders gestalten könnte/dürfte.


    Wie kommt man jetzt also zu einer legalen Lösung? Ganz klar: der BR des Hauptbetriebes erklärt seinen Rücktritt und leitet damit Neuwahlen ein. Gleichzeitig erklären die Kollegen des Betriebsteils, dass sie an der Wahl teilnehmen wollen, um sich durch den BR des Hauptbetriebes vertreten lassen zu wollen.


    Riesenaufwand, aber juristisch einwandfrei.


    Aber, und das ist jetzt nur mal laut gedacht, wenn sich alle Parteien (Betriebsteil, BR des Hauptbetriebes und AG) einig wären, frei nach der Devise: wir lüpfen mal kurz die Decke, wollt ihr mit unterschlupfen? dann wäre das zwar nicht so ganz im Sinne des Erfinders, aber bekanntermaßen gilt ja: wo kein Kläger, da kein Richter.


    Das Problem an solchen Lösungen (so hemdsärmelig und praktikabel sie erscheinen), man weiß nie, wann irgendwer auf die Idee kommt und sagt: nee, schaut mal, da habt ihr es ja mit den Gesetzen auch nicht sooo genau genommen, aber jetzt und hier wollte ihr wieder alles richtig machen? Nee, dann machen wir das andere auch richtig. Sprich: das kann funktionieren, muss es aber nicht. Einen Anspruch dass es funktioniert, hat man aber nur, wenn man es schon von Anfang an richtig gemacht hat.


    Was du jetzt mit der Antwort machst, will ich übrigens gar nicht so genau wissen... :saint:

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Der Drops mit der Wahl aufgrund § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG ist gelutscht.
    Und das der § nur die Wahl aber nicht die Vertretung regelt müssen die Kollegen/innen jetzt überlegen wie Sie zur nächsten Wahl überleben.

    Was natürlich eine Möglichkeit ist, welche man betrachten kann, ist die Wahl eines eigenen Betriebsrates in dem "Betriebsteil" und die
    Gründung es KBR oder GBR. Da wird wahrscheinlich der Arbeitgeber keine Freudensprünge machen aber das wäre ja nicht relevant.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Das Problem an solchen Lösungen (so hemdsärmelig und praktikabel sie erscheinen), man weiß nie, wann irgendwer auf die Idee kommt und sagt: nee, schaut mal, da habt ihr es ja mit den Gesetzen auch nicht sooo genau genommen, aber jetzt und hier wollte ihr wieder alles richtig machen? Nee, dann machen wir das andere auch richtig. Sprich: das kann funktionieren, muss es aber nicht. Einen Anspruch dass es funktioniert, hat man aber nur, wenn man es schon von Anfang an richtig gemacht hat.

    Und dieses Problem ist nicht zu unterschätzen. Denn das ploppt meistens dann auf, wenn der Arbeitgeber partout etwas nicht machen möchte, dass der Betriebsrat unbedingt durchsetzen will. Und mit dieser Aktion könnte es auch leicht passieren, dass die komplette Wahl als nichtig angenommen wird. (Falsche BR-Größe, Falsche Wählerliste, falsches Wahlausschreiben usw.)


    Deshalb besteht meines Erachtens nur die Möglichkeit des Rücktritts und Einleitung der Neuwahlen.


    Und unter Umständen könnte der Betriebsteil, wenn er nicht betriebsratsfähig ist und eurem Betrieb zugeschlagen werden müsste, die Wahl anfechten, wenn sie tatsächlich noch nicht so lange her wäre. Aber das ist mit sehr vielen wenns und abers und ohne Kenntnis der Struktur des Betriebs/Unternehmens, so nicht zu sagen.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Und mit dieser Aktion könnte es auch leicht passieren, dass die komplette Wahl als nichtig angenommen wird.

    Das Risiko sehe ich so eigentlich nicht. Der BR ist ja ordnungsgemäß (zumindest für den Hauptbetrieb) gewählt. Sollte irgendwem im Nachgang auffallen, dass die AN des Betriebsteils nicht "unter die Decke hätten schlupfen dürfen", wird man feststellen, dass dieser BR gar kein Vertretungsrecht für den anderen Betrieb hat, somit offensichtlich unzuständig ist und deswegen sämtliche Regelungen für den anderen Betrieb "kassieren". Mehr sollte an der Stelle nicht passieren. Eine Nichtigkeit der Wahl insgesamt könnte sich allenfalls ergeben, wenn der Betriebsteil offensichtlich hätte an der Wahl beteiligt werden müssen, aber nicht wurde. So habe ich den Fall hier aber nicht verstanden.


    Es bleibt aber, da sind wir uns einig: Rücktritt und Neuwahl ist der eleganteste Weg hier die Kuh vom Eis zu bekommen.

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  • Hallo,


    es wäre für eine zielgerichtete Diskussion hilfreich, wenn der Threadstarter mal erklären würde, ob der fragliche Betriebsteil nun betriebsratsfähig iSd § 4 BetrVG ist oder nicht. Die Rechtsfolgen sind völlig unterschiedlich und werden hier schon wieder durcheinandergeschmissen.

  • albarracin Ja, der Betriebsteil wäre Betriebsratsfähig, nur sind fast ausschließlich nicht deutsch sprechende Kollegen dort vorhanden.

    Die nehmen gerne alle Annehmlichkeiten der GBV'en an, sind aber nicht bereit sich selbständig im Sinne der Belegschaft einzusetzen. Demnach wäre es natürlich das einfachste, dass man sich dem BR des Hauptbetriebs anzuschließen und von deren Arbeit zu profitieren.


    Die Wahl war gerade erst und der Betriebsteil hat nicht mitgewählt, weil der Beschluss zum Anschluss an den Hauptbetrieb nicht rechtzeitig ergangen wäre und die Wahl im Hauptbetrieb nicht dadurch, wegen etwaiger Form-/Fristenfehler gefährdet wurde.


    Vielleicht habe ich mich zu kompliziert ausgedrückt:


    Hauptbetrieb (nach Aufspaltung) kurzfristig letzten Monat neuen BR gewählt

    Nebenbetrieb 1 hat eigenen BR gewählt

    Nebenbetrieb 2 (fast ausschließlich nur nicht deutschsprachige) konnte nicht an Wahl des Hauptbetrieb teilnehmen weil Beschluss fehlte (Frist zu knapp)


    Nebenbetrieb 2 möchte jetzt beschließen, dass sie durch den Hauptbetrieb vertreten werden. --> Daher die Frage, ab wann würden sie vom Hauptbetrieb vertreten.

    • Hilfreichste Antwort

    Hallo,


    wenn der Betriebsteil BR-fähig ist, dann kann eine Abstimmung nur mit Wirkung zum Beginn der neuen Amtszeit des BR (also Frühjahr 2022) des "Hauptbetriebes" gefasst werden.

    Für die jetzt laufende Amtszeit geht da gar nichts mehr, der Betrieb ist betriebsratslos.