Vorteilsnahme durchs Amt?

  • Hallo zusammen,


    ich bräuchte mal etwas Schwarm wissen,


    im Moment ist ja eine ziemlich aufregende Zeit.

    bei uns am Standort ist seit einiger Zeit Kurzarbeit angemeldet, die teilweise auch genutzt wird.

    Eine Abteilung ist von diesen Maßnahmen erheblich mehr betroffen als die andere.

    In der mehr betroffenen Abteilung arbeitet unser BR Vorsitzender.

    Nun ist es so, das er die Kurzarbeit (die er nun eine Woche hätte) "umgeht", weil er eine Art Selbststudium machen würde.

    Das ist bei den Kollegen natürlich nicht gut angekommen und es steht die Behauptung im Raum, das es sich um Vorteilsnahme handelt.

    Ist dieses Verhalten einfach nur unglücklich oder liegt da tatsächlich einen Vorteilsnahme vor?


    Für einen anderen Blickwinkel eurerseits wäre ich sehr Dankbar!

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  • Hallo Kritischer,


    das kommt darauf an was dieses "eine Art Selbststudium" beinhaltet, wenn es sich dabei um notwendige Betriebsratsarbeit handelt dann ist alles gut.

    Aber das kann er ja gerne im Gremium darlegen was alles ansteht dass er die ganze Woche dafür braucht.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Ist der BR Vorsitzende teilweise oder ganz Freigestellt? Bei Betriebsratsarbeit in Kurzarbeitszeiten wird davon ausgegangen das im Gegensatz zum sonstigen verringertem Arbeitsvolumen des Unternehmens, die Betriebsratsarbeit sich sogar erhöhen kann ( Kontrollfunktion ). Bei Freigestellten wird deshalb auch eine Kürzung der Arbeitszeit im sonstiger Üblicher Höhe der anderen AN abgelehnt.

  • Es liegt keine Freistellung vor. Es ist aber so das der Stellvertreter vor Ort ist.

    das ist der Punkt der den Leuten komisch vorkommt.


    das kommt darauf an was dieses "eine Art Selbststudium" beinhaltet, wenn es sich dabei um notwendige Betriebsratsarbeit handelt dann ist alles gut.



    Nach eigener Aussage ist es so das er alte Unterlagen des Vorgängers liest.

    Einmal editiert, zuletzt von Kritischer () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Kritischer mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ich verstehe das so, dass alle meinetwegen eine Woche pro Monat zu Hause bleiben müssen - grob 25% KA. Das verschiebt sich immer um ein Viertel des Personals und damit sind immer nur 75% anwesend und der Rest hat eine anständige Woche lang frei. Finde ich erst mal gar nicht so doof, wenn sich alle gegenseitig vertreten können.

    Wenn nun BRV und Stellvertreter in verschiedenen Wochen sind, dann ist das gut gemacht. Eine notwendigkeit zu einem einwöchigen Selbststudium sehe ich erst mal nicht, wenn nicht ein Beschluss des BR vorliegt. Gerade ein "Selbststudium" - bei der Bundeswehr war das Freizeit auf Stube während der Dienstzeit - kann flexibel auch während der Arbeitszeit stattfinden und ist im größeren Sinne auch nicht geeignet, eine Schulung zu ersetzen.

    Ich könnte mir vorstellen, dass das legal wäre, halte es aber für ein maximal ungünstiges Zeichen an die Belegschaft.

    • Hilfreichste Antwort

    Mal aus Fitting RN 38 zu § 37 BetrVG


    Hierbei erfolgt diese Beurteilung weder nach rein objektiven Gesichtspunkten noch nach der rein persönlichen subjektiven Auffassung des betreffenden BRMitgl. Entscheidend ist vielmehr, dass das betreffende BRMitgl. bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände die Arbeitsversäumnis für erforderlich halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden


    ...ist darauf abzustellen, dass „ein vernünftiger Dritter“ bei der Abwägung der Interessen des Betriebs, des BR und der Belegschaft die Arbeitsversäumnis für sachlich geboten halten würde;


    Es besteht insoweit ein Beurteilungsspielraum des BRMitgl.


    in BR, der den weit gesteckten Rahmen seiner gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte auszuschöpfen versucht, überschreitet keineswegs die Grenzen der Erforderlichkeit --Ende


    Der BRV handelt imho im rechtlichen Rahmen - nichts desto trotz hat es halt auch ein "Geshcmäckle" und das würde ich dem BRV auch in der nächsten Sitzung sagen und mit ihm besprechen (wollen)

  • Das verstehe ich ja auch das ein gewisser Spieltraum vorhanden sein muss.

    Aber es eben auch so, wenn ein BRM einen Schulung besuchen möchte eine Entsendung beschlossen wird.

    darum kommt auch mir eine Woche Selbsstudium etwas komisch vor.

  • Ich will dem BRM seinen Beurteilungsspielraum sicher nicht nehmen, aber in dem Fall hier hat das, nach meinem Verständnis, mehr als nur ein "G'schmäckle".


    Alle AN nehmen zu gleichen Teilen an der Kurzarbeit teil. Nur der BRV sagt: die Zeit kann ich sinnvoller nutzen und lese in der Zeit die Unterlagen meiner Vorgänger (ich frage mich ehrlich, wozu das gut sein soll. Und wenn er das wirklich braucht, warum er das dann nicht schon längst getan hat, sondern es ihm jetzt einfällt?)


    Ich sehe hier ganz klar einen Menschen, der sein Amt dafür benutzen will, um sich um die mit Kurzarbeit verbundenen Gehaltseinbußen zu drücken. Bis ich hier eine plausible Begründung habe, warum und wozu der Kollege gerade jetzt und in dieser Woche sein "Selbststudium" betreiben muss, sehe ich hier sehr wohl eine verbotene Bevorteilung gem. § 78 BetrVG.


    Ob das reicht um justiziabel zu sein? Keine Ahnung. Aber für mich stinkt das gewaltig...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Dann bleibt dir und deinen Kollegen ja der Weg einer Beschwerde an den AG.


    Der AG ist der einzige der das Hinterfragen (ist das notwendige BR Arbeit?) und der die Kurzarbeit oder eben die "Nichtvergütung" durchsetzen kann.


    Nochmal - "Es besteht insoweit ein Beurteilungsspielraum des BRMitgl"

    BRM nicht des Betriebsrates

  • Nochmal - "Es besteht insoweit ein Beurteilungsspielraum des BRMitgl"

    Du kannst das gerne auch noch öfter wiederholen. Den bestreitet ja grundsätzlich keiner. Aber soweit mir bekannt, gilt der nur für notwendige BR-Arbeit.


    Und nach mittlerweile drei Jahren im Amt (wenn ich jetzt mal vom Normalfall, Wahl in 2018, seit dem im Amt ausgehe), tue ich mich gerade schwer damit, hier eine Notwendigkeit für das Studium der Unterlagen des Vorgängers zu erkennen. (Was ja nicht bedeutet, dass es sie nicht geben kann, nur müsste die der Kollege schon auch belegen können und nicht einfach nur behaupten.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Trotz allem wird ein teil seiner geplanten Kurzarbeitszeit für BR Arbeit notwendig sein. Ansonsten müsste der BRV in seiner normalen Arbeitszeit umso mehr BR Arbeit machen. Wieviel das ausmacht, und ob er seiner Verantwortung auch nachkommt ist eher die Frage. Solche Fragen sind bei Wahlen zu beantworten, aber ich weise trotzdem nochmal darauf hin das bei Freigestellten BR Mitgliedern ja auch nicht die Arbeitszeit analog zu den anderen AN gekürzt wird. Was ich für richtig halte weil ein Starker BR in Krisenzeiten für alle wichtig ist. Das sieht natürlich nach Privilegien aus. Der Geschäftsführer macht höchstwahrscheinlich in Krisenzeiten auch nicht noch Kurzarbeit, und der BR als Gegengewicht in gewissem Sinne sollte da auch etwas genauer abwägen und die Belegschaft das auch mit bedenken. Ansonsten aufstellen lassen und es besser machen. Damit meine ich BR Arbeit ernst nehmen und sich einsetzen.

  • Trotz allem wird ein teil seiner geplanten Kurzarbeitszeit für BR Arbeit notwendig sein. Ansonsten müsste der BRV in seiner normalen Arbeitszeit umso mehr BR Arbeit machen.

    Die BR Arbeit sollte ja auch in der Regulären Arbeitszeit stattfinden.

    Wenn alle aus seiner Kolone finanzielle einschnitte hinnehmen müssen, nur er nicht ist das doch eine Bevorteilung.

    Zumal ja der Vertreter da ist.

    Oder sehe ich das jetzt komplett falsch?


    Und nach mittlerweile drei Jahren im Amt (wenn ich jetzt mal vom Normalfall, Wahl in 2018, seit dem im Amt ausgehe), tue ich mich gerade schwer damit, hier eine Notwendigkeit für das Studium der Unterlagen des Vorgängers zu erkennen.

    In diesem Fall ist das so das der BRV ein Jahr in der Position ist, da wir jetzt schon seit der Wahl den dritten Vorsitzenden haben. Nebenbei bemerkt, für solch einen Fall findet er auf jeden Fall nichts in den Unterlagen des Vorgängers, da die letzte Kurzarbeitszeit hier schon 15 Jahre her ist.

  • ich gehe einfach mal davon aus, dass Du Kritischer auch BRM bist, daher wiederhole ich:

    Dann sprecht es in der nächsten Sitzung an und sagt ihm eure Bedenken und was ihr aus der Belegschaft dazu hört.

    Und wenn dem BRV das nicht zu denken gibt, habt ihr immer noch die Möglichkeit einen anderen zu wählen.

    Wichtig bei sowas ist der offene, sachliche Umgangston, mit Angriffen erreicht man selten was.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Die BR Arbeit sollte ja auch in der Regulären Arbeitszeit stattfinden.

    Wenn alle aus seiner Kolone finanzielle einschnitte hinnehmen müssen, nur er nicht ist das doch eine Bevorteilung.

    Zumal ja der Vertreter da ist.

    Oder sehe ich das jetzt komplett falsch?

    Nein, das siehst du genau richtig!


    Und es ist im BetrVG recht klar geregelt, wann ein BRM (und dazu gehört auch der BRV) BR-Tätigkeit außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit machen darf und dann auch einen Anspruch auf Entlohnung hat. (§37 III BetrVG)

    Das heißt in diesem Fall, dass nur wenn die BR-Tätigkeit erforderlich ist (und zwar bezogen auf Zeitpunkt und Inhalt) dann kann der BRV auch während derpersönlichen Kurzarbeitsphase seiner Tätigkeit nachgehen. Wenn ich Arbeitgeber wäre, würde ich dem BRV in diesem Fall nur Kurzarbeitergeld bezahlen, weil ich die Erforderlichkeit anzweifeln würde, falls der BRV nicht bereits während seiner normalen Arbeitszeit komplett für seine Tätigkeit freigestellt ist (egal ob nach §37 II oder nach §38 BetrVG)

    Ein Selbststudium gehört für mich auf alle Fälle nicht zu den erforderlichen Tätigkeiten, die während der Kurzarbeit gemacht werden müssen. Das kann ich auch während der Arbeitszeit machen, wenn dieses Selbststudium erforderlich ist.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Eine Frage (ach nee sind 3)- Wie sieht der DP des BRV aus? Hat der AG die Kurzarbeit im DP vermerkt?

    oder hat der BRV VOR Erstellung des DP dem Vorgesetzten oder dem AG erklärt, dass er BR - Arbeit machen wird?

    Kurzarbeit stand vorher auf dem DP und er wäre eben deshalb ja in Kurzarbeit gewesen.

    Das heißt in diesem Fall, dass nur wenn die BR-Tätigkeit erforderlich ist (und zwar bezogen auf Zeitpunkt und Inhalt) dann kann der BRV auch während derpersönlichen Kurzarbeitsphase seiner Tätigkeit nachgehen. Wenn ich Arbeitgeber wäre, würde ich dem BRV in diesem Fall nur Kurzarbeitergeld bezahlen, weil ich die Erforderlichkeit anzweifeln würde, falls der BRV nicht bereits während seiner normalen Arbeitszeit komplett für seine Tätigkeit freigestellt ist (egal ob nach §37 II oder nach §38 BetrVG)

    Ein Selbststudium gehört für mich auf alle Fälle nicht zu den erforderlichen Tätigkeiten, die während der Kurzarbeit gemacht werden müssen. Das kann ich auch während der Arbeitszeit machen, wenn dieses Selbststudium erforderlich ist.

    Das ist genau meine Meinung!

    Ich sehe das auch nicht so das es gerade jetzt sein muss. Wenn dann höchstens wenn er ein zb. Online Seminar gebucht hätte. Dann würde ich das verstehen und es gäbe auch dieses Thema nicht.

    ich gehe einfach mal davon aus, dass Du Kritischer auch BRM bist

    Nein das bin ich nicht.

    Ich bin hier SBV.