Maximale Schichtlänge

  • Hallo "Mitstreiter",


    ich habe hier ein Frage, die mir fast peinlich ist.


    Wir haben bei uns eine BV Arbeitszeit für die Jugendwohngruppen, in der die max. Schichtlänge auf 24,5 h Stunden ausschließlich der Pausen festgelegt ist, sofern in dieser Schicht mindestens 7 Stunden Bereitschaftsdienst fallen. Die normale Tagschicht ist auf 10 Stunden einschließlich der Pausen begrenzt.

    Das ist auch so durch das ArbZG gedeckt.


    In der Praxis wird das so gehandhabt, dass sich die Kolleg*innen um 10 Uhr ablösen, die Nachtbereitschaft beginnt aber erst gegen 23 oder 24 Uhr.
    Die Schicht der Kollegen dauert bis zur NB also länger als die im ArbZG festgelegten 10 Stunden. Meiner Meinung nach sind solche Schichtpläne nicht genehmigungsfähig. Die Kolleg*innen argumentieren, dass sie nicht später übergeben wollen, weil dann beide Tage der Schicht "kaputt" sind.


    Wie seht Ihr die rechtliche Situation, habe im Netz nix gefunden. Mit ist die Antwort auch eigentlich klar, ich kann's aber nicht durch irgendwelche weisen Stellungnahmen oder Urteile belegen. Habt Ihr einen Tipp?

  • Die Kolleg*innen argumentieren, dass sie nicht später übergeben wollen, weil dann beide Tage der Schicht "kaputt" sind.

    Das ist natürlich wieder so ein Klassiker, wenn die Kollegen meinen, dass die Arbeitszeit- und -schutzgesetze sie mehr behindern als schützen. Hier als BR auf Einhaltung zu dringen kommt selten gut an...


    Leider (dem Allmächtigen sei Dank, aus Sicht irgendwelcher Jugendlichen) kenne ich mich mit der Arbeit in Jugendwohngruppen so gar nicht aus, aber die Überschreitung der 10 Stunden ist ja zulässig,

    wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt

    Ließe sich damit, im Sinne der Kollegen, die Arbeitszeit verargumentieren? Z.B. durch "Mittagspause" von 13 - 15 Uhr und "Ruhezeit" ab 22 Uhr?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Moritz,

    die Länge der Schicht mit Bereitschaft ist zulässig. Ich sehe aber einen Widerspruch: Wenn keine Bereitschaft angeordnet ist, darf die Schicht max. 10 Stunden lang sein.

    Geht der Mitarbeiter in die Nachtbereitschaft, darf die Schicht vorher auch von 10 - 24, also 14 Stunden dauern. Das kann doch so nicht richtig sein...

  • Wenn keine Bereitschaft angeordnet ist,

    Deswegen war ja meine Frage, ob sich die Arbeit so organisieren lässt, dass zu bestimmten Zeiten (Jugendliche in der Schule/Ausbildung, Mittagspause, Schlafenszeit,...) Bereitschaft angeordnet wird. Sprich, die Betreuer sind zwar da, aber reagieren nur in Notfällen. (Wie gesagt, ich habe keine Idee, von dem was ihr da macht, es ist nur ein Gedanke, der womöglich meiner Blauäugigkeit entspringt.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Okay, jetzt habe ich es besser verstanden.

    In unseren Wohnangeboten wohnen (teilweise) Jugendliche mit verhaltensoriginellen Phasen. Mit anderen Worten, man weiß eigentlich nie, was in drei Minuten passiert. Manchmal gibt es wunderbar normale Tage oder wenigstens Stunden, dann geht mal wieder voll die Randale ab. Einige Jugendliche sind zur Vermeidung von U-Haft bei uns, andere pendeln zwischen Wohngruppe und Psychiatrie - wobei die Psychiatrie uns die Jugendlichen oft zurückschickt, wenn sie mit denen nicht mehr fertig werden... Und natürlich beschäftigt uns nicht nur das Verhalten der Jugendlichen, sondern auch deren Erfahrungen.

    Echte Pausen ohne ein Ohr am Geschehen oder gar mit Verlassen der Einrichtung werden nicht gemacht. In einer solchen Wohngruppe zu arbeiten ist aufreibend.

    Neben den Tagesschichten läuft eine Schicht in der Gruppe immer von 10 - 23/24 Uhr, Nachtbereitschaft, 6/7 - 10:30 Uhr. Die meisten Mitarbeiter haben einen 39 Stunden-Woche, Bereitschaftszeiten werden ausbezahlt und kommen oben drauf. Normale Mitarbeiter sind pro Woche 46 bis 60 Stunden in der Einrichtung.

    Bereitschaftszeiten am Tag sind unrealistisch.

    IN den weniger anstrengenden Gruppen gibt es fast nur diese 24,5-Stunden-Schichten. Die Mitarbeiter sind mit den Kindern und Jugendlichen alleine im Haus. Geregelte Pausen sind da nur am Vormittag möglich, wenn alle (hoffentlich) in der Schule sind.

  • Wie sieht denn Eure durchschnittliche, wöchentliche Arbeitszeit aus?

    Denn bei der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden ist die Bereitschaftszeit vollständig mitzurechnen.

    Also "normale" Arbeitszeit + Bereitschaftszeit dürfen zusammen nicht mehr wie 48 h pro Woche im Durchschnitt (über 12 Monate) sein. (§ 7 Abs. 8 ArbZG)

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Neben den Tagesschichten läuft eine Schicht in der Gruppe immer von 10 - 23/24 Uhr, Nachtbereitschaft, 6/7 - 10:30 Uhr. Die meisten Mitarbeiter haben einen 39 Stunden-Woche, Bereitschaftszeiten werden ausbezahlt und kommen oben drauf. Normale Mitarbeiter sind pro Woche 46 bis 60 Stunden in der Einrichtung.

    Hallo BMG,

    ich muss trotzdem noch was fragen. Wenn Du von dem Arbeitsalltag sprichst, verstehe ich nicht, warum ihr nicht in kürzeren Schichten arbeitet. und bei deinem Zeitbeispiel gebe ich 1. Paragraphenreiter recht und 2. bei soviel Tagschichtarbeitszeit und anschl. Bereitschaft müsstet ihr eigentlich früh nach Hause gehen und nicht nochmal bis 10:30 Uhr arbeiten...... Also mal von allen Gesetzen u.ä. abgesehen, klingt es ja nach "Nacht durchmachen". Wie lange haltet Ihr da bei dem Job durch?


    Also "normale" Arbeitszeit + Bereitschaftszeit dürfen zusammen nicht mehr wie 48 h pro Woche im Durchschnitt (über 12 Monate) sein. (§ 7 Abs. 8 ArbZG)

    Wenn Ihr dem TVöd unterliegt, dann müssten die Kollegen mit ihren 60h eine "op-out" haben, das ist da geregelt, dann gängen auch durchschnittlich mehr als 48h/Woche.


    Und was die "Wünsche" der Kollegen angeht, ich würde auch manchmal gern eine rote Ampel ignorieren..... :(

  • Bei der Feuerwehr gibt es so gelbe Schildchen, die kann man sich ans Dach kleben, dann geht das!

    Meinst du diese "Feuerwehr im Einsatz"-Schildchen? Nein auch mit denen geht das leider nicht. Nur mit dem blauen Licht im Zusammenspiel mit dem eingängigen Geräusch.


    Ich war mal Zeuge von nem Unfall an einer Ampgelgesteuerten Kreuzung mit so nem Schildchen...für den Unfallverursacher, der des Schildchen aufm Auto hatte, gab es ordentliche Konsequenzen........will keiner ;)

  • Genau die mein ich. Wege und Sonderrechte hast du nicht und wenn etwas passiert, hast auch mächtig ärger. Aber im Allgemeinen schützt es dich vor Führerscheinentzug und Strafmandaten.


    Dumm nur, wenn bei einem Vergehen überprüft wird, ob wirklich ein Einsatz war und es stellt sich raus, es war nicht so.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Da schau ich doch gerne nach, ob's da nicht noch eine Ausnahmeregel gibt.

    Wenn Ihr dem TVöd unterliegt, dann müssten die Kollegen mit ihren 60h eine "op-out" haben, das ist da geregelt, dann gängen auch durchschnittlich mehr als 48h/Woche.

    Das ist richtig, allerdings hätten die Kollegen dann dafür unterschreiben müssen, dass sie dazu bereit sind und wären auch jederzeit (mit einer Frist von 6 Monaten) berechtigt diese Zustimmung wieder zurückzuziehen.


    Bei der Berechnung der tatsächlichen, durchschnittlichen, wöchentlichen Arbeitszeit ist auch noch mal Vorsicht geboten.

    Bei einer verlängerten, täglichen Arbeitszeit (wie bei Euch) dürfen Urlaubstage und gesetzliche Feiertage, welche auf einen Werktag fallen, nicht als Ausgleichstage berechnet werden. Bei der Berechnung der tatsächlichen, durchschnittlichen, wöchentlichen Arbeitszeit sind Urlaubstage und gesetzliche Feiertage mit der täglichen Regelarbeitszeit zu bewerten.

    (BVerwG Urteil vom 09.05.2018 8 C 13.17)

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

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  • Darf ich mich mal kurz einmischen?

    Denn bei der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden ist die Bereitschaftszeit vollständig mitzurechnen.

    Also "normale" Arbeitszeit + Bereitschaftszeit dürfen zusammen nicht mehr wie 48 h pro Woche im Durchschnitt (über 12 Monate) sein. (§ 7 Abs. 8 ArbZG)

    Ist da die generelle Bereitschaftszeit gemeint oder nur, wenn es tatsächlich Einsätze gab?

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

    ~~~ Eine Lösung hätte ich - mir fehlt nur das passende Problem. ~~~

  • Ist da die generelle Bereitschaftszeit gemeint oder nur, wenn es tatsächlich Einsätze gab?

    Die generelle Bereitschaftszeit. Das gleiche gilt auch für Arbeitsbereitschaft. Ob innerhalb dieser Zeiten tatsächlich gearbeitet wurde spielt dabei keinerlei Rolle.

    Alles Andere wäre auch höchst problematisch. Zum einen würde es die Berechnung extrem aufwendig machen, wenn man für jeden einzelnen Bereitschaftsdienst genau erheben müsste wie viel tatsächlich gearbeitet wurde und zum anderen würde das absolut unmenschliche Möglichkeiten eröffnen. Da könnte man als AG (wenns der TV zulässt) seinen MA einfach von Montag bis Samstag (den Sonntag lassen wir der Einfachheit halber mal raus) durchgehend 144 Stunden Bereitschaftsdienst anordnen, sofern in diesem Zeitraum tatsächlich höchstens 48 Stunden gearbeitet werden.

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  • Die generelle Bereitschaftszeit. Das gleiche gilt auch für Arbeitsbereitschaft. Ob innerhalb dieser Zeiten tatsächlich gearbeitet wurde spielt dabei keinerlei Rolle.

    Alles Andere wäre auch höchst problematisch. Zum einen würde es die Berechnung extrem aufwendig machen, wenn man für jeden einzelnen Bereitschaftsdienst genau erheben müsste wie viel tatsächlich gearbeitet wurde und zum anderen würde das absolut unmenschliche Möglichkeiten eröffnen. Da könnte man als AG (wenns der TV zulässt) seinen MA einfach von Montag bis Samstag (den Sonntag lassen wir der Einfachheit halber mal raus) durchgehend 144 Stunden Bereitschaftsdienst anordnen, sofern in diesem Zeitraum tatsächlich höchstens 48 Stunden gearbeitet werden.

    Noch eine letzte Frage zum Verständnis: Mehrere Kollegen arbeiten z. B. Mo-Fr. 6:30 bis 15:00 Uhr. Im wöchentlichen Wechsel hat immer 1 von ihnen Bereitschaft Mo-Fr. von 15:00 bis 6:30 Uhr. Am WE geht sie dann ab Freitag 15:00 Uhr bis Montag 6:30 Uhr.


    Und diese Bereitschaft hat immer 1 Kollege am Stück. Von Montag nachmittag bis zum nächsten Montag früh. Allerdings ist das Rufbereitschaft. D.h., der Kollege hält sich an einem Ort seiner Wahl auf, der die ungefähre Entfernung seines Wohnortes zur Arbeitsstätte hat. Oder eben ganz normal zu Hause. Das ist dann was anderes, gell?

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

    ~~~ Eine Lösung hätte ich - mir fehlt nur das passende Problem. ~~~

  • Richtig. Rufbereitschaft ist nochmal was anderes. Bei der Rufbereitschaft gilt nur die tatsächlich gearbeitete Zeit als Arbeitszeit und die Zeit in der man nur erreichbar sein muss als Ruhezeit. Hier muss die für jede Rufbereitschaft die tatsächlich gearbeitete Zeit erfasst und auf die Höchstarbeitszeit angerechnet werden.

    Es gibt aber noch ein paar mehr Dinge zu berücksichtigen, wie z.B. Ausgleichstage für Sonn- und Feiertage.

    Genaueres findest Du Hier.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

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