Essenmarke nur für Nicht-Streikende Mitarbeiter

  • gilt auch hier der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz wenn Nicht-Streikende Mitarbeiter am Tag des Streiks (nicht Ganztägig, nur 6 Stunden) eine Essenmarke erhalten, die am Streik Teilnehmenden davon jedoch ausgeschlossen werden?

    Darf der Arbeitgeber diese Unterscheidung vornehmen?

  • Um die Frage abschließend zu beantworten bräuchte es noch ein paar Informationen mehr:


    Gibt es generell Essensmarken bei euch? Wenn ja, auf welcher Grundlage?

    Oder war das eine einmalige Aktion am Tag des Streiks?


    So aus dem Bauch heraus bin ich geneigt zu sagen, dass das geht. Ich denke da, an die in der Gastronomie z.B. üblichen "Freiessen", die aber nur der erhält, der auch eine Schicht arbeitet.


    Aber deswegen ist der Hintergrund hier wichtig. Gibt es eine wie auch immer geartete Rechtsgrundlage, darf der AG sie natürlich nicht einseitig verhindern. War es eine freiwillige soziale Leistung (im Sinne eines Goodies für die arbeitende Bevölkerung) könnte man dem AG hier natürlich vorwerfen die Mitbestimmung des BR bei der Verteilung des Topfes umgangen zu sein...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Moritz:

    generell gibt es bei uns keine Essenmarken. Es kam in der letzten Zeit jedoch häufiger vor, dass der Arbeitgeber aufgrund von Mehrarbeit Essenmarken ausgeteilt hat, die dann auch alle Mitarbeiter erhielten (ausgenommen langzeitkrank und Urlaub) und in einem bestimmten Zeitraum einlösen konnten.


    Für den jetzigen Fall wurden Essenmarken an die nicht streikenden Kollegen verteilt, da auch am Tag des Streiks Mehrarbeit notwendig war. Die Kollegen die sich am Streik beteiligten und nach Beendigung des Streiks die Arbeit wieder aufnahmen, erhielten keine.

    Der Arbeitgeber möchte diese Kollegen auch unter keinen Umständen berücksichtigen.

    So aus dem Bauch heraus bin ich geneigt zu sagen, dass das geht. Ich denke da, an die in der Gastronomie z.B. üblichen "Freiessen", die aber nur der erhält, der auch eine Schicht arbeitet.

    Ich sehe es in gewisser Weise genauso, nur berufen sich die gewerkschaftlich organisierten MA jetzt auf den § 75 BetrVG und verlangen Abhilfe.

  • Ich sehe es in gewisser Weise genauso, nur berufen sich die gewerkschaftlich organisierten MA jetzt auf den § 75 BetrVG und verlangen Abhilfe.

    ja gut, dann alle gleich behandeln --> keiner bekommt Essenmarken


    wenn der AG das freiwillig macht und es keine regelung dazu gibt und der AG die Streikenden nicht "belohnen" will, dann wird am Ende keiner eine "Belohnung" bekommen


    realistisch gesehen wird das dabei rauskommen

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Wie denken die arbeitenden Mitarbeiter/innen darüber das sie Essensmarken bekommen haben und die streikenden Mitarbeiter/innen keine Essensmarken bekommen haben?

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Wenn der AG die Ausgabe von Essenmarken auch bisher schon an die Mehrarbeit gekoppelt hat, zieht der §75 hier ja nicht.

    Die Streikenden werden an dem Tag kaum noch Mehrarbeit geleistet haben.

    Nur wenn es alle MA bekommen haben (auch die, die keine Mehrarbeit geleistet haben), könnte man sich darauf berufen.

    Dann wird es aber wohl darauf hinauslaufen, was Randolf schon geschrieben hat.

  • dass der Arbeitgeber aufgrund von Mehrarbeit Essenmarken ausgeteilt hat, die dann auch alle Mitarbeiter erhielten (ausgenommen langzeitkrank und Urlaub)

    berufen sich die gewerkschaftlich organisierten MA jetzt auf den § 75 BetrVG und verlangen Abhilfe.

    Das können sie natürlich verlangen - vom Arbeitgeber. Der BR hat doch gar nichts damit zu tun. Oder haben die Kollegen ihre Beschwerde gem. § 85 BetrVG an den BR angetragen?


    Dadurch, dass der AG auch bisher durch sein Handeln klar gemacht hat, dass nur Kollegen, die auch aktiv die Mehrarbeit geleistet haben Essensmarken bekommen (weshalb sie Langzeitkranke und Urlauber nicht bekommen haben), ist der AG hier in seinem Handeln zumindest konsistent.


    Insofern wäre es vermutlich schwer hier einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB zu belegen. Auf der einen Seite, haben die Kollegen zwar "nur" von ihrem gesetzlich erlaubten Streikrecht Gebrauch gemacht, aber der AG hat bisher auch schon die Marken nur an die AN ausgegeben, die aktiv teilgenommen haben.


    Anders wäre es zu sehen, wenn die Marken für Mehrarbeit in einer ganzen Woche ausgegeben werden und nun diejenigen, die einen halben Tag (oder wie lange auch immer der Streik gedauert hat) gefehlt haben, ausgegrenzt würden. Aber solange die Ausgabe quasi tagesaktuell im Zusammenhang ausgegeben wurden, sehe ich hier keinen Ansatz.

    da auch am Tag des Streiks Mehrarbeit notwendig war.

    Interessant könnte hier natürlich noch sein, war sie ohnehin notwendig (wegen der Aufragslage) oder war sie durch den Streik bedingt?


    Und wenn sie durch die Auftragslage bedingt war, und die Kollegen nach Streikende auch ihren Teil geleistet haben (und z.B. länger geblieben sind), sollte der AG mal kurz drüber nachdenken, ob er gut beraten ist, so zu agieren. Weil die Kollegen dann beim nächsten Mal "Dienst nach Vorschrift machen"... ist aus meiner Sicht aber eher eine politische Überlegung, juristisch halte ich das für vertretbar.

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  • Das können sie natürlich verlangen - vom Arbeitgeber. Der BR hat doch gar nichts damit zu tun. Oder haben die Kollegen ihre Beschwerde gem. § 85 BetrVG an den BR angetragen?

    Nein, das haben sie nicht getan. Lediglich in einem Telefonat wurde ich als BR vom Standort (wir sind ein BR nach §3) aufgefordert ihr "Recht" durchzusetzen.


    Die Mehrarbeit war übrigens auftragsbedingt notwendig, was der Streik natürlich nicht besser machte.


    Über die politische Sichtweise des Arbeitgebers kann man hier tatsächlich streiten... Die Kommentare hier haben mir jedoch sehr geholfen. Vielen Dank! :)

  • aufgefordert ihr "Recht" durchzusetzen.

    ihr Recht durchsetzen können sie nur selbst indem sie Klage gegen den AG einreichen.

    Das würde ich denen auch so sagen.


    Ihr könnte den AG höchstens nochmal "zum Gespräch" bitten und euch den Vorgang erläutern lassen und dann auf Gleichbehandlung hinweisen und den AG auffordern die Gleichbehandlung herzustellen. (was dabei meiner Meinung nach rauskommt siehe oben)


    Die Essensmarken einklagen muss dann jeder MA schön selbst machen.

    --> selbst wenn ich das als BR für die MA könnte, wäre mir das zu blöd (Essenmarken einklagen, weil die beim Streik Hunger bekommen haben ;) )

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Und wenn sie durch die Auftragslage bedingt war, und die Kollegen nach Streikende auch ihren Teil geleistet haben (und z.B. länger geblieben sind), sollte der AG mal kurz drüber nachdenken, ob er gut beraten ist, so zu agieren. Weil die Kollegen dann beim nächsten Mal "Dienst nach Vorschrift machen"...

    wenn die Streikenden nächstes Mal "Dienst nach Vorschrift" machen anstatt zu streiken, dann fällt die Mehrarbeit wohl aus an dem Tag ?


    Die Streikenden haben am Tag des Streikes wohl weder Mehrarbeit noch "Dienst nach Vorschrift" gemacht, sie haben vom Streikrecht gebrauch gemacht

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Ihr könnte den AG höchstens nochmal "zum Gespräch" bitten und euch den Vorgang erläutern lassen und dann auf Gleichbehandlung hinweisen und den AG auffordern die Gleichbehandlung herzustellen. (was dabei meiner Meinung nach rauskommt siehe oben)


    Die Essensmarken einklagen muss dann jeder MA schön selbst machen.

    --> selbst wenn ich das als BR für die MA könnte, wäre mir das zu blöd (Essenmarken einklagen, weil die beim Streik Hunger bekommen haben ;) )

    Das Gespräch mit dem Arbeitgeber fand statt - " ich habe einen langen Atem und ein dickes Fell" - waren seine einzigen verschnupften Worte dazu.


    Marken einklagen ist mir auch zu doof. Geht aber auch um das grundsätzliche Prinzip. Den MAern kann ich jetzt jedenfalls eine vernünftige Antwort geben. Mal sehen was sie daraus machen.


    Hmmm was ich mich grade frage.....hat der Betriebsrat dieser Mehrarbeit zugestimmt?

    es besteht bei uns eine BV zum Thema flex. Arbeitszeit, wo Mehrarbeit geregelt ist.

  • Die Streikenden haben am Tag des Streikes wohl weder Mehrarbeit noch "Dienst nach Vorschrift" gemacht, sie haben vom Streikrecht gebrauch gemacht

    Abgesehen mal davon, dass ich mir da kein abschließendes Urteil erlauben kann, gebe ich zu, kenne ich Streiks eher weniger im Zusammenhang mit Angestellten mit flexibler Arbeitszeit.

    Insofern war meine Denke da, nur weil ich vormittags zwei, drei Stunden demonstrierend vor dem Werk stehe, kann ich ja trotzdem zum Schichtende länger bleiben, statt pünktlich zu gehen (worauf sich das "Dienst nach Vorschrift" bezog), denn das Streikrecht bedeutet ja gerade nicht, dass ich die Zeiten nacharbeiten muss. (was einen Streik nach meinem Verständnis ad absurdum führen würde)


    Und ja, Mehrarbeit bedeutet üblicherweise, das normale Arbeitspensum überschreitend. Aber auch nach regulärem Feierabend noch eine Stunde dranzuhängen ist ja ein gewisses Engagement, das ich als AG honorieren könnte. (da sich dadurch ja der "Streikschaden" reduziert)


    Deswegen: juristisch sehe ich hier keine Handhabe. Rein taktisch könnte der AG auch sagen, bevor die beim nächsten Mal vormittags streiken und abends pünktlich gehen, honoriere ich das Engagement. (Ob ich als AG das tatsächlich täte, vermag ich nicht zu sagen, da fehlen mir die vollständigen Informationen, aber als Gedanke finde ich den Ansatz nicht verkehrt.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich sehe hier weder einen irgendwie einklagbaren Anspruch auf diese Essensmarken, noch einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot oder den Grundsatz der Gleichbehandlung.

    So wie ich das verstanden habe sind die Essensmarken an tatsächlich geleistete Mehrarbeit gebunden, also:

    Mehrarbeit = Essensmarke & keine Mehrarbeit = keine Essensmarke.

    Der Grund warum keine Mehrarbeit geleistet wurde spielt dabei keine Rolle.

    Wäre es dann nicht eher eine Ungleichbehandlung wenn man den Streikenden Essensmarken (ohne Mehrarbeit) geben würde und den Kranken und den Urlaubern nicht?

    Im Ernst, der AG muss die Zeit die gestreikt und nicht gearbeitet wurde nicht vergüten, aber es soll ein Anspruch auf Essensmarken (die es für Mehrarbeit gibt) bestehen, obwohl keine Mehrarbeit geleistet wurde?

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

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