Genehmigung von Dienstreisen - nur wenn geimpft (Corona)?

  • Hallo, liebe Leute,


    zum Thema "Anordnung von Dienstreisen" habe ich reichlich Infos gefunden. Aber wie ist es im anderen Fall - wenn der Arbeitgeber Dienstreisen nur zulassen möchte, wenn der Betroffene geimpft ist? Auf der einen Seite der Schutz der Gesundheit (Fürsorge), andererseits der Schutz der Persönlichkeitsrechte (keine Impfpflicht, keine Auskunftspflicht) sowie eine mögliche Benachteiligung. Wie seht ihr die rechtliche Lage?


    Danke & viele Grüße

    Makuhita

  • Geimpft ja/nein = Gesundheitsdaten die der AG nicht verarbeiten darf.

    Auch dann nicht wenn er versucht sich, über die Schiene Dienstreisen, selbst einen Verarbeitungszweck zu basteln.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hm... auch wenn ich mit Euch völlig d'accord bin, dass der AG grundsätzlich keinen Anspruch hat, ein solches Datum zu erfassen, so denke ich doch, dass der AG frei ist in seiner unternehmerischen Entscheidung, durch wen er sich beim Kunden/Geschäftspartner vertreten lässt.


    Ginge es um Dienstreisen z.B. ins englischsprachige Ausland, wir würden uns doch nicht eine Sekunde darüber streiten, ob der AG sagen darf, dass für ihn nur fährt, wer Englisch mindestens auf z.B. B2-Niveau beherrscht. Oder weg vom Fachlichen, der die übliche Tischetiquette wenigstens soweit beherrscht, dass er sich beim (Geschäfts-)Essen nicht mit der Gabel am Kopf kratzt.

    Geht es bei den Dienstreisen um Besuche in sensiblen Bereichen (Krankenhäuser, Arztpraxen, Seniorenwohnheime etc.p.p.) könnte eine solche Vorgabe sogar nachvollziehbar sinnvoll sein.


    Aus meiner Sicht würde der AG hier mit zwei Problemfeldern zu kämpfen haben:


    1) eine solche Festlegung stellt eine mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie gem. § 95 BetrVG dar

    2) ob eine entsprechende BV den notwendigen Erlaubnistatbestand gem. DSGVO darstellt, wird derzeit kontrovers diskutiert


    Kurz: das so bestimmen kann er womöglich, ob er es aber auch kontrollieren und damit durchsetzen kann?


    Ganz sicher kann er es aber nicht am BR vorbei.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Klare Antwort vom Paragraphenreiter. Nein da Ihn die Daten nichts angehen.

    ja, und darum fahren alle von denen der AG den Impfstatus nicht weiss, nicht auf Dienstreise.

    Der AG kann ja auch den Zutritt zur Arbeitsstätte an Bedingungen knüpfen wie Testpflicht oder Impfstatus oder Genesenennachweis, aber der AG muss dann halt auch für die Folgekosten aufkommen, wie z.B. Gehalt bezahlen ohne Arbeitsleistung.


    Solche Massnahmen sind natürlich immer in der BR-Mitbestimmung, das ist für mich klar

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • ja, und darum fahren alle von denen der AG den Impfstatus nicht weiss, nicht auf Dienstreise.

    Das kann der AG natürlich so entscheiden.

    Ich habe mich in meiner, für meine Verhältnisse sehr kurzen Antwort, nur auf die Verarbeitung der Daten beschränkt, da die hier das Problem ist.

    eine solche Festlegung stellt eine mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie gem. § 95 BetrVG dar

    Solche Massnahmen sind natürlich immer in der BR-Mitbestimmung, das ist für mich klar

    Das ist leider nicht der Fall. Es geht hier nicht um eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG, sondern um eine Dienstreiseordnung und die ist mitbestimmungsfrei (BAG, Urteil vom 08.12.1981 - 1 ABR 91/79).

    (Wobei ich trotzdem erstmal auf die "Ordnung im Betrieb" pochen würde, in der Hoffnung beim AG damit durchzukommen).


    Daher kann der AG erstmal Dienstreisen an gewisse Voraussetzungen knüpfen. Rein praktisch entsteht aber ein Problem wenn er, wie in diesem Fall, diese Voraussetzungen gar nicht überprüfen darf.

    Jetzt ist es ja nun so, dass Dienstreisen nicht dazu da sind die Mitarbeiter zu beglücken und der AG diese nicht unternehmen lässt, weil ihm das soviel Spaß macht. Sie sind in der Regel eine Notwendigkeit und wenn der AG niemanden hat der seine Voraussetzungen erfüllt (weil er den Impfstatus seiner MA nicht kennt), dann kann er diese Notwendigkeit nicht bedienen.

    Im echten Leben wird der AG aber vermutlich genug Freiwillige finden, die bereit sind ihren Impfstatus preis zu geben, um seinen Bedarf an "reisefähigen" zu decken.

    Daher ist mMn hier der aussichtsreiche Weg von der Dienstreiseordnung ganz die Finger weg zu lassen (da eh keine Mitbestimmung) und stattdessen ein "DSGVO-Fass" aufzumachen. Also nicht gegen die Verknüpfung Dienstreise / Impfstatus vorzugehen, sondern direkt gegen die Erfassung/Verarbeitung des Impfstatus.

    Dann geht es nämlich nicht um eine mitbestimmungsfreie Dienstreiseordnung, sondern um dem Mitarbeiterdatenschutz und man könnte als BR vom AG zumindest mal verlangen, dass er eine schriftliche Bestätigung des Landesdatenschutzbeauftragten vorlegt, dass er Gesundheitsdaten zu diesem Zweck verarbeiten darf. (...und ich kann mir nicht vorstellen, dass er diese bekommt).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Mit der Dienstreise sehe ich es genauso.

    Sorry, Leute...

    Auch wenn ihr auf mich einprügelt. Mit in den Betrieb lassen sehe ich es anders. sehe das etwas anders. Hier in NRW ist es so, dass es eine Verordnung zur Rückkehr nach dem Urlaub gibt. Die sagt aus, dass eines von den drei Gs (getestet, genesen oder geimpft) vorhanden sein muss. Der AG dazu verdonnert dieses nach fünf Urlaubstagen zu kontrollieren und nachzuhalten. Wer sich da weigert verstößt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und der AG kann ihn, wenn er ihn nicht im Home Office beschäftigen kann unbezahlt nach hause schicken. Das ist eine der Ausnahmen wo der Datenschutz gem. Art.9 Abs. 2 der DS-GVO ausgehebelt wird.

    Diese Auskunft habe ich von einem Arbeitsrichter.

  • Mit in den Betrieb lassen sehe ich es anders. sehe das etwas anders. Hier in NRW ist es so, dass es eine Verordnung zur Rückkehr nach dem Urlaub gibt. Die sagt aus, dass eines von den drei Gs (getestet, genesen oder geimpft) vorhanden sein muss.


    Der AG kann ja auch den Zutritt zur Arbeitsstätte an Bedingungen knüpfen wie Testpflicht oder Impfstatus oder Genesenennachweis, aber der AG muss dann halt auch für die Folgekosten aufkommen, wie z.B. Gehalt bezahlen ohne Arbeitsleistung.

    das sind 2 unterschiedliche Fälle.


    Du beziehtst Dich auf die Verordnung, das ist auch alles so korrekt wie Du schreibst.


    Ich habe mich auf "die Ordnung im Betrieb" bezogen, weil unabhängig von der Verordnung kann der AG ja erweiterte Gesundheitsvorsorgemassnahmen haben wollen und nur MA auf die Arbeit lassen wollen, die z.B. einen tagesaktuellen Test haben.

    Wer das nicht hat, den kann er dann bezahlt frei geben. (ob ein AG das heute noch macht? vor ca. 1 jahr war das ein Thema)

    --> natürlich geht es dann in der Regel nur in Mitstimmung mit dem BR

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  • Mit in den Betrieb lassen sehe ich es anders

    Schön, das darfst Du. Nur war das "mit in den Betrieb lassen" zu keinem Zeitpunkt Thema in diesem Thread.

    Das eine hat mit dem anderen einfach nichts zu tun.

    Hier in NRW ist es so, dass es eine Verordnung zur Rückkehr nach dem Urlaub gibt. Die sagt aus, dass eines von den drei Gs (getestet, genesen oder geimpft) vorhanden sein muss. Der AG dazu verdonnert dieses nach fünf Urlaubstagen zu kontrollieren und nachzuhalten. Wer sich da weigert verstößt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und der AG kann ihn, wenn er ihn nicht im Home Office beschäftigen kann unbezahlt nach hause schicken. Das ist eine der Ausnahmen wo der Datenschutz gem. Art.9 Abs. 2 der DS-GVO ausgehebelt wird.

    Natürlich, denn hier ist die Verarbeitung der Gesundheitsdaten erforderlich um diese gesetzliche Verordnung zu erfüllen.

    D.h. der zwingend erforderliche Zweck zur Verarbeitung der Daten ist die Erfüllung der Verordnung. Ohne diese Verordnung entfällt dieser Zweck und die Daten dürfen nicht verarbeitet werden und auch mit dieser Verordnung dürfen die Daten ausschließlich zu dem Zweck verarbeitet werden, um diese Verordnung zu erfüllen. (Zweckbindung)

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    Hanlons Rasiermesser

  • Ich habe mal eine ähnliche Frage: Mein neugieriger AG will die Motorroller nur an MA rausrücken, die einen Führerschein haben. Er hat sogar so wenig Vertrauen in unsere Ehrlichkeit, dass er sich den auch noch zeigen lassen will! :cursing:

    Jetzt habe ich ihm gesagt, dass ihn das einen Sch...eck angeht und ich ihm aus Datenschutzgründen nicht sagen muß, ob ich einen Führerschein habe oder nicht. Er meinte boshaft lächelnd: "Na schön, sie können mir den Lappen zeigen, müssen es aber nicht. Und ich kann Ihnen einen Roller geben, muß es aber nicht!"

    Soll ich mich an den Datenschutzbeauftragten wenden? ;(

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Soll ich mich an den Datenschutzbeauftragten wenden? ;(

    :D:D

    Das kannst Du natürlich tun. Der wird Dir dann aber sicher erklären, dass der AG diese Daten (Führerschein ja/nein + Führerscheinklasse) verarbeiten darf. Auch hier gibt es einen gesetzlichen Zweck der dies legitimiert, bzw. den AG als Fahrzeughalter sogar dazu verpflichtet Deinen Führerschein zu kontrollieren.

    Zitat

    § 21 StVG


    (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
    2.als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

    Hervorhebung durch den zitierenden

    Es geht also nicht um...

    so wenig Vertrauen in unsere Ehrlichkeit

    ...sondern um die gesetzliche Pflicht des AG sich die Führerscheine zeigen zu lassen.

    ;)

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    Hanlons Rasiermesser

  • Für eine Dienstreise würde ich das differenziert betrachten wollen neben der Datenschutz rechtlichen Betrachtung.

    Im Inland würde ich das in keinem Fall als notwendig ansehen das ich meinen Status angeben muss.
    Für eine Auslandsdienstreise würde ich schon als ein berechtiges Interesse des Arbeitgebers sehen wenn die Einreiseregelungen in dem Zielland oder Transitland eine Impfung z. B. erfordern. Da sehe ich klar ein berechtigtes Interesse welches in der Datenschutzgrundverordnung ja auch vorgesehen ist.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)