Mitbestimmung bei Anordnung von Zeitabbau?

  • Hallo zusammen,


    ich steh grade voll auf dem Schlauch. Bei uns in der Firma wird an einem Freitag ab mittag irgendwas an der EDV umgestellt. Daher will der AG alle MA ab 12 Uhr nach Heuse schicken, weil es keine Möglichkeit (ist wirklich so) gibt, zu arbeiten.

    Die MA sollen dafür ihr Zeitguthaben in Anspruch nehmen, bzw. evtl Minusstunden aufbauen.

    Sind wir da zustimmungspflichtig?

  • Zitat

    § 87 Abs. 1 BetrVG

    Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

    (...)
    2.Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
    3.vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;

    (...)

    (Hervorhebund durch den Zitierenden)

    Also ja.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • dann soll er die EDV am Wochenende umstellen, dann können alle arbeiten


    Mitbestimmung auf jeden Fall

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • jeder bekommt mal einen Besen und einen Eimer Wasser und dann auf gehts....

    Ich hoffe das war als Witz gemeint.

    Selbstverständlich kann der AG von seinen MA nur Tätigkeiten verlangen, die auch Bestandteil ihrer arbeitsvertraglichen Leistungspflichten sind. (Man stelle sich den Oberarzt vor, wie er auf Station die Böden wischt, oder den Ingenieur wie er das Laub auf dem Firmengelände zusammen harkt). Ist zwar ein schöner Gedanke :D aber der AG kann es nicht verlangen (es sei denn er hat eine "putzen statt Stundenabbau-Klausel" in seinen Arbeitsverträgen).

    Annahmeverzug ist sonst das Stichwort...

    Davon würde ich nicht ausgehen. Es geht hier ja nicht um ein kurzfristiges Ereignis. Der AG hat genug Vorlauf, um die Arbeitszeiten für diesen Tag anzupassen. Was er darf, aber natürlich nur unter der Mitbestimmung des BR.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Ich hoffe das war als Witz gemeint.

    Ich denke nur zum Teil.


    Ob das Großreinemachen tatsächlich in den Aufgabenbereich passt, brauchen wir doch gar nicht zu diskutieren. Nimm es symbolisch. Auch das Ausmisten der Unterlagen ist Bürotätigkeit und dürfte damit im Rahmen liegen.


    Es geht doch nur darum, dass der AG nicht sein Betriebsrisiko auf die AN abwälzt, nur weil er zu faul ist, das ordentlich zu organisieren.


    wer eine BV hat wo der AG Überstundenabbau oder sogar Minusstunden anordnen darf, da sollte der Betriebsrat eh verprügelt werden!

    Bei Minusstunden bin ich bei Dir. Aber gerade bei Gleitzeit (wo also der AN weitgehend alleine bestimmen kann, wann er Stunden aufbaut), muss es auch für den AG eine Möglichkeit geben, das zu begrenzen. (Stichwort Ampelmodell)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Deswegen ja Ampelmodell. Im grünen Bereich kann der AN tun und lassen was er will. Irgendwann kommt er aber mit seinen Stunden in den gelben Bereich. Und der bedeutet: Vorgesetzter und AN machen einen Plan, wie die Überstunden abgebaut werden sollen/können. Steigt das Stundenkonto aber immer noch (und da ist es völlig egal aus welchen Gründen) und kommt der AN damit in den roten Bereich, dann kann/darf/muss der AG den AN auch nach Hause schicken. Andernfalls muss der AG die Stunden (bei uns am Ende des Quartals) auszahlen.


    Auch eine reine Begrenzung der Stunden würde übrigens zu dem Ergebnis führen, dass der AN seine Arbeitszeiten nicht mehr in der Hand hätte, weil ein Verbot mehr Stunden aufzubauen dem Kollegen sofort jegliche Flexibilität nehmen würde.


    Unser AG kam vor Jahren auf die Idee, dass er die Stunden bei Überschreitung einfach kappt, weil er zu viele Zuschläge zahlen musste. Und wir haben ihm damals erklärt, dass wir ihn sicher nicht dabei unterstützen würden, erst die Arbeitszeit anzunehmen, sie dann aber nicht zu bezahlen. Da ist fairer, dass erst gemeinsam Pläne geschmiedet werden, wie die Stunden abgebaut werden (wo der AN sich voll einbringen kann und die Abbauzeiten, bei Berücksichtigung der betrieblichen Belange, weitgehend selber steuern kann), funktioniert das nicht, dann darf er den AN zwangsweise nach Hause schicken (tage- oder stundenweise). Tut er das nicht, hat er es selber verbockt und muss die Stunden (samt Zuschlägen) eben auszahlen.


    Realistisch hatten wir auch schon Kollegen, die tief im roten Bereich waren (weil der AG Planung mal wieder als Schlagwort aus einen SciFi-Roman betrachtet hat), die dem AG klar erklärt haben, wenn Du mich jetzt nach Hause schickst, mache ich ab sofort Dienst nach Vorschrift und dann kannst Du zusehen, wie du dein Projekt fertig bekommst... aber da, zwei Monate später, da ist das Projekt durch und da kann ich zwei freie Wochen super brauchen.


    Wissen wir auch nur, weil der AG deswegen bei uns angefragt hat, weil das ja nicht BV-konform wäre. Aus Gründen, die ich heute nicht mehr erklären kann, ist uns just diese Abteilung bei der Kontrolle der Ampelkonten durchgerutscht... :saint:


    Nachtrag:

    dass es dem AG nicht einfach möglich sein darf einen Abbau anzuordnen.

    nicht einfach, da bin ich bei Dir. Aber grundsätzlich muss er es können, da es sonst leider AN gibt, die das als "Selbstbedienungsladen" betrachten. Und das muss/soll ja so auch nicht einfach sein.

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    Einmal editiert, zuletzt von Moritz () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Moritz mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Danke für eure Antworten.

    Die EDV Umstellung dauert das ganze WE. Wir hoffen, am Montag läuft alles wieder.

    Da wir eine Bank sind, brauchen wir, um arbeiten zu können, leider in fast allen Bereichen den PC.

    Aber wir werden es im Gremium diskutieren, wie wir uns dazu äußern.

    Da es sich nicht um eine dauerhafte Angelegenheit handlt, war ich mir mit dem § 87 nicht sicher.


    Jetzt hab ich nochmal im Fitting gelesen: § 87(1) Nr. 3, Randnotiz 130.

    Da steht "Verringerung bedeutet Kurzarbeit" Ist das Kurzarbeit, wenn uns der AG wegen dieser Umstellung nach Hause schickt? Kann er wirklich ein Einbringen von Zeitguthaben aus dem Gleitzeitkonto verlangen?

    Sorry, ich bin rechtlich nicht so auf den Höhe :-))

    Einmal editiert, zuletzt von Melissa () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Melissa mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Kurzarbeit kann er nur machen wenn welche angemeldet ist. Habt ihr eine BV zu Kurzarbeit?

    Habt ihr einen BR?

    Verlangen kann er viel nur ob er es bekommt liegt an euch. Hier greift das MBR.

    Falls dies wirklich nur eine einmalige Angelegenheit ist und ihr sonst sehr gut mit eurem AG klar kommt würde ich das sogar mitmachen. ( meine persönliche Meinung )

  • Ich bezweifle stark, dass ihr mit den paar Stunden einen Arbeitsausfall von 10% (Aktuell) in dem betroffenen Monat erreichen würdet, zumal auch hier alles erforderliche getan werden muss, um die Kurzarbeit zu vermeiden. Im Juli und auch im August wären es z.B. jeweils 3 Arbeitstage Ausfall bei 22 Arbeitstagen im Monat.


    Wie wäre es, wenn man den Kollegen zeitnah die Möglichkeit bietet, die erforderlichen Stunden vor- oder nachzuarbeiten?


    Somit ist denen geholfen, die keine Stunden haben oder ihre Stunden für private Termine benötigen. Und Freitags Mittag Feierabend finde ich persönlich nicht so schlimm.

  • Einfach ausgedrückt: Nein, das ist definitiv keine Kurzarbeit.

    Zur Kurzarbeit kommt es bei einem erheblichen Arbeitsausfall, also wenn einfach nicht genug Arbeit für die MA da ist.

    Das ist bei Euch ja nicht der Fall, die Arbeit ist ja vorhanden und kann nur aus technischen Gründen (EDV-Umstellung) nicht an besagtem Freitag Nachmittag verrichtet werden.

    Eure Mitbestimmung gründet sich auf § 87 Abs. 1 Nr. 2 (Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit), nicht auf Nr. 3.

    Es geht hier ja darum, dass am besagtem Freitag die Arbeitszeit früher enden soll.

    Ich habe aber den Eindruck, dass euer AG hier nicht unbedingt etwas falsch gemacht hat. Die EDV-Umstellung soll ja am Wochenende stattfinden, nur hat vermutlich die IT die Rückmeldung gegeben, dass sie etwas mehr Zeit brauchen.

    Die EDV Umstellung dauert das ganze WE. Wir hoffen, am Montag läuft alles wieder.

    ...und dann ist Freitag früher zu schließen doch sinnvoller als Montags später (oder gar nicht) anzufangen.

    Auch habe ich den Eindruck, dass der AG dies rechtzeitig verkündet hat und nicht nach dem Motto: "Morgen geht ihr alle früher Heim" um die Ecke kam.

    Daher, Mitbestimmung ja, keine Frage. Aber was genau wollt Ihr denn eigentlich erreichen? Die EDV-Umstellung wird wohl eine Notwendigkeit sein (sowas macht ja niemand, weil es soviel Spaß macht) und der Zeitpunkt wird sich auch nicht viel besser planen lassen (das WE wird ja schon vollständig genutzt, reicht aber nicht ganz). Also wäre es für mein Empfinden keine gute Betriebsratsarbeit, wenn man einfach dem früheren Ende der Arbeitszeit an besagtem Freitag widersprechen würde. Damit würde man betriebliche Belange einfach ignorieren und das hat nichts mit vertrauensvoller Zusammenarbeit zu tun.

    Ich würde hier (aber das ist meine persönliche Meinung) die Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 geltend machen und vom AG verlangen, dass er eine Planung vorlegt, wie er gedenkt diejenigen, die durch die Aktion Minus-Stunden aufbauen, diese nacharbeiten zu lassen. (Denn Stunden "nacharbeiten" heißt ja immer außerhalb der regulären Arbeitszeit, womit ihr da auch wieder mitzubestimmen habt). Weiterhin würde ich natürlich verlangen, dass der AG das nicht einfach nur mal so plant, sondern auch mit den Betroffenen abspricht. Denn der AG hat bei der Einteilung der Arbeitszeit nicht nur die Mitbestimmung des BR zu berücksichtigen, er muss die Arbeitszeit auch nach billigem Ermessen einteilen, was soviel heißt wie, er hat auch die Belange seiner MA dabei zu berücksichtigen. Dies kann er natürlich nur, wenn er die Belange seiner MA auch kennt, also wenn er mit ihnen besprochen hat, wann sie die Stunden nacharbeiten.

    Bei den MA, die Stunden haben und durch die EDV-Umstellung nur ein paar davon abbauen, würde ich das in diesem Fall als durchaus legitim betrachten (betriebliche Notwendigkeit, WE dafür eingeplant, rechtzeitige Ankündigung).

    Natürlich hat der Schwede Recht, man darf dem AG das Anordnen von Stundenabbau nicht zu leicht machen, aber grundsätzlich dient ein Arbeitszeitkonto schon definitionsgemäß der Flexibilisierung der Arbeitszeit und ist kein zweites Urlaubskonto.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Ihr seid Spitze!

    Mir ging es nur darum, wo wir rechtlich stehen.

    Ich bin auch der Meinung, dass das so in Ordnung geht. Der AG will das ca. 6 Wochen vorher schon ankündigen. Dann haben die Kollegen, meiner Meinung nach, genügend Zeit, die Stunden schon vorher aufzubauen.

    Vielen Dank für Eure Hilfe!

  • wenn das noch gar nicht angekündigt ist und der AG das 6 Wochen vorher ankündigen will, kannst Du dann nicht einfach deine Betriebsversammlung an dem Freitag Nachmittag machen?

    dann braucht keiner den PC und die MA haben den Nachmittag ihre Stunden voll?

    nur so ein wirrer Gedanke :S

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • nur so ein wirrer Gedanke :S

    ...aber durchaus ein guter ;)

    Irgendwann muss man ja eh mal wieder eine machen und da eignet sich so ein Tag doch sehr gut. Innerhalb der regulären Arbeitszeit, kein Arbeitsausfall der nicht sowieso da ist und niemand muss Stunden abbauen. Das hat doch was ;)

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser