Gefährdungsbeurteilungen

  • Hallo,

    gem. § 5 ArbSchG müssen diese Gefährdungsbeurteilungen gemacht werden. Im Forum habe ich jetzt schon öfter gelesen, dass bei der Erstellung dieser Gefährdungsbeurteilungen der Betriebsrat in der Mitbestimmung wäre (man findet darüber auch div. Musterbetriebsvereinbarungen- Stichwort betriebliche Gesundheitsförderung). Es wurde auch behauptet, dass dem BR alle Gefährdungsbeurteilungen vorgelegt werden müssen und der BR diesen dann zustimmen müsse-sprich ihnen auch widersprechen kann.
    Was ist für das alles die Rechtsgrundlage? § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG? Da find ich allerdings nur eine Randnummer, Rn 299, die mir auch nicht so richtig weiterhilft...

    Gruß
    Tiger

    Nachtrag: den Fitting 25. Auflage mein ich natürlich

  • Die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG greift überall dort, wo Tatbestände nicht abschließend geregelt sind. Es heißt da ... sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften ...
    Die gesetzlichen Vorschriften sind u. a. Arbeitsschutzgesetz und Arbeitsstättenverordnung und da drin sind jede Menge regelungsoffene Tatbestände, bei deren näheren Bestimmung oder Auskleidung die o. g. Mitbestimmung des Betriebsrats greift. Sollte sich hierbei keine Einigung mit dem Arbeitgeber erzielen lassen, so entscheidet die Einigungsstelle.
    Tiger - was willst du mehr?

  • Hallo Siegbert,

    mehr ist immer besser! kommentare, Urteile...

    Unsere externe Arbeitssicherheitskraft hat mich da etwas verunsichert, als er meinte, wo das denn stehe, dass der BR bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und auch bei jeder einzelnen mit im Boot wäre. Er habe davon noch nie gehört...Geschweige denn, dass der BR alle Gefährdungsbeurteilungen sehen darf...

    Gruß
    Tiger

  • Hallo.

    Zitat von Tiger :

    besser gehts nicht!

    Stimmt. Die BAG-Urteile sind hier http://lexetius.com/2004,2074 und hier http://lexetius.com/2004,2821 nachzulesen.

    Eine externe Arbeitssicherheitsfachkraft, die davon noch nie gehört hat, ist m.E. fachlich nicht wirklich 100%ig geeignet...

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Zitat von Winfried :


    Eine externe Arbeitssicherheitsfachkraft, die davon noch nie gehört hat, ist m.E. fachlich nicht wirklich 100%ig geeignet...


    Hallo Winfried,

    ich stimme dir zu, aber mal weitergesponnen: Was macht man denn gegen eine solche "Fachkraft", wenn sie denn schon im Betrieb ist? Sprich, wie wird man sowas wieder los und ersetzt es durch jemand geeigneteres?

    Grüßchen,
    Carola

  • Zitat von Carola :

    Was macht man denn gegen eine solche "Fachkraft", wenn sie denn schon im Betrieb ist? Sprich, wie wird man sowas wieder los und ersetzt es durch jemand geeigneteres?

    Gute Frage. Nächste Frage. http://www.gesetze-im-internet.de/asig/__9.html gibt da nicht viel her. Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • § 9 Abs. 3 ASiG: Die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzuberufen. Das gleiche gilt, wenn deren Aufgaben erweitert oder eingeschränkt werden sollen; im übrigen gilt § 87 in Verbindung mit § 76 des Betriebsverfassungsgesetzes. ...
    Aus dem letzten von mir gefetteten Satz muss doch folgen, dass Bestellung und Abberufung einer Sicherheitsfachkraft nur einvernehmlich mit dem Betriebsrat gehen. Können die Betriebsparteien das Einvernehmen nicht herstellen, kann das eine Einigungsstelle tun.

  • Hallo Carola

    Im Schoof habe ich volgendes gefunden
    Mitbestimmungsrechte


    Mitbestimmung nach § 9 Abs. 3 ASiG: Hiernach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Bestellung und Abberufung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie bei der Erweiterung und Einschränkung der Aufgaben der Vorgenannten. Unstrittig ist, dass der Betriebsrat ein »Zustimmungsverweigerungsrecht« hat; strittig ist, ob ihm darüber hinaus auch ein »Initiativrecht« zusteht (nach der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur ist dies zu bejahen; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Aufl., § 87 Rn. 196).
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    Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Bestellung und Abberufung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit bzw. die Erweiterung oder Einschränkung ihrer Aufgaben nicht zustande, entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers oder Betriebsrats die → Einigungsstelle (BAG v. 24. 3. 1988 – 2 AZR 369/87, AiB 1989, 91).

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Zitat von Carola :


    Was macht man denn gegen eine solche "Fachkraft", wenn sie denn schon im Betrieb ist? Sprich, wie wird man sowas wieder los und ersetzt es durch jemand geeigneteres?


    Wie Siegbert richtig schreibt, dann wird die "SiFa" "ausgetauscht", wenn sie nicht kompetent erscheint. Auch Externe werden vom Unternehmen bezahlt, holt man sich `ne andere. Und ob dafür eine Einigungsstelle herhalten müsste, wäre "unverhältnismäßig...

  • Hallo pillepalle

    Wieso wäre die Einigungsstelle unverhältnismäßig?

    Wenn man sich mit dem AG per tu nicht einigen kann, und das soll schon mal vorkommen, dann bleibt nur die Einigungsstelle.

    Ich setze einen Kompromissfähigen BR voraus.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Zitat von erco :


    Hallo pillepalle

    Wieso wäre die Einigungsstelle unverhältnismäßig?

    Wenn man sich mit dem AG per tu nicht einigen kann, und das soll schon mal vorkommen, dann bleibt nur die Einigungsstelle.

    Ich setze einen Kompromissfähigen BR voraus.


    Damit meine ich, dass wegen solcher "Lappalie" doch nicht allen Ernstes eine Einigungsstelle herhalten müsste. Bei "einigermaßen" Kompromissfähigkeit muss das doch "in Frieden" klärbar sein. Aber, naja, wenn alle Stränge reißen, dann ist halt eine Einigungsstelle unverhältnismäßig anzurufen... Es gibt genügend (Zivil)Prozesse, die wegen noch kleinerer Nichtigkeiten geführt werden (müssen).

  • Zitat von pillepalle :


    Damit meine ich, dass wegen solcher "Lappalie" doch nicht allen Ernstes eine Einigungsstelle herhalten müsste.


    durch die Mitbestimmung greift der Betriebsrat in die Entscheidungshoheit des Arbeitgebers ein und das sehen bei weitem nicht alle Cheffe`s sportlich und vernünftig. Und eine "Lappalie" ist die Entscheidung sicher nicht. Immerhin darf der Betriebsrat dauerhaft (oder nötigenfalls bis zur Abberufung) mit der SiFa zusammenarbeiten und, wenn du da eine Pflaume hast, dann bleibt außer Pflaumenkuchen, Gselz und Obstsalat nicht mehr viel übrig.

  • Hallo zusammen,

    wir haben im Betrieb das selbe Problem wie Tiger. Die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung wurde nun endlich von unserem BR durchgesezt (naja zumindest langsam ins rollen gebracht) aber unsere externe Fachkraft für Arbeitssicherheit ist eine totale Pflaume.

    Ich habe unserem BR (bin selber nur recht weit hinten plaziertes Ersatzmitglied) die informationen aus diesem Forum zukommen lassen, woraufhin auch promt eine Antwort gekommen ist. Die Mitbestimmung greife nur bei internen Ernennungen.

    Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs 1 Nr 7 BetrVG, wenn der Arbeitgeber externe Personen oder Stellen mit der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen oder Unterweisungen beauftragt. BAG • Beschluss vom 18. August 2009 • 1 ABR 43/08

    Hat da jemand ein passendes Argument gegen...?

  • Hallo,

    vielen Dank für die Ideen. Das der BR mitbestimmungspflichtig ist und sogar ein Zustimmungsverweigerungsrecht hat, wenn der AG die SiFa loswerden will, ist, denke ich, weitgehend unstrittig. Problematisch sehe ich es immernoch, wenn der BR derjenige ist, der die SiFa entfernen möchte.

    Das hier:

    Zitat von erco :


    [...] strittig ist, ob ihm darüber hinaus auch ein »Initiativrecht« zusteht (nach der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur ist dies zu bejahen; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Aufl., § 87 Rn. 196) [...]


    könnte evtl. ein Ansatz sein. Gesetzt den Fall, Däubler & Co. hätten recht und das Initiativrecht bestünde, der BR beantragt also initiativ beim AG die Abberufung einer unfähigen SiFa. Der AG will aber nicht, der BR ruft also die E-Stelle an. Der AG will auch die nicht, der BR geht zum ArbG, auf dass dieses die E-Stelle einsetze. Würde das ArbG das tun?

    Weiter, angenommen das ArbG setzt die E-Stelle ein, wie miserabel muss die SiFa wohl sein, dass eine E-Stelle für die Abberufung ist?

    Und jetzt mal anders: Gesetzt den Fall, Däubler & Co. irren in Bezug auf das Initiativrecht, was dann?

    Grüßchen,
    Carola