Rechtsanspruch von Stamm TZ'ler auf VZ bei Einsatz hunderten von leiharbeitern in TZ?

  • Haben Stamm TZ AN einen Rechtsanspruch auf VZ? Wenn in einem Unternehmen hunderte Leiharbeiter tätig sind und etwa 100 - 150 TZ AN aus finanziellen Gründen, aus welchen sonst, auf Vollzeit gesetzt werden wollen, besteht da nach § 9 TzBfG ein Rechtsanspruch auf Vollzeit?

    Der AG und sein Anwalt sagt nein, betriebsbedingt, da die Firma ausschließlich TZ AN beschäftigen will da sie mehr Köpfe vor Ort braucht, stellt aber keine eigenen AN mehr ein. Ich sage ja, da die Belange beider Parteien abgewogen werden müssen und ua. die finanzielle Selbstständigkeit der Stamm AN höher wiegt als die „betrieblichen“ Belange.

    Die Arbeitsplätze der TZ AN und die Stellen die von TZ Leiharbeiter besetzt werden sind identisch.

    Es handelt sich bei den Stamm TZ AN um unbefristete AV.

    Der Bedarf an Arbeitskräfte ist ständig bei 18 – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.

    Die Stamm TZ AN werden deshalb seit Jahren immer Quartals- oder halbjährlich mit Stunden aufgestockt, weil der AG seit Jahren hunderte von Leiharbeitern einsetzt, natürlich immer nur kurzfristige Einsätze mit wechselnden Leiharbeitern. Der AG weigert sich aber die dringend benötigten Stamm-Arbeitsplätzen mit eigenen Personal aufzufüllen weil sie zu teuer sind.

    Zwischenzeitlich habe ich auch ein BAG Beschluss gefunden: http://lexetius.com/2006,3693

    Der verunsichert mich jetzt auch ein wenig. Es sind etwa 1800 Arbeitsplätze verfügbar, von denen etwa 400 – 500 von Leiharbeitern in TZ sowie auf Stammarbeitsplätze besetzt werden. Ich weiss, es werden trotz Widerspruchs Leiharbeitnehmer eingesetzt und die Termine bei Gericht sind schon fast unübersichtlich. Die meisten Termine platzen aber da die befristete TZ Leiharbeiter Stellenbesetzung immer nur 2 – 8 Wochen gelten und dann kommen eben andere Namen auf die Liste und werden wieder über den 99/100er eingesetzt.

    Es gibt etwa 100 – 150 Stamm TZ AN die großteils alle auf VZ gesetzt werden möchten, der AG sagt aber NÖ, ich will nur TZ und einstellen will ich auch nicht da Stammpersonal zu teuer wäre.

    Wie sehr Ihr das? Tipps? Oder haben die Stamm ( unbefristete ) TZ AN keinen Rechtsanspruch auf unbefristete VZ?

  • einen Weg sehe ich da individualrechtlich über § 9 TzBfG. Möglicher Weise beeindruckt es euren Arbeitgeber, wenn diesen Weg möglichst viele Teilzeitlerinnen und Teilzeitler auf einmal gehen. Auch könnte dazu eine Solidarisierung auf der Betriebsversammlung helfen.

  • Ja, § 9 ist, wenn überhaupt, wohl die einzige Chance für die TZ’ler, nur können die Stamm TZ’ler aus diesem § einen Rechtsanspruch ableiten? Darum geht es ja letztendlich. Gibt es ein BAG Beschluss der diesen Rechtsanspruch untermauert? Ich finde immer nur jenes, dass einem TZ’ler ein VZ Arbeitsvertrag angeboten werden MUSS, wenn es DIESEN NEUEN Arbeitsplatz als VZ zu besetzen gilt und eine Neueinstellung ansteht oder DIESER ausgeschriebene VZ Arbeitsplatz von einem Leiharbeiter besetzt werden soll. Wenn ein AG dann aber auf die Idee kommt den § 9 TzBfG zu umgehen, sagt er einfach das er keine VZ mehr haben will und ALLE Neueinstellungen oder Neubesetzungen auschließlich über TZ abwickeln will, eine Lücke im TzBfG?!?

    Oder, da die Stamm VZ’ler seit Jahren befristet von z.B. 100 Stunden auf 160 Stunden angehoben werden, entstünde da nicht auch eigentlich ein Rechtsanspruch auf die 160 Stunden, unbefristet? Ich meine da mal einen Beschluss des BAG gelesen zu haben, das wenn TZ’ler ständig mehr Stunden arbeiten, auch per befristete Stundenerhöhung, das ihnen nach geraumer Zeit DIESE Stunden zumindest unbefristet zustehen, finde diesen Beschluss jedoch leider nicht mehr. Hat den wer und kann mir den Link geben?

    Wie gesagt, der AG will keine VZ Stellen mehr schaffen und Einstellen will er auch nicht, nicht mal TZ. Es sind hunderte Leiharbeiter und mindestens, wenn nicht noch mehr, Werkvertragsarbeitnehmer Vorort. Es gibt bei uns also schon fast mehr Leiharbeiter und Werkvertragsarbeitnehmer als Stammbeschäftigte!

  • Hallo,

    die von Dir erwähnte "Organisationsentscheidung", Stamm-AN nur noch in TZ arbeiten zulassen, war mal ein beliebter Umgehungstatbestand des § 9 TzBfG.
    Dem hat das BAG am 15.8.2006 einen Riegel vorgeschoben. Diese Begründung des AG zieht nur noch dann, wenn es betriebliche Gründe gibt:
    http://lexetius.com/2006,3693
    Das bedeutet, daß zB die Arbeit sich gar nicht in Vollzeit organisieren läßt. Gibt es aber vergleichbare AN, die eine gleichwertige Arbeit in VZ leisten, liegen idR keine betrieblichen Gründe vor.

    Bei gleicher Eignung hat der Erhöhungswunsch eines Stamm-AN grundsätzlich Vorrang vor einer Neueinstellung
    (ErfK, TzBfG, §9, Rn 5, Holwe/Kossens, TzBfG-Basiskommentar, § 9, Rn 5)

    Die Nichtberücksichtigung eines Erhöhungswunsches eines AN ist idR ein Ablehnungsgrund iSd § 99 Abs. 2 BetrVG.

  • Hallo whoepfner,

    danke für Deine hilfreiche und beruhigende Antwort, dachte schon das ich mit meiner Meinung alleine darstehe. Dann werden wir das Thema mal thematisieren, da dies auch viele Stamm AN betrifft, ist es auch kollektivrechtlich und unser Anwalt soll sich die Sache dann auch mal ansehen.

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.