Was Sie als Wahlvorstand jetzt wissen müssen
Dem Wahlvorstand kommt ein hohes Maß an Verantwortung zu. Macht er Fehler, kann dies im Extremfall zur Anfechtbarkeit oder zur Nichtigkeit einer Wahl führen. Allerdings sollte dies niemanden davon abhalten, Mitglied in einem Wahlvorstand zu werden. Werden die hier zu leistenden Arbeiten gut geplant und in ihrer Durchführung ausreichend kontrolliert, steht einer erfolgreichen Betriebsratswahl nichts im Weg.
Einsetzung des Wahlvorstands
Das Verfahren zur Einsetzung des Wahlvorstands hängt davon ab, ob die Wahl erstmals erfolgt oder ob in einem Betrieb bereits ein Betriebsrat besteht. Gibt es einen Betriebsrat, muss er die erneute Wahl gemäß § 16Abs. 1 BetrVG einleiten und per Beschluss einen Wahlvorstand einsetzen. Dieses muss spätestens 10 Wochen vor Ablauf der eigenen Amtszeit geschehen. Für Kleinbetriebe im Sinne von § 14a BetrVG wird diese Frist durch § 17a Nr. 1 BetrVG auf vier Wochen verkürzt. Kommt ein Betriebsrat seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Einsetzung eines Wahlvorstands nicht nach, erfolgt die Einsetzung auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft durch das Arbeitsgericht. Soll erstmals ein Betriebsrat gewählt werden, leitet sich das Verfahren zur Einsetzung eines Wahlvorstands aus der konkreten betrieblichen Situation ab: > Gehört ein Betrieb zu einem Unternehmen oder Konzern, so kann ein hier existierender Gesamt- oder Konzernbetriebsrat nach den Vorgaben des § 16 Abs. 3 BetrVG einen Wahlvorstand einsetzen. > In Einzelbetrieben können gemäß § 17 Abs. 2 und 3 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft per Wahlaufruf zu einer Betriebsversammlung einladen, in der ein Wahlvorstand gewählt wird. Entsprechendes gilt, wenn in einem Unternehmen oder einem Konzern ein zuständiger Gesamt- oder Konzernbetriebsrat untätig bleibt.
Amtszeit des Wahlvorstands
Die Amtszeit eines Wahlvorstands beginnt mit der Einsetzung. Sie endet im Regelfall mit dem Moment der Wahl eines Wahlvorstands in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Betriebsrats. Ausnahmsweise kann sie etwas länger dauern, wenn der Wahlvorstand noch notwendige Nacharbeiten (etwa Zusammenstellung der Wahlunterlagen für die Aufbewahrung durch den Betriebsrat) zu leisten hat.
Mitglieder eines Wahlvorstands
Zu Mitgliedern eines Wahlvorstands können alle gemäß § 7 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebs gewählt werden. Es können auch Arbeitnehmer berufen werden, die noch keine sechs Monate im Betrieb tätig sind. Weiterhin können Leiharbeitnehmer im Sinne von § 7 Satz 2 BetrVG in den Wahlvorstand gewählt werden. Der Wahlvorstand besteht nach § 16 Abs. 1 BetrVG aus drei Wahlberechtigten. Diese Zahl kann in größeren Betrieben erhöht werden, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Dies wird insbesondere in größeren Betrieben der Fall sein. Der Wahlvorstand muss zur Vermeidung von Patt-Situationen immer aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Wird ein Betriebsrat nach dem vereinfachten Wahlverfahren gemäß § 14a BetrVG durchgeführt, kann die Zahl seiner Mitglieder nicht erhöht werden (vgl. §17a Nr. 2 BetrVG). Ein Mitglied des Wahlvorstands muss zum Vorsitzenden bestimmt werden. Sie oder er vertritt den Wahlvorstand nach außen. Die Wahl eines Vorsitzenden erfolgt entweder durch den einsetzenden Betriebsrat oder durch eine gesonderte Abstimmung in der Wahlversammlung, die sich an die Wahl des Wahlvorstands anschließt. Die Festlegung einer Stellvertretung ist zwar im Gesetz nicht genannt, für die Praxis aber möglich und sinnvoll. Zulässig und anzuraten ist weiterhin die Bestellung von Ersatzmitgliedern für die übrigen Mitglieder des Wahlvorstands. Wie ein Wahlvorstand im betreffenden Fall personell besetzt wird, hängt von den konkreten Verhältnissen im Betrieb ab. In jedem Fall sollten ihm Vertreter beider Geschlechter angehören, wenn diese im Betrieb tätig sind. Die Wahl in den Wahlvorstand kann ohne Begründung abgelehnt werden. Auch ein Rücktritt ist jederzeit möglich. Soweit für diese Fälle durch die Wahl von Ersatzmitgliedern keine Vorsorge bei der Einsetzung getroffen wurde, müssen vom einsetzenden Betriebsrat bzw. von einer erneuten Wahlversammlung Mitglieder „nachnominiert“ werden.
Aufgaben des Wahlvorstands
Hauptaufgabe eines Wahlvorstands ist die Durchführung der Betriebsratswahl. Zu diesem Zweck kann und muss er nach eigenem Ermessen alle Schritte unternehmen, die das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und die Wahlordnung (WO) vorgeben. Hierzu gehören insbesondere die Aufstellung der Wählerliste, der Erlass des Wahlausschreibens, die Entgegennahme und die Prüfung von Wahlvorschlägen sowie die Planung und Durchführung der Stimmabgabe und deren anschließender Auszählung. Darüber hinaus ist er beispielsweise auch für die Entgegennahme von allgemeinen Anfragen, Einwendungen und Beschwerden im Zusammenhang mit der Wahldurchführung zuständig. Bei der Durchführung der gesetzlichen Aufgaben sind die Mitglieder des Wahlvorstands unabhängig und frei. Ein Wahlvorstand kann die Erledigung seiner Aufgaben deshalb nach eigenen Vorstellungen strukturieren. Um die reibungslose Erledigung der Aufgaben sicherzustellen, kann er sich per Beschluss eine Geschäftsordnung geben. Der Arbeitgeber darf den Mitgliedern des Wahlvorstands keine inhaltlichen Weisungen erteilen. Darüber hinaus darf er auch nicht durch sonstige Arbeitsanweisungen (etwa durch die Aufforderung zur sofortigen Erledigung anderer Arbeitsaufgaben) Einfluss auf dessen Arbeit nehmen. Auch ein bestehender Betriebsrat hat gegenüber einem Wahlvorstand keine Weisungsbefugnis.
Sitzungen des Wahlvorstands
Über die Festlegung der erforderlichen Sitzungstermine und über deren Dauer entscheidet der Wahlvorstand nach eigenem Ermessen. Zu Sitzungen muss die bzw. der Vorsitzende so rechtzeitig einladen, dass alle Mitglieder teilnehmen können. Bei Bedarf (etwa nach Einsprüchen von Listenvertretern) kann eine Einladung auch kurzfristig erfolgen. Es muss dann aber sichergestellt werden, dass sie alle Mitglieder erreicht und dass diese teilnehmen können. Sind einzelne Mitglieder verhindert und muss eine Entscheidung unverzüglich getroffen werden, sind Ersatzmitglieder zu laden. Sind diese nicht bestellt, kann ein Beschluss nur dann erfolgen, wenn die hierfür notwendige absolute Mehrheit der Mitglieder anwesend ist. In zeitlicher Hinsicht werden die Sitzungen des Wahlvorstands im Normalfall während der betriebsüblichen Arbeitszeit erfolgen. Bei der Festlegung der Sitzungszeiten sollte auf die persönlichen Arbeitszeiten der Mitglieder Rücksicht genommen werden. In vielen Fällen wird dies aber nicht möglich sein (etwa in
Schichtbetrieben). Müssen Mitglieder des Wahlvorstands in diesen Fällen außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit an Sitzungen teilnehmen, ist der notwendige Zeitaufwand Arbeitszeit. Fallen Überstunden an, sind diese nach den betriebsüblichen Grundsätzen gutzuschreiben bzw. zu vergüten. Der Wahlvorstand kann nach eigenem Ermessen darüber entscheiden, ob seine Sitzungen öffentlich sind. Gesetzliche Vorgaben hierzu gibt es nicht. Hat der Wahlvorstand die Nichtöffentlichkeit von Sitzungen beschlossen, müssen die Mitglieder die entsprechenden Inhalte mit der notwendigen Vertraulichkeit behandeln.
Beschlussfassung im Wahlvorstand
Sind Endscheidungen notwendig, werden diese nach § 1 Abs. 3 WO mit einfacher Stimmenmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder per Beschluss getroffen. Nicht stimmberechtigt sind die von einer Gewerkschaft in den Wahlvorstand entsandten Mitglieder. Beschlussfähigkeit wird im Regelfall gegeben sein, wenn nach einer ordnungsgemäßen Einladung die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist. Der Vorsitzende sollte sie zu Beginn der Sitzung und gegebenenfalls auch erneut in deren Verlauf feststellen. Fehlt die Beschlussfähigkeit, muss eine erneute Einladung erfolgen, da Abstimmungen in der aktuellen Sitzung dann nicht rechtswirksam erfolgen können. Die Beschlüsse müssen im Protokoll vermerkt werden. Ein Protokoll ist nach § 1 Abs. 3 WO über jede Sitzung zu erstellen. Es muss mindestens den Wortlaut der gefassten Beschlüsse enthalten und ist vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes zu unterschreiben.
Verhinderung von Mitgliedern des Wahlvorstands
Können Mitglieder nicht an Sitzungen teilnehmen (etwa aufgrund von Krankheit), werden Ersatzmitglieder für sie tätig. Gibt es diese nicht, können die Sitzungen des Wahlvorstands in „reduzierter Besetzung“ stattfinden, solange die Beschlussfähigkeit gewährleistet ist. Eine persönliche Verhinderung von anwesenden Mitgliedern des Wahlvorstands kann darüber hinaus dann vorliegen, wenn eine Beschlussfassung „in eigener Sache“ ansteht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn über die Gültigkeit einer von einem Wahlvorstand auf einer Vorschlagsliste geleisteten Unterschrift zu entscheiden ist. Für den entsprechenden Tagesordnungspunkt besteht dann kein Recht zur Beschlussfassung und bei nichtöffentlichen Sitzungen eventuell auch kein Teilnahmerecht.
Kosten des Wahlvorstands
Die Durchführung einer Betriebsratswahl ist immer mit Kosten verbunden. Diese sind nach § 20 Abs. 3 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragen. Er muss deshalb alle Aufwendungen des Wahlvorstands übernehmen, die etwa für Räume, Büromaterial, Wahlunterlagen, Wahlmappen sowie für notwendige Technik anfallen. Weiterhin muss der Arbeitgeber alle Kosten ersetzen, die im Zusammenhang mit der unmittelbaren Durchführung der Wahl entstehen (z.B. Druck von Stimmzetteln, Beschaffung von Wahlurnen, Porto für Briefwahlunterlagen, Akkuschrauber und Schrauben für die Befestigung von Wahlaushängen). Wie die notwendigen finanziellen Mittel konkret zur Verfügung gestellt werden, muss der Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber abstimmen. Nehmen Mitglieder des Wahlvorstands an Seminaren und Schulungen teil, sind auch die hierfür anfallenden Kosten nach § 20 Abs. 3 BetrVG vom Arbeitgeber zu übernehmen. Kommt es im Zusammenhang mit der Durchführung der Wahl zu gerichtlichen Auseinandersetzungen (etwa bezüglich der Wahlberechtigung von zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmern) und ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts notwendig, sind die Kosten hierfür ebenfalls vom Arbeitgeber zu tragen. Über die Veranlassung notwendigen Aufwendungen entscheidet der Wahlvorstand nach pflichtgemäßem Ermessen durch Beschluss. Der Arbeitgeber sollte hierüber als Zahlungspflichtiger zeitnah informiert werden. Neben den unmittelbaren Kosten für die Durchführung der Wahl muss der Arbeitgeber nach § 20 Abs. 3 BetrVG auch die persönlichen Kosten tragen, die für Mitglieder des Wahlvorstands entstehen (z.B. in einem Schichtbetrieb für die Anreise zu einer Sitzung des Wahlvorstands außerhalb der individuellen Arbeitszeit).
Freistellung von der Arbeit
Für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben sind die Mitglieder des Wahlvorstands nach § 20 Abs. 3 BetrVG unter Fortzahlung des Entgelts von ihrer sonstigen beruflichen Tätigkeit zu befreien. Ähnlich wie Betriebsratsmitglieder müssen sie für die Wahrnehmung von Wahlvorstandsaufgaben keine Genehmigung des Arbeitgebers bzw. ihres Vorgesetzten einholen. Sie müssen sich deshalb lediglich ab- und anmelden. Einer gesonderten Genehmigung durch den Arbeitgeber bedarf die aktuelle Aufnahme der Tätigkeit im Wahlvorstand nicht.
Schutz vor Sanktionen und Nachteilen
Während der Mitarbeit in einem Wahlvorstand sind seine Mitglieder vor Sanktionen und Nachteilen gesetzlich besonders geschützt. Einschlägig ist hier zunächst die allgemeine Regelung des § 20 Abs.1 BetrVG, nach der niemand die Wahl des Betriebsrats behindern darf. Die sich aus dieser Vorschrift ableitenden allgemeinen Vorgaben und Verbote schützen auch die Mitglieder des Wahlvorstands. Darüber hinaus werden von dieser Vorschrift Wahlhelfer gemäß § 1 Abs. 2 WO erfasst, die etwa am Wahltag zur Unterstützung des Wahlvorstands (z.B. bei der Stimmauszählung) tätig werden. Wirkt ein Arbeitgeber mit dem Ziel der unzulässigen Beeinflussung auf eine Wahl ein, indem er Mitglieder eines Wahlvorstands beeinflusst, macht er sich strafbar. Ein Verstoß gegen das Verbot der Wahlbeeinflussung wird gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Auf der individualrechtlichen Ebene bedeutsam ist der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG. Hiernach ist die Kündigung eines Wahlvorstandsmitglieds vom Zeitpunkt der Bestellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses besteht ein nachwirkender Kündigungsschutz für die Dauer von sechs Monaten. Während dieser Zeit ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nur möglich, wenn sie aus wichtigem Grund erfolgt und den Arbeitgeber zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigten würde (Stichwort: fristlose Kündigung).
Ausblick
Die komplizierten gesetzlichen Vorgaben, die es für die Arbeit von Wahlvorständen gibt, sollten nicht über das Eine hinwegtäuschen: Zentrale Schlüssel zum Erfolg einer Betriebsratswahl sind nicht so sehr umfassende juristische Kenntnisse, sondern vielmehr gutes Projektmanagement und funktionierendes Controlling innerhalb des Wahlvorstands. Für seine Mitglieder beinhaltet die Durchführung der Wahl nicht nur viel Aufwand, sondern auch die Chance, neue Erfahrungen im Bereich des Projektmanagements zu sammeln. Die aktive Verantwortlichkeit für die Durchführung einer Betriebsratswahl erhöht damit auch die individuelle Kompetenz ganz erheblich.