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„Der Schutz der Kollegen steht für mich an erster Stelle“

Probleme und Chancen des Neun-Euro-Tickets für die Beschäftigen – nachgehakt beim DB-Betriebsrat

Für neun Euro quer durch Deutschland reisen – klingt super! Doch was bedeutet das eigentlich für das ohnehin schon überlastete Personal bei Bus und Bahn? Und welchen Einfluss hat der Betriebsrat, um hier Positives zu bewirken? Wir haben nachgefragt bei Ralf Damde, Vorsitzender des Landesverbandsvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im Saarland sowie seit 2021 stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio Schiene/Bus.

Stand:  14.6.2022
Lesezeit:  03:00 min
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Ralf Damde | stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio Schiene/Bus | © DB Regio AG / Ralf Damde
Ralf Damde | stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio Schiene/Bus | © DB Regio AG / Ralf Damde

Ralf Damde

Ralf Damde ist Vorsitzender des Landesverbandsvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im Saarland sowie seit 2021 stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio Schiene/Bus.

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Dass es zu überfüllten Zügen kommt,  ist nicht ausschließlich eine Folge des Neun-Euro-Tickets.

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Herr Damde, was halten Sie vom Neun-Euro-Ticket?

Ralf Damde: Grundsätzlich und ausdrücklich begrüßen wird das Neun-Euro-Ticket. Denn es ist ein wichtiger Schritt hin zu einem attraktiven, erschwinglichen öffentlichen Nahverkehr. Gerade die einheitliche Tarifsystematik ist ein enorm großer Attraktivitätspunkt. Das sehen wir ja auch in der Anzahl an verkaufen Tickets.

Und welche Schwierigkeiten gab es im Zuge der Einführung? 

Ralf Damde: Dass es gerade am ersten Wochenende, was dann noch direkt das Pfingstwochenende war, zu überfüllten Zügen und Teilräumungen kommt, auch mit Hilfe von Bundespolizei oder DB-Sicherheit, war vorherzusehen. Dies ist aber nicht ausschließlich eine Folge des Neun-Euro-Tickets.

Sondern?

Ralf Damde: Schon vor Corona waren Züge im Regionalverkehr an verlängerten Wochenenden sehr voll. Bereits da kam es zu Teilräumungen. Hier ist das Problem eher bei den Aufgabenträgern zu suchen, die in ihren Ausschreibungen kaum noch Sicherheitspersonal oder gar Ersatzzüge bestellen. So haben wir, aber auch die anderen Verkehrsunternehmen, gar keine Möglichkeit, kurzfristig weitere Züge und Wagen bereitzustellen.

Stichwort Personal: Diesbezüglich dürften weitere Probleme zu befürchten sein.

Ralf Damde: Grundsätzlich hat unser Personal in den ersten Tagen eine großartige Arbeit geleistet. Die Stimmung war insbesondere bei vollen Zügen oder Bahnsteigen oftmals von aggressiven, genervten Fahrgästen bestimmt. Trotzdem blieben unsere Mitarbeitenden besonnen und ruhig. Wir sehen aber die große Gefahr, dass es in den nächsten Wochen zu vermehrten Übergriffen kommen kann. Besonders auf Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer.

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Unsere Kolleginnen und Kollegen müssen unterstützt werden -
gerade in den Monaten des Neun-Euro-Tickets.

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Was genau fordern Sie deshalb?

Ralf Damde: Um die Herausforderungen zu bewältigen, müssen unsere Kolleginnen und Kollegen, gerade in den Monaten des Neun-Euro-Tickets, unterstützt werden. Das Ticket ist jedoch eine Chance, dauerhaft für einen günstigen und attraktiven öffentlichen Nahverkehr zu sorgen.

Klingt vielversprechend …

Ralf Damde: Ein bundesweit einheitliches Tarifsystem könnte ein Ansatz sein; wie etwa ein 365-Euro-Ticket als Fortführung ab September. Es muss nun weiter ausgeweitet und ebenso in anderen Verkehrsverbünden etabliert werden. Aber auch die Aufgabenträger sehe ich in der Pflicht. Zum Beispiel müssen zukünftige Quoten für Fahrradlotsen, eine Doppelbesetzung auf den Zügen durch Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer und eine Fahrzeugreserve in den Ausschreibungen festgeschrieben werden.

Gibt es Aspekte, die Sie sich im Vorfeld der Einführung gewünscht hätten?

Ralf Damde: Die Vorlaufzeit war sehr kurz. Im Bereich von Bus und Schiene gab es zahlreiche organisatorische Dinge zu klären. Reisenden-Lenker an den Bahnsteigen, Unterstützung für Fahrgäste mit Fahrrädern und Umplanung der Fahrzeug- bzw. Einsatzpläne der Kolleginnen und Kollegen – um hier nur drei Punkte zu nennen. Eine größere Vorlaufzeit hätte hier vielleicht die eine oder andere Situation entschärft. Wohl aber nicht verhindert.

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Dann müssen wir auch mal Einsatzpläne ablehnen.

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Welche konkreten Möglichkeiten haben Sie als Betriebsrat, in dieser Thematik Positives zu bewirken?

Ralf Damde: Ganz oben steht der Schutz der Kolleginnen und Kollegen in unseren Bussen und auf unseren Zügen. Wenn das Unternehmen nicht bereit ist, in zusätzliche Sicherheit zu investieren, dann müssen wir auch mal Einsatzpläne ablehnen. Der Schutz steht für mich absolut an erster Stelle. Zudem können wir Forderungen gegenüber der Politik stellen. Das müssen und tun wir auch. Wenn wir überzeugt davon sind, dass der öffentliche Nahverkehr einen relevanten Beitrag zur Verkehrswende leistet, dann geht das eben nur mit den Beschäftigten. Ich weiß, dass meine Kolleginnen und Kollegen bereit sind, ihr Bestes zu geben. Aber nicht um jeden Preis. (tis)

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