Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Ein (Arbeits-)Leben für Webasto

Mirco Eschrich: Betriebsrat, Aufsichtsrat und Führungskraft

Mirco Eschrich hat schon jede Menge erlebt: Vom Erklimmen diverser Karrierestufen über das Aushandeln dreier europäischer Gesellschaften bis hin zur Wahl in den Betriebsrat und zum Vorsitz eines Europa-Betriebsrats. Dabei ist Mirco Eschrich erst 38 Jahre jung und hat bisher bei nur einem einzigen Arbeitgeber gearbeitet: Webasto. Warum? „Es haben sich immer neue Möglichkeiten ergeben.“ Noch keine Spur also von Amtsmüdigkeit, vielmehr stellt sich die Frage: Was kommt bei ihm als nächstes?

Stand:  4.4.2023
Lesezeit:  07:30 min
Teilen: 
Mirco Eschrich ist BRV von Webasto  | © Betriebsrat Webasto
Mirco Eschrich vor den Werten des Webasto-Betriebsrats

Die Karriereleiter von Mirco Eschrich scheint nur einen Weg zu kennen: steil nach oben. Abitur, dann BWL-Studium, welches er 2009 mit dem Diplom abschloss. Zu diesem Zeitpunkt war der heute 38-Jährige längst bei der Webasto Group in Stockdorf angekommen. Erst als Praktikant, dann als Assistent des Standortleiters, Referent im Personalcontrolling, Head of HR-Controlling & Payroll, Head of HR-Services und seit November 2019 Director HR-Services & Solutions Europe. Heute führt er ein gut 30-köpfiges Team, das sich um Entgeltabrechnungen, Recruiting und Ausbildungswesen in ganz Deutschland kümmert. Ein vielfältiges Aufgabenspektrum, kommen doch weitere Themengebiete auf europäischer Ebene hinzu. Unterstützt wird er hierbei durch drei Führungskräfte und einige sehr kompetente Fachexperten. „Ohne gute Kollegen und Mitarbeiter wäre dies alles überhaupt nicht möglich!“

 

Seit 2010 gehört Mirco Eschrich zudem zum Webasto-Betriebsrat in Stockdorf, ist seit 2021 gar dessen Vorsitzender. 2011 sitzt er mit 26 Jahren am Verhandlungstisch, als die Webasto Group in drei SEs (europäische Gesellschaften) umfirmiert wird – gemeinsam mit 40 Personen aus sämtlichen europäischen Gremien.

Zitat

Ich bin ja nicht allein unser Gremium, schließlich sind wir 21 aktive Mitglieder.“

Zitat

Angesichts seines Titels „Director HR-Services & Solutions Europe“ dürften bei einigen in Sachen Betriebsrat die Alarmglocken schrillen. „Ich bin kein leitender Angestellter, habe weder Prokura noch darf ich eigenständig ein- und ausstellen. Wir haben das prüfen lassen“, versichert Mirco Eschrich. Und doch gibt es die eine oder andere kritische Stimme, die von Interessenkonflikt spricht, was er durchaus nachvollziehen kann. „Aber ich habe mich ja nicht selbst dahingewählt.“ Seit 2012 sitzt Eschrich als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, ist zugleich Vorsitzender des Europa-Betriebsrats. Seinen „einmaligen 360-Grad-Blick“ aus Führungsverantwortung, HR-Tätigkeit und Betriebsrat bezeichnet er dabei als klaren Vorteil: „Ich bin zuallererst einmal Mensch und Mitarbeiter hier. Dazu kommen dann eben Funktionen und Ämter. Das ermöglicht mir einen Rundumblick auf viele Themen, zumal ich durch meine Fachkarriere in vielen Themen der Personalarbeit bewandert bin.“ Zudem: „Ich bin ja nicht allein unser Gremium, schließlich sind wir 21 aktive Mitglieder.“

Dachmodule machen rund 80 Prozent des Geschäfts aus

Die Webasto SE ist ein deutscher Automobilzulieferer mit weltweit knapp 16.000 Mitarbeitern, der im Grunde in zwei Geschäftsfeldern tätig ist. Zum einen entwickelt und produziert das Unternehmen Dachmodule für verschiedenste Karosserien – circa 80 Prozent des Gesamtumsatzes von rund 3,7 Milliarden Euro (2021). Zum anderen gibt es den Thermobereich, allen voran Standheizungen. Allerdings sei dies ein rückläufiges Geschäft, wohingegen die Sparte „Electrification“ aufgrund der Mobilitätswende seinem Nischendasein immer mehr entwächst. „Wir stehen nicht ganz so unter Druck wie Zulieferer, die direkt am Antriebsstrang von Verbrennern tätig sind. Dächer müssen auf jedes Auto – egal ob Verbrenner oder elektrisch“, sagt Mirco Eschrich wohlwissend, dass sich derzeit eine Menge tut auf dem Automobilmarkt, was auch den Betriebsrat auf den Plan ruft. Es geht um Umqualifizierungen, Outsourcing-Themen, Globalisierung oder Modernisierung.

Zitat

Menschen und Möglichkeiten halten mich bei Webasto.

Zitat
Strukturierte Arbeit und gute Laune: Teile des Webasto-Betriebsrats

„Weil sich immer wieder neue Möglichkeiten ergeben haben und ich hier die Menschen kenne. Ich habe ein gutes Netzwerk, das wäre bei einem Wechsel erstmal weg“, antwortet Mirco Eschrich auf die Frage, warum er sein komplettes bisheriges Arbeitsleben für Webasto tätig ist. „Durch mein Netzwerk und die vielfältigen Funktionen kann ich hier etwas bewegen. Wenn ich woanders hingehe, kenne ich dort die Eigentümer oder kann mir schnell mal einen Termin bei den Entscheidungsträgern geben lassen? Sicherlich sitze ich dort auch nicht im Aufsichtsrat und die ganzen über Jahre aufgebauten zwischenmenschlichen Beziehungen würden mir sehr fehlen. Hier bin ich nicht nur eine Nummer und ich weiß, mit wem man reden muss, damit wir etwas bewegen können – das gilt fachlich wie als Betriebsrat.“ Ganz davon abgesehen schätze er die familiäre Atmosphäre bei Webasto. Umgekehrt sei das genauso, wie Stefanie Möbius, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, bestätigt: „Die Mitarbeiter schätzen Mirco schon sehr, das merkt man immer wieder.“ Mirco Eschrich und Webasto – das scheint zu passen.

Corona? Ruckzuck im Taskforce-Modus

Deutschlandweite Bekanntheit erlangte Webasto Anfang 2020, als in Stockdorf der erste Corona-Fall auf deutschem Boden bestätigt wurde. „Wir haben von jetzt auf gleich in einen Taskforce-Modus geschaltet“, erinnert sich Mirco Eschrich. Entscheidungen mussten schnell getroffen werden, der Standort Stockdorf wurde von heute auf morgen runtergefahren. Selbst Handwerker riefen voller Sorge bei ihm an, weil sie einen Webasto-Aufkleber am Laptop eines Mitarbeiters im Mobile Office gesehen hatten. Mittlerweile hat Corona an Schrecken verloren, ist wieder deutlich in den Hintergrund gerückt. Letztlich war es sicherlich Zufall, dass ausgerechnet bei Webasto der allererste Fall auftrat. „Trotz der für uns alle neuen und ungewohnten Situation hat es die Taskforce Corona mit viel Energie und Engagement in den Griff bekommen. Leider kam es kurze Zeit später dann doch über diverse Kanäle nach Deutschland. Wir haben damals viel gelernt und bei uns in Deutschland gab es hiernach keinen größeren Ausbruch mehr.“

Zitat

Unsere Gremiumsarbeit ist sauber durchstrukturiert.

Zitat

Geholfen hat dem Unternehmen in dieser turbulenten Zeit, dass die Regelungen zum Mobile Office – damals mit einer Obergrenze von 40 Prozent – schon 2019 von Geschäftsführung und Betriebsrat festgezurrt wurden. „Die Leute wussten, wie es geht“, sagt Eschrich dazu. Auch heute wird das Mobile-Office-Rad nicht mehr zurückgedreht, sondern eher gelockert. Die Vereinbarungen hierzu sind indes bei Weitem nicht das Einzige, was der Betriebsrat in den letzten Jahren durchsetzen konnte. Allen voran steht dabei die Einführung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats, der seither 3.000 statt zuvor 1.800 Mitarbeiter vertritt – die beiden großen Produktionsstandorte Utting und Schierling sowie kleinere kamen hinzu.

Mirco Eschrich ist seit 2021 BRV bei Webasto in Stockdorf.

Mirco Eschrich ist für seine Betriebsratstätigkeiten (ganz bewusst) zur Hälfte freigestellt, hinzu kommen jeweils zwei freigestellte Betriebsräte an den großen Standorten. Die Gremiumsarbeit ist laut ihm „sauber durchstrukturiert“. Einmal im Monat ist große Sitzung, viel steuert der siebenköpfige Betriebsausschuss, der Rest läuft über die verschiedenen Ausschüsse. „Das ermöglicht mir, alle Aufgaben unter einen Hut zu bekommen. Neben meiner größten Unterstützung in Person meiner sehr geschätzten stellvertretenden Vorsitzenden, sind viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsrat engagiert bei der Sache und bringen sich in den diversen Ausschüssen ein. Der Betriebsrat ist laut einigen meiner Gremiumskolleginnen und -kollegen, die bestfunktionieren Arbeitsorganisation, in die sie eingebunden sind. Solche Komplimente erfüllen mich mit großem Stolz!“

 

Kritik an dem Konstrukt des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats kommt derzeit übrigens aus den eigenen Reihen. Erst kürzlich trafen sich deshalb Vertreter des Betriebsrats vom Werk in Hengersberg (390 Mitarbeiter) und Beauftragte der Webasto SE vor dem Arbeitsgericht. Der Ausgang? Offen!

Mirco Eschrich zum Thema unternehmenseinheitlicher Betriebsrat:

„Wir waren anfangs selbst skeptisch – das gebe ich gerne zu. Aber heute will bei uns niemand in die alten Strukturen zurück – besonders nicht meine Kolleginnen und Kollegen aus den Produktionsstandorten. Wir konnten vieles erreichen, was als zersplitterte Gremien unmöglich gewesen wäre. Ich habe dennoch Verständnis für die Sorgen der Hengersberger Betriebsräte. Dennoch hätte ich mir eine Klärung auf dem kollegialen Wege gewünscht. Es ist für mich das erste Mal, dass ich vor Gericht bin und das ausgerechnet wegen Streitigkeiten mit einem anderen Betriebsratsgremium. Das hätten wir auch in Gesprächen lösen können. Ich glaube jedenfalls daran, dass der unternehmenseinheitliche Betriebsrat in unserer sehr verwobenen Organisation mit sehr zentralen Entscheidungsträgern in Stockdorf den anderen Standorten hilft, sich in der Zentrale Gehör zu verschaffen – das Bestätigen mir die Kollegen immer wieder. So soll es sein, denn die Zentrale alleine ist nichts ohne die Werke – umgekehrt ebenso. Der unternehmenseinheitliche Betriebsrat verbindet die Entwicklung und Verwaltung sehr gut mit der Produktion! Ein echter Erfolg und ein Weg in die Zukunft!“

Zusammenarbeit mit Arbeitgeber positiv – meistens

Überwiegend laufe die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber gut, wenngleich „ich nicht partnerschaftlich sagen will“, so Mirco Eschrich. „Wir können in der Sache hart streiten, da geht es auch mal heiß her, haben aber beidseitig die Firmeninteressen im Blick. Geht es den Mitarbeitern gut, ist das gut fürs Unternehmen und umgekehrt!“ Schmunzeln muss er immer dann, wenn neue Personalverantwortliche in die Firma kommen und den Betriebsrat nicht ernstnehmen. „Die lernen relativ schnell, uns einzubinden.“ Es helfe, dass der Betriebsrat bei Webasto Tradition habe und daher völlig akzeptiert sei. „Es geht auch nicht darum, um des Kaisers Bart zu streiten. Was nützt mir beispielsweise ein neues Gebäude oder tolle Maschinen, wenn ich die Mitarbeiter nicht hege und pflege? Dann bin ich nicht erfolgreich! Das ist auch der Unternehmensleitung (meist) bewusst.“

Zitat

Wir können in der Sache hart streiten, da geht es auch mal heiß her, haben aber beidseitig die Firmeninteressen im Blick.

Zitat

Arbeitszeiterfassung auch ein Thema

Wer rastet der rostet! So oder so ähnlich könnte das Motto des Webasto-Betriebsrats bezüglich seiner künftigen Aufgaben lauten. Da steht die Verlängerung der Regelung zur Altersteilzeit an, die Jubiläumszahlungen sollen reformiert und neue Mitarbeiter-Benefits ausgehandelt werden. Hinzu kommen diverse After-Work-Events, der Neubau am Standort Stockdorf sowie Projekte zur Verbesserung der Nachhaltigkeit. Und auch das Thema Arbeitszeiterfassung treibt die Verantwortlichen um, schließlich wollen in einer globalen Welt gesetzliche Regelungen mit größtmöglicher Flexibilität gepaart werden. Jede Menge Arbeit also für den Betriebsrat und Mirco Eschrich, der sich von seinem Webasto zwar eine stetige Weiterentwicklung gleichzeitig aber die Bewahrung der Tradition wünscht.

Bleibt angesichts der ganzen Herausforderungen überhaupt noch Freizeit für den Familienvater einer dreijährigen Tochter? „Ab und zu gehe ich ins Fitnessstudio, spiele am Computer oder treffe mit Freunden.“ Letztere arbeiten nicht selten ebenfalls bei Webasto – wie sollte es auch anders sein? (tis)

Diese Seminare könnten Sie zum Thema interessieren

Kontakt zur Redaktion

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Wenden Sie sich gerne direkt an unsere Redaktion. Wir freuen uns über konstruktives Feedback!

redaktion-dbr@ifb.de

Jetzt weiterlesen