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Kein leichter Weg

Die Betriebsratsgründung bei Lieferando

Kein Einzelfall in der Start-up-Szene und dennoch außergewöhnlich! Nachdem es beim Berliner Lieferdienst Lieferando schon im Vorfeld zur allerersten Betriebsratswahl Probleme gab, kommt das Gremium auch jetzt nicht zur Ruhe. Es geht um angedrohte Kündigungen und Gerichtsverfahren. Ein Auszug aus der Chronologie des Falls:

Stand:  31.10.2022
Lesezeit:  02:15 min
Die Betriebsratsgründung bei Lieferando | © AdobeStock | Achim Wagner

Der Fall rund um Lieferando und seine Betriebsräte hält die Berliner Medienlandschaft seit einiger Zeit ganz schön auf Trab. Schon im Vorfeld der erstmaligen Betriebsratswahl im August hatte die Unternehmensführung wohl – letztlich erfolglos – versucht, diese gerichtlich zu beeinflussen. Zum einen sollten 24 (führungsnahe) Mitarbeiter, davon einige sogar in leitender Position, in die beiden Wählerlisten aufgenommen werden. Zum anderen hatte das Management wohl eine Klage auf Abbruch der Wahl eingereicht. Sie wurde letztlich ebenso wie der Personenwunsch auf den Wählerlisten abgewiesen. Aus dem Umfeld des Wahlvorstandes hieß es, die jeweiligen Ziele der Klagen widersprächen sich und würden sich somit gegenseitig ausschließen. Entweder eine Wahl werde korrigiert oder abgebrochen. Beides zu beantragen lässt zumindest den Verdacht von Union Busting, also die systematische Bekämpfung von Arbeitnehmervertretungen, vermuten. Lieferando, wie soll es anders sein, bestreitet dies.

Die Freude über die erfolgreiche Wahl hielt für die 17 neuen Gremiumsmitglieder nur kurz.

Der eigenen Kündigung zustimmen

Trotz allem wurde gewählt! Anfang August 2022 konnten laut Wahlleitung alle Kurierfahrer des Berliner Lieferdienstes an der siebentägigen Wahl teilnehmen. Zur Auswahl standen zwei Listen. Mit dem „Lieferando Workers Collective (LWC)“ eine Liste unabhängiger Arbeiter und zudem die „Drivers and Rider Unite“, eine Liste der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die Freude über die erfolgreiche Wahl hielt für die 17 neuen Gremiumsmitglieder aber nur kurz. Eine der ersten Amtshandlungen, denen sich der Betriebsrat gegenübersah, waren Anträge auf Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern seitens des Unternehmens. Heißt: Sie sollten zum Teil ihrer eigenen Kündigung zustimmen. Die ersten Fälle werden mittlerweile vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Bei den Beschuldigten geht es insbesondere um Mitglieder des Wahlvorstandes, die mittlerweile in den Betriebsrat gewählt wurden.

Unverhältnismäßige Stundenanzahl für Wahlvorbereitung

Was war passiert? Zur Last gelegt wird den Betriebsratsmitgliedern, und damit die Anträge auf außerordentliche Kündigung begründet, dass sie sich für die Tätigkeit als Wahlvorstände übermäßig viele Arbeitszeiten eingetragen hätten, ohne tatsächlich zu arbeiten. Somit sei das Stundenaufkommen des Wahlvorstandes mit einigen tausend Stunden unverhältnismäßig groß und nicht nachvollziehbar. Der konkrete Vorwurf: Die Beschäftigten hätten für ihre Wahlvorstandsarbeit teilweise volle oder halbe Schichten eingetragen und Stunden aufgerundet. Zudem moniert der Arbeitgeber, dass die Arbeitsorte nicht nachvollziehbar gewesen sein sollen und die Wahlvorstände über Diensthandy oder per Mail nicht erreichbar waren. Der frischgewählte Lieferando-Betriebsrat wiederum bestreitet dies, verweist auf die aufwendige Organisation aufgrund der nötigen Mehrsprachigkeit und der fehlenden juristische Erfahrung. Noch dazu sollen für die Wahlvorbereitung essenzielle Unterlagen nicht zeitnah zugänglich gemacht worden sein. Unter anderem die Mitarbeiterzahl habe sich während der Vorbereitungszeit stark verändert. Damit die Wahl juristisch nicht anfechtbar ist, dürfen gerade bei Wahleinladungen keine Fehler passieren. Ob die Kündigungen vor Gericht standhalten, ist noch nicht abzusehen. Darüber hinaus laufen beim Arbeitsgericht derzeit noch zwei Anfechtungsverfahren zur Wahl. Somit dürften die Berliner Medien auch in Zukunft noch einiges über Lieferando und seine Betriebsräte zu berichten haben. (tis)

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