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Ruhepause vs. Arbeitszeit

Sind private Aktivitäten während der Arbeitszeit erlaubt?

Arbeitszeit – ein Thema, über das immer wieder gestritten wird; insbesondere, wenn es um die Pausen geht.  Heute werfen wir einmal einen Blick aufs Detail: Was genau gehört denn zur Ruhepause – und was zur Arbeitszeit? Wo beginnt beim „nicht Stempeln“ der Arbeitszeitbetrug? Reicht hier schon der längere Plausch in der Kaffeeküche?  

Stand:  23.4.2024
Lesezeit:  03:30 min
© Adobe | insta_photos

Roland Paulsen, schwedischer Soziologe an der Universität in Lund, hat viele Studien und Umfragen ausgewertet, bevor er zu dieser These kam: In immer mehr Jobs gehört Nichtstun zum Arbeitsalltag, meint er. Eineinhalb bis drei Stunden sei der durchschnittliche Angestellte pro Tag mit privaten Angelegenheiten beschäftigt, so seine Vermutung – die er bereits vor 10 Jahren im Buch „Empty Labor“ zusammengefasst hat.

Inwieweit das stimmt, lässt sich natürlich schwer beantworten. Zweifel daran kommen aber auf, wenn man den immer größeren Grad an technischen Tools bedenkt, die Arbeitsergebnisse „messen“ können (und eventuell kontrollieren!). Sehr unwahrscheinlich, dass da Nichtstun unentdeckt bleibt. Außerdem muss man wohl auch mal die Perspektive wechseln, denn es bleibt Zeit außer Acht, die viele Mitarbeiter heute regelmäßig außerhalb der Arbeitszeit oder sogar im Urlaub für ihren Job einsetzen, Stichwort „Schnell mal noch die E-Mails checken“.

Was aber auf der anderen Seite auch klar ist: Wenn Beschäftigte bewusst, lange und wiederholt in der Arbeitszeit private Dinge erledigen, verstoßen sie gegen vertragliche Vereinbarungen. Wann aber ist der Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt? Dafür braucht es einen genaueren Blick auf das Thema Ruhepause.

Ruhepausen: Staffelung im Arbeitszeitgesetz

Unter Ruhepausen versteht man im Voraus festzulegende, unbezahlte Unterbrechungen der Arbeitszeit, in der der Arbeitnehmer weder Arbeit leisten, noch sich dafür bereitzuhalten braucht – so hat es das Bundesarbeitsgericht schon im Jahr 2002 beschrieben ( 1 AZR 603/01). 

Wie lange die tägliche Ruhepause dauern muss, ist laut Arbeitszeitgesetz im Grunde einfach (vgl. § 4 ArbZG):

  • Wer länger als sechs Stunden am Stück arbeitet, hat Anspruch auf eine Pause von mindestens 30 Minuten.
  • Bei einem Arbeitstag, der länger als neun Stunden dauert, müssen mindestens 45 Minuten Pause eingelegt werden.

Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, seinen Arbeitnehmern mindestens diese Pausen zu ermöglichen. Wenn der Arbeitgeber Ruhepausen nicht, nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer oder nicht rechtzeitig gewährt, handelt er ordnungswidrig und kann gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitszeitgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 € bestraft werden.

Der Arbeitnehmer kann frei darüber entscheiden, wie er die Zeit verbringen will. Ruhepausen sind übrigens grundsätzlich unbezahlt – es sei denn, im Arbeits- oder Tarifvertrag ist etwas anderes vereinbart.

Wie lange im Voraus muss der Beginn und die Dauer der Pause feststehen? Das Bundesarbeitsgericht hält es für unverzichtbar, dass der Arbeitnehmer bei Beginn der Pause weiß, wie lange sie dauern soll  (vgl. BAG vom 13.10.2009, 9 AZR 1398/08). 

Mindestens 15 Minuten

Eine Pause muss jeweils nicht an einem Stück genommen werden, aufteilen ist also grundsätzlich möglich. Aber da die Pausen aber vor allem der Erholung dienen sollen, dürfen sie jeweils nicht kürzer als 15 Minuten sein.

Keine Pausen am Anfang oder Ende der Arbeitszeit

Wer sich trickreich ausmalt, den Arbeitstag geschickt zu verkürzen, indem er seine Pause ans Ende der Arbeitszeit legt, dem sei gesagt: Das ist keine Möglichkeit. Wie der Name schon sagt, dienen Ruhepausen der Ruhe während der Arbeitszeit, nicht deren Verkürzung.

Streitfälle: Einloggen, ausloggen – oder nicht?

Schnell mal mit Kollegen über die Fußballergebnisse von gestern zu sprechen, das gehört in der Firma einfach dazu – genau so wie der Gang zur Kaffeemaschine, der Blick aufs Handy oder die Runde mit der Zigarette – oder? Nun ja, aus Sicht des Arbeitsrechts muss zwischen zulässigen und unzulässigen Unterbrechungen der Arbeitszeit unterschieden werden.

Beispiel 1: Der Gang zur Toilette

Jeder Mensch muss mal – sogar am Arbeitsplatz. Doch der regelmäßige Gang zur Toilette ist manchem Arbeitgeber ein Dorn im Auge, den er am Liebsten von der Pause abziehen möchte. Dabei handelt es sich hierbei nicht um eine Ruhepause, sondern um eine zulässige Arbeitsunterbrechung.

Selbst häufige Toilettenbesuche dürfen grundsätzlich keine Gehaltskürzung zur Folge haben, entschied das LAG Köln im Jahr 2012. Ein Anwalt hatte protokollieren lassen, wie viel Zeit sein Mitarbeiter auf der Toilette verbrachte: immerhin 384 Minuten in zwei Wochen. Kurzerhand kürzte der Arbeitgeber das Gehalt – zu Unrecht. Der Arbeitgeber habe nicht die Besonderheit berücksichtigt, dass der Kläger in der Zeit an erheblichen Verdauungsstörungen litt.

Beispiel 2: Raucherpausen

Raucherpausen stellen hingegen keine zulässige Arbeitsunterbrechung dar. Einen gesetzlichen Anspruch auf (zusätzliche) Zigarettenpausen haben Mitarbeiter nicht. Wer jede Stunde ohne auszustempeln zum Rauchen verschwindet, der kann also unter Umständen sogar seinen Job riskieren, denn hier könnte der Arbeitgeber die Argumente „Arbeitszeitbetrug" und „Arbeitsverweigerung" ins Spiel bringen. Am besten ist es, den Umgang mit Raucherpausen einheitlich in einer Betriebsvereinbarung festzulegen.

Arbeit und Motivation

Bei all der rechtlichen Würdigung ist aber auch klar: nicht jede Sekunde des Arbeitstages wird mit hektischer Produktivität gefüllt sein können; außer bei Robotern vielleicht. Das soziale Miteinander gehört durchaus zum Teambuilding. Als Arbeitnehmer schuldet man trotzdem seine Arbeitsleistung! Sicher kommt es auch auf die Art der Arbeit an – wollen Sie z.B. von einem Chirurgen operiert werden, der seit 7 Stunden nichts anderes tut?

Wichtig in der Praxis ist, hier von keiner Seite Missstände aufkommen zu lassen. Und es wird interessant sein zu sehen, inwieweit sich das Thema in den kommenden Jahren vielleicht noch verändert.

Mitbestimmung beim Thema Arbeitszeit

Der Betriebsrat hat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen mitzubestimmen (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich dabei nicht nur auf Beginn und Ende der Pausen, sondern auch auf deren Dauer, solange es sich um Ruhepausen handelt.

Interessant ist dabei eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 (1 ABR 77/10). Danach kann der Betriebsrat verlangen, dass der Arbeitgeber während der gemeinsam festgelegten Pausenzeiten weder Arbeit anordnet noch Arbeitsleistungen entgegennimmt. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, die festgelegten Pausenzeiten einseitig aufzuheben.

Und noch eine Entscheidung sollten Betriebsräte kennen: Missachtet der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und ordnet im Alleingang Pausen an, so sind die diese zu vergüten – auch wenn sie den gesetzlichen Voraussetzungen für Ruhepausen nach § 4 ArbZG entsprechen (LAG Köln, 3 Sa 306/13). Denn eine Pause, die das Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers nicht befriedigt, sondern einseitig nach den betrieblichen Zielen des Arbeitgebers angesetzt ist, ist für den Arbeitnehmer belastend, so das Gericht. Der Arbeitnehmer soll nicht zu Zeiten die Arbeit unterbrechen müssen, die nicht seinem Erholungsbedürfnis entsprechen – Ziel des Mitbestimmungsrechts sei es nämlich, genau darin den Arbeitnehmer zu schützen. Und wenn der Arbeitgeber Pausen ohne Wahrung des Mitbestimmungsrechts anordnet, belastet er den Arbeitnehmer. Übrigens: Eine bloße Mitteilung des Arbeitgebers genügt nicht, es ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Und Schweigen des Betriebsrats kann nicht als Zustimmung gewertet werden!

Sonderfall Jugendliche

Azubis bzw. junge Arbeitnehmer unter 18 Jahren genießen in Sachen Pause einen besonderen Schutz: Sie müssen ab einer Arbeitszeit von viereinhalb Stunden eine halbstündige Pause einlegen. Arbeiten sie länger als sechs Stunden, sind 60 Minuten Pause vorgeschrieben.

 (cbo)

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