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„So leicht gebe ich nicht auf!“

Union Busting stößt immer dann an Grenzen, wenn starke Betriebsräte dagegenhalten

Mobbing, vorenthaltene Gehaltszahlungen, wiederholte Kündigungen aus fingiertem Grund, Hausverbote und nicht zuletzt verbale Attacken: Es sind nur einige Ausprägungen des sogenannten Union Busting. Eigentlich etwas, mit dem sich Betriebsräte unter „normalen“ Bedingungen nicht auseinandersetzen müssen. Doch was ist schon normal? Bedauerlicherweise gehört Union Busting viel zu oft zur Normalität im deutschen Arbeitsalltag. Was Betriebsräte tun können? Dagegenhalten!

Stand:  10.1.2023
Lesezeit:  03:15 min
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Union Busting stößt immer dann an Grenzen, wenn starke Betriebsräte dagegenhalten   | © AdobeStock | beeboys

Viele prominente Beispiele von Union Busting

Union Busting beschreibt das Phänomen der systematischen Bekämpfung, Unterdrückung und Sabotage von Arbeitnehmervertretungen. Lidl, Aldi, Burger King, Hyundai, Amazon, Obi, Legoland, Birkenstock oder UPS sind laut Deutschem Gewerkschaftsbund einige prominente Beispiele, bei denen es zu Union Busting kam. Und sind gleichzeitig nur die Spitze des Eisbergs, die Liste ließe sich noch um Einiges verlängern – besonders Start-ups scheinen sich mit der Gründung einer Interessenvertretung schwer zu tun (hier weiterlesen). Über all den Fällen schwebt die Frage nach dem Warum: Presseartikel vermitteln jedenfalls den Anschein, als gebe es in all den betroffenen Unternehmen die klare Tendenz, Gewerkschaften und Betriebsratsgremien systematisch kleinzuhalten oder gar zu zerschlagen. Nicht selten mit der Konsequenz, dass Vorsitzende oder andere Betriebsratsmitglieder aus den Unternehmen ausscheiden, keine Nachfolger gefunden werden und sich infolgedessen gar keine Gremien mehr bilden. Ist man dem Union Busting also wehrlos ausgeliefert? Mitnichten! Union Busting stößt immer dann an Grenzen, wenn starke Betriebsräte dagegenhalten. Das zeigt auch eindrucksvoll ein Einzelfall, der dem ifb-Redaktionsteam vorliegt.

Zwischen anklagen und angeklagt werden

Jana S. (Name von der Redaktion geändert) ist freigestellte Gesamtbetriebsratsvorsitzende einer Unternehmensgruppe im Sozialwesen, arbeitet dort bereits seit über einem Jahrzehnt. Das Unternehmen, welches an mehreren Standorten in Deutschland tätig ist, wurde vor einiger Zeit von einem europaweit tätigen Konzern „geschluckt“. Damit begannen Janas Probleme. Seither wechseln sich bei ihr „Klage einreichen“ und „angeklagt werden“ in schöner Regelmäßigkeit ab. Es geht um Mobbing, Rufschädigung, Hausverbote, aber auch Anfechtung von Betriebsratswahlen und ausbleibenden Gehaltszahlungen.

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Man muss für seine Rechte einstehen, sollte sich anschnallen, wenn es unbequem wird und nicht aussteigen.

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Nicht aufgeben, sondern aufstehen!

Gerade die Phase, in der die Schikanen losgehen, ist für betroffene Betriebsräte eine schwierige Zeit. Geprägt von Ungewissheit, was da auf einen zurollt. Was hilft? Erfahrung! Das bestätigt auch Jana S. Aber warum tut man sich sowas eigentlich an? „Man wächst mit den Aufgaben. Natürlich könnte ich einfach weglaufen und mir einen neuen Arbeitgeber suchen“, sagt Jana und ergänzt vielsagend: „Man muss für seine Rechte einstehen, sollte sich anschnallen, wenn es unbequem wird und nicht aussteigen.“ Nur Menschen wie Jana S. ist es wohl zu verdanken, dass es so manches Betriebsratsgremium überhaupt noch gibt. Kommt es zum offensichtlichen Union Busting, stehen viele Kollegen zwar hinter ihrem Betriebsrat, sind aber öffentlich durchaus vorsichtig. Genau das wird spätestens vor den Betriebsratswahlen deutlich. Kollegen zu überzeugen, sich aufstellen zu lassen, ist dann gar nicht so einfach. Angesichts des flächendeckenden Fachkräftemangels sollte besonders die Politik bei der Thematik genau hinschauen, schließlich ist die Bekämpfung von Behinderung der Betriebsratsarbeit im Koalitionsvertrag verankert. Martin Bechert, Anwalt des Betriebsrats vom Berliner Lieferdienst Lieferando fordert etwa: „Es braucht einen noch besseren Schutz der Aktiven im Betrieb vor der Schikane des Arbeitgebers. Das betrifft insbesondere den Schutz vor Kündigungen sowie dem Auslaufenlassen von Befristungen, den Entgeltschutz und den Schutz vor Benachteiligung bei der Berufs- und Gehaltsentwicklung.“ (Das ganze Interview lesen Sie hier!)

Nicht selten gesundheitliche Auswirkungen

Bei fast jedem (andauernden) Union-Busting-Fall gibt es Betroffene, die gesundheitlich unter der ganzen Angelegenheit leiden – vor allem psychisch, aber auch körperlich. Man wird vorsichtig, achtet penibel darauf, sich am Arbeitsplatz korrekt zu verhalten, entwickelt mitunter sogar ein Zwangsverhalten. Die innere Unruhe steigt verständlicherweise exponentiell, sobald Gerichtstermine anstehen. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Familie, die die Stimmung mitbekommen und es irgendwie mittragen müssen.

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Wenn wir jetzt aufgeben, weiß ich nicht, ob es nochmal einen Betriebsrat geben würde.

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Von Union Busting Betroffene kommen nicht nur einmal an dem Punkt, hinschmeißen zu wollen. Dann heißt es laut Jana S.: „Sich sammeln und ausgiebig Gedanken machen!“ Schließlich ist Mitbestimmung in Unternehmen ein enorm wichtiger Aspekt, für den es zu kämpfen lohnt. „Wenn wir jetzt aufgeben, weiß ich nicht, ob es nochmal einen Betriebsrat geben würde“, sagt Jana S. stellvertretend für weitere Betriebsräte, die sich deutschlandweit den Angriffen entgegenstemmen. Und doch hegen viele Interessenvertreter keinen Groll gegenüber ihren Arbeitgebern, sind vielmehr an einer kooperativen Zusammenarbeit interessiert – wie Jana S.: „Betriebsräte können sich die Geschäftsleitung nicht aussuchen und umgekehrt. Ich glaube, wir können in Zukunft vernünftig und auf professioneller Ebene zusammenarbeiten. Heißt nicht, dass man nach der Sitzung ein Bier zusammen trinken muss.“ (tis)

Das ist Union Busting

Union Busting (bedeutet im Englischen etwa „Gewerkschafts-Zerstörung“) beschreibt die systematische Unterdrückung sowie mutwillige Sabotage von Arbeitnehmervertretungen, unter anderem Betriebsräte. Dazu gehören jede Menge Methoden wie beispielweise Ausspähungen, Diskreditierungen, ungerechtfertigte Kündigungen, die Förderung von arbeitgeberfreundlichen Wählerlisten oder die Blockade von Betriebsratswahlen. Immer wieder werden in den Medien Union-Busting-Fälle bekannter Unternehmen aufgegriffen.

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