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Ungerechte Nachtzuschläge? Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Darum dürfen die Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit unterschiedlich hoch sein

Regelmäßig wird über das Thema Nachtarbeitszuschlag gestritten. Im Kern geht es um die Frage, ob die Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit unterschiedlich hoch sein dürfen. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts bringt jetzt Licht ins Dunkel. Was ist erlaubt?

Stand:  28.2.2023
Lesezeit:  02:45 min
Zuschläge Nachtarbeit | © AdobeStock | Gieri-Foto

4,2 % der Arbeitnehmer arbeiten regelmäßig in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr – dies hat die aktuelle Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamtes ergeben. Nachts zu arbeiten belastet den Körper, insbesondere bei einem häufigen Wechsel des Tag-Nacht-Rhythmus. Ein anderes Problem ist der Mangel an Tageslicht sowie die Schwierigkeiten für regelmäßige soziale Kontakte oder das kaum mögliche Trainieren im Sportverein wegen der wechselnden Zeiten.

20 % oder 50 % Zuschlag - ein ganz schöner Unterschied !

Zuschläge im Fokus

Neben den körperlichen Konsequenzen spült Nachtarbeit aber auch Geld ins Portemonnaie. Häufiger Streitpunkt sind dabei die Zuschläge. In einigen Bereichen liegen die Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit z.B. bei 20 Prozent, bei unregelmäßiger Nachtarbeit jedoch bei 50 Prozent der Stundenvergütung – ein ganz schöner Unterschied!

Coca-Cola: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz?

Mi der Frage, ob die Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit derart verschieden ausfallen dürfen, hat sich jetzt ganz aktuell das Bundesarbeitsgericht beschäftigt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Februar 2023, 10 AZR 332/20). In einem Verfahren rund um den Getränkekonzern Coca-Cola ging es im Kern darum, ob unterschiedlich hohe Zuschläge gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.

Der „sachliche Grund“ muss im Tarifvertrag erkennbar sein.

Das sagt das Bundesarbeitsgericht

Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG – aber nur dann nicht, wenn es einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung gibt.

Was heißt das konkret? Der „sachliche Grund“ muss im Tarifvertrag erkennbar sein. Ein Beispiel für einen zulässigen Grund ist, dass mit dem höheren Zuschlag bei unregelmäßiger Nachtarbeit auch die Belastung durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes ausgeglichen werden soll. Das bedeutet: Die Tarifvertragsparteien können mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit auch noch weitere Zwecke verfolgen.

Ist der Unterschied denn „angemessen“?

Ob und inwieweit ein Unterschied von 30 % wie im Coca-Cola-Fall (Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit 20 Prozent, bei unregelmäßiger Nachtarbeit 50 %) auch angemessen ist, dazu hat das Bundesarbeitsgericht nichts gesagt. Es liege im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen, so die Erfurter Richter.

Keine Frage von EU-Recht

All das ist übrigens keine Frage von EU-Recht: Das Bundesarbeitsgericht hatte wegen der Frage der Bezahlung von Schichtarbeitern bereits Ende 2020 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Der Gerichtshof der Europäischen Union entschied am 7. Juli 2022 (C-257/21), dass die Regelung von Nachtarbeitszuschlägen in Tarifverträgen keine Frage des europäischen Rechts sei. Die Entscheidung lag damit allein beim höchsten deutschen Arbeitsgericht.

Im Zweifel lohnt sich jetzt ein kritischer Blick in den passenden Tarifvertrag.

„Tag der Nachtarbeit“

Übrigens: Die NRW SPD hat für den 23. März den Aktionstag „Tag der Nachtarbeit“ ausgerufen Abgeordnete und Amtsträger der Partei werden in Dienststellen und Betrieben eine Nachtschicht absolvieren und die Beschäftigten begleiten. Das Ziel dieser Aktion? „Nur wenn wir die Herausforderungen hautnah vor Ort erleben, können wir die Bedürfnisse der Beschäftigten vernünftig vertreten“, erläutert die NRW-Abgeordnete Christin-Marie Stamm.

Wie geht es im Tarifstreit weiter?

Die Coca-Cola-Entscheidung war erst der Anfang, hat aber eine eindeutige Signalwirkung auf zahlreiche offene Verfahren zum Thema. Im Zweifel lohnt sich jetzt ein kritischer Blick in den passenden Tarifvertrag: Denn nur aus diesem ergibt sich, ob ein sachlicher Grund die Ungleichbehandlung bei Nachtzuschlägen rechtfertigt. (cbo)

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