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News Rente Renten im Aufschwung: Österreichs Erfolgsmodell

Renten im Aufschwung: Österreichs Erfolgsmodell

Wie die Rentenpolitik die Einkommen von Senioren beeinflusst – ein Ländervergleich

Warum gönnen sich die Österreicher eine saftige Rentenerhöhung von 9,7 %, während sich die deutschen Ruheständler 2024 mit einer bescheideneren Prognose von 3,5 % zufriedengeben? Ein Geheimnis liegt in der österreichischen Formel „80/45/65“. Was steckt dahinter? Wir schauen genauer hin.

Stand:  9.2.2024
Lesezeit:  02:45 min
Rente in Österreich | © AdobeStock | Geber86

Glitzernder Pulverschnee, strahlender Sonnenschein und eine gehörige Portion Spaß: Franz K. carvt fröhlich die Pisten hinunter. Seit Anfang Januar befindet er sich im wohlverdienten Ruhestand – mit stolzen 65 Jahren. Das ist das reguläre Rentenalter für Männer in Österreich. Hier kostet der frischgebackene Pensionär (oder wie wir in Deutschland sagen würden: Rentner) seinen Lebensabend voll aus, insbesondere dank einer aktuellen saftigen Rentenerhöhung von 9,7 %. Da kann sein deutscher Rentnerkollege nur staunen.

Rentenanpassung = Inflationsausgleich = Kaufkraft der „Alten“

Grundlage der österreichischen Rente ist die Formel 80/45/65: Das bedeutet eine Bruttoersatzrate von 80% bezogen auf das durchschnittliche Einkommen während des Arbeitslebens, nach 45 Versicherungsjahren und Renteneintritt mit 65.
Für die Rentenanpassung wird auf die Verbraucherpreise geschaut. Beim österreichischen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz heißt es: „Damit die Kaufkraft der ausgezahlten Pensionen erhalten bleibt, werden diese mit Wirksamkeit ab dem 1. Jänner (Januar) eines jeden Jahres mit dem gesetzlich festgesetzten Anpassungsfaktor vervielfacht. Der Richtwert für die Pensionsanpassung wird so festgesetzt, dass die Erhöhung der Pensionen auf Grund der Anpassung dem Richtwert der Erhöhung der Verbraucherpreise entspricht.“ 
Und hier wurde die Inflation mit 9,7 % errechnet. Voraussetzung: wenn das Gesamtpensionseinkommen nicht mehr als 5.850,00 Euro monatlich beträgt. Wer darüber liegt, bekommt „nur“ 567,45 Euro mehr. Das bedeutet: Je höher die Altersbezüge eines Bürgers sind, desto geringer fällt sein prozentualer Zuschlag aus. 

Im Jahr 2024 sollen die deutschen Renten um mindestens 3,5 Prozent steigen.

Und was passiert mit den deutschen Renten im Vergleich?

Im Jahr 2024 sollen die deutschen Renten mindestens um 3,5 Prozent steigen, basierend auf der Anpassung an die Lohnentwicklung. Die Bundesregierung bestätigte diese Prognose im Rentenversicherungsbericht 2023, veröffentlicht am 22. November 2023, mit Wirkung zum 1. Juli 2024. Die enge Verknüpfung mit den Lohnerhöhungen bedeutet, dass höhere Gehälter zu entsprechenden Rentenzuwächsen führen.
Steigende Inflation führte 2023 zu kräftigen Lohnerhöhungen bei deutschen Tarifbeschäftigten, mit einem Anstieg um durchschnittlich 5,6 Prozent im ersten Quartal und 6,6 Prozent im zweiten Quartal. Die offiziell genannten 3,5 Prozent Rentensteigerung im Juli 2024 gelten als Mindestprognose. Experten wie Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg erwarten sogar ein Rentenplus von 5,5 bis sechs Prozent im Sommer 2024, gestützt durch anhaltend starke Lohnzuwächse. Die Bundesregierung wird die endgültigen Zahlen zur Rentenanpassung im Frühjahr 2024 vorlegen; bis dahin dienen die genannten 3,5 Prozent als vorläufige Grundlage.

In Österreich funktioniert die Rente so ähnlich wie in Deutschland.

Wie unterscheiden sich die beiden Rentensysteme?

Auf den ersten Blick erscheinen sie gar nicht so verschieden! In Österreich funktioniert die Rente, ähnlich wie in Deutschland, nach dem Prinzip der „Umlagefinanzierung“:  Die arbeitende Bevölkerung finanziert mit monatlichen Beiträgen die Renten. Zusätzlich gibt es Steuerzuschüsse vom Staat. 
Ein bedeutender Unterschied besteht darin, dass in Österreich seit 2005 praktisch alle Bürger in eine gemeinsame Alterskasse einzahlen, im Gegensatz zu Deutschland, wo verschiedene Versorgungssysteme für Angestellte und Beamte existieren. Außerdem setzt Deutschland für die Zukunft auf das dreisäulige Prinzip „staatliche Rente, betriebliche Altersvorsorge, private Altersabsicherung“. Davon ist in Österreich keine Rede.

Woher kommen also die höheren Rentenbezüge für die Österreicher?

Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Beitragssatz bei 18,6 Prozent liegt, beträgt er im benachbarten Österreich 22,8 Prozent. Hierzulande teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag jeweils zur Hälfte, während in Österreich der Arbeitgeber mit 12,55 Prozent einen höheren Anteil trägt als der Arbeitnehmer mit 10,25 Prozent.

Österreichische Rentner erhielten im Jahr 2022 eine durchschnittliche Alterspension von 1.480 Euro, während die durchschnittliche Altersrente in Deutschland bei 1.054 Euro lag. Das Besondere: Die österreichischen Rentner erhalten ihre Auszahlungen 14 Mal im Jahr, inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dies führt zu einer weiteren Vergrößerung der deutsch-österreichischen Rentenlücke. 

Ein weiterer auffälliger Unterschied: In Österreich gehen Männer mit 65 Jahren in Rente, Frauen sogar bislang schon mit 60. Im Gegensatz dazu steigt die Regelaltersgrenze in Deutschland bis 2029 auf 67 Jahre. Aber auch in Österreich hat die Erhöhung des Rentenalters Einzug gehalten – zumindest für die Frauen. Jahrgänge ab 1964 müssen jetzt jeweils ein halbes Jahr länger arbeiten. Damit werden die Frauen bis 2033 den Männern gleichgestellt.

In Österreich heißt es Geduld haben und brav arbeiten gehen, wenn man Rente will.

Nicht alle bekommen in Österreich eine Rente

In Österreich heißt es Geduld haben und brav arbeiten gehen, wenn man Rente will. Die Mindestwartezeit beträgt hier stolze 15 Jahre im Vergleich zu Deutschlands 5 Jahren. Das nutzt dem System: Laut einem Experten macht diese Wartezeiten allein etwa 300 Euro in der Rentendifferenz aus.
Österreich hat auf der Beitragszahler-Seite zusätzlich noch ein paar Asse im Ärmel. Die Österreicher profitieren außerdem offenbar von einer demografisch günstigeren Ausgangslage.

Nicht alles glänzt beim Rentensystem des Nachbarn 

Nachteile im Vergleich zu unserem deutschen Modell:

  • Wer sich für einen vorzeitigen Rentenstart entscheidet, muss in Österreich mit einem Abschlag von 4,2 Prozent pro Jahr leben, während der in Deutschland etwas moderater bei 3,6 Prozent liegt.
  • Bei Erwerbsminderungsrenten haut Österreich mit einem maximalen Abschlag von 13,8 Prozent mehr rein als Deutschland mit 10,8 Prozent.
  • Wenn jemand die Rente aufschiebt, gibt es in Österreich mit 4,2 Prozent pro Jahr weniger Zuschlag im Vergleich zu den großzügigen 6,0 Prozent hierzulande.
  • Die Renten in Österreich werden bereits zu 100 Prozent besteuert, während es in Deutschland bisher nur 76 Prozent sind.
  • Um die Sache abzurunden, müssen auch die Rentner in Österreich einen höheren Eingangssteuersatz von 25 Prozent in Kauf nehmen .
  • Die Österreicher habe keine Möglichkeit, auf Teilrente umzusteigen, wenn sie eine Pflegebedürftige Person betreuen. In Deutschland ergeben sich daraus Vorteile, wie neue Rentenansprüche durch die Zeit der Pflege sichern, oder evtl. die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung zu ermöglichen.
  • Bei einem Zuverdienst über der Geringfügigkeitsgrenze bekommen Rentner in Österreich weniger Pension, wenn das Gesamteinkommen im Jahr 2023 im Monat über 1.357,72 Euro brutto liegt. Deutsch Rentner, die 2023 früher in Rente gehen, können mit einem Nebenjob beliebig viel hinzuverdienen – ohne Kürzung der Rente. 

Was tun? Das österreichische Rentensystem nachbauen?

Naja, so einfach ist das anscheinend nicht! Die Grundvoraussetzungen sind schon mal andere:

  • So ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV) viel größer: Die DRV umfasst 39,2 Millionen aktiv Versicherte, wie es im Statistiker-Deutsch heißt. Darunter sind 32,55 Millionen Beschäftigte, einschließlich Minijobbern mit Eigenbeitrag. 
  • In Österreich kam die Pensionsversicherung im Jahr 2022 auf etwa 4, 3 Millionen Versicherte. Also nur ein Bruchteil der deutschen Zahlen.
  • Unabhängig von den wirtschaftlichen Einschnitten glauben Experten, dass ein solcher Umbau 40 bis 50 Jahre dauern würde. Viel zu spät, um die demografische Lücke zu schließen. 

Fazit: In der Rentenlandschaft zeigt sich, dass das Gras im Nachbargarten auch nicht nur grüner  ist. Letztendlich ist entscheidend, alle Voraussetzungen und Gegebenheiten zu prüfen, bevor Veränderungen angestoßen oder gefordert werden. Doch das Lernen von unseren Nachbarn kann nie schaden, denn fragt man Franz und die anderen Pensionisten in Österreich, so sind diese doch sehr zufrieden – jedenfalls was die Rente betrifft. (sw)
 

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