Die Corona-Krise bringt viele Herausforderungen für Arbeitnehmer und Betriebsräte mit sich. Um die wirtschaftlichen Belastungen möglichst abzumildern, wird in vielen Betrieben die Möglichkeit genutzt, gem. §§ 95 ff. SGB III Kurzarbeitergeld zu beantragen. Um eine vertraglich-rechtliche Grundlage zu schaffen, bietet es sich an, hierzu eine Betriebsvereinbarung zu gestalten. Der Betriebsrat ist zwingend mitbestimmungspflichtig, weil es sich um eine Regelung zur Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG handelt.
Steuerliche Mehrbelastung
Doch was sind die steuerlichen Folgen des Bezugs von Kurzarbeitergeld? Vielen Mitarbeitern ist nicht bewusst, dass mit dem Erhalt des Geldes eine steuerliche Mehrbelastung verbunden sein kann. Es ist den Beschäftigten daher anzuraten, eine Rücklage zu schaffen, um auf die Nachforderung des Finanzamtes vorbereitet zu sein.
Steuerfrei, aber…
Die Leistung von Kurzarbeitergeld ist gem. § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei, weil es sich nicht um Entgelt für die Arbeitsleistung, sondern um eine Ersatzleistung handelt, eine Art Unterstützung der Solidargemeinschaft.
Das Kurzarbeitergeld unterliegt jedoch dem sogenannten Progressionsvorbehalt gem. § 32b Abs. 1 Nr. 1a EStG. Dies führt dazu, dass alle übrigen steuerpflichtigen Einkünfte des Beschäftigten bei der Einkommenssteuer dem Steuersatz unterworfen werden, der sich ergibt, wenn das Kurzarbeitergeld dem zu versteuernden Einkommen zuzurechnen wäre. Anders ausgedrückt: Das ursprünglich steuerfreie Kurzarbeitergeld wird am Jahresende zum Einkommen addiert, daraus ergibt sich der Steuersatz. Klingt kompliziert? Am besten lässt sich das an einem Beispiel erläutern.
Beispiel-Rechnung für die Versteuerung des Kurzarbeitergeldes
Nehmen wir an, ein Mitarbeiter hat ein zu versteuerndes Einkommen im Jahr von EUR 20.000. Er bekommt im Jahr 2020 Kurzarbeitergeld in Höhe von EUR 10.000. Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei. Das Finanzamt nimmt jetzt jedoch den Steuersatz, der auf ein Einkommen von EUR 30.000 anzuwenden ist – und versteuert die steuerpflichtigen EUR 20.000 mit diesem erhöhten Steuersatz.
Der Beschäftigte muss bei einer Veranlagung nach Steuerklasse IV ca. EUR 1.000 nachbezahlen.
Wichtig: Diese Berechnung ist von Amts wegen durchzuführen, vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wenn die Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, mehr als EUR 410 betragen. Daher muss der Arbeitgeber auch in der Lohnsteuerbescheinigung das gezahlte Kurzarbeitergeld ausweisen. Er darf bei Bezug von Lohnersatzleistungen keinen Lohnsteuerjahresausgleich mehr durchführen. Das Kurzarbeitergeld ist mit den Beträgen anzusetzen, die tatsächlich gezahlt worden sind, d.h. es dürfen keine Kürzungen vorgenommen werden für Abtretungen oder sonstige Abzüge. Damit wird das Kurzarbeitergeld in voller Höhe dem zu versteuernden Einkommen zugerechnet.
Getrennt oder zusammen veranlagen?
Es kann sogar zu einer nachträglichen Versteuerung kommen, wenn das eigentlich zu versteuernde Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages liegt. Eheleute, die zusammen veranlagt werden, kann das besonders hart treffen. Arbeitet ein Ehegatte in einem Betrieb, in dem Kurzarbeit anfällt und er deswegen Lohnersatzleistungen in Form von Kurzarbeitergeld erhält, aber der andere Ehepartner steuerpflichtige Einkünfte bezieht, dann wird bei der Zusammenveranlagung durch den Progressionsvorbehalt die Einkommensteuer auf das gemeinsame Einkommen erhöht. Es bietet sich in diesem Fall vielleicht an, dass die Ehegatten sich einzeln veranlagen lassen. Das kann Steuern sparen, da die Eheleute steuerlich einzeln beurteilt werden. Allerdings fällt dann auch das Steuersplitting weg. Es lohnt sich also, genauer hinzusehen und verschiedene Möglichkeiten durchzurechnen – am besten gemeinsam mit einem Steuerberater.
Tipp: Wo immer möglich, sollte bei Bezug von Kurzarbeitergeld ein wenig Geld auf die „hohe Kante“ gelegt werden, damit es am Ende keine böse Überraschung durch die Steuererklärung gibt.