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Startnummer oder Personalnummer? Bei einem traditionsreichem Autohersteller ging es vor dem Sozialgericht nicht um Bestzeiten, sondern um den Beschäftigungsstatus eines Rennfahrers und dessen Beifahrer.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 24.04.2025, L 1 BA 34/23
Ein Autohersteller, das seit über 100 Jahren nicht nur Fahrzeuge verkauft, sondern auch in der Deutschen Rallyemeisterschaft mitmischt, hat bei der Deutschen Rentenversicherung angeklopft. Der Grund: Es soll geklärt werden, ob seine Rennfahrer und deren Beifahrer als selbstständige Rallye-Fahrer unterwegs sind oder doch als klassisch abhängig Beschäftigte gelten.
Am Ende landete die Sache in einem Statusfeststellungsverfahren vor dem Sozialgericht.
Die Verträge der Fahrer hatten es in sich: Die Fahrer durften sich nicht einfach anderen Rennteams anschließen, gefährliche Hobbys waren vertraglich verboten, regelmäßige Arztbesuche Pflicht. Obendrauf kam ein Fitnessprogramm, das nicht nur schweißtreibend, sondern auch Pflicht war, inklusive medizinischen Checks. Auch bei der Optik überließ der Rennstall nichts dem Zufall (oder den Rennfahrern). Das Unternehmen bestimmte bis ins Detail, wie Overalls, Helme, Fahrzeuge und das gesamte Team-Branding auszusehen hatten.
Dennoch ist der Autohersteller ist der Auffassung, dass weder Fahrer noch Beifahrer abhängig beschäftigt waren, weil diese eigenständig agierten, keine Weisungen erhielten, nicht in die Betriebsorganisation eingebunden waren und ein eigenes wirtschaftliches Risiko trugen. Organisation, Vorbereitung und Durchführung der Rennen seien allein durch die Beteiligten oder die Veranstalter erfolgt.
Was bedeutet das jetzt für den sozialversicherungsrechtlichen Status der Fahrer? Wo die Grenze zwischen freiem Motorsportler und angestelltem Markenbotschafter verläuft, ist nicht immer so klar wie die Ziellinie.
Das Sozialgericht Darmstadt war in der ersten Instanz der Ansicht, dass Fahrer und Beifahrer selbstständig tätig waren. Beide waren nicht weisungsgebunden, konnten ihre Arbeitszeit frei gestalten, waren nicht in die Betriebsorganisation eingebunden und trugen ein eigenes unternehmerisches Risiko.
Anders das Landessozialgericht, es hob das Ergebnis der Vorinstanz auf. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass Fahrer und Beifahrer abhängig beschäftigt waren, da sie in mehrfacher Hinsicht in die betriebliche Organisation der Klägerin eingebunden waren. Ausschlaggebend war die umfassende Weisungsgebundenheit im Hinblick auf Verhalten bei Rennen, medizinische Vorgaben und Außendarstellung. Die Abläufe der Rennwochenenden, u.a. Logistik und Fahrzeugnutzung wurden maßgeblich durch den Autohersteller bestimmt. Die Beteiligten waren zudem exklusiv an die Klägerin gebunden. Sie konnten ohne Genehmigung keine andere Tätigkeit oder Werbepartnerschaft eingehen. Außerdem trugen sie kein relevantes unternehmerisches Risiko, da Fahrzeug, Ausstattung und technisches Equipment gestellt wurden. Ausschlaggebend war schließlich, dass die Tätigkeit nicht der Selbstvermarktung, sondern der Markenpflege diente.
Das Urteil macht deutlich, dass für die Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung nicht allein der Vertrag, sondern vor allem die tatsächlichen Arbeitsbedingungen entscheidend sind und das Gerichte hier durchaus auch mal unterschiedliche Richtungen einschlagen können. Für Betriebsräte und die betriebliche Praxis bedeutet das, dass auch bei vermeintlich freien Mitarbeitern genau geprüft werden sollte, ob diese nicht doch als Arbeitnehmer gelten. Ist nämlich eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation erkennbar, gelten die Rechte des Betriebsrats, zum Beispiel bei Arbeitszeitregelungen. (lg)