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Eine Videoüberwachung im Betrieb kann ein Eingriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht sein. Dieses Recht darf nur unter bestimmten Bedingungen verletzt werden. Das Recht des Arbeitnehmers auf Privatsphäre steht dem Recht des Arbeitgebers auf Eigentum und Arbeitsfreiheit gegenüber. Wenn Kameras verwendet werden, um Menschen aufzunehmen, gibt es Unterschiede zwischen Orten, an denen jeder hingehen kann, und Orten, die nur bestimmten Personen erlaubt sind.
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Beobachtung von Orten mittels optisch-elektronischer Einrichtungen meist zum Zweck der Vermeidung und Aufklärung von Diebstählen.
Durch eine Videoüberwachung im Betrieb wird in der Regel in schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingegriffen. Sie werden einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt und müssen stets damit rechnen, gerade gefilmt zu werden. Auch wenn die Videokameras sichtbar angebracht sind, ist für die Arbeitnehmer nicht erkennbar; wann sie in Betrieb sind (BAG v. 29.6.2004 - 1 ABR 21/03). Das Persönlichkeitsrecht wird durch die Grundrechte der Unantastbarkeit der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) und der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art 2 Abs. 1 GG) geschützt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am ge-sprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise gegen ihn verwendet werden dürfen. Das Recht am eigenen Bild ist nicht auf bestimmte Örtlichkeiten beschränkt. Auch unterfällt nicht erst die Verwertung, sondern bereits die Herstellung von Abbildungen dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedarf unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes (BAG 29.6. 2004 - 1 ABR 21/03). Ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, handelt rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Für dabei heimlich hergestellte Abbildungen (z. B. Videoaufnahmen) gilt dasselbe. Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Geldentschädigungsanspruch („Schmerzensgeld“) begründen (BAG v. 19.2.2015 - 8 AZR 1007/13).
Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung), zu denen z. B. auch Verkaufsräume und Tankstellen während der Öffnungszeiten zählen, ist nur zulässig, soweit sie
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der der von der Datenerhebung Betroffenen überwiegen (§ 6b Abs. 1 BDSG). Entsprechendes gilt für die Verarbeitung oder Nutzung der erhobenen Daten. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies u. a. zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. (§ 6b Abs. 3 BDSG). Die Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen (z. B. Hinweisschilder) erkennbar zu machen (§ 6b Abs. 2 BDSG). Das insbesondere im Arbeitsverhältnis zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ist (u. a. als Recht am eigenen Bild) nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob dieses den Vorrang verdient (BAG v. 21.6.2012 - 2 AZR 153/11). Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung zu benachrichtigen (§§ 19a Abs. 1, 33 Abs. 1 BDSG). Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen (§ 6b Abs. 4 u. 5 BDSG).
Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind (§ 32 Abs. 1 S. 2 BDSG). Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zur Aufdeckung von Straftaten setzt lediglich einen „einfachen“ Verdacht im Sinne eines Anfangsverdachts (z. B. Diebstahl in einem Ersatzteillager) voraus, der über vage Anhaltspunkte und bloße Mutmaßungen hinausreichen muss (BAG v. 20.10.2016 - 2 AZR 395/15). Eingriffe in das Recht der Arbeitnehmer am eigenen Bild durch verdeckte Videoüberwachung sind demnach dann zulässig, wenn
Unter diesen Bedingungen kann ausnahmsweise auch in öffentlich zugänglichen Räumen (z. B: Kassenbereich eines Supermarktes) entgegen der Pflicht zur Kenntlichmachung der Beobachtung (§ 6b Abs. 2 BDSG) eine heimliche Videoüberwachung zulässig sein. Führt eine verdeckte Videoüberwachung zur Überführung eines Täters (Kassiererin, die Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand entwendet), kann das auf diese Weise gewonnene Beweismaterial in einem Kündigungsschutzprozess verwertet werden, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind (BAG v. 21.6.2012 - 2 AZR 153/11). Beachtet der Arbeitgeber diese Grundsätze nicht, besteht im Kündigungsschutzprozess für die Videoaufzeichnung ein Beweisverwertungsverbot. Ist die Videoüberwachung ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats (§ 87Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) durchgeführt worden, so ergibt sich aus diesem Verstoß jedenfalls dann kein eigenständiges Beweisverwertungsverbot, wenn der Betriebsrat der Verwendung des Beweismittels und der darauf gestützten Kündigung zustimmt und die Beweisverwertung nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt ist (BAG v. 27.3.2003 - 2 AZR 51/02).
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Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Sie haben eine umfassende Kompetenz zur Regelung materieller und formeller Arbeitsbedingungen sowie von Fragen der Ordnung des Betriebs (BAG v. 26.8.2008 - 1 ABR 16/07). Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, bei der Einführung und Anwendung einer Videoanlage im Betrieb aus zwei Gründen mitzubestimmen:
Arbeitgeber und Betriebsrat haben die Pflicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern (§ 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Die schutzwürdigen Interessen der Arbeitnehmer stellt eine Schranke für die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien und den Inhalt der von ihnen getroffenen Regelungen dar. Arbeitgeber und Betriebsrat haben daher bei Regelungen zur Videoüberwachung eine umfassende Güterabwägung der jeweiligen Interessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BAG v. 26.8.2008 - 1 ABR 16/07).
Kommt eine Einigung über eine Regelung zur Einführung und Anwendung einer Videoüberwachung am Arbeitsplatz nicht zustande, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 87 Abs. 2 BetrVG).
Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, §§ 75 Abs. 2 S. 1, 87 Abs. 1 Nr. 1 u. 6, Abs. 2 BetrVG, §§ 6b, 19a Abs. 1, 33 Abs. 1 BDSG
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